7.282 km von zu Hause entfernt

Autor: Niklas (Seite 2 von 3)

Krankenhaus die dritte

Doctor‘s House, Liuli, TZA // 09:30 Ortszeit

Ich versuche jetzt mal die letzte Woche halbwegs geordnet runterzuschreiben, könnte lang und durcheinander werden. Aber der/die geneigte Leser:in sollte es ja gewöhnt sein. Also beginnen wir am

Montag

Dieser Morgen sollte, wie an jedem Montag und Freitag, mit einer Besprechung um acht Uhr starten. Das Wissen, über die Pünkltichkeit in dieser Region, lies uns erst um 20 nach acht aufbrechen, bei unserer Ankunft waren wir immer noch unter den ersten. Nach dem Nachtreport (auf Englisch) wurde die Besprechung in Swahili fortgesetzt. Manche Brocken sind ja mittlerweile doch zu verstehen, es ging wohl auch um die Notwendigkeit, Medikamente der dritten oder vierten Wahl zu geben, da diese teilweise deutlich günstiger sind als die Medikamente der ersten Wahl. Allerdings gibt es Patient:innen, die sich weder die Beitrage der Krankenversicherung (laut Dr. Evans um die 100.000 TSH ≈ 39,80€ jährlich), noch die teuren Medikamente leisten können. Bevor nichts gegeben wird, lieber günstig und nicht ganz so gut, aber besser als nichts. Klingt doof, ist es auch, aber hier mal wieder ohne echte Alternative. Zudem wurde noch über ein Angebot von Interplast aus Deutschland diskutiert. Interplast ist ein gemeinnütziger Verein, der kostenlos plastische Operationen in Entwicklungsländern durchführt. Ich hoffe, dass alles mit der Organisation klappt, es wäre eine echt gute Sache, wenn diese Organisation mal zwei Wochen hier tätig werden könnte. Ansonsten verlief die Morgenbesprechung wie immer, am Anfang und am Ende wurde gebetet, es wurde teilweise echt laut, irgendwo lief Fußball…

Da Dr. Evans noch nicht zurück war, machte sich Dr. Mathews mit Rebecca und mir auf den Weg zur Runde. Hier ist vor allem eine Patientin aufgefallen. Was jetzt kommt, ist in Deutschland absolut undenkbar, hier aber aufgrund der Infrastruktur nicht anders machbar. Im Bett lag eine Patientin mit immer wiederkehrenden Krampfanfällen. Beim Betreten des Zimmers mussten wir die Patientin mal wieder medikamentös aus ihrem Krampf „rausholen“. Glücklicherweise waren die Schutzreflexe noch vorhanden, so musste keine Schutzintubation stattfinden. Normalerweise wäre das Vorgehen, diese Patientin möglichst schnell in einen Computertomographen (aka. „Röhre“) zu schieben, um zu sehen, ob die Patientin nicht vielleicht doch eine Hirnblutung hätte. Ein Krampfanfall ist nie eine Diagnose, immer nur ein Symptom, ein Hinweis auf eine Erkrankung. Jetzt gibt es hier diverse Probleme: Einerseits gibt es hier kein CT, andererseits kann man hier nicht mal einfach den Rettungsdienst bestellen, der die Patientin einlädt und verlegt. Gibts hier nicht. Das nächste Problem ist das Geld: Patientin nicht versichert, also muss erst das Geld für die Verlegung und die anschließende Diagnostik und Behandlung zusammengekratzt werden. Das nächste Krankenhaus mit CT wäre das „Ikonda Hospital“ in Njombe. Wenn ich einem bekannten Kartendienst glauben will, dann wären das 513 km und ca. 8 Stunden und 35 Minuten reine Fahrtzeit. Wenn man mit dem Auto fahren würde. Oder dem Rettungsdienst. Aber da beides kaum zu realisieren ist, wird eine ganze Bank, meistens die Rückbank, im Bus gebucht, dort kann sich die Patientin dann hinlegen und ein:e Angehörige:r begleitet. Die Reise mit dem Bus bedarf allerdings einer Übernachtung in Songea. Bis dahin ist die Sache mit dem Geld natürlich noch nicht geklärt, allein die CT-Untersuchung wird vermutlich 300.000 TSH (also gute 120 €) kosten. Glücklicherweise konnte sich die Familie alles leisten, und so konnte Dr. Mathews noch am gleichen Tag alles für die Verlegung fertig machen. Wer jetzt allerdings denkt, dass nur diese Region so abgehängt ist, der irrt. Die Dichte an Computertomographen ist unglaublich gering in diesem Teil der Welt.

Ansonsten gab es noch einen Patienten, der mit einer proximalen Humerusschaftfraktur (also Bruch des Oberarms, weit oben) kam. Normalerweise würde man hier einfach ein Gilchrist anwenden. Das ist eine spezielle Bandage für genau sowas, kann auch nach kurzer Zeit schon wieder bewegt und beübt werden. Aber kein Gilchrist da, auch keine der Alternativen, also doch ne Gipsschiene. Macht man eigentlich nicht mehr, aber mal wieder der Mangel an Allem und vor allem an Alternativen. Übrigens kam dieser Patient mit dem Motorradtaxi „Picky-Picky“.

Der Rest des Krankenhaustages verlief wie immer, ein wenig Station hier, etwas OPD da, nur kein Kaiserschnitt. Ansonsten alles wie immer.

Um 15:00 Uhr waren wir mit Gift, dem Hospital Secretary, verabredet. Das Krankenhaus möchte uns etwas für unsere Arbeit zurückgeben, wir wurden zu ihm ins Büro bestellt und waren auch wenige Minuten später schon unterwegs zum Stoffhändler in den Ort. Hier durften sich Rebecca und ich jeweils einen Stoff aussuchen, mit dem Stoff wurde dann direkt nebenan zum Tailor gegangen. Ich freute mich etwas, sagte auch zu Rebecca, es gäbe nur einen Taylor. Auf etwas verdutzte Blicke hakte ich mit „Na Corey Taylor!!“ nach. Ein vernichtendes „Kenn ich nich“ kam zurück. Schade schade. Aber egal. Man hörte schon direkt die Nähmaschinen der Firma Singer, wenn ich es richtig ergoogelt habe, ca. 130 Jahre alt, aber immer noch fleißig am Nähen. Der Chef-Schneider nahm unsere Maße, notierte sich diese in waschechter Künstler- (oder Geheim-??) Handschrift und wir durften uns entsprechend etwas wünschen. Seeeehr spannend was dabei rauskommt. Soviel vorweg: Leider hatte der Stoffhändler keinen komplett schwarzen Stoff, dementsprechend wurde für mich der erste Stoff ausgesucht, den ich mehr oder minder zufällig in der Hand hatte. Wieso ich diesen Stoff in die Hand genommen hatte, erklärt wohl das folgende Bild:

Den restlichen Abend verbrachte ich zunächst mal alleine, Rebecca wurde von Kopfschmerzen geplagt und verabschiedete sich früh ins Bett. Im Laufe des Abends kam noch ein Watch-Man vorbei, dieser erzählte mir, dass es ihm aktuell nicht so besonders gut gehen würde. Fieber hätte er auch. Irgendwann entschloss ich mich dann doch, mit ihm ins Krankenhaus zu gehen. Ich rief Damas an und wir trafen uns wenige Minuten später dort. Im Labor konnte glücklicherweise eine Malaria ausgeschlossen werden, besonders bei schwerer Malaria wäre es wichtig gewesen, direkt mit intravenösen Medikamenten zu starten. Der Widal-Test deutete allerdings auf Typhus hin. Nichts seltenes hier, er bekam direkt 1g Ceftriaxon (ein Antibiotikum) intravenös und Ciprofloxazin (ein anderes Antibiotikum) rezeptiert. Die Gabe des Ceftriaxon war mal wieder total anders als gewohnt: Es wurde mit einem Stück Gummiband gestaut, aus Mangel an Desinfektionsmitteln wurde die Vene direkt punktiert und das Medikament einfach langsam „aus der Hand“ gespritzt. Sehr ungewöhnlich, eigentlich sollte eine Kurzinfusion mit Zugang und allem drum und dran genutzt werden. Aber der Mangel an Material… Naja, zumindest ging er zurück zu seinem Wachposten direkt vor dem Doctor‘s House, nach Hause wollte er nicht. Ich sagte ihm, dass er sich jederzeit melden könnte wenn‘s was gäbe, und verabschiedete mich auch ins Bett.

Dienstag

Der Dienstag begann etwas später, um 20 nach 9 waren wir im OPD mit Damas. Glücklicherweise war Rebecca wieder hergestellt! Im Endeffekt war nicht so viel Spannendes dabei, außer einer (seit langem) versorgungsbedürftigen Wunde und einem fünfzehnjährigen schwangeren Mädchen (wieder der Mangel an allem, hier an Verhütungsmitteln) gab es hier nichts Besonderes oder Erwähnenswertes. Außerdem möchte ich euch nicht mit zu viel Text quälen. Die Runde mit Dr. Matthews konnte erst um kurz vor zwölf begonnen werden. Leider sahen wir außer einem septischen Baby wieder unsere Patientin mit den Krampfanfällen von gestern. Die Familie konnte das Geld gestern nicht früh genug besorgen, also kann die Verlegung erst morgen früh stattfinden. Traurig aber wahr. Ansonsten waren wir an diesem Dienstag sehr lange im Krankenhaus, aber so ist das eben manchmal.

Der Abend sollte eher entspannt werden. Außer Sonnenuntergang am Strand sehen war nix geplant. Rebecca wollte noch schwimmen gehen, ich noch Blog schreiben und so entschieden wir uns, zu Jo in die Bar zu laufen. Dort angekommen trafen wir ein paar andere Jungs. Dort sitzen häufiger mal unbekannte Gesichter, doch diese drei Männer schienen echt ganz witzig zu sein. Vor allem einer: Sitzt da, Rasta, Oberkörperfrei, Basecap, Sonnenbrille. Schaut eigentlich zehn Minuten nur geradeaus, irgendwann dreht er langsam den Kopf, schaut mich an und sagt in leichtem Slang: „Heeey maaaaaaaaan“. Der erste Gedanke war: „Uff, was ist das denn fürn komischer Typ, vielleicht bisschen zu viel geraucht oder was?“. Aber der Gedanke sollte sich als komplett falsch rausstellen. Ich fing an, mich mit ihm zu unterhalten, als er mich dann auf Deutsch begrüßte, war ich zunächst etwas verdutzt. Wir kamen ins Gespräch, er erzählte mir, dass sein Name Richard ist, er mal über zehn Jahre lang Guide für den Kilimanjaro und Safaris war, stammt aus Moshi. Mittlerweile hat er schon in London, Indonesien und Osaka gewohnt und lebt aktuell in Adelaide. Die anderen zwei Jungs stellten sich übrigens als seine Brüder raus, alle sind aktuell zu Besuch, um hier ihre Oma zu sehen. Coole Sache. So kamen wir über ein paar Bier ins Gespräch und machten für den nächsten Tag einen gemeinsamen Bootstrip aus. Gott sei Dank wollte Rebecca zu Jo laufen… Nach einigen Stunden verabschiedeten wir uns dann nach Hause ins Bett und freuten uns auf den nächsten Tag.

Mittwoch

Der Mittwochmorgen begann wieder in gewohnter Weise. Zunächst machten wir uns auf den Weg zur Ward-Round mit Dr. Evans. Hier hab es eigentlich nichts besonderes zu verzeichnen, nur eine Patientin, die auf dem Weg zum OP auf der Transferliege entbunden hat. Scheinbar hatte der Kleine doch keine Lust auf nen Kaiserschnitt und entschloss sich, den natürlich vorgegeben Weg zu nehmen. Kind gut, Mutter gut, alle zufrieden, alles bestens.

Auch im OPD war an diesem Tag nichts besonderes zu melden. Die alltäglichen Probleme wie Malaria, Typhus, Harnwegsinfekte und Bluthochdruck standen wieder auf dem Plan. Auch stellten sich einige Patientinnen und Patienten mit Kopfschmerzen und unkomplizierten Atemwegsinfekten (also Schnupfen) vor. Normalerweise keine große Sache, teilweise wird aber auf tendenziell unkonventionelle Therapien bestanden. Naja, wir können zwar etwas dazu sagen, aber wohl kaum ändern. Zu der Sache mit dem Bluthochdruck: Nach unserer Frage, ob man die Patientin nicht mal in einer kardiologischen Praxis vorstellen könnte, zog Dr. Evans seine Stirn in solche Falten, dass sie es mit jedem Waschbrett hätte aufnehmen können. Eine Kardiologie ist hier wohl sowas wie ein absoluter Super-Spezialist, mit Glück sind ein paar Praxen in Dar Es Salaam zu finden, aber im Inland, und vor allem in dieser Region, natürlich gar nicht. Soviel zu der Versorgungsstruktur hier.

Im Laufe des Vormittags wurden wir dann noch zu einem Notfall auf der Frauenstation gerufen. Hier wurde ein sechszehnjähriges Mädchen mit inkomplettem Abort vorstellig. Ob es wirklich so war oder nicht, war kaum rauszubekommen, allerdings meinte Dr. Evans, dass es tatsächlich recht häufig ist, dass der Abort selbst herbeigeführt wird und auch ebenso häufig schief geht. Eine wirklich schlimme Sache für die jungen Frauen. Physisch und vor allem psychisch unglaublich belastend, von den gesellschaftlichen Kosequenzen gar nicht zu sprechen. Kann man nicht anders sagen. Naja, zumindest musst dem Abort im Minor Theater nachgeholfen werden, auch das ist wieder alles andere als angenehm gewesen. Psychisch richtig scheiße, physisch schmerzhaft. Wirklich großer Mist, allerdings sind wir froh, dass sie damit ins Krankenhaus kam und nicht irgendwo an einer Sepsis verstorben ist. Egal wie man‘s dreht und wendet, man kann nichts daran schönreden.

An diesem Nachmittag stand unsere Bootstour mit Jo und den Jungs aus Moshi an. 20.000 TSH (ca. 8 €) kostete uns der Spaß, war aber das Geld allemal wert. Schon beim an Bord steigen sagte ich zu Rebecca, dass ich sowohl die Krängung als auch die Menge an Bilgewasser etwas bedenklich fand. Auch wurde der Außenbordmotor nicht – wie der Name schon sagt – außenbords ins Wasser gelassen, er wurde durch ein Loch im achternen Teil des Schiffsrumpf geschoben. Meiner Meinung nach, sollte da kein Loch sein, es sah auch nicht so aus, als ob es da vorgesehen wäre. Aber wir sind nicht gesunken und das Bilgewasser stieg auch nicht mehr als ohnehin erwartet. Nach dem Ablegen umrundeten wir erst eine kleine Insel, direkt vor unserer Bucht, etwas nördlich gelegen. Aufgrund des morgendlichen Regens war ein Besuch der Insel nicht möglich, die Anlegestelle war zu schlammig. Nach der Umrundung ging es weiter zu den Pomonda-Stones. Das sind die großen Felsen, die man auf mehreren meiner Bilder kurz vor dem Strand sieht. Dort konnten wir mit unserer zusammengeschusterten, etwas größeren Nussschale, auch anlegen, gingen auf die Felsen, Jo zeigte uns die sichersten Wege und so stiegen wir kreuz und quer über ebendiese. Am Ende wurden wir mit einem wunderschönen Sonnenuntergang belohnt und machten uns ab zurück an Land. Übrigens kam ich wieder mit Richard und co ins Gespräch. Sie fragten mich, wann ich Liuli verlassen würde und auf meine Antwort „Ende nächster Woche“ bot man mir an, mich mit dem Auto mit bis Arusha oder Moshi zu nehmen. Ein wahnsinns Angebot, so bleiben mir drei Tage Bus erspart, in denen ich eingepfercht in einem mehr oder minder vertrauenswürdigen Gefährt sitze, mein Leben in den Händen (und Füßen) eines Busfahrers, der vorher als „The Transporter“ unterwegs war. Außerdem wird quasi keine Pause für normale menschliche Bedürnisse eingelegt, selbst wenn, dann hat man in der Regel 3 bis 5 Minuten bis der Bus hupend einfach weiterrast. Also ist die Sache mit dem Auto deutlich angenehmer. Danke Jungs! Übrigens hat mir das Krankenhaus die letzten zwei Tage frei gegeben. Im Endeffekt stehen wir ja theoretisch Tag und Nacht zur Verfügung, tatsächlich war ich ja auch zwei mal Nachts im Krankenhaus. Danke dafür!

Übrigens war ich an diesem Abend wieder im Krankenhaus: Zum telefonieren laufe ich immer vor das Tor des Krankenhauses, dort ist der Empfang etwas besser und es gibt eine Sitzgelegenheit. Kurz bevor mein Gespräch beendet war, kam Damas vorbei und meinte, er wurde von geburtshilflichen Station angerufen. Ich entschloss mich kurzerhand ihn zu begleiten und so standen wir wenige Minuten später am Kreißbett einer (gar nicht mal so alt wirkenden) Patientin. Die Untersuchung ergab eine intakte Fruchtblase und 3 cm Öffnung, sollte es weitergehen, sollten sich die Pflegekräfte wieder melden. Aufgrund der häufigen vorausgegangenen Schwangerschaften (Gravida 6, Para 5) stand hier wieder das Schreckgespenst „Uterusruptur“ im Raum. Aber noch war alles gut und wir konnten den Heimweg antreten. Auch hier wurde meine Hoffnung, noch eine normale Spontangeburt zu sehen etwas zu Nichte gemacht. Aber egal, solange es Mutter und Kind gut geht, bin ich zufrieden. Nachdem ich Rebecca mitteilte, dass es wohl keine Spontangeburt sein wird, verabschiedeten wir uns beide in die Koje.

Donnerstag

Normalerweise sollte Donnerstags Morgens ein Gottesdienst im Krankenhaus stattfinden. Wir wurden schon mehrfach gefragt und dachten uns, dass wir einerseits nicht immer nein sagen könnten, und dass es andererseits auch sicher ne spannende Erfahrung ist. Nachdem wir mehrere Aussagen bezüglich der Uhrzeit, von 7 oder 8, bzw. 1 oder 2 in tansanischer Zeit, gehört hatten, fanden wir uns um 8 Uhr am designierten Platz zwischen Röntgen, Frauen- und Kinderstation ein. Dummerweise als Einzige. Mal wieder. Wie schon zwei Wochen zuvor. Schade. Also zurück zum Haus und noch schnell ne Tasse Kaffee rein.

Pünktlich ging‘s dann zum OPD, dort treffen wir uns wie jeden morgen mit Dr. Evans zum Beginnen der Runde. Nach wenigen Minuten sagte er, dass er kurz nach Hause müsste, ein paar wenige, aber wichtige, Dokumente abholen. In fünf Minuten gehts weiter. Naja, aus fünf wurden dann ca. 90, außer warten, und die Hühner und Hähne zu beobachten, die im Krankenhaus umher rennen, blieb uns kaum etwas übrig.

Als Dr. Evans dann zurückkehrte ging es direkt weiter zur Runde. Auch hier wieder nichts besonderes zu verzeichnen. Lediglich die Patientin, welche ich schon nachts zuvor sah, klagte über Bauchschmerzen. Dr. Evans war die ganze Nummer zu heiß, also wurde – wir ahnten es schon – die Patientin für einen Kaiserschnitt vorbereitet. Bei der Assistenz lies ich Rebecca den Vortritt, ich habe nächste Woche vielleicht nochmal die Chance zu assistieren, außerdem kann ich aufgrund meiner Augen eh nix mit chirurgischen Fächern anfangen, und fühle mich bei der Versorgung des Neugeborenen einfach sicherer bzw. wohler. Zugegebenermaßen kam dieses Kind wirklich sehr schlecht auf die Welt. Das bekannte Problem mit dem Ketamin machte der Kleinen wirklich zu schaffen und so konnte nur mit Absaugen, Stimulieren, Beatmen, wieder Absaugen usw. die notwendige Starthilfe gegeben werden. Gefühlt dauerte alles Ewigkeiten. Aber direkt: Das Kind ist aktuell wohlauf! Hier wird nach der Erstversorgung mit dem Kind in den Kreißsaal gelaufen. Dort wird es dann gemessen, gewogen, untersucht und in entsprechend bunte Tücher zu einem schönen Burrito verpackt. Nach der Versorgung des Kindes wollte ich dann wieder zurück zum OP, dort fiel auch direkt der Strom aus. Komischerweise immer dann, wenn Rebecca mit am Tisch steht. Aber die Sache mit der Korrelation und der Kausalität, ihr wisst Bescheid… Also nähen in einer Patientin, nur mit Licht aus den Seitenfenstern, das ist schwierig. Rebecca bot Dr. Evans direkt meine Kopflampe an, der stimmte nickend zu und ich musste meine Füße in die Hand nehmen und nach Hause sprinten. Problem: Regenzeit. Und natürlich hat es genau dann angefangen. Wie aus Kübeln. Aber egal, Licht ist wichtiger. Also nach Hause gesprintet, mit Regenjacke und Lampe wieder zurückgesprintet und triefend nass die Lampe am OP abgegeben. Glücklicherweise war Eli schneller. Eli ist der Elektriker und wohl schnellste Mann in Liuli. Powercut? Eli anrufen! Der sprintet dann zum Generator, wirft diesen an und dann gibts auch wieder Licht und Sauerstoff im OP. Aber es ist eben abhängig davon, wie weit Eli gerade weg ist. Also lieber einmal zu viel im strömenden Regen nach Hause rennen. Unglücklicherweise verlor unsere Patientin wirklich viel Blut und es war unserem OP-Team nur schwer möglich, die Blutungen zu stoppen. Wieder das Problem mit der fehlenden Absauge und dem fehlenden Elektrokauter. Trotz eines zeitweise Blutdrucks von 60/40 überlebte unsere Patientin und ist mittlerweile auch wieder fit. Übrigens hat sie nach der OP ein EK bekommen. EK steht für Erythrozytenkonzentrat oder einfach „Blutkonserve“. Ja, sowas gibts hier tatsächlich, allerdings ist das System ein anderes als bei uns: Damit ein:e Patient:in ein EK bekommen kann, muss ein Angehöriger einmal Blut spenden. Bei zwei EK, zwei Spenden. Und so weiter. Keine Angehörigen oder niemand der für einen spendet? Keine Transfusion.

