Strand von Liuli, Lake Nyasa TZA // 16:00 Ortszeit

Wie Jonas und Luca am Donnerstag waren gestern Rebecca und ich in der „St. Paul‘s High-School“ einen halben Tag zu Gast. Im Laufe der Woche kamen wir an der Schule vorbei. Ein freundlicher Schüler, der eine der oberen Klassen besucht, gab uns in wirklich gutem Englisch eine kleine Führung über das Gelände. Dort bekamen wir einen Einblick, wie die Schüler dort leben. Es leben tatsächlich nur Schüler dort, Schülerinnen schlafen zu Hause. Ein Bild eines solchen Schlafsaal habe ich bereits in einem der anderen Einträge hinzugefügt. Zum Ende unserer Führung trafen wir zufällig auf den Schulleiter Mr. Paul, mit ihm wurde ein Treffen am folgenden Dienstag vereinbart.

Im Treffen wurde vereinbart, dass Luca und Jonas am Donnerstag, Rebecca und ich am Freitag für einen halben Tag dem Unterricht folgen dürfen. Die anfänglichen Bedenken konnten, durch das Versprechen keine Bilder o.ä. Zu machen, schnell beseitigt werden.

Nach unserem Frühstück um kurz nach sieben liefen wir zur Schule los, noch vor betreten des Schulgeländes trafen wir auf den Schulleiter, dieser versuchte gerade Schülerinnen und Schülern Fehler auszutreiben, auf eine Art, die es bei uns schon lange nicht mehr gibt. Aus Gründen kann ich auf weiteres nicht eingehen, ich bitte um Nachsicht.

In dessen Büro sollten wir dann warten, 20 Minuten nach der vereinbarten Zeit wurden wir vom „second master“, quasi dem stellvertretenden Rektor, abgeholt und liefen mit ihm zu unserer ersten Stunde. Das Büro des Rektors hat einen besonderen Charme. Es ist irgendwie die Kombination aus sehr schlechter Bausubstanz mit sichtbarer Dachkonstruktion, modernen Postern zum Thema Infektionsschutz, einem Schreibtisch mit allerhand Papieren (ohne PC), einer riesenhaften Pinnwand und einer Sitzgruppe, welche mich zugegebenermaßen an die „gute Stube“ meiner Ur-Oma erinnerte. Da das Sitzmöbel zwar unglaublich durchgesessen war aber nicht minder bequem verging die Wartezeit auch recht schnell.

Englisch – Form I

Das Klassenzimmer ist von der reinen Größe durchaus mit deinem deutschen Klassenzimmer vergleichbar, allerdings wurden hier aufgrund des Lehrermangels zwei Klassen zusammengelegt. Also sollten wir uns in die letzte Reihe zwischen ungefähr 80 Schüler:innen im Alter von ungefähr 12 bis 14 Jahren quetschen. Das Thema der heutigen Stunde sollten einfache Texte und Fragen dazu sein. Ein selbstständiges Lesen der Texte war nicht möglich, 80 Schüler auf 6 Bücher funktioniert leider nicht. Der Lehrer las also den Text drei-mal vor, es wurde aufmerksam zugehört und danach Fragen gestellt. Das Verständnis der Schüler:innen hielt sich in Grenzen, die Aussage „Driving at high speed can cause accident“ wurde mit über 75% als „false“ eingestuft. Das Wiederholen der Aussage auf Swahili sorgte dann auch für schallendes Gelächter. Uns wurde in diesem Augenblick klar, dass es hier durchaus Handlungsbedarf gibt. Spannend ist an dieser Stelle auch, dass alles Kurse, mit Ausnahme von „Swahili Language“ auf Englisch stattfinden. Wenn die Kinder diesen einfachen Text schon ich verstehen, dann muss man sich durchaus die Frage stellen, wie viel von den anderen Fächern hängenbleibt. Der Lehrer erklärte uns nach dem Kurs aber auch schon eines der Probleme: Im Endeffekt werden sie nur in der Schule dazu gebracht Englisch zu reden. Hier im Ort können die wenigsten Englisch und auch zu Hause wird nur Swahili geredet. Bücher in Englisch gibt es auch kaum, deshalb hapert es daran. Nach knapp 80 Minuten wurden wir in den nächsten Kurs gebracht.