Nach dem späten Mittagessen ruhten wir uns erst einmal etwas aus, am Abend wollten wir in den Ort um ne Runde Billard zu spielen. Irgendwann fanden sich noch Damas, Jo und die Jungs aus Moshi ein, und so hatten wir eine echt lustige kleine Runde. Unser Abendessen gabs zwar erst um 11, aber egal. Essen, Zähne putzen, Bett. Morgen ist ja Frühbesprechung.

An dieser Stelle noch ein kleines Bild, welches ich in einer Werkstatt im Laufe des Tages gemacht hab. Man beachte die Steckerleiste…

Freitag

Morgenbesprechung um 8 Uhr. Also um halb 9. Nachtreport in Englisch, Rest auf Swahili. Also alles wie immer. Rebecca wurde noch verabschiedet und am Ende ein paar Bilder gemacht. Soweit so gut.

Auch im OPD gab es keine Überraschungen, alles wie immer.

Auf unserer Runde fielen zwei Patientinnen auf: Zum einen die Patientin vom Vortag, der geäußerte Verdacht von freier Flüssigkeit im Bauch, welche auf eine Blutung hinweisen könnte, wurde glücklicherweise im Ultraschall ausgeschlossen. Also alles gut. Als zweites fiel uns eine 20-jährige Patientin auf, welche kurz vor der Spontangeburt stand. Rebecca und ich freuten uns, so bekam wir doch noch die Chance, den natürlich vorgesehen Prozess zu sehen. Dass es nicht so kommen würde, war uns noch nicht klar. Und nein, es wurde kein Kaiserschnitt gemacht. Noch vor Ende der Runde rief uns Gift an, wir müssten „jetzt, sofort“ in den Ort zum Tailor laufen. Dr. Evans schickte uns unverzüglich los, und so liefen wir in Kasak quer durch den Ort zum Schneider. Unsere neuen Klamotten waren fertig! Meine Sachen passten direkt, lediglich Rebeccas Rock war noch zu weit und wurde auch direkt angepasst. Auf halbem Weg zurück wurde uns die Regenzeit mal wieder zum Verhängnis. Auf einen Schlag fing es an zu Regnen wie aus Eimern, 15 m später waren wir schon nass bis auf die Unterwäsche, auch das Unterstellen unter der vorhandenen Vegetation war kaum mildernd. Da der Stoff, aus dem unsere neuen Kleider gefertigt waren, wohl sehr stark abfärben würden, mussten wir diese unter dem Kasak verstecken. Viel brachte es leider nicht, im Endeffekt war doch alles nass. Da wir so natürlich nicht zurück zum Dienst gehen konnte, liefen wie die paar hundert Meter weiter zum Doctor‘s House, um uns erstmal wieder auf trockenen Kiel zu legen. Fertig getrocknet, frisch umgezogen und mit der Frisur eines nassen Pudels ging es dann auch direkt zurück zum Krankenhaus. Dr. Evans war dort mit Damas im OPD beschäftigt, spannende Fälle gab es leider kaum, so endete unser, und vor allem Rebeccas letzter, Dienst, nicht lange nachdem wir wieder zurückkehrten.

Nach unserem Mittagessen sah Rebeccas Plan vor, zuerst nach der Patientin, welche kurz vor der Spontangeburt stand, zu sehen, danach kurz bei Sister Ethy Tschüss zu sagen und noch ein paar Dinge im Ort einzukaufen. Soweit so gut.

Unserer Patientin war mittlerweile bei 8 cm, Dr. Evans, welchen wir auf dem Weg trafen, meinte, wir sollten in ner halben, spätestens einer Stunde, wieder nach ihr sehen. Wir mussten kurz überlegen, ob es am sinnvollsten ist, zuerst einzukaufen oder zuerst nach unserer freundlichen Nonne zu sehen. Da wir nicht vollgepackt dort aufschlagen wollten, ging es zuerst zum Sisters House. Rebecca meinte schon am Tor zu mir, dass wir uns auf gar keinen Fall dazu überreden lassen sollten, noch reinzukommen, Tee zu trinken, oder uns im schlimmsten Falle sogar bekochen zu lassen. Der Plan hielt auch genau bis zu dem Zeitpunkt, an dem uns Sister Ethy – und nicht wie üblich Sister Bibi – die Tür öffnete, Rebecca freundlichst anstrahlte und uns mit einem „Karibu sana“ (also „Herzlich willkommen“) ins Gästezimmer verfrachtete. Natürlich konnte sie nicht nein sagen, sondern antwortete „Asante sana“ (also „Vielen Dank!“). Rebecca biss sich schon sprichwörtlich in den Arsch und das kurz folgende Geräusch des Handrührgeräts bestätigte unsere Vermutung, dass wir den Karren ordentlich festgefahren hatten. Die Minuten liefen ins Land, und trotz des Runterschlingens des wirklich leckeren Omelettes, sechs Kartoffeln und zwei Bananen, sowie das Hinunterschütten des kochend heißen Tees, konnte das unaufhaltbare Weiten des Muttermundes, und dem entsprechend gekoppelten Geburtsprozess, nur wenige Meter neben uns, kaum Einhalt geboten werden. Also alles schnell schnell, Nummern ausgetauscht, Bilder gemacht, drei mal „Auf Wiedersehen“ gesagt und direkt ins Krankenhaus gerannt. Es kam wie es kommen musste: Fünf Minuten vorher entbunden, Kind wohlauf, Mutter schon auf den Beinen und eine leicht geknickte Rebecca neben dem Säugling. Schade, aber jetzt können wir immerhin entspannt einkaufen.

Es wurde mal wieder Material für ne Guacamole und Chapati gekauft. Einerseits fürs Abendessen, andererseits als Proviant für Rebecca morgen. Alles recht unkompliziert. Die geliebte Ananas wurde an diesem Abend ein letztes mal gemeinsam am Strand vertilgt, zu Hause ging es dann ans Vorbereiten der Guacamole, danach wurde diese natürlich auch direkt gemeinsam, zumindest teilweise, zum Abendessen gereicht. Rebecca packte noch etwas und um halb 10 liefen wir noch einmal in den Ort, um vielleicht ein paar Leute zu treffen, und was zu trinken. Aber: Ort leer. Bordsteine hochgeklappt, alles dicht. Seeeehr ungewöhnlich, vor allem für einen Freitagabend. Aber egal, früh ins Bett zu gehen kann ja auch nix schaden.

Samstag

Ich bin mit Rebecca um 5 aufgestanden um sie zum Bus zu bringen. Alleine im Dunkeln mit zwei Rucksäcken ist schon doof, andererseits wäre ich vermutlich sowieso wach geworden. Also liefen wir um halb 6 in Richtung Ort, dort sollte der Bus um 6 abfahren. Dort angekommen waren wir natürlich die ersten, auch um 6 waren noch nicht so viele Menschen da. Der Bus kam dann um halb 7 und Rebecca stieg zusammen mit Jo in den rasenden Ritter. Nach ziehen an der Presslufthupe, prügelte der Fahrer den Gang ins Getriebe, und schoss auch schon los. Gute Reise!

Ich machte mich zurück nach Hause, frühstückte und wollte eigentlich noch lesen. Als ich zum dritten Mal über meinem Friesenkrimi einschlief, beschloss ich, dass das Bett doch die bessere Option wäre. Also wieder ab ins Bett und tatsächlich bis knapp 14 Uhr durchgepennt.

Nach dem Aufstehen konnte ich mein Mittagessen einnehmen. Monika machte mir „Chipsy Majaj“ und Typhussalat. Keine Ahnung, ob man das so schreibt, egal. Im Endeffekt sind das quasi Pommes in ein Omelette eingebacken. Sehr lecker! Danach machte ich außer ruhen, lesen und Blog schreiben bis zum Sonnenuntergang nix.

Zum Abendessen gab‘s dann mal wieder was neues: Es war kein Pfannkuchen. Aber auch kein Omelette. Irgendwie war es die fettige Variante irgendwo dazwischen. In Kombination mit Monikas Tomatensoße war es wirklich sehr sehr lecker!

Eigentlich wollte ich wieder früh schlafen, allerdings meldete sich Richard wieder, ob ich nicht in den Ort kommen wollte mit ihnen bisschen schnacken und Bier trinken. Fußbus bestiegen und zu den Jungs. Viel geredet, viel gelacht, nochmal Details bezüglich unserer Fahrt Ende nächster Woche besprochen und um 11 dann auch wieder nach Hause ins Bett.

Sonntag

Heute hab ich nicht viel gemacht. Außer sortieren, die ersten Dinge packen und natürlich Blog schreiben war nicht viel drin. Ich lade jetzt noch Bilder hoch und dann kann der Eintrag hoffentlich heute Abend hochgeladen werden. An alle, die bis hierhin durchgehalten haben: Herzlichen Glückwunsch, ihr habt 4.219 Wörter bzw. 27.089 Zeichen meiner wirren Gedanken gelesen. Danke für‘s durchhalten!

Ich lade jetzt Bilder hoch, werden allerdings nicht so viele. Sorry für viel Text und wenig Bilder. Gleich kommen auch noch zwei andere Studis mit dem Bus. Also irgendwann zwischen 13 Uhr und 17 Uhr sollte der Bus da sein. So genau weiß man das nie… Mittlerweile ist es fast 14 Uhr und es noch niemand da…

Bis die Tage!

Livingstone

Entschuldigt bitte den späten Eintrag… Die Woche war seeeeehr vollgepackt. Viel Spaß beim Lesen 🙂

An diesem Freitagmorgen stand leider der letzte gemeinsame Dienst im Krankenhaus an. Zumindest halb. Die Jungs sollten Sonntag den Weg nach Songea antreten, und dementsprechend nicht mehr am Montag für einen Dienst im Krankenhaus zur Verfügung stehen. An diesem Tag waren wir zunächst auf einer kleinen Visiterunde, außer einem Jungen mit Schlangenbiss und den viel vertretenen Erkrankungen, wie Malaria tropica, Typhus und Harnwegsinfekte, sowie einigen Schwangeren und Babys gab es hier keine Besonderheiten zu verzeichnen. Was hier allerdings wieder auffiel, ist der altbekannte Mangel an wirklich Allem. Aufgrund dessen, dass aktuell keine Einweginfektionsschutzhandschuhe zur Verfügung stehen, müssen für viele, nicht sterile Arbeiten, sterile Handschuhe genutzt werden. Nicht die beste Lösung, aber zu diesem Zeitpunkt eher alternativlos.

Im OPD erwartete uns ein 3-Monate altes Kind mit Nabelhernie, oder einfach „Nabelbruch“. Dieser war bei weitem nicht so groß, wie der Nabelbruch des Kindes ein paar Tage zuvor. Der Nabelbruch wurde mit einfachen Mitteln versorgt, hier: eine Münze und Pflasterklebeband, wieder ein Mangel an Mitteln und alternativen. Die Patientin soll in wenigen Tagen wieder vorgestellt werden. Ansonsten wurde uns wieder das defekte Röntgengerät zum Verhängnis, eine Frau mit Verdacht auf Handwurzelknochenfraktur konnte nicht geröntgt werden, also erst Gips, dann Röntgen sobald wieder verfügbar. Unkonventionell aber mal wieder alternativlos. Zudem wurde an diesem Tag eine kleine Fotosession mit dem Krankenhauspersonal gestartet. Ne coole Aktion, die Jungs wollen ein Fotoalbum von hier machen, wird sicher ne coole Sache!

Die Jungs haben zu einem großen Abschieds-BBQ eingeladen, viele der Menschen, die sie und wir kennengelernt haben, kamen, um die Jungs zu verabschieden. Jo bereitete allerhand Speisen und Gertänke vor, nach Einbruch der Dunkelheit wurde dann auch komplett aufgebackt und zusammen gegessen. Ungewöhnlicherweise war die Party für die meisten Gäste recht schnell vorbei, meine Vermutung ist, dass nicht nur die Müdigkeit der vergangenen Arbeitswoche, sondern auch diverse Getränke daran schuld hatten. Nachdem ein Gast, welcher mir lange etwas von Dingen erklären wollte, von denen ich eh nix verstehe (Partnerschaft mit Kirchen, anglikanische Kirche von Ruvuma und einer deutschen Partnerstadt), endlich unser Missverständnis lösen konnte, verabschiede auch er sich mit einer kleinen lustig-lallenden Rede nach Hause. Die Stadt, die er mir als Partnerstadt näherbringen wollte, war zunächst unverständlich. Dem angeheiterten Zustand, und der Artikulation eines feuchten Waschlappens geschultet, konnte des Rätsels Lösung erst durch eine Schreibmöglichkeit gelöst werden. Wer denkt auch, dass aus „Nuuuuuuu-Back“, oder „Wnuuulbal“, oder etwas wie „Luuuundak“, irgendwann „Würzburg“ wird. Ich wurde sogar gefragt, ob ich die Stadt kennen würde. Mit der Antwort „flüchtig“ wurde sich dann auch zufrieden gegeben, und selbstverständlich noch ein wenig Aussprach trainiert. Irgendwann kamen wir bei „Wuuuurburt“ raus, alle waren glücklich, Gast stolz wie Bolle. Die nächsten sechs Stunden waren eigentlich nur von uns Vieren, Jo und dessen Hund House/Hous/Hause/Haus geprägt. Musik. Quatschen. Sterne schauen. Könnte schlimmer sein, was?

Samstag

Der Samstag ist irgendwie schwer in Wort zu fassen. Eigentlich haben wir lange geschlafen und nichts gemacht, aber andererseits auch ganz viel. Die Jungs waren noch viel einkaufen – Proviant für die Reise. Auch hier habe ich mal wieder die wildesten Lastwagen gesehen. Ladunssicherung kidogo. Kidogo ist übrigens Swahili für „ein bisschen“. Es wurde fleißig gepackt, wir waren nochmal alle gemeinsam im Ort, damit sich die Jungs von allen verabschieden konnten und bei Jo am Strand. Ich schnappte mir mal wieder die Kamera der Jungs, tatsächlich sind noch ein paar coole Fotos entstanden. Nachdem sich Luca dann auch endlich von Jos Hund losreißen konnte, ging es zurück zum Haus (nein, nicht zum Hund), und es wurde ein letztes mal zusammen diniert. Das Essen war richtig gut an diesem Abend: Chipsies, viele Chapati und Guacamole. Das war richtig gut, schmeckte hervorragend und konnte fast den Schleier von Melancholie übertünchen. Immerhin war es unser letztes gemeinsamen Abendessen, vermutlich unsere letzte gemeinsame Mahlzeit. Für immer? Wer weiß. Aber sehr sehr sicher, die letzte gemeinsame im Doctor‘s House als Studis. Für immer. Danke für die tolle Zeit. See you soon, guys! Aber der Abend war ja noch nicht vorbei. Selbstverständlich gingen wir noch alle gemeinsam zu Michael‘s Sport Bar. Jonas Team, Borussia Dortmund, spielte. Schnell stand es 2-0, mit dem Endergebnis von 6-1 war, vor allem Jonas, wirklich sehr zufrieden, und nachdem dann eine von uns vieren auch wieder erwachte, konnten wir den letzten gemeinsamen Weg nach Hause antreten. Ich verschwand schnell ins Bett, die Jungs packten noch ein wenig, am nächsten morgen früh raus.

Sonntag

An diesem Tag konnte ich einen voreingestellten Wecker nutzen, welchen ich normalerweise nur brauche, wenn ich Frühdienst auf einer Rettungswache jww habe. Also viertel vor fünf. Sch***** früh, aber es sollte belohnt werden. Ich war der erste, war schnell duschen, Rebecca und die Jungs folgten sogleich. Rebecca und ich waren für halb 6 mit Jo zum wander verabredet, die Jungs mussten um viertel vor 6 aus dem Haus. Also konnten wir sie doch nochmal sehen, es gab ein paar Umarmungen und wir wünschten eine gute Reise. Leider war Jo eine halbe Stunde später, also mittlerweile 45 Minuten, noch nicht am Doctor‘s House. Vielleicht erinnert sich die ein oder der andere daran, dass ich 10.000 SMS gekauft habe. Leider nur 10.000 SMS und keine einzige Freiminute. Mist. Also warten. Kurz darauf tauchte Jo dann auch mit Motorrad und einem zweiten Taxi (also quasi nach ein Motorrad) auf. Scheinbar gab es ein Problem mit dem anderen Motorrad, aber was soll’s. Im Endeffekt stiegen Rebecca und ich jeweils auf eine Haojue-Maschine auf – dieses Motorrad fährt hier übrigens jede und jeder – und die Fahrt konnte starten. Wenn ich dem Tacho trauen kann, dann müssten wir mir 30 bis 40 km/h unterwegs gewesen sein, gerade genug für die schlechten Strassenverhältnisse. Immerhin war es einigermaßen trocken und dementsprechend kaum schlammig. Glücklicherweise erwies sich mein Fahrer als sehr sicher und gemütlich, sodass die Fahrt, ohne Sturz, nach circa einer halben Stunde, in Mango-Village endete. Jo deponierte dort irgendwas und dann sollte es langsam losgehen.

Noch bevor wir den ersten Schritt in Richtung Berg machten, fing es auch schon zu regnen an. Spannenderweise nur Nieselregen, sehr ungewöhnlich. Die ersten 300 Meter waren noch sehr entspannt, außer an einer großen katholischen Kirche fanden wir nix ungewöhnliches. Die erste „kleine“ Steigung hatte es aber schon in sich. 50% mal mindestens, und das auf einer Straße – natürlich von Motorrädern befahren. Ich sag’s wie’s ist: der Regen wurde immer mehr, die Straße immer schlechter und die geplanten zweieinhalb Stunden Aufstieg sollten auch nicht so wirklich vorbei gehen. Nach ca. eineinhalb Stunde erreichten wir den ersten kurzen Zwischenstopp, hier hatte Jo zwei Cola und Kekse, als erstes kleines Frühstück, vorbereitet. Allerdings wollte es nicht aufhören zu regnen. Jo zeigte dann irgendwann auf ein Haus in Sichtweite, und meinte, da könnten wir einkehren. Also mit großen Schritten ins vermeintlich Trockene. Dort angekommen wurden wir auch direkt hereingebeten, bzw. Ging Jo einfach rein – er kannte die Leute wohl. Er während unserer Pause an der Kochstelle kam raus, dass Jo die Familie nicht kannte. Die Menschen hier sind einfach so unglaublich gastfreundlich, verrückt. Und was gehört zu Gastfreundlichkeit in Tanzania immer dazu? Exakt! Zum Essen einladen. Deckel hoch, rosa, dankend abgelehnt.

Nach einer halben Stunde Besuch bei Unbekannten wurde das Wetter zwar besser, der Weg dafür umso schlechter. Bevor wir zum Ende des Aufstiegs kommen, mag ich einfach ein paar von ebendiesem zeigen…

Als die Strecke dann doch etwas besser wurde, verschwand Jo einfach im Wald, wir folgten auf einem Weg, der diesen Namen kaum verdient hat. Nach kurzer Zeit machten wir wieder halt, mal wieder bei einer Familie und ich brauchte erst einmal einen Moment um festzustellen, dass wir schon da sind. Das ging dann ja doch recht flott. Wir konnten unsere Sachen dort lassen, regennasse Kleidung wurde aufgehängt und kurz darauf führte uns Jo zum endgültigen Ziel: Es ging mal wieder über „Wege“, quer durchs Gestrüpp an Abhängen vorbei zu Felsen. Auf den kleineren der Felsen Namen wir erst einmal Platz, wurden alleine gelassen, denn Jo ging zurück um unser Frühstück vorzubereiten. Frühstück ist vielleicht der falsche Begriff, es war mittlerweile fast zwölf, die Verzögerung am Morgen und die längere Pause waren verantwortlich. Aber alles kein Problem. Nach einiger Zeit kam er zurück mit einer Schüssel  Shakshuka. Ich muss schon zugeben, dass es das beste Frühstück seit meiner Abflug – und vermutlich auch einige Zeit davor – war. Wirklich lecker! Mal keine feinen Reisbällchen… Natürlich wurden auch hier noch ein paar Bilder gemacht, es wurde eine kleine Runde unternommen und noch mehr Bilder gemacht. Der Nebel lichtete sich von Zeit zu Zeit und gab irgendwann einen überwältigenden Blick auf die Livingstone-Mountains und den Lake Nyasa frei. Wunderschön. Und da Bilder mal wieder mehr sagen als tausend Worte, findet ihr natürlich welche hier:

Der Weg zurück ins Tal sollte ein anderer sein als der Hinweg. Jo meinte, der Weg wäre gut zu gehen, da es nicht regnen würde. Ungeachtet dessen, dass es auf dem Weg nach oben geschifft hat spielte dabei scheinbar keine Rolle mehr. Vertrauensvoll folgten wir so unserem Führer und wurden auch direkt mit einem wirklich wirklich guten Weg belohnt. Zumindest für die ersten gut 20 Minuten. Danach wurde es schlimmer. Der Weg glich mehr einer trockenen Klamm, an die Wassermassen, die hier bei starkem Regen runterkommen möchte man teilweise nicht denken. Zumindest ist der Weg dermaßen von Wasser ausgewaschen, dass es durchaus schwierig war, nicht in einem ganzen Schlitz am Stück zu verschwinden. Nichts desto trotz war die Aussicht wirklich grandios! Naja, der Weg wurde immer schlechter, und ich fragt mich immer mehr, wie es sein kann, dass laufend Spuren von Weidevieh zu sehen waren. Scheinbar ist es wirklich eine Hauptstraße, zumindest für Kuhdrift und dergleichen mit anderen Tieren wie Ziegen. Aber als Feuerwehrler kenne ich natürlich die GAMS, und da weiß man natürlich, dass das überall geht. Immerhin war alles trocken, wenn es nicht trocken gewesen wäre, hätte wir uns genau so gut auf nen Arschrutscher setzten können und den gesamten Berg nach unten rodeln können. Klingt wie ne wilde Mischung aus Kindheitserinnerungen vom Idarkopf und dem Wacken 2017, allerdings klingt es auch viel mehr Schädel-Hirn-Trauma und Rippenserienfraktur. Also doch gut, dass es einigermaßen Trocken war. Der schlechte Weg machten irgendwann meinem rechten Knie und linken Knöchel durchaus zu schaffen. Das Knie hielt sich echt wacker, außer einem intermittierenden Ziehen war es heile, nur mein Knöchel war irgendwann echt floppy. Keine Ahnung, ob „Floppy“ ein Wort ist, aber ich denke, dass jeder weiß was ich meine. Es fühlte sich an, als ob ich Bänder aus Bungeeseil hätte, meine unglaublich guten Augen, und das dementsprechend gute Einschätzen von guten Auftretestellen, erledigten das übrige. So lag ich fünf mal auf meinem Rucksack, wie ein kleiner Käfer auf dem Rücken. Hier hat der Dschungel seine Vorteile, denn man fällt eigentlich immer weich. Nur die latente Angst vor Schlangen und dergleichen lässt einen wirklich schnell wieder aufstehen. Besonders klasse war, als ich es schaffte innerhalb von drei Metern zwei mal im Wald zu liegen. Klingt lustig, ist es im Nachhinein auch, in der Situation kam ich mir echt verarscht vor. Und das von meinen eigenen Knöcheln! Der weitere Rückweg verlief bis eine halbe Stunde vor Mango-Village auch absolut problemlos. Und wie es sich für eine schöne Geschichte gehört, ist eine Rahmenhandlung nicht schlecht. Fing mit Regen an, also muss es auch mit Regen aufhören: Ein Tropfen fiel, also sofort Rucksack vom Rücken gerissen, Jacke mit einem Klettband gelöst und direkt angezogen. Bis dahin war ich aber schon komplett durch nass. Natürlich. Wie auch sonst. So ist das hier. Wenn der erste Tropfen fällt ist es zu spät. Immerhin waren wir schon aus der Kuhdrift raus, der restliche Weg war eigentlich ganz gut. Wenige Minuten nach dem Regen bog Jo wieder auf ein Grundstück ab, dort stand eine Art Pavillon unter der wir uns unterstellten. Das erkaltete Feuer wurde wieder angezündet. Und auch hier: Nein, Jo kannte die Menschen nicht. Jedoch wurden wir auch hier wieder herzlichst empfangen, wir schlugen das Angebot aus, mit nach Innen zu gehen. Daraufhin wurden eben die Möbel von drinnen nach draussen gebracht und wir saßen auf Stühlen um das Feuer bis der Regen aufhörte. Genauso schnell wie es anfing, so schnell hörte es auch wieder auf. Wenige Minuten später kamen wir wieder an der Kirche raus, noch 300 Meter und dann sind wir zurück in Mango.

Dort sollte uns eine warme Mahlzeit erwarten, sehr sehr lecker! Zu meiner Freude war es mal nicht rosa, den Spinat lehnte ich dennoch dankend ab. Zu meiner größten Freude wurde am Ende noch Nanas (Swahili für Ananas) gereicht, die sind wirklich nirgends so gut wie hier. Was mache ich in Deutschland ohne meine tägliche Ration? Keine Ahnung. Unserer kleinen Runde gesellte sich irgendwann ein Herr im geschätzten Alter von 60 zu uns. Er redete wie ein Wasserfall, Mix aus Swahili mit Jo und Englisch mit uns. Ein wirkliches System war in seiner Erzählung nicht zu erkennen, es wurde auch immer lauter und trotz Jos böser Blicke lies der Mann keine Ruhe. Ich versuchte mich irgendwann auf das Gespräch zu konzentrieren, aber irgendwie wurde mir nicht gänzlich bewusst, was er von mir wollte. Es ging zumindest irgendwie um (s)eine Farm, Ananas, und Verbrechen eines Menschen, den ich wohl kennen sollte. Kurz vor der Abfahrt lieferte uns dann Jo des Rätsels Lösung, weshalb wir mit wirrem Zeug vollgelabert wurden. Der Besucher hat einen Freund namens „Rider“. Rider ist wohl die Spirituose, vor der der alte Röhrich seine Jungs Werner und Eckhard beim Schnapsbrennen gewarnt hat. Vermutlich ist Methyl leckerer und gesünder als diese Brühe. Aber es ist irgendwie trotzdem die einzige halbwegs vertrauenswürdige Spirituose weit und breit. Mag aber vielleicht auch daran liegen, dass es die einzige ist.

Der Rückweg verlief fast problemlos, aufgrund des Regens mussten wir einmal absteigen und das Motorrad den Schlammberg nach oben schieben, aber ansonsten schön langsam und vor allem sturzfrei. Zugegebenermaßen etwas erstaunlich, wenn man die unglaublich schlammige Straße in Kombination mit den aalglatten Reifen bedenkt. Aber umso besser.

Zurück am Doctor‘s House plagte mich mein Knie dann doch etwas mehr, keine Ahnung, aber alles gut. War übrigens nach zweieinhalb Tagen wieder komplett weg. Heute, wie an jedem 19., sollte noch ein Markt sein. Zunächst liefen wir im Ort zum eigentlichen Marktplatz, etwas stutzig wurden wir, dass der Ort wie leergefegt erschien und auch auf dem Marktplatz nicht wirklich von Menschenmassen zu reden war. Also zurück zur Kreuzung. Einfach mal den ganzen Menschen entgegen, die aus Richtung Flughafen kamen. Und tatsächlich: Nach ein paar Hundert Metern, auf der linken Seite, ein großer Markt. Hier wird alles angeboten: Von Kleidung und Schuhen, über Stoffe, Haushaltswaren, rohen, mehr oder minder rohen und gekochten Lebensmitteln bis hin zu ganzen und halben Tieren. Tot und Lebendig. Menschenmengen, es wird wild gehandelt, rumkrakelt und eingekauft. Sehr spannend! Nach dem Kaufen einer Gewürzmischung für 2.000 TSH (80 ct) und einer unglaublich leckeren – oh Wunder – Ananas (1.000 TSH = 40 ct), ging Rebecca nach Hause und ich humpelte hinterher. Nicht selten hörte ich „pole sana“. Ich benutze das auch häufig, im Krankenhaus, wenn ich schwer kranken Menschen gute Besserung wünsche. Und mal wieder was zum Thema Pünktlichkeit hier: Offiziell schließt der Markt um 18:00 Uhr. Selbst um halb 7 kamen uns noch einige Bekannte entgegen, die noch auf den Markt zum Einkaufen gingen. Solche Zeiten sind hier eher Anhaltspunkte, mehr nicht.

Der weitere Abend war nur von Essen und Zubettgehen geprägt. Alles eher unspannend.

Das war‘s mit der Woche. Die jetzige Woche ist schon in Mache, allerdings ist so viel passiert und wir waren so viel unterwegs und im Krankenhaus, dass ich nicht zum Schreiben kam. Tut mir leid, aber es kommt alles!

Ich schreibe jetzt mal am Eintrag der Woche weiter und wünsche schon mal ein schönes Wochenende!

Bis dann!

Krankenhaus die zweieinhalbte

Strand von Liuli, Lake Nyasa, TZA // 16:15 Ortszeit

Wie versprochen kommt hier die Fortsetzung des letzten Blogeintrags, auch möchte ich noch ein paar kleine, aber erwähnenswerte Dinge zum Schmunzeln nachtragen, es ist einfach viel passiert letzte Woche. Zudem hab ich auch die Bilder von gestern hochgeladen und es gibt heute sogar direkt Bilder im Eintrag. Verrückt, was?

Aktuell sitze ich an einem Baum am Strand im Schatten. Es sind gefühlt 38 Grad, es ist super schwül und die Sonne brennt ohne Gnade. Hoffentlich wird es heute Abend etwas besser…

Dienstag

Bevor ich am Dienstag mit den anderen zu Mr. Nyoni gelaufen bin, war ich ja noch zu Fuß unterwegs. Es war nicht so warm, so bot es sich an, den ehemaligen Flughafen von Liuli zu erkunden. Also machte ich mich auf die ca. 3 km Fußmarsch. Spannenderweise hatte ich auf dem gesamten Weg mindestens 2 Balken 4G-Netz und konnte dementsprechend lange und wirklich gut telefonieren. Ich hab immer häufiger den Eindruck, dass das Doctor‘s House der einzige Spot in ganz Liuli ohne gescheites Internet ist. Aber egal. Die Straße zum Flughafen ist wirklich schlecht. Deutlich sind die Erosionen zu erkennen, das Wasser richtet beim Regen hier durchaus größeren Schaden an. Selbst mit einem großen Geländewagen könnte der Weg schwierig werden. Am besten wäre ein Unimog, hab ich (leider) nicht, hat hier auch niemand, also wird alles an fahrbaren Untersätzen gnadenlos über die Straße geprügelt. Vor dem Flughafen kam eine scheinbar verlassene Polizeistation zum Vorschein. Zumindest war keine Flagge gehisst, der Parkplatz sah auch recht verlassen aus – zugegebenermaßen sieht hier aber alles so aus – und Türen und Fenster waren fest verschlossen und teilweise sogar vernagelt. Also mehr Lost Place als Polizeistation. Nur wenige Meter dahinter befand sich das Flugfeld: Eine (bestimmt sehr holprige) Graspiste, laut Luftbild wohl einen Kilometer lang, Ausrichtung 14/32. Selbst mit intensivem Bemühen einer bekannten Suchmaschine war es mir kaum möglich, mehr als den ICAO-Code HTLL rauszubekommen. Davis erklärte mir am nächsten Tag, das der Flughafen seit Jahren nicht mehr benutzt wird, es gab allerdings auch nie Gebäude. Wenn ich es richtig verstanden habe.

Mittwoch

Dem Mittwoch wollte ich eigentlich nur zwei Bilder von Regen hinzufügen. Dadurch, dass das Krankenhaus sehr offen gebaut ist, ist Regen durchaus einschränkend. Der Regen ist hier übrigens sehr digital: 0 oder 1. An oder Aus. Regen oder kein Regen. Und die Übergänge sind auch so. Nach dem ersten Tropfen dauert es oftmals nur wenige Minuten bis zu monsunartigen Ergüssen. Der Regen hämmert stark auf das Blechdach, Anamnese im OPD wird dadurch sehr schwierig, selbst die Kommunikation auf Muttersprache über weniger als 3 m ist eingeschränkt. Total verrückt.

Donnerstag

Noch bevor ich mit dem Donnerstagnachmittag weitermachen möchte, möchte ich gerne eine kleine Warnung vor „pilipili“ aussprechen. Pilipili ist das Swahili-Wort für verschiedene Pfeffer-, Paprika- und Chilisorten bzw. -Erzeugnisse. Oftmals ist hier aber Chili mit gemeint. Beim Heimweg trafen wir unseren Watch-Man Davis, er hatte eine kleine Tüte mit bunten kleinen Früchten dabei, diese erinnerten eher an eine Mischung aus Cocktailtomaten und winzigen Paprika. Jonas schnackte kurz mit Davis, er zeigt ihm die Tüte und Jonas stellte daraufhin die logische Frage: „Are they spicy?“ Es muss sich wohl um ein Missverständnis gehandelt haben, zumindest antworte Davis sowas wie „No!“. Jonas nahm also ein Pilipili und biss mal herzhaft ab. Alle anwesenden Einheimischen, inclusive Davis, stockte der Atem. Wenn Jonas im Petersdom blank gezogen hätte, dann wären die Gesichtsausdrücke wohl deutlich weniger in Richtung Entrüstung entglitten. Das Feuerwerk, welches in Jonas Mund gezündet wurde, folgte sogleich. Hochroter Kopf, Schweißausbrüche, und dezente Unruhe machten sich breit, das gereichte Wasser machte alles nur marginal besser. Geschluckt hat er es immerhin nicht. Allen war klar, dass man das nicht versuchen sollte. Rebecca und ich probierten nur einen Tropfen des Inneren. Wenn ich an die lange taube Zungenspitze zurückdenke, dann möchte ich mir das Inferno in Jonas Mundhöhle kaum vorstellen.

Ach übrigens wollte ich an diesem Tag mein SMS-Guthaben aufladen. Dummerweise hatte ich nur Internet und keine SMS oder Freiminuten in Dar Es Salaam gebucht. Damas half mir, durch das recht komplizierte Menü – natürlich nur auf Swahili – und kurz darauf habe ich ein paar SMS für 2.000 TSH (also 80 ct) mehr auf meinem Handy gehabt. Dass es 10.000 SMS sind, das wurde mir erst später bewusst. Also schreiben ist gesichert.

Zurück zum Thema

Jetzt aber endlich, hab genug zu allem was ich vergessen habe gelabert… Wenn mir noch was einfällt, dann gibt‘s das natürlich hier.

Nachdem ich aus der Kirche kam, lief ich direkt zum Sister‘s House. Da ich davon ausging, dass die anderen bereits bei Sister Ethi seien, ging ich mit großen Schritten auf das Gelände, vor der Kapelle machte ich dann schnell auf dem Absatz kehrt. Alle Schwestern waren noch, mehr oder minder harmonisch, am singen und beten. Von den anderen niemand in Sicht. Da ich nicht wie bestellt und nicht abgeholt in der Tür stehen wollte, drehte ich um und wartete vor dem Eingangstor. Als die anderem kamen, gingen wir zum Hintereingang und riefen nach Sister Ethi. Wie eigentlich immer, tauchte Sister Bibi auf. Sister Bibi ist eine durchaus betagte Nonne, allerdings wirkt sie noch sehr fit und ist echt auf Zack. Das schlechte Gewissen plagte uns dennoch etwas, immerhin muss sie immer laufen, um Sister Ethi zu suchen, wenn wir kommen. Wobei es „laufen und den Namen schreien“ deutlich besser trifft. So manche Ähnlichkeit mit dem ein oder anderen Familienfest ist schon erkennbar. Als Sister Ethi dann endlich gefunden wurde, wurden wir natürlich direkt in die gute Stube geführt. Ich dachte bis zu diesem Zeitpunkt noch, dass wir nur Brot bestellen würden. Zumindest wurden wir auf die Couch verfrachtet und sie verschwand. Die anderen erklärten mir, dass wir jetzt erst mal etwas warten würden, in wenigen Minuten gibt es sicher etwas zu essen und Tee. Aus wenigen Minuten wurden viele Minuten. Jetzt muss man sich mal vorstellen, man setzt vier etwas übermüdete Medis in eine gute Stube, eigentlich sollten sich diese dort ruhig verhalten. Aber wir wissen auch alle, dass nach „müde“ „doof“ kommt. Das Interieur des Zimmers verleitete aber auch zunehmend dazu, Fragen zu stellen, die eigentlich keine Antwort haben: Wieso es sich gerade hier befindet, was es zu bedeuten hat und wieso alle Bilder schief an der Wand hängen. Auch die gehäkelten Deckchen, eher einem Panda auf LSD gleich, sowie süße, aber sehr abgegriffene Stofftiere erheiterten unsere Laune. Das Kichern wurde immer intensiver, selbstverständlich mit dem Teufelskreis, der jedem:r bekannt ist: Je mehr man versucht, es zu unterdrücken, umso lustiger wird’s. Was passiert ist, als Luca ein ca. 50 cm langes, total doof grinsendes, sehr sehr dünnes Holzkrokodil unter dem Tisch hervorzauberte, muss ich hier nicht erklären. Aber wir hatten viel Spaß, und das Essen später war ebenso lecker wie der Tee.

Im Vergleich zur Gästekultur in Deutschland ist es hier durchaus etwas anders. Gefühlt wird man viel schneller nach Hause eingeladen, Mr. Nyoni erklärte allerdings, dass in ihrem Glauben häufiges Einladen das Haus segnen würde. Egal. Die Menschen sind wirklich sehr sehr gastfreundlich und freuen sich immer, wenn man mit nach drinnen kommt. Auch das Verständnis von Ordnung, welche mindestens nötig ist, um Besuch zu empfangen, würde meiner Mama die Haare zu Berge stehen lassen. Das Argument hätte leider zu Hause vermutlich kaum ziehen können…

Danach wollten wir noch in den Ort laufen um ein paar Dinge zu besorgen, die Menschen zu treffen und sehen, ob der Markt geöffnet hat. Tatsächlich hatte letzterer geöffnet. Meine seit zwei Wochen bestehende Hoffnung, ein anderes Gewürz als Salz zu finden, konnte hier leider nicht befriedigt werden. Scheinbar gibts hier echt wenig bis gar nichts, das einzige Gewürz ist Pilipili. Aber kein Pfeffer, keine Paprika. Nix. Nur pilipili infernalis. Ansonsten kann man auf diesem Markt alles mögliche an Obst und Gemüse kaufen, von Ananas, über Wassermelone, Mango, Kokosnuss und Banane, bis hin zu Passionsfrucht, hier gibt es alles. Auch eine große Auswahl an Gemüse – von der wir leider im Doctor‘s House noch nicht viel gesehen haben – wird hier angeboten. Zudem gibt es noch einige Haufen an Kernen und Pulver, allerdings ist mir nicht klar, was es sein soll. Pfeffer war es offensichtlich nicht. Auch das Lieblingsgewürz unserer Köchin – kleine Steine, die einem jedes mal ein Krachen in der Kauleiste bescheren – war hier nicht zu finden. Wird scheinbar mit den anderen Lebensmitteln zusammen geliefert. Oder sie kommen aus dem Wasser, mit dem Monika kocht. Aber egal. Ansonsten gab es noch getrocknetes Fleisch und Fisch. Wie gut der Fisch ist, kann ich leider nicht beurteilen, allerdings fand ich die Unmengen an Fliegen, welche sich auf den Fischen tummelten, und die Tatsache, dass keinerlei Kühlung der Verfügung steht, schon tendenziell ungut.

Ansonsten fanden wir, außer einem wenig vertrauenswürdigen Bus und einem noch ausmusterungswürdigeren Lastwagen, leider keinen funktionierenden Billardtisch, sondern ein wirklich schweres Schicksal vor der Bar vor. Ein junger Mann, vielleicht 30 Jahre alt kam auf Krücken zu uns, er legte auch direkt sein Bein auf den zweiten, defekten Billardtisch, und ich sah die wohl am schlechtesten versorgte Verletzung meines Lebens. Der Mann wurde vor einiger Zeit von einem Auto angefahren, offensichtlich war sein Unterschenkel dabei komplett gebrochen worden, eine mehrfache Fraktur würde mich auch nicht wundern. Der Wunde zu urteilen, könnte es sich dabei durchaus um einen offenen Bruch gehandelt haben. So richtig konnten wir nicht verstehen, ob es überhaupt versorgt wurde, es sah jedoch nicht danach aus. Das Bein ist massiv geschwollen, die Wunde war sicher immer noch 10 auf 30 cm groß, allerdings mittlerweile halb verheilt. Der Wundrand sah auch deutlich besser aus als erwartet, allerdings muss man sagen, dass das Bein dringend chirurgisch versorgt werden müsste. Die Infektionsgefahr ist immens, eigentlich wäre eine breitbandige antibiotische Therapie absolut indiziert. Das Bein ist wirklich krumm, ob falsch zusammengewachsen oder instabil war auch nicht so richtig herauszufinden. Auch Damas, welchen wir zur Hilfe zogen, konnte uns kaum weiterhelfen. Eine Versorgung ist in Liuli nicht möglich. Und jetzt kommt der wirklich traurige Teil der Geschichte: Vermutlich wird der junge Mann an dieser Verletzung sterben. Er ist nicht krankenversichert, hat keinerlei Einkommen und auch keine echte Möglichkeit zu arbeiten oder anderweitig, außer durch Betteln, an Geld zu kommen. Eine chirurgische Versorgung steht für ihn also außer Frage, auch Antibiotika kommen, aufgrund seiner finanziellen Situation, leider nicht in Frage. Trauriges Schicksal, aber hier leider nicht zu ändern.