Englisch – Form VI

Hier war die Klassengröße deutlich überschaubarer. Ca. 25 Schüler und ein unglaublich übermotivierter und gut gelaunter Lehrer, welcher eher an einen Showmoderator einer englischen Fernsehshow zwischen 13:30 und 14:30 erinnerte. Auch am Hemd hätte sicher sicher das betagte Publikum, im Ohrensessel mit Aufstehhilfe, sehr erfreut. Aber egal. In dieser Stunde sollte es Suffixe gehen, Ein Text wurde wieder in Ermangelung an Büchern an die Tafel geschrieben, die gestellt Aufgabe wurde nach mehreren Versuchen dann auch vom Moderator verstanden und schon konnte es an die Lösung der Aufgabe gehen. Dass wir, also Rebecca und ich, noch eine so große Rolle spielen sollten, wurde uns erst in Grundzügen bewusst, als Rebecca zur Tafel gebeten wurde um eine Aufgabe zu lösen. Die nächste Aufgabe, in diesem Fall mir zugeteilt, wurde noch von mir gelöst und angeschrieben, sollte aber nicht meine letzte sein. Der Weg zurück in die letzte Reihe wurde vom unbändigen Grinsen des Showmasters unterbrochen, angeblich wäre meine Tafelanschrift so schön, dass ich den Rest der Stunde leiten sollte. Naja, die Stunde konnte sowieso nicht mehr so lange gehen. Zugegebenermaßen war meine Anschrift nicht schön, sondern einfach nur möglichst präzise. Anstatt alles auszuschreiben behalf ich mich, auch durch Mangel an schöner Schrift, einfach wenigen Wörter und mehr Pfeilen und Zeichen. Das überverhältnismäßige Feiern der Methode war durchaus etwas irritierend.

Nach wenigen Minuten wurde dann der Stoff des Tages auch beendet, Rebecca sollte nach vorne zu mir kommen, und dann gemeinsam die fragen des Plenums beantworten. Von Fragen über meinen liebsten Fußballprofi (keine Ahnung, ich bin froh wenn ich fünf Namen zusammenbekomme, einer davon wäre Franz Beckenbauer, aber ich denke der ist mittlerweile out), über unser Studium, bis hin zu Möglichkeiten der jungen Männer in Deutschland war wirklich alles alles dabei.

Am Ende wurden wir vom Träger des geliebten blaugemusterten Hemdes noch aufgehalten, dieser wollte mit uns die nächsten Unterrichtsstunden planen. Die erneute Erklärung, dass wir heute nur ausnahmsweise im Krankenhaus freibekommen konnten, wurde durchaus aufgenommen, allerdings sah er so traurig aus wie das Kind, dessen Ball wir die Woche haben platzen sehen. Um eine Einladung zum Abendessen nächste Woche kamen wir jedoch nicht drum herum.

Mathematik – Form II

In der 30 Minütigen Pause gönnten wir uns eine im „Mkemia-Shop“ eine brühwarme Cola, vier Bananen bekamen wir obendrauf geschenkt. So befüllten wir unsere schwitzenden Körper am Wegesrand mit Wasser, Cola, und Bananen.

Im Mathematik-Kurs, hier wieder gemischt und bestimmt 50 Kinder, wurden wir leider nicht in die letzte Reihe gesetzt sondern ans andere Ende. Erste Reihe, genau in der Mitte. Das war durchaus sehr unangenehm, vor allem hatten wir die ganze Zeit dein Eindruck, nur im Weg zu sitzen. Binomische Formeln und die Wissenschaftliche Schreibweise großer und kleiner Zahlen wurde gelehrt. Ich hatte den Eindruck, dass es recht gut aufgenommen wurde, die Stunde war wirklich sehr kurzweilig.

Physik – Form III (oder IV? Keine Ahnung)

Nach dem Besuch der liebevoll eingerichteten Schultoilette (Achtung! Ironie), führte uns der second master zum Physikunterricht. Dieser fand nicht in einem Physiksaal statt sondern in einem Chemiesaal. Dieser sah recht gut eingerichtet aus, lediglich ein klaffender Kabelschacht machte mir Angst. Den Drahtseilknöcheligen Lehrern hier wohl nicht. Zudem war es in diesem Saal nicht nur sehr laut – ein Gebäude weiter lief ein sehr lauter Gottesdienst, mit Singen und Tanzen ab – nein, es war auch wirklich unbändig warm. Kaum ein:e Schüler:in hatte kein Tuch in der Hand, mit dem unablässig der laufende Schweiß abgewischt wurde. Wenn sich hier schon jeder den Schweiß abwischt, der kann sich jeder danken, welche Sturzbäche sich den Weg von Locke bis Socke bei Rebecca und mir bahnten. Sie wurde auch irgendwann auf ihrem Stuhl recht still, ich sagte dann dem Lehrer, dass wir leider einen kleinen Notfall im Krankenhaus hätte, zu dem wir gehen müssten. Das der Notfall unsere Kreislaufsituationen betrafen, das erwähnte ich nicht. Denn in den nächsten 20 Minuten hätte sich mein Kreislauf auch sicher in Richtung „Notabschaltung aufgrund Überhitzung“ verabschiedet.