Stay Tuned – once again

Ich kam leider nicht weiter zum schreiben. Eigentlich hätte der Eintrag auch gestern schon rausgehen sollen. Wieso er es nicht gemacht hat? Keine Ahnung. Wohl dem unberechenbaren Internet geschuldet. Aber egal.

Es ist auf jeden Fall viel lustiges und spannendes Zeug passiert, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Kommt alles die Tage, bitte habt etwas Rücksicht!

Bis dann, und lala salama

Krankenhaus die zweite

Doctor‘s House, Liuli, TZA // 14:00 Ortszeit

Zunächst mal sorry, dass ich mich die ganze Woche nicht gemeldet habe. Wir waren viel unterwegs und hatten im Krankenhaus viel zu tun. Allerdings habe ich dafür viele Bilder gemacht, die Bilder des letzten Eintrags sind mittlerweile nachgereicht. Zudem sind alle Bilder anzuklicken – mir war leider nicht bewusst, dass das vorher nicht ging! Also gerne nochmal die Bilder durchsehen. Und jetzt viel Spaß beim Lesen!

Aktuell schüttet es übrigens mal wieder wie aus Kübeln… Mal sehen ob die Abschiedsparty von Jonas und Luca heute Abend steigen kann…

Dienstag

Auch an diesem Tag war das Krankenhaus gefühlt verlassen. Mal wieder befanden sich kaum Patienten auf den Stationen. Die einzige Station, auf der es wirklich Patientinnen gab, war die Maternity-Ward. Die meisten Patientinnen hatten vor kurzem – wie hier so häufig – per cesarian section (also Kaiserschnitt) entbunden. Die unglaubliche Häufigkeit habe ich ja bereits erwähnt. Allerdings muss man nochmal erwähnen, dass viele Geburten zu Hause stattfinden, dementsprechend „haben alle was“ die hier herkommen. Bei einer Patientin war am Vortag noch eine Spontangeburt geplant. Vor allem meine zwei Berliner Mitfamulanten wollten gerne bei dieser Geburt teilhaben – einer der Jungs hatte noch nie eine gesehen. Also wurden Telefonnummern dagelassen, Dr. Evans wurde instruiert und er wiederum instruierte das diensthabende Personal, uns doch bitte bitte anzurufen, sollte die Geburt starten. Immerhin lag unsere Patientin schon im Kreißbett. Alles schön und gut, allerdings hatte die Frau am nächsten morgen ihr Kind im Arm. Es kam zur Welt, der/die aufmerksame Leser:in wird sich schon denken können was passiert ist: Die Geburt hätte „zu lange gedauert“, also Frau in Narkose, Bauch auf, Kind raus, Bauch zu. Wieder mal die Angst vor Geburtskomplikationen bei zu langem Geburtsprozess. Im Endeffekt stellte sich dann aber doch raus, dass es die goldrichtige Entscheidung war: Nabelschnur um den Hals, das ganze sogar zwei mal. Kind gut, Mutter gut, die Jungs müssen weiter hoffen.

Die nächste Sectio kam zugleich: In der Regel läuft der Tag so ab, dass erst eine Visiterunde gemacht wird, dann wird kurz geratscht über Medizin, und dann gehts ins Outpatient-Departement (OPD) oder eine OP (in der Regel ein Kaiserschnitt) steht an. Die Runde war sehr kurz, dementsprechend gab‘s auch wenig zu ratschen und im OPD herrschte ähnliche Ebbe wie auf den anderen Stationen. Leider war ich nicht da, wenn doch, dann hätte ich sicher einen vertrockneten Busch durch den Hof rollen sehen. Egal, zurück zur Sectio: Alles war sehr früh, das Frühstück war auch eher mau (den unglaublich schmackhaften Reisbällchen in Kombination mit einem leeren Ovomaltine-Glas geschuldet), meiner wahnsinnigen Trinkmenge, welche man problemlos in einem Fingerhut hätte abmessen können, allerdings fühlte ich mich sehr gut. In unserer kleinen internen OP-Rotation war ich an der Reihe die erste Assistenz zu übernehmen. Also in OP-Dress werfen, Gummistiefel an, eine aus LKW-Plane und Kasakresten gebastelte Schürze um, einwaschen und dann einen „sterilen“ Kittel drüber, zwei Paar Handschuhe und ab zum Tisch. Die Geburt verlief recht flott und unspektakulär – beim schließen des Uterus viel mir dann aber meine Trinkmenge, die Frühstücksmenge und die angenehme Temperatur von knapp 30 Grad und die entsprechend physiologische Reaktion meinen Körpers auf die Füße. Sehr verständnisvoll wurde mir ein Hocker angeschoben, ich konnte ein paar Minuten sitzen und kurz darauf war der Spuk auch wieder vorbei. Das Gefühl, von seinem eigenen Körper bezwungen zu werden, das ist allerdings nicht besonders toll.

Kurz darauf freute ich mich auf ein Mittagessen. Die Vorfreude hielt auch bis exakt zu dem Zeitpunkt an, als ich den Deckel der Schüssel mit unserem Mittagsmahl anhob. Es sah nicht besonders gut aus, Lucas Satz „Bah! Das ist das räudigste von allen!“ steigerte den Appetit auch nicht signifikant. Laut den anderen sollte das Gemüse eigentlich in schleimiger Soße schwimmen, machte es aber nicht. Im Endeffekt lag wenige Minuten später ein Berg von rosa-bröckeligem, staubtrockenem, soßenlosem und nicht sonderbar appetitlich aussehendem Gemüse (??), oder besser „Agrarerzeugnis“, auf meinem Teller. Zum Geschmack: Ich esse ja mittlerweile echt viel, aber das war dann doch bisschen zu viel des guten. Ich hab‘s probiert, die Konsistenz ist gewöhnungsbedürftig aber okayisch aber der Geschmack. Der brachte fast mein halbes Reisbällchen vom Frühstück wieder zurück auf die Terrasse. Mein abdomineller Diskomfort war mir scheinbar ins Gesicht geschrieben, wie aus einem Munde fragte man mich, ob alles gut wäre. Mein Nebenmann übernahm dann glücklicherweise die Portion. Immerhin hab es als Beilage keinen Spinat – es reicht wenn das rosane Zeug meinen Magen auf Schubumkehr schalten lässt, einen Nachmittag auf dem Triton konnte ich nicht gebrauchen. Also Bestand mein Mittagessen aus der anderen möglichen Beilage: Bohnen.

An diesem Abend sollten wir von Mr. Nyoni, dem Form VI Englisch Lehrer aus der St. Paul‘s High School eingeladen werden. Um 19:30 trafen wir uns vor der Sister‘s House, er holte uns ab und wir liefen zu seinem Haus. Dort angekommen wurden wir erst einmal auf die steinharte Sitzgruppe verfrachtet – keine Ahnung ob man die durchgesessene Couch einfach mit Kies aufgefüllt hat – dort wurden uns dann die anderen Bewohnerinnen des Hauses vorgestellt. Im Haus wohnen mit ihm noch sechs Mädchen aus armen Familien. Sie helfen ihm im Haus, dafür können sie dort wohnen und zur Schule gehen. Klingt im ersten Moment sehr Strange, fühlte sich auch anfangs so an, allerdings kamen wir zu dem Schluss, dass Mr. Nyoni einfach wirklich ein guter Kerl ist. Die Mädels brachten dann auch sogleich die ersten Schüsseln mit Essbarem. Und dieses mal wirklich Essbares! Mr. Nyoni fragte mich letzte Woche, ob ich alles essen würde, meine Antwort, dass ich kein Fleisch und Fisch esse, führte dazu, dass es Obst gab. So dachten wir zumindest. Die ersten Schüsseln bestanden aus viel viel Ananas, viel viel Gurke und viel viel Mango. Etwas unangenehm schaufelten wir alles in kürzester Zeit in uns rein, Aber nicht genug! Es wurden noch Nudeln und Reis aufgetischt, erste waren zur besondere Freude unseres Halbitalieners sogar bissfest, zudem gab es noch einen sehr feinen Typhus-Salat. Normalerweise sollten wir nur geschälte Tomaten essen. Diese waren nicht so ganz geschält, aber unglaublich lecker, von einmal werden wir schon kein Typhus bekommen. Und zur Not: An Ciprofloxazin kommt man hier einfach ran. Nach dem Essen wurden noch ca. 1107 Fotos geschossen, und dann ging’s ans Feiern. Mr. Nyoni schleppte eine Kiste Bier vor die Sitzgruppe, draußen lief auf einer etwas zu großen Box tanzanische Musik und einige Jungs tanzten draußen schon. Nachdem wir vor, zwischen und auf der Sitzgruppe standen und tanzten ging es noch nach draußen, eine weitere Kiste Bier später traten wir den Heimweg an. Dieser Abend hat sich auf jeden Fall gelohnt. Danke für die Gastfreundschaft!

Mittwoch

Der Start des Mittwochs verzögerte sich aufgrund C2H5OH-haltiger Flüssigkeiten vom Vorabend, in Kombination mit entsprechend kurzer Liegezeit und dem kompletten Ausfall der Wasserversorgung im Doctor‘s House um wenige Minuten. Ohne Strom kommen wir mittlerweile alle wirklich gut aus, Powerbanks und Sparsamkeit, in Kombi mit Taschenlampen und Handylicht machen‘s gut möglich. Aber ohne Wasser ist wirklich Mist. Nur an Monikas Kochstelle gibt es einen Wasserhahn, allerdings sieht das Wasser noch weniger vertrauenswürdig aus, als das Wasser im Haus. Ein Eimer muss zur Toilettenspülung herhalten, duschen fällt leider komplett aus. Also etwas klebriger in Kasak und Hose, etwas Frühstück (hmmmmmmm Reisbällchen) runterwürgen und dann die 100m weiter ins Krankenhaus.

Die Runde war schon fast fertig, es waren ohnehin kaum Patientinnen und Patienten da, und von denen nur eine Neuaufnahme. Also unspektakulär, Dr. Evans hatte absolutes Verständnis und kurz drauf ging’s ins OPD. Hier sind tatsächlich mal drei kurze Fälle erwähnenswert: Zum einen stellte sich ein vierjähriges Mädchen mit einer Nabelhernie – also einem Nabelbruch – vor. Sowas kann im Laufe des Wachstums mal vorkommen, ist auch tendenziell kein großes Problem, die operative Versorgung geht ganz flott und dementsprechend ist die Gefahr des Einklemmen von Darm gebannt. Aufgrund des höheren Screenings (U-Untersuchungen und co.), sowie des früheren Zur-Praxis-Gehen wird ein Nabelbruch nicht so groß. Da es diese Voraussetzungen hier leider nicht gibt, hatte das Mädchen einen Nabelbruch in der Größe einer Coladose. Absolut krass, Dr. Evans meinte, es wäre auch hier in Liuli operativ zu versorgen. Nur wann wurde noch nicht gesagt. Als zweites stellte sich ein Mann Mitte Vierzig vor. Dicke Beine und eine Aszitis („Bauchwassersucht“, oder einfach viel Wasser im Bauch) plagten ihn seit ungefähr einem Monat. In der Anamnese durch Dr. Evans wurde dann festgestellt, dass er „auf Strom getreten sei“ – eine der vielen Umschreibungen für die, hier recht häufige, Diagnose HIV. An weiterer Diagnostik stand uns nur die Bestimmung weniger Laborwerte (genauer: Hb, Malaria- und Typhus-Test; kein Crea, keine Transaminasen, keine Viruslast, kein CD4, keine GGT, keine AP, keine Gerinnung, etc.) und ein, aus gutem Grund in Deutschland nicht mehr genutztes, Sono zur Verfügung. Leber und Niere sahen soweit gut aus, mehr war leider nicht darstellbar. Im Endeffekt konnte nur symptomatisch behandelt werden. Sehr schade, aber so ist das eben hier. Als drittes wurde noch eine zehnjährige Patientin im Kombination mit ihrer Mutter vorstellig. Beide waren vorher schon bei einem anderen Arzt, dort wurde die Diagnose „Infektion mit Mycobacterium leprae“, oder kurzum Lepra, gestellt. So genau hab ich‘s nicht verstanden, allerdings konnten dort keine Medikamente rezeptiert werden – diese werden vom Staat wohl finanziert und sind dementsprechend gut kontrolliert. Die Diagnose wurde von uns verworfen, eine viel wahrscheinlicherere, und auch zum klinischen Bild deutlich besser passende, Diagnose gefunden: Vitiligo. Vor allem bei dunkelhäutigen Menschen ist der Verlust der Pigmentierung an einigen Stellen sehr offensichtlich, leider auch stigmatisiert. Die Medikation gegen das Mycobakterium wurde nicht rezeptiert, die Mutter war zwar nicht sonderbar begeistert, aber leider ist nichts daran zu ändern. So wirklich geheuer war es aber niemanden. Wenn sich in diesem Krankenhaus jeder, vor allem das Personal, egal ob ärztlich, pflegerisch oder sonstig, die Hände desinfiziert, dann muss es etwas krasses sein.

Am Abend waren wir bei unserem Watch-Man und Freund Davis eingeladen. Um halb 12 tansanischer, also 17:30 normaler Zeit holte er uns ab. Nach einem zwanzigminütigen Fußmarsch durch die wundervolle Landschaft kamen wir bei ihm zu Hause an. Einfachste Verhältnisse, ein Haus mit sehr undichtem Strohdach, keine echten Türen, „Fenster“ aus Astabschnitten und eine Feuerstelle. Aber es ist sein zu Hause, wir fühlten uns wohl. Nach der Vorstellung seiner Familie wurde das Essen gereicht. Ich freute mich wirklich auf etwas neues, es standen vier große, vielversprechende, aber geschlossene, Behältnisse, zusammen mit entsprechend Tellern und Löffeln parat. Beim Öffnen der Gefäße wurde es mir aber mal kurz warm und kalt zugleich, mein Hirn versuchte rasend einen Ausweg aus der Situation zu finden, aber es schien keinen zu geben. Alle stehen drum rum, Davis mit Frau, sein Bruder mit Frau und dessen Kind. Alle sehen uns an, freuen sich, wenn wir viel essen – gehört zum guten Ton. Die anderen drei erkannten meine Not, allerdings war ihnen auch adhoc keine Lösung zugeflogen. Also ergriff Luca das löffelförmige Zeptar und schaufelte das triefend schleimige, rosa-bröckelige Agrarerzeugnis, welches mir vom Vortag gut in Erinnerung war, auf einen jeden Teller. Mir schon etwas weniger, aber der gute Ton. Naja, aber es gibt ja noch drei andere Behältnisse. Ich sag es wie es ist: In Behältnis zwei und drei befand sich das selbe. Aber Nummer vier war noch verschlossen. Also machte ich diese Schüssel auf, ähnliche Reaktion wie bei Schüssel eins: Grünleuchtend strahlte mich der Spinat, welcher mich bis jetzt immer auf den Pütz zwang, an. Die nächste Toilette ist 20 Minuten Fußmarsch entfernt, nicht zu schaffen. Also kein Spinat. Beim Essen schauten mich alle erwartungsvoll an, nach dem ersten Bissen meines rosafarbenen Mahls konnte ich gerade noch verhindern, dass es postwendend den Weg zurück auf den Teller finden sollte. Die anderen erkannten meine Not und so stocherte ich etwas in meinem Essen rum, Luca half mir etwas aus der Klemme und es wurde geschickt ein voller gegen einen leeren Teller getauscht. Leider flog die Nummer auf, einen geknickten Davis musste ich dann erklären, dass es nichts mit der Gastfreundschaft oder ihnen zu tun hat, ich wollte weder neben seine Ziege unter dem Bananenbaum brechen, noch mit Spaten in den Wald verschwinden. Er zeigte sich sehr verständnisvoll und wünschte mir gute Besserung.

Donnerstag

Der Start in den Donnerstag verlief wieder etwas holprig, allerdings waren wir dieses mal nicht daran schuld. Das Krankenhaus war wieder gänzlich verlassen, auch Dr. Evans – unser treuer Begleiter und Betreuer bisher – war nicht zu finden. Dr. Matthews war auch nicht da, Damas sollte geplant später kommen, das Championsleague-Spiel vom Vorabend sollte etwas mehr Schlaf bedürfen. Dr. Evans schrieb uns dann allerdings, dass er unglücklicherweise zu einem Notfall nach Songea musste, mit Glück könne er nächste Woche wieder da sein. Also riefen wir Damas an, bis er kommen sollte liefen wir noch kurz ins Dorf, kauften acht Avocados für 4.000 TSH (also 1,61 €) und ein wenig kalte Cola. Nach abliefern am Doctor‘s House konnte unser Tag auch endgültig starten. 

Ob die Visiterunde ausfiel oder von jemand anderem erledigt wurde, ist mir nicht ganz klar geworden – egal wie, wir waren alle mit Damas im OPD. Auch hier gab es ein zwei recht spannende Dinge: Zum einen kam ein junger Mann, zwanzig Jahre alt, mit ubiquitärem Pruritus, auf gut deutsch: Ihn hats gejuckt, überall. Damas warf schnell die Verdachtsdiagnose „Würmer“ in den Raum, unser Patient wurde dann direkt in die Parasitologie geschickt und kam wenige Minuten später (inclusive Stuhlprobe – wie das so schnell gehen konnte ist mir ein Rätsel) mit einem positiven Ergebnis zurück. Albendazol rezeptiert, nächster Patient. Eine Fünfzehnjährige kam mit einem unkomplizierten Harnwegsinfekt. Eigentlich keine große Sache, normalerweise sehr gut mit viel trinken und ggf. einer Einmalgabe Fosfomycin (einfaches Antibiotikum, genau das richtige für sowas) gut in den Griff zu bekommen. Hier wurde dann direkt Ciprofloxazin aufgeschrieben, hat zwar was von „mit Kanonen auf Spatzen schießen“, aber es hilft sicher. Alternativ gibts hier noch Doxycyclin, die Nebenwirkungen hier sind aber tendenziell noch schlechter. Aber egal, ist hier halt so, werden wir auch leider nicht ändern können. Ein anderer Patient kam mit einer Mittelhandfraktur, die Diagnose stellte sich aufgrund des halbdefekten Röntgengeräts auch als spannend dar, aber egal. Ist hier sowieso nicht zu behandeln, muss in ein anderes Krankenhaus, sofern Geld dafür da ist.

Zum Mittagessen gab es auch mal wieder geliebten Typhus-Salat. Auch wenn Monika eigentlich verboten wurde ihn zu machen – zu viele Famulant:innen haben Typhus bekommen. Immerhin schält Monika die Tomaten zu gut 50%. Mittlerweile.

Der Nachmittag war dann wieder sehr spanned, zunächst bewaffnete ich mich mit Luca und/oder Jonas Kamera und stiefelte in die Kirche, um endlich die versprochenen Bilder zu machen. Das Finden von Father Nicholaus stellte sich schon kurz als schwierig heraus, aber nachdem ich ihn gefunden hatte, und ihm mit Händen und Füßen erklärt habe, dass ich Bilder machen wollte, begleitete er mich zu Kirche. In der Kirche wurde mir von Gift, welcher zufällig auch da war, erklärt, dass es sich um eine Kathedrale mit Bischofssitz handeln würde. Alle Achtung, hab zwar keine Ahnung, aber es klingt doch spannend. Zudem wurde mir das Grab eines sehr wichtigen Mannes gezeigt: William Parcival Johnson (1876-1928). Er war der Missionar, welcher nicht nur die Kirche erbaute, sondern auch das Krankenhaus gründete und wohl für einige Bildung verantwortlich war. Gift erklärte zudem, dass die Missionare an den Küsten und Seen mit ihrer Arbeit begonnen, deshalb ist diese Region auch so christlich – und vor allem anglikanisch – geprägt. Nach dem Gift die Kirche verlassen hatte, machte ich noch ein paar Bilder und konnte natürlich meine Finger auch nicht den Instrumenten lassen. Father Nicholas und Father Goodluck waren begeistert, auch wenn ich auf einem abgetanzten Keyboard, bei dem der Ton E nicht funktionierte, etwas klimpern sollte. Mir kam nichts anderes, als Nothing else matters von Metallica in den Sinn, mit fehlendem E klingt das aber echt wie Hund. Beide strahlten dennoch und danach wurde ich noch weiter durch die Kirche geführt. Zuerst wurde mir das Taufbecken gezeigt, die Erklärung dazu konnte ich natürlich nicht verstehen. Father und Father nur Swahili, Niklas nur Deutsch, und das was ich Englisch nenne. Danach wurde hinter dem Taufbecken und Graben aufgedeckt. Zunächst dachte ich, es handele sich um einen Treppenabgang in einen Keller, allerdings hab es Treppen auf beiden Seiten, nach 5 Stufen war auch schon Schluss. Ich hab keine Ahnung was es war, es wurde zwar erklärt und darauf gezeigt, aber verstanden habe ich natürlich nichts. Ich schätze jedoch, dass es ein sehr wichtiges betoniertes Loch sein muss, andernfalls kann ich mir die überschießende Freude und das Wegwuchten der Holzbolen darauf, nicht erklären. Auch das Abnehmen der Beichte lehnte ich dankend ab. Zur Krönung wurde ich noch zu Father Nicholaus nach Hause eingeladen – um „Habari nyumbani“, also „Herzlich Willkommen zuhause“ zu verstehen, reicht selbst mein Swahili. Ich wurde auf eine Sitzgruppe gesetzt, mir gegenüber saßen Father Nicholaus und Father Goodluck, beide versuchten mir Fragen zu stellen, ich versuchte zu antworten, aber alles ohne Erfolg. Also saß ich nach wenigen Minuten zwei über beide Ohren strahlenden Geistlichen gegenüber und es passierte nichts mehr. Nach einiger Zeit des gegenseitigen Anstarren, muss ich dann doch mein Handy zücken. Google Translate half mir dann immerhin aus der Situation zu flüchten, ich hatte noch eine Verabredung mit den anderen und Sister Ethi. 

Stay tuned

Leider müssen wir jetzt zu der Party von Luca und Jonas. Ich würde gerne noch mehr schreiben, kommt auch noch die Tage, allerdings ist zu viel lustiges passiert, als dass ich es jetzt in wenigen Minuten hier hinschreiben könnte. Also nehme ich mir lieber Zeit.

Übrigens schüttet es nicht mehr. Ich sitze immer noch Oberkörper frei hier, es ist echt angenehm… Rebecca hat nen Pulli mit halbem Rollkragen an… Wessen Temperaturempfinden jetzt gestört ist? Keine Ahnung….

Bis dann!

The Holy Cross Church Liuli

Doctor‘s House, Liuli, TZA // 18:00 Ortszeit

Der Samstag war wirklich entspannt. Außer lesen, Strand, zwei drei Kleinigkeiten erledigen, spätes Aufstehen und frühes zu Bett gehen ist wirklich nichts vorgefallen. Aber muss ja auch nicht jeden Tag sein. Also starte ich direkt mit dem Sonntag.

Man höre und staune, aber ich bin tatsächlich in ner Kirche im Gottesdienst gewesen. Der örtliche Pfarrer / Pastor (ich weiß nicht, was er ist… er hat ein blaues Hemd und ein weißes Ding im Kragen, so viel kann ich sagen) hat uns mehrfach eingeladen. Es ist ein wirklich freundlicher, fast knuffig-süßer älterer Herr mit dem Namen Nicholaus – dass er immer „Niklas“ sagt freut mich aus Gründen schon ein wenig. Dementsprechend musste ich quasi in die Kirche. Den Gottesdienst bekommt man hier im Doctor‘s House auch so immer mit, es sind nur knapp 100 m Luftlinie zwischen Gottes- und Doctor‘s Haus. Unser Tag begann also wirklich früh, um halb acht saßen wir schon zum gemeinsamen Frühstück auf unserer Terrasse, welche vorher noch von Blättern und Ästen befreit werden musste – ein ordentlicher Tropensturm zog in der Nacht über Liuli.

Pünktlich um acht waren wir auch schon in der Kirche. Eine recht große Kirche, es gab bestimmt 20 Bankreihen, eine großes Haupt- und recht große Seitenschiffe. Lediglich die Höhe des Baus war deutlich unter dem, was man aus Europa gewohnt ist. Immerhin hatte sie überhaupt ein Dach – ist hier auch nicht so selbstverständlich. Ansonsten waren noch ein paar Messdiener, unser guter Nicholaus, zwei andere Geistliche, ein Kantor, zwei weitere Musiker und nur eine Handvoll Gemeinde anwesend. Zunächst ging ich davon aus, dass es sich wie bei uns zu Hause oder jeder mir bekannter Gemeinde verhält und die Kirche nur zu 5% gefüllt ist. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich wohl wieder zu deutsch, das Verständnis von Pünktlichkeit ist hier durchaus ein anderes. Außerdem hatte es ja geregnet, da kann man auf jeden Termin ohnehin eine unbestimmte Zeit t draufrechnen.

Da ich leider wenig bis gar keine Ahnung hab, wie man sich in einem katholischen (??) Gottesdienst verhält, in Kombination mit meinem extrem rudimentären Swahili-Wortschatz, war alles zunächst etwas verwirrend. Meinen Mit-Studis ging es aber nicht sonderbar viel besser. Der gute alte Trick „Ich steh dann auf wenn auch alle anderes stehen“ ist schwierig, wenn sonst kaum jemand anwesend ist. Aber auch das haben wir gut gemeistert.

Die ersten 75 Minuten waren geprägt von Nicholaus und vor allem von Musik. Da ich von dem, was erzählt wurde, sowieso nichts verstanden habe, und meiner Liebe zur Musik, möchte ich genauer auf diese Eingehen: Durchaus erwartungsgemäß, aber dennoch schade, nutze einer der Musiker die Gitarre nicht, um fetten Black-Metal zu spielen, sondern nutzte sie irgendwie gar nicht. Vielleicht waren wir auch zu früh wieder raus, aber sie wurde leider nicht genutzt. Auch konnte ich leider kein Schlagzeug sehen, vor allem in der ersten Zeit hörte ich wirklich oft eine:n Drummer:in auf diesem schönen Instrument in der Kirche spielen – leider nicht gestern. Drei Chöre sangen gestern, ersterer am häufigsten und wirklich wirklich gut, es machte großen Spaß diesem zuzuhören! Der Chor bestand aus ca. zwölf Sängerinnen und Sängern, davon ungefähr zu zwei Dritteln aus Frauen. Wenn ich mich nicht verhört und/oder verzählt habe, dann wurde immer mindestens drei- teilweise sogar fünfstimmig gesungen, und das alles andere als schlecht! Der Phrase „einen Gottesdienst feiern“ wurde hier wirklich mal leben eingehaucht. Ist man gar nicht gewohnt, aber schön anzuhören war es dennoch. Ein zweiter Chor aus älteren Damen und ein Kinderchor rundeten das musikalische Angebot ab.

Um 9:00 füllte sich die Kirche dann auch langsam aber sicher. Aus uns unbekannten Gründen saßen links nur Frauen und rechts nur Männer. Uns (und vor allem Rebecca) war dies nicht klar, mir wurde es auch erst klar, als ich nach dem Gottesdienst darauf angesprochen wurde. Aber egal, die spanische Inquisition steht noch nicht vor der Türe, also sollte auch alles gepasst haben. Zudem waren irgendwann bestimmt 100 Kinder in der Kirche. Einige standen auch vorne und Beteten oder hielten Fürbitten – aber keine Ahnung, die Sprache, you know.

Um viertel nach neun begann der Kantor eine Predigt zu halten. Swahili kann ja durchaus mal aggressiv klingen, auch wenn er sicher etwas schönes erzählte, dann klang er doch viel mehr so, wie ein cholerischer Trainer einer C-Klasse Fußballmannschaft der sich beschwerte, wie schlecht „seine Jungs“ doch spielen würden. Unser Watchman und Freund Davis erklärte, dass er über die Funktionsweise des Herzens und die Auswirkung auf uns referierte. Naja, wenn ich an manch eine:n Dozent:in denke, dann war das wilde Rumgefuchtelt gar nicht so unpassend. Eine deutsche Predigt mach einem durchaus lange vorkommen, aber eine dreiviertelstündige Predigt, zudem noch auf Swahili, in Kombination mit einer Bank aus Napfschneckenzahn, ist dann doch eher mit der Bauzeit des Doms zu Kölle vergleichbar. In Ermangelung an weiterem Sitzfleisch und Unwissenheit, ob gleich wieder eine ewige Predigt folgen würde – von der wir ohnehin nichts verstehen würden – entschlossen wir uns, wieder zurück zum Doctor‘s House zu laufen. Übrigens dauerte der Gottesdienst wohl fast vier Stunden…

Im weiteren Tagesverlauf sollte es eine kleine Wanderung zum anderen Ende der Bucht geben – der Versuch letzte Woche ist, aufgrund unserer, zu diesem Zeitpunkt noch allumfassenden, Wasserscheu, abgebrochen worden. Den neuen Versuch begleitete ich auf einem kleinen Umweg, da mich meine Angst vor Parasiten aller Art noch fest umklammert. Ich nahm den Weg aussen rum, war auch sehr spannend, auch wenn ich fast verwundert bin, dass ich nicht von einer Schlange gebissen wurde – zumindest sahen die 3 m hohen Gräser, die ich durchquerte, stark danach aus. Nach kurzem Aufenthalt lief ich auch wieder zurück, besorgte noch Wasser (6 Flaschen à 1.000 TSH – also insgesamt 40 ct) und 4 sehr große Avocados (für insgesamt 2.000 TSH – also 80 ct). Retrospektiv muss ich schon sagen, dass ich bei den Avocados vermutlich über den Tisch gezogen wurde, Rebecca bezahlte zwei Tage zuvor nur die Hälfte, aber im Endeffekt konnte es mir hier auch nicht auf 40 Cent an.

Eine riesige Schüssel Guacamole – bestehend aus acht dicken Avocados, Tomaten und Zwiebeln – sowie Chipsies später, liefen die anderen drei mitsamt der Guacamole ins Dorf zu Michael‘s Sport Bar, um dort Lucas geliebtem Team zuzusehen, und noch mehr Chipsies für die Guacamole zu kaufen. Ich wollte eigentlich nachkommen, aber ich quatsche mich am Telefon fest, war auf jeden Fall sehr sinnvoll – Fußball, Pommes und Bier gehen auch in Deutschland ganz gut…

Der heutige Tag begann für uns auch erst um halb 10: Die Frühbesprechung bringt uns leider kaum was – wenn 75% der Anwesenden nur Swahili sprechen liegt das Problem auf der Hand. Das Krankenhaus schien heute wirklich verlassen zu sein, kaum Patienten, wir saßen wirklich lange mit Damas und Dr. Evans im OPD und ratschten. Auch das ist wieder eine Folge des Regens, dann steht hier gefühlt alles still – auch kommen keine Patientinnen und Patienten. Das OPD war fast leer, Male Ward 0, Female Ward 2, Childrens Ward 1, Maternity ca. 10 Patienten, also wirklich wie leergefegt.

Nach einiger Zeit bekamen wir dann doch Arbeit, es wurden noch zwei Kaiserschnitte anberaumt. Die Entscheidung zur Sectio fällt hier auch wirklich schnell, im Endeffekt ist das Risiko der Sectio geringer, als das Risiko einer Geburtskomplikation wie etwa einer Uterusruptur. Eine der größten Ängste hier. Ich stelle heute bei keiner der Sectios die erste Assistenz: Das Blutdruckmessgerät bestätigte heute morgen meine Vermutung, dass mein Blutung wo ist, wo er nicht hingehört: Am Arsch. Die letzten zwei Tage waren Kreislauftechnisch einfach zu gut, heute entschloss sich mein Körper wieder in die gewohnte Richtung zu laufen. Aber egal.

Bei der Versorgung des zweiten Kindes war ich dann auch im Major Theatre, ich kümmerte mich um das Neugeborene. Leider passierte hier wieder etwas, was fast alltäglich ist: Das Kind kommt wirklich „nicht gut“ zur Welt (APGAR 1, wem es etwas sagt), eine Folge des Ketamins. Leider ist kein anderes Anästhesieverfahren als Ketamin pur möglich. Es besteht keine Beatmungsmöglichkeit, an Sauerstoff, Druckluft, Narkosegeräte, ne Absaugung oder überhaupt ein OP-Tisch, mit dem auch eine spinales Verfahren anwenden könnte („Rückenmarks-Narkose“), darf man überhaupt nicht denken. Auch ist – wie quasi immer – mitten in der OP der Strom ausgefallen, bis jemand die Netzersatzanlage angeworfen hat vergeht auch immer eine gewisse Zeit. Gut und gerne auch mal ne halbe Stunde. In dieser Zeit gibts kein Licht, der Sauerstoffkonzentrator läuft nicht, die Klimaanlage, welche sowieso nur mit Müh‘ und Not gegen die Hitze anröcheln kann, versagt ihren Dienst. Lediglich das Pulsoxymeter funktioniert noch mit Akku. Aber zurück zum Kind. Blau, schlaff, ohne Reaktion erblickt unser kleiner Junge das noch funktionieren Licht des OPs im St. Anne‘s Hospital. Die erste Versorgung erfolgt dann auf einem Servierwagen auf dem nur wenig Hilfsmittel zur Verfügung stehen: Außer einem undichten Beatmungsbeutel, einer viel zu großen Beatmungsmaske, einer kleinen, stetig auseinanderfallenden, Absaugpumpe und einer einzigen Nabelklemme gibts hier nichts. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als fleißig zu stimulieren, einmal absaugen, zweimal die besch***** Absauge wieder zusammenzubauen, wieder stimulieren, einmal absaugen, zweimal usw. und ein wenig hoffen, dass der kleine Junge anfängt zu schreien. Monitoring gibt es, oh wunder, selbstverständlich nicht. Unser Kleiner brauchte dann etwas Zeit, nach ca. 5 Minuten war er ein wenig besser dran (APGAR 4), aber bei weitem noch nicht perfekt, nach ca. 15 Minuten hielt ich dann endlich einen gesunden, gut entwickelnden und schreienden Jungen (APGAR 9) im Arm. Also alles nochmal gut gegangen. Ist hier leider nicht immer so.

Am Nachmittag waren wir kurz im Ort, eine Ananas (für 1.000 TSH, ca. 40 ct) und allerhand sonstigen Dingen des täglichen Lebens, sowie zwei mindererfolgreichen Billardrunden (ja, es gibt hier Billardtische. Am anderen Ende der Welt. Quasi auf der Straße. Billard. Feels a bit strange.) ging‘s zurück zum Doctor‘s House, die geliebte Ananas schlachten und Blog schreiben. Mittlerweile sitze ich beim Sonnenuntergang am Strand und tippe fleißig, gleich gibt‘s dann wieder Chipsies von Monika. Wird sicher wieder gut!

Übrigens habe ich heute viele viele Bilder vom Krankenhaus gemacht, morgen folgen weitere. Also sollte die Tage, einer der ersten Einträge zum Krankenhaus folgen, dieses mal auch wirklich mit Bildern!! Ich lade hoch, sobald es geht. Versprochen!

Zudem möchte ich mich kurz bedanken, bei all den fleißigen Leserinnen und Lesern. Ich freue mich über jeden Kommentar und jede Nachricht die mich erreicht, lese alles sehr freudig und bin mittlerweile echt begeistert, was aus dieser Schnapsidee geworden ist. Danke fürs lesen!

Schwitzende Grüße aus Tanzania!

St. Paul‘s High-School

Strand von Liuli, Lake Nyasa TZA // 16:00 Ortszeit

Wie Jonas und Luca am Donnerstag waren gestern Rebecca und ich in der „St. Paul‘s High-School“ einen halben Tag zu Gast. Im Laufe der Woche kamen wir an der Schule vorbei. Ein freundlicher Schüler, der eine der oberen Klassen besucht, gab uns in wirklich gutem Englisch eine kleine Führung über das Gelände. Dort bekamen wir einen Einblick, wie die Schüler dort leben. Es leben tatsächlich nur Schüler dort, Schülerinnen schlafen zu Hause. Ein Bild eines solchen Schlafsaal habe ich bereits in einem der anderen Einträge hinzugefügt. Zum Ende unserer Führung trafen wir zufällig auf den Schulleiter Mr. Paul, mit ihm wurde ein Treffen am folgenden Dienstag vereinbart.

Im Treffen wurde vereinbart, dass Luca und Jonas am Donnerstag, Rebecca und ich am Freitag für einen halben Tag dem Unterricht folgen dürfen. Die anfänglichen Bedenken konnten, durch das Versprechen keine Bilder o.ä. Zu machen, schnell beseitigt werden.

Nach unserem Frühstück um kurz nach sieben liefen wir zur Schule los, noch vor betreten des Schulgeländes trafen wir auf den Schulleiter, dieser versuchte gerade Schülerinnen und Schülern Fehler auszutreiben, auf eine Art, die es bei uns schon lange nicht mehr gibt. Aus Gründen kann ich auf weiteres nicht eingehen, ich bitte um Nachsicht.

In dessen Büro sollten wir dann warten, 20 Minuten nach der vereinbarten Zeit wurden wir vom „second master“, quasi dem stellvertretenden Rektor, abgeholt und liefen mit ihm zu unserer ersten Stunde. Das Büro des Rektors hat einen besonderen Charme. Es ist irgendwie die Kombination aus sehr schlechter Bausubstanz mit sichtbarer Dachkonstruktion, modernen Postern zum Thema Infektionsschutz, einem Schreibtisch mit allerhand Papieren (ohne PC), einer riesenhaften Pinnwand und einer Sitzgruppe, welche mich zugegebenermaßen an die „gute Stube“ meiner Ur-Oma erinnerte. Da das Sitzmöbel zwar unglaublich durchgesessen war aber nicht minder bequem verging die Wartezeit auch recht schnell.

Englisch – Form I

Das Klassenzimmer ist von der reinen Größe durchaus mit deinem deutschen Klassenzimmer vergleichbar, allerdings wurden hier aufgrund des Lehrermangels zwei Klassen zusammengelegt. Also sollten wir uns in die letzte Reihe zwischen ungefähr 80 Schüler:innen im Alter von ungefähr 12 bis 14 Jahren quetschen. Das Thema der heutigen Stunde sollten einfache Texte und Fragen dazu sein. Ein selbstständiges Lesen der Texte war nicht möglich, 80 Schüler auf 6 Bücher funktioniert leider nicht. Der Lehrer las also den Text drei-mal vor, es wurde aufmerksam zugehört und danach Fragen gestellt. Das Verständnis der Schüler:innen hielt sich in Grenzen, die Aussage „Driving at high speed can cause accident“ wurde mit über 75% als „false“ eingestuft. Das Wiederholen der Aussage auf Swahili sorgte dann auch für schallendes Gelächter. Uns wurde in diesem Augenblick klar, dass es hier durchaus Handlungsbedarf gibt. Spannend ist an dieser Stelle auch, dass alles Kurse, mit Ausnahme von „Swahili Language“ auf Englisch stattfinden. Wenn die Kinder diesen einfachen Text schon ich verstehen, dann muss man sich durchaus die Frage stellen, wie viel von den anderen Fächern hängenbleibt. Der Lehrer erklärte uns nach dem Kurs aber auch schon eines der Probleme: Im Endeffekt werden sie nur in der Schule dazu gebracht Englisch zu reden. Hier im Ort können die wenigsten Englisch und auch zu Hause wird nur Swahili geredet. Bücher in Englisch gibt es auch kaum, deshalb hapert es daran. Nach knapp 80 Minuten wurden wir in den nächsten Kurs gebracht.

Englisch – Form VI

Hier war die Klassengröße deutlich überschaubarer. Ca. 25 Schüler und ein unglaublich übermotivierter und gut gelaunter Lehrer, welcher eher an einen Showmoderator einer englischen Fernsehshow zwischen 13:30 und 14:30 erinnerte. Auch am Hemd hätte sicher sicher das betagte Publikum, im Ohrensessel mit Aufstehhilfe, sehr erfreut. Aber egal. In dieser Stunde sollte es Suffixe gehen, Ein Text wurde wieder in Ermangelung an Büchern an die Tafel geschrieben, die gestellt Aufgabe wurde nach mehreren Versuchen dann auch vom Moderator verstanden und schon konnte es an die Lösung der Aufgabe gehen. Dass wir, also Rebecca und ich, noch eine so große Rolle spielen sollten, wurde uns erst in Grundzügen bewusst, als Rebecca zur Tafel gebeten wurde um eine Aufgabe zu lösen. Die nächste Aufgabe, in diesem Fall mir zugeteilt, wurde noch von mir gelöst und angeschrieben, sollte aber nicht meine letzte sein. Der Weg zurück in die letzte Reihe wurde vom unbändigen Grinsen des Showmasters unterbrochen, angeblich wäre meine Tafelanschrift so schön, dass ich den Rest der Stunde leiten sollte. Naja, die Stunde konnte sowieso nicht mehr so lange gehen. Zugegebenermaßen war meine Anschrift nicht schön, sondern einfach nur möglichst präzise. Anstatt alles auszuschreiben behalf ich mich, auch durch Mangel an schöner Schrift, einfach wenigen Wörter und mehr Pfeilen und Zeichen. Das überverhältnismäßige Feiern der Methode war durchaus etwas irritierend.

Nach wenigen Minuten wurde dann der Stoff des Tages auch beendet, Rebecca sollte nach vorne zu mir kommen, und dann gemeinsam die fragen des Plenums beantworten. Von Fragen über meinen liebsten Fußballprofi (keine Ahnung, ich bin froh wenn ich fünf Namen zusammenbekomme, einer davon wäre Franz Beckenbauer, aber ich denke der ist mittlerweile out), über unser Studium, bis hin zu Möglichkeiten der jungen Männer in Deutschland war wirklich alles alles dabei.