Im Lehrerzimmer verabschiedeten wir uns noch schnell, die Teilnahme am Staff-Meeting lehnten wir dankend ab. Eine Schachtel Erdnüsse wurde uns noch überreicht, wir müssten diese nur noch 5-10 Minuten mit etwas Salz kochen. Dankend nahmen wir das Geschenk entgegen und liefen auf direktem Weg zum Doctor‘s House.

Allgemeines zur Schule

Die High-School in Liuli umfasst ein größeres Gelände als man denken mag. Es gibt einige Gebäude mit Klassenräumen, einen großen Speisesaal, eine Art Aula, wohl auch eine Moschee, ein Verwaltungsgebäude und einige Gebäude mit Laboren. Zudem finden sich hier noch mehrere Gebäude mit Schlafsälen für die Jungen.

Leider mussten wir versprechen, an diesem Tag keine Bilder zu machen. Tut mir leid, ich hoffe es liest sich auch ohne Bilder gut.

Mehrere Hundert Schüler und 16 Lehrer sind in Klassen von Form I bis Form VI aufgeteilt. Ab Form V werden die Klassen in Mädchen und Jungen geteilt. Das Angebot an Fächern ist ähnlich wie in Deutschland, Mathematik, die drei großen naturwissenschaftlichen Fächer, Swahili und Englisch, Künste, Religion, Gesellschaftskunde und Sport stehen auf dem Plan. Das Alter der Schüler reicht von ca. 12 bis zu ca. 25 Jahren.

Schon wieder St. Paul‘s?!

Am Abend wollten wir mit ein paar neuen Freunden aus Liuli zu Jo gehen. Ein Lagerfeuer und Stockbrot standen auf dem Plan. Dadurch, dass die Jungs sehr lange in der Klinik waren, liefen Rebecca und ich los um Zutaten für eine Guacamole zu kaufen. Bei 250 THS (also 10 ct) pro Avocado und 100 TSH (also 4 ct) pro Tomate sollte es wirklich günstig werden. Zudem fanden wir noch wirklich kalte Cola und mussten mal wieder Trinkwasser kaufen.

Nach Zubereiten der Guacamole starten wir zu Jo‘s Bar, Luca und Rebecca verschwanden auch direkt im Wasser, ich blieb mit Jonas draußen. Heute sollten nicht nur wir und unsere Freunde kommen, es sollte auch eine Party für die Lehrer geben. Kurz darauf wurden wir auch vom blauen Hemd entdeckt, das Schütteln der Hände dauerte so lange, ich hätte in der Zeit auch locker das Bernsteinzimmer finden können, aber egal. Es wurde sich herzlichst gefreut.

Leider war der Abend für mich für einige Zeit unterbrochen, Luca und Rebecca retteten ihn dann doch, man brachte mir Buscopan. Besten Danke! Ne Dreiviertelstunde später war ich wieder vollends hergestellt, es konnte als ausgiebig gefeiert werden.

Nach beigelegtem Kleinkrieg mit den Lautsprechern, sowie verdrücken aller Lehrer und sonstigen Anwesenden bis auf Jo und „DJ Washingmachine“, starteten wir unsere eigene kleine „deutsche“ Party. Es wurde Musik gehört von deutschen Künstler, die mir zwar (bis auf Kraftklub) alle unbekannt waren, zudem noch elektronische Musik. Da ich mit meiner Musik hier niemanden glücklich machen kann, beugte ich mich und hatte dennoch viel Spaß.

Heute morgen haben wir lange geschlafen, eben sind wir zum Strand, ich sitze hier und schreibe meinen Blog und lese, die anderen lesen, hören Musik und schwimmen in der ungeheuren Brühe des Malawisees. Heute Abend ist noch nichts geplant, allerdings haben wir alle etwas Gelüste nach Knabberzeugs, mal sehen, vielleicht bekommen wir sowas noch im Ort.

Bilder gibts wie immer die Tage.

Bis dann!