Am Ende wurden wir vom Träger des geliebten blaugemusterten Hemdes noch aufgehalten, dieser wollte mit uns die nächsten Unterrichtsstunden planen. Die erneute Erklärung, dass wir heute nur ausnahmsweise im Krankenhaus freibekommen konnten, wurde durchaus aufgenommen, allerdings sah er so traurig aus wie das Kind, dessen Ball wir die Woche haben platzen sehen. Um eine Einladung zum Abendessen nächste Woche kamen wir jedoch nicht drum herum.

Mathematik – Form II

In der 30 Minütigen Pause gönnten wir uns eine im „Mkemia-Shop“ eine brühwarme Cola, vier Bananen bekamen wir obendrauf geschenkt. So befüllten wir unsere schwitzenden Körper am Wegesrand mit Wasser, Cola, und Bananen.

Im Mathematik-Kurs, hier wieder gemischt und bestimmt 50 Kinder, wurden wir leider nicht in die letzte Reihe gesetzt sondern ans andere Ende. Erste Reihe, genau in der Mitte. Das war durchaus sehr unangenehm, vor allem hatten wir die ganze Zeit dein Eindruck, nur im Weg zu sitzen. Binomische Formeln und die Wissenschaftliche Schreibweise großer und kleiner Zahlen wurde gelehrt. Ich hatte den Eindruck, dass es recht gut aufgenommen wurde, die Stunde war wirklich sehr kurzweilig.

Physik – Form III (oder IV? Keine Ahnung)

Nach dem Besuch der liebevoll eingerichteten Schultoilette (Achtung! Ironie), führte uns der second master zum Physikunterricht. Dieser fand nicht in einem Physiksaal statt sondern in einem Chemiesaal. Dieser sah recht gut eingerichtet aus, lediglich ein klaffender Kabelschacht machte mir Angst. Den Drahtseilknöcheligen Lehrern hier wohl nicht. Zudem war es in diesem Saal nicht nur sehr laut – ein Gebäude weiter lief ein sehr lauter Gottesdienst, mit Singen und Tanzen ab – nein, es war auch wirklich unbändig warm. Kaum ein:e Schüler:in hatte kein Tuch in der Hand, mit dem unablässig der laufende Schweiß abgewischt wurde. Wenn sich hier schon jeder den Schweiß abwischt, der kann sich jeder danken, welche Sturzbäche sich den Weg von Locke bis Socke bei Rebecca und mir bahnten. Sie wurde auch irgendwann auf ihrem Stuhl recht still, ich sagte dann dem Lehrer, dass wir leider einen kleinen Notfall im Krankenhaus hätte, zu dem wir gehen müssten. Das der Notfall unsere Kreislaufsituationen betrafen, das erwähnte ich nicht. Denn in den nächsten 20 Minuten hätte sich mein Kreislauf auch sicher in Richtung „Notabschaltung aufgrund Überhitzung“ verabschiedet.

Im Lehrerzimmer verabschiedeten wir uns noch schnell, die Teilnahme am Staff-Meeting lehnten wir dankend ab. Eine Schachtel Erdnüsse wurde uns noch überreicht, wir müssten diese nur noch 5-10 Minuten mit etwas Salz kochen. Dankend nahmen wir das Geschenk entgegen und liefen auf direktem Weg zum Doctor‘s House.

Allgemeines zur Schule

Die High-School in Liuli umfasst ein größeres Gelände als man denken mag. Es gibt einige Gebäude mit Klassenräumen, einen großen Speisesaal, eine Art Aula, wohl auch eine Moschee, ein Verwaltungsgebäude und einige Gebäude mit Laboren. Zudem finden sich hier noch mehrere Gebäude mit Schlafsälen für die Jungen.

Leider mussten wir versprechen, an diesem Tag keine Bilder zu machen. Tut mir leid, ich hoffe es liest sich auch ohne Bilder gut.

Mehrere Hundert Schüler und 16 Lehrer sind in Klassen von Form I bis Form VI aufgeteilt. Ab Form V werden die Klassen in Mädchen und Jungen geteilt. Das Angebot an Fächern ist ähnlich wie in Deutschland, Mathematik, die drei großen naturwissenschaftlichen Fächer, Swahili und Englisch, Künste, Religion, Gesellschaftskunde und Sport stehen auf dem Plan. Das Alter der Schüler reicht von ca. 12 bis zu ca. 25 Jahren.

Schon wieder St. Paul‘s?!

Am Abend wollten wir mit ein paar neuen Freunden aus Liuli zu Jo gehen. Ein Lagerfeuer und Stockbrot standen auf dem Plan. Dadurch, dass die Jungs sehr lange in der Klinik waren, liefen Rebecca und ich los um Zutaten für eine Guacamole zu kaufen. Bei 250 THS (also 10 ct) pro Avocado und 100 TSH (also 4 ct) pro Tomate sollte es wirklich günstig werden. Zudem fanden wir noch wirklich kalte Cola und mussten mal wieder Trinkwasser kaufen.

Nach Zubereiten der Guacamole starten wir zu Jo‘s Bar, Luca und Rebecca verschwanden auch direkt im Wasser, ich blieb mit Jonas draußen. Heute sollten nicht nur wir und unsere Freunde kommen, es sollte auch eine Party für die Lehrer geben. Kurz darauf wurden wir auch vom blauen Hemd entdeckt, das Schütteln der Hände dauerte so lange, ich hätte in der Zeit auch locker das Bernsteinzimmer finden können, aber egal. Es wurde sich herzlichst gefreut.

Leider war der Abend für mich für einige Zeit unterbrochen, Luca und Rebecca retteten ihn dann doch, man brachte mir Buscopan. Besten Danke! Ne Dreiviertelstunde später war ich wieder vollends hergestellt, es konnte als ausgiebig gefeiert werden.

Nach beigelegtem Kleinkrieg mit den Lautsprechern, sowie verdrücken aller Lehrer und sonstigen Anwesenden bis auf Jo und „DJ Washingmachine“, starteten wir unsere eigene kleine „deutsche“ Party. Es wurde Musik gehört von deutschen Künstler, die mir zwar (bis auf Kraftklub) alle unbekannt waren, zudem noch elektronische Musik. Da ich mit meiner Musik hier niemanden glücklich machen kann, beugte ich mich und hatte dennoch viel Spaß.

Heute morgen haben wir lange geschlafen, eben sind wir zum Strand, ich sitze hier und schreibe meinen Blog und lese, die anderen lesen, hören Musik und schwimmen in der ungeheuren Brühe des Malawisees. Heute Abend ist noch nichts geplant, allerdings haben wir alle etwas Gelüste nach Knabberzeugs, mal sehen, vielleicht bekommen wir sowas noch im Ort.

Bilder gibts wie immer die Tage.

Bis dann!

Krankenhaus die erste

Doctor‘s House, Liuli, TZA // 20:00 Ortszeit

Anmerkung: Bilder leider erst wieder die Tage, tut mir Leid. Ich bin froh, dass ich hier überhaupt schreiben kann!

Dienstag

Den ersten Tag hatte ich ja bereits beschrieben. Der zweite startete direkt voll durch. Also wir zu viert um viertel vor neun im OPD (out patient departement, irgendwas zwischen Nothilfe / -Aufnahme und Ambulanz) ankamen fanden wir zunächst keinen Arzt vor. Ein paar Patient:innen saßen natürlich schon im Wartebereich. Eine junge Dame stach uns allerdings ins Auge. Nach ein paar Jahren Rettungsdienst hat man irgendwann einen Blick für Patient:innen, denen es einfach nicht gut geht. Diese Frau zog schon unsere Blicke auf sich, beim Nähern fiel dann direkt die nicht so kleine Blutspur unter ihr auf. Also Patientin mit Blutverlust, kein Arzt, wir alleine. Und da ist er schon: der erste waschechte Notfall, und das am zweiten Tag! Irgendwie fühlte es sich zu verdächtig nach dem Erfurter „Johannes-Thal-Klinikum“ an. Kennerinnen und Kenner wissen von was ich rede! Also auf Notfallmodus umschalten, Rollstuhl holen, ab auf Station und alles an Diagnostik laufen lassen was geht. Hier beschränkt sich das Monitoring erst mal auf Blutdruck (60 systolisch) und Pulsoxymetrie (die war immerhin gut), mehr gibts einfach nicht. Wem das nichts sagt, keine Angst: Auf gut deutsch ging es unserer Patientin richtig scheisse, die Kacke war am Dampfen und alles sah nach hohem Blutverlust aus. Aus Ermangelung an Ambulanzräumen geschah die weitere Versorgung auf Station. Nach einiger Stabilisierung, Blutentnahmen und einer Anamnese, welche Gott sei Dank gut funktioniert – die Patientin spricht sehr gutes Englisch – kam dann auch der Chefarzt Dr. Matthews auf den Plan. Nach ein paar lobenden Worten entschloss man sich, die stattgefunden Fehlgeburt mit einer Ausschabung zu beenden. Ich weiß, das klingt alles sehr hart. Aber leider gehört es dazu, deutlich mehr Frauen erleben eine Fehlgeburt als man denken mag und das Risiko kann dabei recht hoch sein. Immerhin schaffte es unsere Patientin (mit dem Motorrad-Taxi „Picky-Picky“!!) in die Klinik, so konnte schlimmeres verhindert werden. Übrigens wurde sie einen Tag später entlassen, ihr geht es soweit gut und sie ist stabil. Die Erfahrung war aber krass, auch sieht man hier, dass man ab und an „aus Scheisse Pudding“ machen muss. Nichts ist da, alles fehlt, kein Personal da, aber die Situation verlangt es eben. Das Wissen, dass alles funktioniert hat ist sehr beruhigend.

Der weitere Tagesverlauf war ohne besondere Vorkommnisse, leidlich ein kleiner Stromausfall führt dazu, dass wir eine Ultraschalluntersuchung für einige Minuten unterbrechen mussten. Ist hier ganz normal.

Nachmittags liefen wir ins Dorf. Hier ist ist wirklich immer was los. Die Menschen freuen sich, spielen Brettspiele und sogar Billard! Liebevoll eingerichtete Bars wirken auf den ersten Blick total zusammengeschustert. Hier ist echt alles verbaut, von Beton über Mehlsäcke. Aber egal, es funktioniert, die Gemeinschaft lebt und man wird ebenso schnell in diese Aufgenommen. Übrigens fand ich hier auch endlich meinen geliebten Kaffee – auch wenns nur Instantkaffee ist, besser als nichts ists auf jeden Fall. Auch die Hürde, unserer nur Swahili-sprechenden Haushälterin Monika zu erklären, dass es super wäre, wenn wir morgens und nachmittags kochendes Wasser hätten habe ich irgendwie geschafft. Keine Ahnung wie, Aber es ging. Wer an einen Wasserkocher denkt, den muss ich enttäuschen. Selbst wenn der vielversprechende Wasserkocher nicht defekt wäre, der Strom ist sowieso häufig nachmittags nicht verfügbar. Also danke Monika, dass du meinen Ausdruckstanz mit dem Titel „Kaffeenotstand im Ruvuma-Land“ verstanden hast!

Der Dienstagabend war mal wieder von Bauchschmerzen geprägt, auch wenn ich keinen Spinat gegessen hatte – irgendwas anderes war es dann wohl, aber egal. Nach einem kurzen Nickerchen ging es für alle zu Jo‘s Paradise, Rebecca dachte immerhin an Spielkarten. Wieso ich meine Spielkarten aus meinem Rucksack ausgepackt habe ist mir ein Rätsel, nach so vielen Stunden die sich mich prokrastinierenderweise in der Uni begleitet haben, ich hätte es besser wissen müssen. Das rechte Feeling kam nicht auf, wenn man die massiv versifften Spielkarten aus dem Stüberl der Planegger Feuerwehr kennt, dann kann es einfach nicht aufkommen. Allerdings floss auch etwas weniger Bier, es wurde kein Schafkopf gespielt und der Malawisee lag nur wenige Meter vor uns. Hatte dann doch nix mit Stüberl zu tun, also alles gut, machte richtig Spaß. Zurück auf der Terrasse wurden wir von Rebecca in die wundersame Welt des „polnisch Poker“ eingeführt. Ich bin etwas froh, dass wir nicht dazu getrunken haben, dann hätte ich den anschließenden Fußmarsch nicht gepackt. So wirklich erfolgreich war ich nicht, immerhin hab ich die Regeln so halb verstanden.

Man höre und staune, aber ich wurde dazu gebracht mit ins Dorf zu gehen um Fußball zu sehen. Zugegebenermaßen muss ich zugeben, dass das Zusehen mehr Spaß gemacht hat als erwartet, auch wenn mir die Spielregeln immer noch schleierhaft sind. Abseits? Ja bestimmt! Oder doch nicht? Und was fuchtelt der Mann am Spielfeldrand mit der Flagge rum? Leider ist das Flaggenalphabet mit nur einer Flagge nicht anwendbar, keine Ahnung was er von mir oder den 23 Menschen auf dem Platz wollte.

In der Halbzeit traten Rebecca und ich dann doch die Flucht an. Im Doctor‘s House verschwand sie gleich um sich langzulegen, ich musste dann doch noch unters Wasser. Abgetrocknet im Bett wurde es dann doch kurz gruselig: Die Tür konnte ich noch nicht abschließen, immerhin waren die Jungs noch bei Michael‘s Sportsbar am Fernsehgerät gefesselt. In der Küche rumpelte es gewaltig und als ich kurz aufstand um zu sehen was war lief ich auch an der Tür vorbei um kurz einen Blick nach draußen zu erhaschen. Das Licht auf der Terrasse ist für unsere „Watch-Men“ immer an, also konnte ich alles gut sehen. Mit dem Gesicht, welches nur 70 cm vor mir auftauchte, konnte ich natürlich nicht rechnen. Winziger Herzkasper, Adrenlin, Fluchtreaktion und Tunnelblick begleiteten mich durch die nächsten Sekunden – der Mann auf der anderen Seite sah mir dabei nahezu liebevoll zu. Er bedeutete mir dir Türe zu öffnen und sagte mir dann, dass er nur einer der Watch-Men sei. Also alles gut, aber für meinen Kreislauf hat sich‘s gelohnt.

Mittwoch

Der Mittwochmorgen begann für alle etwas später, leider nur zu 50% geplant. Die Jungs vereinbarten ein verspätetes erscheinen, Fußball war lange, immerhin waren ein Drittel des Medizinischen Personals auch bei Michael. Hier ist das kein Problem, eine echte Konsequenz für die Klinik gab es auch nicht. Die nächtliche Aussage „wir gehen morgen später!“ fasste ich allerdings etwas falsch auf, so saßen Rebecca und ich auch zehn Minuten nach der normalen Abmarschzeit noch lesend auf der Terrasse, ein paar verdutze Blicke später seitens der Jungs ging‘s dann aber direkt los – zumindest für uns zwei.

Der Krankenhaustag begann dann doch recht unspektakulär mit der Visite. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als uns ein Piepsen immer näher kam. Da dieses aber von allem anderen gänzlich ignoriert wurde machten wir uns auch keine wirklichen Gedanken – bis zum letzten Raum der Visite. Dort lag ein Frühchen in einer piepsenden und warnenden Neo-Rea-Einheit (quasi ein Tisch mit Heizung, Heizstrahler und allerhand Equipment zur Wiederbelebung eines Säuglings), Mama und Großmama saßen daneben und betrachteten sich das Kind. Problem: Scheinbar hat dieses Gerät einen Defekt, die Heizung geht nicht – der denkbar schlechteste Fall für ein solches Kind. Mama wurde sogleich mitgenommen und in die Känguru-Methode eingeführt – die ist hier sowie am besten: braucht keinen Strom, keine Wartung und niemanden der Fehlercodes entziffern kann. Lediglich eine Mama, ein paar Decken und ein der Unterkühlung nahestehendes Frühchen werden benötigt. (An dieser Stelle möchte ich kurz erwähnen, dass es Kind und Mama gut gehen.) Auf der Suche nach Hilfe lief mir Bob über den Weg (oder Richard, oder Rich, oder Bob-Rich. Niemand weiß es). Er ist der Mann für alles was mit Bildgebung zu tun hat. Er macht die Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen, befundet sie und kennt sich auch bestens mit den Geräten aus. Also schnappte ich mit Bob-Rich, zerrte ihn zu der immernoch fröhlich blinkend-piepsenden Neo-Einheit und fragt ihn, ob er eine Idee hätte. Ein lachendes „I am not interested in this kind of machine“ ließ uns ratlos zurück – es war auf jeden Fall witziger in der Situation als es sich hier ließt. Danke Bob für deine Mühe! Auch mein Versuch, Dr. Google um Hilfe zu beten schlug fehl. Unser Gerät zeigte Fehler „H13“ an, die Anleitung kennt nur „H01“ bis „H11“. Naja, wir wären auch nicht in Afrika, wenn es eine einfache Lösung gäbe.

Im weiteren Vormittag stellte sich nur noch ein Mann vor, welcher sich dummerweise den Oberarm gebrochen hatte. Wenn man hier keine Unterarme operieren kann, dann Oberarme schon 3x nicht, so wurde nur geröntgt, und notdürftig versorgt. Vermutlich fuhr der Patient direkt ins größere Krankenhause – 2 Stunden, mit Picky-Picky. Krankentransport? Wer hier dieses Wort in den Mund nimmt wird eher ausgelacht.

Der Nachmittag wurde mal wieder schwitzenderweise auf der Terrasse verbracht, endlich konnte ich Lothar-Günther Buchheims „Das Boot“ zu Ende lesen. Ab 22:00 Uhr nahmen wir noch in einem online-Meeting unserer Organisation „Friends of St. Anne‘s e.V.“ teil, der Austausch war super, und vermutlich gibt es auch schon bald eine Lösung für die Neo-Einheit.

Donnerstag

Heute sollten Rebecca und ich alleine im Krankenhaus sein – die Jungs besuchten am Vormittag die örtliche „St. Paul‘s High School“. Wir werden morgen dort sein, natürlich gibts hier einen kleinen Bericht!

Schon um acht fanden wir uns auf dem Hof zwischen Bobs geliebtem Röntgen, der Kinder- und der Frauenstation ein. Uns wurde ein sehr fröhlicher Gottesdienst mit Musik versprochen. Wieso dieser ausgefallen ist? Keine Ahnung, zumindest liefen wir wieder nach Hause. Rebecca rann auch gleich zum See, ich vertrieb mir lieber die Zeit in gewohnter Weise. Sessel. Kaffee. Buch.

Seit Mittwochabend gehen die anderen auch Schwimmen. Die ursprüngliche Angst, dass im See böse Pärchenegel, die Übertrager der Bilharziose bzw. Schistosomiasis, leben, die wurde im Meeting wie weggeblasen. Die vorherigen Berichte der Einheimischen, welche immer wieder betonten „no parasite! No parasite!“ (Zumindest in dieser Bucht, in allen anderen Buchten schon), und Dr. Evans Meldung, dass er seit Jahren hier keine Fälle gesehen haben konnte uns nicht so recht überzeugen. Zudem Dr. Evans auch erst seit Juli letzten Jahres hier ist. Egal. Zumindest brachte das Meeting einen gewaltigen Stein ins Rolle und so sah ich Rebecca heute morgen, sieben Minuten nach acht, schon den Dschungel runter rennen, ab ins Wasser. Ein Wunder, dass sie sich in ihrem Tatendrang nicht in den Birkenstock mindestens 12 Bänder abgerissen hat. Da ich sowohl meine Bänder, als auch meinen Kaffee sehr gern habe, blieb ich wie gesagt auf der Terrasse. Auch wenn es wohl wirklich keine Bilharziose in exakt dieser einen Bucht gibt, dann hab ich trotzdem wenig Lust auf Typhus, ne Amöbenruhr oder Cholera. Mein armer Bauch muss hier genug mitmachen.

Um viertel vor neun fanden wir uns im OPD mit Dr. Evans wieder. Auf dem heutigen Plan sollte eine große Visiterunde und ein Kaiserschnitt einer fünfzehnjährigen stehen. Nach der Visite versorge Rebecca eine Wunde, ich bereitete unsere Patientin für die OP vor. Mit einer freundlichen Hebamme oder Pflegerin (die Grenzen sind hier SEHR fließend), machte ich mich ans Werk. Kurz darauf holte Bernhard (der Anästhesiepfleger und Anästhesist im praktischen Paket) die Patientin ab und wir stiefelten in den OP. Auch hier ist „stiefeln“ wieder wörtlich gemeint. Aus Ermangelung an OP-Schuhen werden hier einfach weiße Metzgergummistiefel getragen. Zugegebenermaßen oder Boden nach einer Schlachtung und nach einem Kaiserschnitt nicht immer so gut zu unterscheiden, viel rote Flüssigkeit gibt‘s definitiv in beiden Fällen. Dr. Evans operierte, Rebecca stellte die erste Assistenz und ich sollte mit der netten Dame von eben das Kind versorgen. Kurz nach Schnitt hielt ich auch schon ein schreiendes, kleines Mädchen im Arm. Alles war gut, vor allem atmete es direkt spontan. Dies ist hier leider keinesfalls an der Tagesordnung. Hier fehlen einfach die Möglichkeiten um andere Anästhesieverfahren als NUR Ketamin anzuwenden. Das Kind bekommt etwas davon ab und mit Atmen und Kreislauf ist dann oftmals nicht so wirklich am Anfang. Aber hier sollte alles gut gehen. Ich lernte, wie man hier ein Kind burritomäßig in schöne bunte Decken wickelt, es untersucht und misst. Spannend und auch mit wirklich wenig Dingen zu lösen!

Eigentlich wäre jetzt für uns Feierabend. Geschwitzt haben wir auf jeden Fall mehr als genug, haben versorgt, genäht, Zugänge und Katheter gelegt und im OP assistiert. Aber wie es so ist, es sollte auch direkt der zweite Kaiserschnitt kommen. Das Putzen des OP geht hier besonders schnall, also leider auch keine Zeit fürs Mittagessen. Doof. Aber so ist das eben.

Rollentausch! Rebecca beim Kind, ich die erste Assistent. Das war auf jeden Fall mega spannend! Gemacht hab ich‘s noch nie, ich wurde allerdings von Dr. Evans super an die Hand genommen, und wir brachten das Kind in wenigen Minuten zur Welt. Eine weitere Beschreibung von Menge, Aussehen und Geruch der Mischung aus Mekonium, Fruchtwasser, Blut und Schleim erspare ich mir hier wieder. Dummerweise fehlt es hier auch an einer Möglichkeit der Absaugung, also wurde die gesamte Suppe mit Tüchern abgetupft, eben diesen wurde durch Handkraft die eben sorgfältig aufgesaugt Brühe wieder entrissen und in eine Nierenschale verbracht und dann wieder getupft. So war ich erst mal viel mit Tupfen – Ausdrücken – Tupfen und wieder Ausdrücken beschäftigt, Hauptsache Dr. Evans konnte alle Blutungsquellen identifizieren. Die Gebärmutter wurde dann auch sorgfältig zusammengenäht – jeder Obersteiner wäre stolz auf einen so sorgfältig verschnürten Rollbraten – und danach wieder ins Innere unserer Patientin verbracht. Nach der Hälfte der letzen Naht drückte mir der Operateur Nadelhalter und Pinzette in die Hand, ich sollte nähen. Zunächst musste mir Rebecca meine Spritzschutzbrille von der Nase ziehen, dadurch sehen und Nähen fühlte sich ähnlich an wie das Treffen des Schlüssellochs der Haustüre – direkt nachdem man 15 Bier in der Kneipe um die Ecke getrunken hatte. Aber ich wusste es ja, also erst Anfangen wenn die Brille weg ist. Das weitere Nähen verlief dann aber recht gut, meine Augen zwangen mich jedoch wirklich nach ran zu gehen. Glücklicherweise nähte ich mir weder meine Maske noch meine Nase an die Patientin, Dr. Evans schien recht zufrieden zu sein – oder er war viel in Vegas, andererseits ist sein Pokerface nicht zu erklären.

Um 16:00, nass geschwitzt, endlich aus dem Klinik-Zeug raus, ab auf die Terrasse und Essen. Kartoffeln und Spinat, also für mich nur Spinat. Eine Stunde lesen, ab zu Joseph‘s Paradise und Blog schreiben. Mehr brachte der Abend nicht hervor. Doch! Monikas super Chapati und Tomatensoße, die ist erwähnenswert!

Ich werde jetzt gleich (mal wieder) duschen, natürlich mit Seewasser. Ob es gefiltert ist? Keine Ahnung, manche hier sagen ja, gestern im Meeting hieß es nein, heute hörte ich schon „double filtered“. Ich werde weiterhin beim Wachen möglichst viele Körperöffnungen geschlossen halten, meine Zähne brav mit Trinkwasser putzen und nicht in den See gehen. Mein Flugticket ist nur auf mich gebucht, nicht auf blinde Passagiere namens Amöbe, Typhus, Cholera, Bilharziose oder sonstige lustige Würmer, die sich mit Sicherheit sehr wohl innerhalb meines Darms fühlen würden.

Also, bis dann!

Lala Salama.

Der erste Tag

Doctor‘s House, Liuli, TZA // 20:45 Ortszeit

Anmerkung: Bilder gibts die Tage, es ist schon spät und der Upload dauert ewig… Bitte nicht böse sein 🙁

Der erste Tag? Ja und das sogar drei mal. Erst der erste Tag nach Ankunft, er erste komplette Tag hier und dann der erste Tag im Krankenhaus heute. Aufgrund der vielen zu erzählenden Eindrücke möchte ich hier noch nicht auf das Doctor‘s House oder das Krankenhaus im Allgemeinen eingehen – dazu wird es einen separaten Eintrag geben.

Die Ankunft in Liuli

Gift brachte mich zum Doctor‘s House. Die anderen Studis (Rebecca, Jonas und Luca) essen erst mal was mit mir. Monica, die Haushälterin hat uns Reis, Ugali und Bohnen gekocht. Ich hab mich mit Reis und Bohnen zurechtgefunden, Ugali, ein etwas an Knete erinnerndes weiß-pampiges Gericht, ist mir noch suspekt. Bohnen und Reis sind aber sehr lecker. Die Anderen haben sogar eine kleine Cola besorgt, zusammen mit dem Wasser ist es nach der langen Busreise eine absolute Wohltat! Nach dem Essen richtete ich mich erstmal häuslich ein. Aus meinem Schrank musste ich erstmal ein paar Geckos vertreiben, danach konnte ich meine großen Rucksack endlich ausräumen. Endlich endlich. Das ganze schwere Zeug, Handschuhe und Desinfektionsmittel, alles schwer und sperrig. Ich war so froh, dass es endlich raus ist und ich es auch nicht mehr mit nach Hause schleppen muss. Alles was medizinisch ist, und was ich nicht zwingend für meine Reiseapotheke brauche bleibt definitiv hier, hier mangelt es wirklich an so vielen Sachen. Die zwei Jungs verkündeten alsbald, sie würden gerne Fußball sehen. Rebecca und ich verziehen uns zum Strand. Der Strand am Malawisee ist wirklich nur 100 m quer durch den Dschungel entfernt. Einige Minuten am Strang mussten wir gehen um zu „Joseph‘s Paradise“ zu kommen. Eine wirklich wunderschöne Bar, mit welcher sich der unglaublich freundliche Joseph wirklich einen Traum erfüllt hat. Zu Joseph und Joseph‘s Paradise schreibe ich demnächst nochmal etwas, es soll ja spannend bleiben! Rebecca und ich kauften ein warmes Bier – Kühlung ist nicht so einfach. Pro Bier löhnten wir 2.500 TSH (ca. 1€), das Bier tranken wir dann am Strand. Naja, zumindest den ersten Teil. Rebecca musste noch telefonieren, aufgrund des schlechten Empfangs musste sie zum Doctor‘s House zurück. Ich schloss mich ihr an, dort konnte ich dann den letzten Blogeintrag auch fertig schreiben. Als die Jungs wieder zurück kamen gingen wir noch ins Dorf. Spannenderweise war dort tote Hose. Die Jungs berichteten,, dass erfahrungsgemäß mehr los sein müsste, war es aber nicht. In der einzigen noch offenen Bar holten wir uns dann jeweils ein mäßig warmes Bier, pro Nase auch wieder um die 2.000 TSH (also ca. 80 ct). Diese Bar war besonders: Von außen sah sie wirklich schäbig und winzig aus. Ehrlicherweise hatte es jedoch was von der Tardis (wem Tardis – Time and relative dimensions in space – nichts sagt, muss dringen Doctor Who? sehen). It‘s bigger on the inside! Erst mal auf dem Gelände war es doch wirklich schön. Eine gemütliche Ecke direkt vor der Bar. Die Jungs schnackten kurz mit dem Besitzer und richteten Grüße von Freunden aus Deutschland aus, die weitere Unterhaltung verlief auf Deutsch. Auch wenn wir englisch geredet hätten, dann hätte er leider nichts verstanden. Im Ort verstehen vor allem die Älteren kaum englisch. Wir kauften uns noch‘n Bier für den Kühlschrank zu Hause und dann ging es auch schon heim. Die anderen waren noch am schnacken, ich verzog mich erst ins Bad und dann ab ins Bett. Der lange Tag, die lange Busfahrt und vor allem diese unbändige feuchte Hitze. Macht mich alles fertig. Und nein, zum jetzigen Zeitpunkt wurde es noch keinen Deut besser. Die Nacht verlief recht gut, ich konnte schnell einschlafen und wurde auch erwartungsgemäß nicht von den anderen geweckt.

Der erste volle Tag

Ich wachte nicht etwa durch Lärm oder durch ein befriedigtes Schlafbedürfnis auf. Nein. Vor allem durch „Garen im eigenen Saft“. Wer sich das Ganze jetzt sehr eklig vorstellt, dem sei gesagt, dass es noch ekliger war. Leider kam ich nicht direkt zum Duschen, das Essen des Vortags und das Bier meldeten sich mit dem unbändigen Bedürfnis zum Aufsuchen des Schapp H. Ehrlicherweise wunderte es mich, dass ich erst an Tag 6 meiner Reise die ersten Probleme mit meinem Bauch bekam. Ich hab‘s ja mal häufiger, deshalb war ich umso glücklicher, dass es die ersten Tage wirklich wirklich gut ging. Kurz darauf gönnte ich mir eine Dusche, auch wenn es super ist, dass es hier sogar warmes Wasser gibt, empfiehlt es sich doch beim semi-kalten zu bleiben. Jede Abkühlung ist wahnsinnig gut. Zum Frühstück kamen ähnliche Gebäckstücke wie ich sie aus Dar Es Salaam kannte auf die Back draußen. Rebecca brachte dankenswerterweise ein Glas Ovomaltine mit, haushalten mussten wir damit schon, aber dennoch sehr sehr lecker. (Instant-)Kaffee gab und gibt es leide nicht, vielleicht finde ich ihn noch irgendwo! Der Rest des Tages war tendenziell von Schwitzen und dementsprechenden Kreislaufproblemen geprägt. Trotz einer, für mich deutlich erhöhten Trinkmenge, bekam ich es nicht so wirklich in den Griff, aber egal, es sich ja genug Medizin-Studis um mich rum.

Die geplante Wanderung auf die Anhöhe direkt am Malawisee war leider nur semi-erfolgreich. Zuerst mussten wir am Strand entlang, Rebecca meinte schon, dass wir einen kleinen Fluss überqueren müssten. Klingt soweit erst mal unproblematisch, bis zu dem Zeitpunkt an dem man erfährt, dass es A) keine Brücke gibt, B) der Fluss vermutlich voll Schistosomen ist und C) dort die Tage ein Mann von einem Krokodil gebissen wurde. Dennoch: Erkundung ist alles. Deshalb sind wir auch erstmal hin und haben geschaut, vielleicht gibt es Einheimische, vielleicht können diese uns helfen. Also: dort gab es sehr wohl Einheimische, diese wateten allerdings durchs Kniehohe Wasser – welches natürlich sehr trüb ausschaute. Zudem sah diese Stelle wirklich wie ein Kroko-Paradies aus. Also: Rückzug. Die Jungs und Rebecca wollte noch bei Jo vorbeischauen, ich hingegen ging zurück zum Doctor‘s House.

Der Weg führte mich vorbei an direkt zwei Sportplätzen, oder besser Bolzplätzen. Dieses Land liebt wirklich Fußball, auch wenn meine Fußballkünste quasi nonexistent sind und meine Füße, welche eher an Bügeleisen erinnern, super untalentiert sind, in Kombination mit meinen maulwurfgleichen Adleraugen sich auch nicht als hilfreich erweisen, dann wurde ich doch gefeiert, als ich den Ball in etwa in die Richtung des Spielfeldes zurücktreten konnte. Etwas stolz setzte ich meinen Weg dann fort.

Der weitere Weg führte mich direkt durch eine Kuhdrift, die Bullen und Kühe hielten direkt auf mich zu, eine Absicht derer anzuhalten war nicht zu erkennen, meine Flucht in den Hang wurde etwas belächelt. Immerhin hatten dadurch die Jungs neben dem Weg etwas zu lachen, der Bauer schaute auch etwas verdutzt, aber egal. Keine Ahnung wie ich sonst zurück kommen sollte.

Am oberen Ende der Kuhdrift angelangt entdeckte ich zunächst ein Schild, welches auf eine High-School hindeuten sollte, zudem noch ein wirklich cooles Kiosk. Letzteres hatte leider geschlossen, die Malerei an dem Gebäude ließ jedoch auf Chemie-Liebe des Besitzers oder gute Fälschungskünste schließen. Allerdings bin ich auch nicht der richtige, um Dieses zu deuten. Wenn ich an den Chemie-Kurs im ersten Semester denke: Die komischen Striche, Keile und Punkte, vogelwild kombiniert mit wahllosen Zahlen und Buchstaben, da wird mir direkt wieder schlecht. Aber egal, es erwartet ja niemand von mir, dass ich hier wieder mit komischen chemischen Formeln hantieren muss oder etwas in Sessel- oder Wannenformation Zeichen muss. Kein Plan.

Am Haus vertrieb ich mir dann die Zeit mit elendigem Schwitzen, Lesen und etwas Traurigkeit darüber, dass die Affen nur zum Frühstück da waren. Vielleicht sehen wir sie die Tage nochmal. Das Abendessen bestand dann aus Spinat, Kartoffeln und Bohnen. Ersterer bekommt mir scheinbar nicht wirklich, es gibt zumindest einen gleichgerichteten Zusammenhang zwischen „Monikas Spinat essen“ und „Pütz aufsuchen“. Dann verzichte ich eben auf den Spinat, besser für meine Zähne ist es ohnehin, die massig enthaltenen Steinchen und Sand würden mir irgendwann noch den Schmelz aus der Kauleiste reißen.

Nach einer halbstündigen Episode von buscopanbedürftigen Bauchschmerzen, kombiniert mit unbändigem Schwitzen ging es wieder raus auf die Terrasse. Wir schauten uns den ersten Teil des Films „Im Westen nichts Neues“ an, in der Hälfte unterbrachen wir und gingen ins Bett. Mit Schlafen war leider nix drin. Irgendwie hab ich es nicht geschafft, dass meine Körpertemperatur auf erträgliches Level fiel. Nach gut einer Stunde, mit dem immer näher kommenden claustrophischen Zustand entschloss ich mich die Dusche aufzusuchen. Eine Tür weiter, 30 Sekunden unter kaltes Wasser und zurück ins Bett. Das bewirkt Wunder und das werde ich heute Abend auch sicher wieder machen. Andernfalls drehe ich hier wirklich durch.

Der erste Tag im Krankenhaus

Wecker um 7:30, Gott sei Dank, es regnet. Schnell unter die Dusche, dieses mal aber richtig. Dann Frühstück mit den Anderen, wieder gibt es Gebäck aber leider kaum Affen. Um 8:20 starten wir in Richtung Krankenhaus.

Fünf Minuten später sind wir schon im Verwaltungsgebäude. Dort waren wir die ersten, Pünktlichkeit ist hier wohl auch so ne Sache. Nach etwas Gerede und einem Gebet eröffnete Gift die Sitzung. Dr. Matthews, der Chefarzt führt nasebohrenderweise das Wort, zudem sind noch Dr. Ewans und Damas vor Ort. Damas ist zwar kein Arzt und hat auch nie studiert aber er wird quasi wie einer eingespannt. Alles eine Erscheinung des unglaublichen Mangels an allem, aber wenn es funktioniert, dann soll es recht sein. Hier wird wirklich jeder gebraucht.

Nach der Besprechung liefen wir mit Dr. Ewans zur Visite, die Geburtenstation, die Kinderstation sowie die Stationen für Männer und Frauen wurden nach und nach visitiert. Zur hier gemachten Medizin werde ich mich später äußern, würde den Rahmen sprengen. Spannend waren allerdings vor allem eine wirklich böse Clavicula-Fraktur (Clavicula = Schlüsselbein), diese kann kaum behandelt werden. Auch einen Schlangenbiss sieht man in der Hunsrückklinik Simmern doch eher selten.

Nach der Visite gingen Luca und ich ins Major Theatre, dem großen OP-Saal. Dort sollte gleich eine Sectio (eigentlich Sectio Caesarea = Kaiserschnitt) laufen. Luca war 1. Assistenz, Dr. Ewans Operateur. Aufgrund der mangelnden Beatmungsmöglichkeit wird die Narkose mit einem Medikament gemacht, welches leider auch schnell im Kind anflutet. Deshalb muss es hier schnell gehen! Zu dem Vorgehen hier schreibe ich auch nochmal… Ein Pfleger, Rebecca und ich empfingen den kleinen Jungen und übernahmen die erste Versorgung,,, abtrocknen, einpacken, messen, wiegen. Alles wohlauf, alles reif, alles gut. Rebecca brachte den Kleinen zur Familie, ich räumte etwas auf und schon rief der nächste Fall.

Ein Junge hatte sich vor 2 Tagen den Unterarm komplett gebrochen. Das Reponieren und Gipsen machten weder dem Jungen, uns Studis oder Dr. Matthews Spaß, laut ihm wäre es jedoch vor der Einweisung in eine Chirurgie absolut nötig. Aus Unwissen, wie es hier läuft möchte ich dazu keine weitere Aussage treffen.

Um 13:00 war Feierabend für uns, Monika bekochte uns mit einem recht schleimigen Gemüse und Bohnen, den Gemüseschleim runterzuwürgen war etwas schwierig, ab und an fanden sich auch noch sehr faserige Teile darin. Aber egal, die Bohnen waren sehr lecker. Danach legte ich mich kurz hin.

Mein Erwachen war eher unschön, die anderen wollten noch zu einer Nonne gehen, wir waren zu Tee eingeladen. Leider konnte ich diesen Termin nicht wahrnehmen, mein Kreislauf kapitulierte unter der feuchten Hitze. Etwas Abkühlung brachte nur Wasser auf und in meinem Körper, eine Stunde und 1500 mL Trinkwasser später ging es mir dann wieder soweit gut, dass ich den anderen folgen konnte. Leider verpasste ich die Nonne nur knapp, ein kurzes „Hallo“ war noch drin, mehr leider nicht.

Rebecca lief zum Strand, die Jungs und ich liefen zum Dorf. Auf der Suche nach Seife gingen wir wieder an der High School vorbei, an der ich gestern schon vorbeigekommen war. Das Gelände ist deutlich größer als erwartet, ein junger Mann, seineszeichens motivierte Schüler, führt uns über das Areal und erklärte uns, dass hier ca. 150 Schüler in 4 Klassen gehen. In drei Schlafsäle mit Stockbetten sind die Jungen untergebracht. Auf dem Weg zurück trafen wir den Schulleiter, mit dem machten wir ein Treffen morgen ab, mit etwas Glück können wir eine Unterrichtsstunde mit ansehen, das wäre sicher spannend!

Im Ort kauften die Jungs noch Seife, für 18.000 TSH (ca. 7€) holten wir noch 18 Flaschen Trinkwasser mit. Die spielenden Kinder auf der Straße sind wirklich sehr dankbar wenn man ein wenig mit ihnen spielt. Also wurden wir drei Jungs kurzzeitig zur Belustigung der Kinder, ein kurzes Hochheben und Fliegen lassen war vermutlich das Highlight des Tages für die Kleinen.

Monika bereitete uns Abendessen, dieses mal super: Legendär gute Tomatensoße, dazu Bohnen und Chapati. Mega lecker. Ohne Bauchrumoren und gesättigt, dafür aber natürlich brutalst am schwitzen sitze ich nun auf unserer Terrasse und hacke diesen Text in mein iPad. Respekt, wer es bis hier in ausgehalten hat!

Morgen gehts wieder weiter, dann melde ich mich auch bald wieder. Ich geh jetzt kurz unter die Dusche, rufe noch zu Hause an und gehe dann auch ins Bett. Bis dahin:

Lala Salama (Swahili für „Gute Nacht“)

Ankunft

Doctor‘s House, Liuli, Tanzania // 12:00 Ortszeit

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Nacht, trotz der direkt daneben liegenden Disko, deutlich besser war als erwartet. Auch wenn sich sicher nicht an irgendwelche Lautstärkegrenzwerte – vorausgesetzt sowas gibt es hier – gehalten wurde, und es wirklich meinen Raum durchschüttelte bis in den frühen Morgen, war die Nacht sehr angenehm. Ich wurde von keinem Krabbeltier gebissen, auch musste ich erfreulicherweise die Toilette nicht nutzen.

Mein Treffen mit Gift, dem hospital secretary, war geplant um 6:20. Also vorher aufstehen, versuchen zu duschen. Leider passierte überhaupt nichts als ich den Hahn in diesem Bad umdrehte. Also musste doch der Kübel mitsamt Schöpfkelle, eigentlich gedacht um die Toilette zu spülen, herhalten. Aus Wassermangel wurden die Haare ausgelassen, wenige Minuten später war ich dann halbwegs frisch gewaschen fertig und konnte meine letzten Sachen zusammenpacken. Beim Zusammenlegen meiner Jacke, welche ich unter mein Kopfkissen legen musste (scheinbar ist die Hausstaubmilbenbelastung in diesem Bett so hoch, dass meine seit Jahren stille Allergie zurück kam), klopfte es fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit an meiner Tür. Sehr pünktlich dieser Mann. Schnell mein Zeug zusammengepackt, aufgesperrt, Sachen ans Taxi getragen, nochmal alles kontrolliert, eingestiegen und schon düste der Fahrer los zum Busbahnhof. 15.000 TSH (ca. 6€) ärmer, aber sehr schnell am Ziel, wurden wir abgeladen. Ich bewachte das Gepäck während Gift im Getümmel verschwand. Ungefähr eine halbe Stunde später rollte unser Bus auf den Platz. Immerhin, kein uralter Zossen. Wirkt sogar recht modern, drei Achsen, recht hoch, Reisebus. Wird sicher gut. Gift holte mich ab, die drei Kisten für‘s Krankenhaus und mein großer Reiserucksack wanderten recht lieblos in den Gepäckraum und wir bezogen unsere Plätze. Zweite Reihe, ich am Fenster, guter Blick nach vorne. Ledersitze, ziemlich im Eimer, Beinfreiheit (selbst für meine 173 cm) gleich null, aber mit Schiebefenster. Die Fahrt kann starten. Meine Frage, ob wir dann in vier Stunden, wie geplant, ankämen, wurde mit einem kleinen Lacher verneint. Mit dem Auto vier Stunden. Mit dem Bus mindestens das doppelte. Darauf hin noch schnell antikoaguliert, sicher ist sicher und schon setzte sich unser Gefährt mit dem unablässigen Betätigen der ziemlich lauten Drucklufthupe in Bewegung.

Unser erstes Zwischenziel sollte Mbinga sein. Zwei Stunden waren geplant dort hin. Im Endeffekt haben wir nur etwas länger gebraucht. Unserer erster Fahrer, ein recht schmächtiger Mann mit Kaputzenpulli fährt. Oder besser gesagt: Er überholt. Er überholte wirklich alles und jeden, keine Sicht über die nächste Kuppe, keine Sicht um die nächste Kurve, keine Sicht am Lastwagen vor uns vorbei. Aber egal, drauf auf die Hupe, runterschalten und mit Vollgas vorbei. Spannenderweise überlebten wir allesamt. Die Sache mit den Kaputzenpullis ist recht spannend: Oftmals wurden Fenster geschlossen, weil es doch noch viel zu kalt wäre. Kann ja heiter, werden dachte sich mein jetzt schon schwitzendes Ich. Spätestens alle zwei Minuten stoppte der Bus am Wegesrand, es stiegen entweder Menschen ein, alternativ wurden Säcke oder Eimer oder Post eingeladen. Nach ca. zwei Stunden rasanter Fahrt erreichten wir Mbinga.

In Mbinga scheint wohl eine Art Umsteigeplatz zu sein. Der Hof, auf welchen wir draufrollten, war prall gefüllt mit mehr oder minder schrottreifen Bussen. In einige wenige würde ich auch einstiegen, allerdings würde sicher keiner mehr irgendeine europäische Sicherheitskontrolle bestehen. Aber glücklicherweise sind wir ja in Afrika, Tanzania, Mbinga, irgendwo in der Rumuva-Region, unendlich weit von zu Hause entfernt, gelandet. Gift sagt mir, hier würden wir eine Frühstückspause einlegen. Also Rucksack aufgesetzt, raus aus dem Bus und Gift nach. Dieser holte sich direkt zwei Suppen, eine scheinbar mit Fleisch, Knochen und Innereien, die andere mit Bohnen, Bohnen, Bohnen und etwas Speck. Beides, unter anderem in Hinblick auf die bevorstehenden Stunden, eher ungeeignet. Dem Jungen neben mir wurde ein köstlich aussehendes pfannkuchenartiges Gepäck gebracht, ich verlangte direkt zwei davon: Tatsächlich Pfannkuchen, sogar unglaublich leckere! Dazu bekam ich noch eine Tasse äußerst schmackhaften Tee und löhnte wahnwitzige 700 TSH (ca. 28 cent). Nach 90 Minuten inclusive Toilettenbesuch kündigte die Hupe baldiges Abfahren an. Einsteigen, weiter geht‘s.

Jetzt fährt ein anderer Mann. Zwar überholt er weniger, dafür fährt er aber signifikant schneller. Das wenige Überholen ist aber auch eher dem abnehmenden Verkehr geschuldet. Verkehrsberuhigunge Bauwerke, wie wirklich wirklich böse Schwellen in der Straße, werden ebenso ignoriert und mit Karacho überfahren wie Fußgängerüberwege oder dergleichen. Auch wenn alle Überwege auf einem kleinen Plateau liegen, und wir dementsprechend immer aus dem Sitz gehoben wurden, wurde sicher nicht vom Gas runter gegangen. Sollten Fußgänger dort stehen, dann wurde – oh Wunder – einfach gehupt und vorbeigefahren. Standen Fußgänger allerdings an der (oftmals nicht markierten) richtigen Stelle, so wurde natürlich ebenfalls gehupt, angehalten um sie einsteigen zu lassen. Natürlich wurden auch hier ab und an nur Säcke oder einfach rohe unverpackte Fische mitgenommen. Alles normal. Bei der Abfahrt, wurde natürlich auch wieder die Hupe genutzt. Ohne diese geht hier nix. Interessant war das Entertainment im Bus. Bei Abfahrt lief noch etwas zu laute lokale Musik samt Musikvideos. Trotz 90% Lautstärke meiner Black-Metal-spielenden Kopfhörer, war die Musik noch deutlich zu hören. Der neue Fahrer entschied sich scheinbar für einen Film. Für den Rest der Fahrt wurden also Low-Budget Kurzfilme gezeigt, allesamt aus türkischer Produktion aber in Swahili „synchronisiert“. Die Synchro funktioniert scheinbar so, dass ein paar Jungs den Film nehmen und sobald jemand redet (egal ob männlich oder weiblich), die Tonspur komplett abschalten und das Gesprochene in ihr Mirkophon sprechen. Das Mikrophon ist scheinbar aus einer Dose, einem Gummi und einem Stück alter Telegraphenleitung selbst gebaut, andernfalls ist die Tonqualität nicht zu erklären. Das Ausblenden des Tons führt teilweise zu lustigen Tonschnipseln: So dröhnte ab und zu ein Hubschrauber, ein abstürzender Düsenjäger, eine Disko oder gar eine Schießerei durch unseren Bus, ununterbrochen von der „Synchronisation“ und natürlich der gequälten Hupe unseres Busses. Die weiter Fahrt wurde nur kurz durch ein Schild unterbrochen, welches befahl, nicht mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht durchzufahren. Der kommende Streckenabschnitt wäre keinesfalls dafür ausgelegt. Wenige hundert Meter nach dem Schild erschien rechts ein Gebäude, vor dem Gebäude eine Achslastwaage. Dies zeigt für die Vorderachse knapp acht Tonnen, für die zweite Achse samt Schleppachse ungefähr zwölf Tonnen. Ein Offizieller schaute sich die Zahlen an, nickte freundlich und schon ging es, mit nur 16,5 Tonnen zu viel, auf die, für uns eigentlich gesperrte, Straße. Bis Mbomba-Bay verlief die Fahrt meinerseits hauptsächlich schlafenderweise, in Mbomba-Bay wurde der nächste Stopp eingelegt.

In Mbomba-Bay verschwand Gift mit einem Umschlag samt Geld. Dieser Umschlag war wichtig für meine Arbeitserlaubnis. Nachdem dieser abgegeben wurde holte ich mir noch etwas zu trinken, Gift eine Portion Pommes, ich mir die köstlichste Banane des Universums (für 100 TSH, also vier Cent), und es wurde wieder fleißig umgestiegen, umgepackt, ein- und ausgeladen. Gift sagte mir bereits, dass der nächste Abschnitt „a little bit ruffer“ werden würde. Mit „a little bit“ habe ich ja seit gestern meine Erfahrungen, ich stellte mich also auf Wildes ein.

Jetzt fährt wieder ein anderer. Nennen wir ihn mal Walter Röhrl. Er muss sicher Rallyefahrer sein, andernfalls kann ich mir die wahnwitzige Geschwindigkeit, sowie das skrupellose Steuern unseres 20-Tonners in Menschenmengen wirklich nicht erklären. Auch jedes Schlagloch wurde scheppernd mitgenommen, der Bus rutschte, lief am Hang quer und wurde wieder in die Spur gezogen. Jetzt erklärt sich mir auch, wieso die Spur des Busses so dermaßen verstellt ist. Wenn dieses arme Gefährt jeden Tag diese Tortur mitmachen muss, dann wird einiges klar, umso weniger möchte ich die Radaufhängung von unten sehen. Nach wenigen Minuten wurde unsere Fahrt von einem sehr schlammigen steilen Berg gestoppt. Der Bus hielt, Feststellbremse rein, Tür auf, alles aussteigen und zu Fuß den Berg hoch. Der Bus sollte direkt folgen. Dies tat er auch, zumindest die Hälfte der Strecke, dann ging nix mehr. Weder vor, noch zurück. Im Schlamm eingegraben, da konnte unser Walter machen was er wollte. Ratlos stand ich da, und wusste nicht ob wir helfen gehen sollte zu schaufeln oder zu schieben. Aber was will ich bei 20 Tonnen am Berg machen, außer später tot darunter zu liegen? Im Sinnieren überholte mich ein sandgelbes großes Etwas. Einen Moment brauchte ich schon, um den Grader der Firma CAT zu begreifen. Ich hab hier wirklich mit allem gerechnet, aber nicht hiermit. Eine viertel Stunde später standen Bus und Grader vor meiner Nase, gerade so im Ebenen, dass der Bus wieder anfahren konnte. Also allesamt einsteigen, sich‘s gemütlich machen und weiterfahren. Weit gefehlt. Ca. 300 m später hielt der Bus wieder. Feststellbremse. Tür auf. Alle raus. Vor uns ein Hand, unten am Hang eine deutlich zu schmale Brücke, darunter arbeitende Männer welche ein Rohr installieren sollten. Zu Fuß war die Brücke kaum gefahrlos zu überqueren, so rutschig war es und so tief sanken wir ein. Schnell kamen ein paar Männer mit Schaufeln, es wirde eifrig versucht de Brück notdürftig zu verbreitern und die Schlammlöcher etwas ebener zu bekommen. Half alles nichts, wir mussten warten. Kein Empfang, einen Fahrer aus Liuli rufen war also auch nicht drin. Nach einer Ewigkeit kroch der Bus langsam den Berg hinab. Vor der Brück erneutes stehenbleiben, schauen, erster Gang und mit Gas über die Brücke. Das selbst Walter die Schweißperlen auf der Stirn standen deutete eindeutig auf den Ernst der Lage hin. Oder ob es der seit einiger Zeit zusehende Polizist war, welcher ihm die Schweißperlen auf die Stirn trieben? Keine Ahnung. 20 Meter weiter durften wir dann wieder alle in unseren noch vollständigen Bus einsteigen. Weiter lief der wilde Ritt. Die nächsten zwei Stunden waren geprägt von weniger gehupe (außer natürlich alle zwei Minuten an einer „Haltestelle“ aka. Baum), etwas gerutsche, viel viel Vollgas und viel Kurbelei am Lenkrad seitens Walter. Auch wenn ich mein Leben mehrfach an mir vorbeiziehen sah, kamen wir dann endlich gegen 16:30 Uhr in Liuli an.

Die vierte Haltestelle in Liuli gehörte uns. Aussteigen, nach längerer Sucherei wurde dann auch mein Rucksack unter drei großen, zentnerschweren Säcken (wohl mit Kartoffeln gefüllt) gefunden. Für 1.000 TSH wurde mein Rucksack auch zum Doctor‘s mittels Mopped gebracht. Die drei anderen Famulant:innen erwarteten mich schon freudig. Der Weg zum Doctor‘s House verlief durch den Ort, 10 Minuten Fußweg. Zuerst brachten wir die Kisten mit der Medizin in die Krankenhausapotheke, dann mich ins Doctor‘s House.

Alles weitere zur Ankunft, zum Doctor‘s House und dem Krankehaushaus wird etwas später kommen, jetzt muss ich leider mit den drei anderen ein Bier trinken gehen. Also dann, bis später!

Edit: Die Nacht war sehr entspannt, endlich angekommen. Allerdings ist die Versorgung mit Internet etwas schwieriger, deshalb kann ich mich wohl nicht mehr jeden Tag melden. Über das Krankenhaus schreibe ich die Tage!

Songea

Unterkunft, Songea, TZA // 18:00 Ortszeit

Zunächst einmal hat der Tag mit dem endgültigen Verschieben meines Fluges begeonnen. Also hatte ich genug Zeit um in Ruhe zu Frühstücken, erneut zu duschen, wer weiß wann sich die nächste Gelegenheit ergibt (goldrichtiger Gedanke wie sich später rausstellen wird), in Ruhe meinen Kram zu packen und dann entspannt zum Flughafen zu fahren. Frühstück ohne größere Komplikationen, duschen, packen und Check-Out ebenso, die Uber-App wies mir den gleichen rasanten Fahrer wie gestern zu und kurz später war ich am Julius Nyerere International Airport – Terminal 2. Übrigens konnte ich auf dieser Fahrt auch das Rätsel mit den Bussen klären: Das ungefähre Ziel ist an der Farbgebung des Busses zu erkennen, gar nicht mal so doof, es muss ja bedacht werden, dass bei weitem nicht die gesamte Bevölkerung lesen oder gar schreiben kann!

Der erste Check-In verlief problemlos, großen und kleinen Rucksack durch die Sicherheitskontrolle gebracht, dann den großen Rucksack aufgegeben und mit dem kleinen Rucksack weiter. Wieder Sicherheitskontrolle und dann warten. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass es keine gute Idee ist, von diesem Terminal aus etwas zerbrechliches aufzugeben. Das Band, auf welches das Aufgabegepäck gefeuert wird ist tatsächlich nur ca. 2 m lang und macht nichts anderes, als das liebevoll und sorgsam verschnürte Gepäck auf der anderen Seite der Mauer auf den Boden zu werfen. Dort findet es dann in der Regel ein Mitarbeiter welches eben jenes Gepäck auf einen Wagen wirft. Das weitere Verfahren mit dem Gepäck bleibt unklar.

Das Boarding unserer Dash-8 Q400 verlief problemlos und zügig, zu meiner Freude ware die Sitze überaus bequem und auf meinem Fensterplatz fand sich auch kein Sitznachbar ein. Das unbändige Dröhnen unserer Turboprop kündigte den Start an, problemlos. Die erste Stunde war auch deutlich ruhiger als gedacht, die letzten 20 Minuten umso turbulenter. Es schmiss die Maschine in der Luft umher, selbst die Damen der Cabin-Crew krallten sich mit Händen und Füßen an unserer Dash-8 fest. Man hörte Köpfe in den Seitenverkleidungen einrasten, leises Wimmern aus dem achternen Teil des Fliegers und der junge Mann neben mir wurde ganz blass. Einer meiner „special-anti-vomit-chewing-gums“ bewirkte Wunder, dass es sich um einen stinknormalen Kaugummi handelte sagte ich erst später. Die Landung (oder besser der Einschlag auf der Landebahn) beendeten das Abenteuer Air-Tanzania abrupt. Nach dem Aussteigen wurden wieder einmal die Pässe samt Visa kontrolliert, hier ist dafür nicht mehr nötig als ein zerfleddertes Notizbuch, ein Kugelschreiber und ein vollautomatisches Sturmgewehr der Gattung AK-47. Wenige Minuten später kam auch schon ein rumpelndes Quad-ähnliches Gefährt angerollt, auf der Ladefläche viel zu vieler Koffer und Taschen. Die Ausgabe des Gepäcks erfolgte ähnlich liebevoll wie am Flughafen Dar Es Salaam und so konnte ich nur knapp verhindern, dass mein Rucksack aus 2,5 Metern Höhe in den Staub und Dreck vor meinen Füßen geworfen wurde. Alles fein, alles da, alles ganz – soweit zum jetzigen Zeitpunkt ersichtlich.

Bei deutlich angenehmerem Wetter (26 Grad, es hat gerade aufgehört zu regnen) werde ich von Gift. dem Sekretär der Krankenhauses samt Taxi und Fahrer erwartet. Mein Gepäck wandert in den Kofferraum, das Taxi rollt los und er erklärt mir den Zeitplan: Erst Medikamente und Equipment fürs Krankenhaus kaufen, dann zum Geldautomaten, dann zum Hotel. Soweit so gut. Ich habe mich am Anfang erkundigt, was das Krankenhaus aktuell gut gebrauchen könnte, vor allem Geld wurde mir gesagt. Also hab ich etwas Geld zusammengekratzt und wir haben gemeinsam für dann insgesamt 500.000 TSH (ca. 200€) Material kaufen können. (Wer diesen Text liest, und sich denkt, es sei eine gute Sache etwas zu geben, der darf sich gerne bei mir melden!) Insgesamt konnten wir zwei gut gefüllte Kartons mit allerhand Dingen besorgen: Von Antibiotika über Aspirin, Blutentnahmeröhrchen samt Kanülen bis zu einem Blutzuckermessgerät. Insgesamt mussten wir hierfür drei Apotheken und einen weiteren Laden anfahren – Material zu besorgen ist hier absolut nicht einfach.

Zwischendurch ging es noch zu einem Geldautomaten. An der Funktionsuntüchtigkeit des selben konnte auch der Bankanstellte, mitsamt zwei Jungen Männern inclusive geschulterer Strumgewehre der wohl allseits beliebten Bauart „Kalaschnikow“, nichts ändern. Also nächster Geldautomat, dieser spuckte auch brav mein Geld aus. Ein weiterer Stop stellte der Busbahnhof dar, 15.000 TSH (ca. 6€) sollte das Ticket für die 170 km morgen früh kosten. Am Hotel angekommen verlangte der Taxifahrer 50.000 TSH (ca. 20€) für einen ganzen Nachmittag Herumfahrerei.

Das Hotel. Obwohl, das wäre eigentlich zu viel gesagt. Nennen wir es mal „Unterkunft“. Wahnwitzige 14.000 TSH (ca. 5,60€) wollte die nette für die Nacht haben. Ich habe auch schon in heruntergekommenen Buden gepennt, aber heute Nacht wird sicher spannend. Auch wenn ich gestern Nacht von irgendeinem Krabbelviech (keine Ahnung was es war, ca. 7 mm groß, ich konnte es gerade noch wegschnappen) in den Bauch gebissen wurde und es unglaublich heiß war, muss man dennoch sagen, dass das Hotel in Dar Es Salaam viel viel mehr den Begriff „Hotel“ verdient hat. Unten sind Bilder, auch im Vergleich zu Dar Es Salaam, viel mehr sagen muss ich nicht. Immerhin hab ich Strom und es ist günstig. Was soll’s.

An dieser Stelle wieder ein gut gemeinter Tipp: Wer in einen touristisch kaum entschlossenen Teil Afrikas reist, und zumindest ein wenig an europäische Verhältnisse gewohnt ist, dem schadet eine Rolle Toilettenpapier im Handgepäck auf keinen Fall!

Nach dem Beziehen meines Zimmers sollte es noch etwas Essbaren geben. Mir wurde vorgeschlagen, dass ich doch einfach mal die Straße hochlaufen solle, dort gäbe es allerhand. Gesagt – Getan. An der ersten Kochnische blieb ich stehen, ich fragte, was es alles gäbe und man bot mir diverses an. Irgendwann konnten wir uns auf einen Mix aus Ei, Salat, Fritten und Mango einigen. So richtig verstehen wollte man nicht, wieso ich kein Fleisch essen mag, mit etwas Überzeugungsarbeit lies man dann aber doch davon ab. Alsbald wurden mir zwei Teller gereicht, einer mit einem omeletteartigen Pfannengericht, dazu selbstgemachte Tomatensoße und der andere mit Mango, Salat und der mir wärmsten ans Herzen gelegten „special-sauce, little bit hot, little bit chili“. MERKE: Wenn dir hier „little bit“ angedreht wird, dann wird dir wirklich warm ums Herz. Mir wurde es. Ich tunkte nur ein Stück Mango in die Sauce und bekam Schweißausbrüche, Herzrasen, sicher einen hochroten Kopf und bestimmt entgleisten meine Gesichtszüge auch kurzzeitig. Mein Leid wurde erkannt, recht schnell kam eine junge Dame die mir eine sehr kalte Pepsi-Cola verkaufte. Dass Flüssigkeit wenig bringt, hätte ich wissen müssen, hab‘s aber vercheckt, halb abgezogen, noch mehr Schmerzen und dann in mein Omelette gebissen. Etwas gelindert wurde mein Schmerz schon, aber vom Geschmack meines Gerichts blieb leider nicht mehr so viel über. Auch hier wieder ein gut gemeinter Tipp: Wer nicht mit den Fingern essen mag, der sollte etwas Besteck bei sich haben, ich hab mir selten die Finger so versaut wie bei dem Verzehr meines Abendbrots.

Jetzt bin ich wieder im Hotel, gleich werde ich mein Bett beziehen, das Mosquitonetz ausfalten und mich dann hinlegen. Morgen früh geht‘s um 20 nach 6 schon los. Mal sehen, was mich heute Nacht so kneift, beißt oder sticht. Es wird spannend.

Gute Nacht.

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