BRK Rettungswache 07, Sauerlach, Deutschland // 12:00 Ortszeit

Nach sehr langem warten komme ich endlich wieder dazu, die letzten Einträge zu schreiben. Aktuell hab ich viel viel um die Ohren und die Zeit fehlt ein wenig, aber ich schreibe noch alles fertig. Wird auch nicht mehr so viel!

An diesem Mittwochmorgen war ich doch ziemlich früh wach. Wieso? Kein Plan. Vielleicht war mein Körper noch an die Safari gewohnt, andererseits sollte man doch denken, dass bei der Konstruktion unseres Körpers „Schlafmangel“ und „erst wachwerden, wenn das Schlafbedürfnis gestillt ist“ ein Rolle gespielt hätten. Scheinbar nicht, also zu früh wach. Wieder einschlafen hat natürlich auch nicht funktioniert, also einfach wach geblieben und etwas Buch gelesen. Auch gut.

Um neun klingelte dann auch schon mein Wecker, ich bin mal auf und unter die Dusche. Einstellungsmöglichkeiten weiterhin nur „heiß“ und „extrem heiß“. Ich entschied dafür, den Duschkopf, der mich offensichtlich zum Brühwürstchen verwandeln wollte, einfach abzuschalten. Ich hab keine höhergradige Verbrennung und Strom spare ich auch noch.

Nach der Dusche freute ich mich auf ein tolles Frühstück. Allerdings war mir nicht mehr so ganz im Gedächtnis, wie schlecht das Frühstück doch war. Man servierte mir drei Scheiben Weißbrot, die durch den Toaster eher zu Zwieback wurden, dazu ein eher geschmackloses, halb flüssiges Omelette und eine große Frenchpress mit extrem ekligem Kaffee. Milch gab’s natürlich keine, nicht mal das Modell „Pulverkuh“ war vorhanden. Also zwei halbe Tassen Ekelbrühe runtergewürgt, besser als nix allemal, und ein wenig Kaffee kann auch nicht schaden. Mein Zwieback hab ich auch ohne alles gegessen. Mit Absicht. Auf die Marmelade, in der scheinbar immer was anderes drin ist, hatte ich genauso wenig Lust wie auf die „Butter“. Wieso beides immer unterschiedlich schmeckt ist mir ein Rätsel, mit beiden Gefäßen ist es sehr einfach den Buchstaben „E“ und die Zahlen 1 bis 999 zu lernen. Sind scheinbar alle vertreten. Wie es technisch möglich ist, dass dennoch alles immer unterschiedlich schmeckt, dass ist und bleibt wohl ein Rätsel.

Um halb elf wollte ich meinen weiteren Tag planen. Richard und Liber hatten was von den Materun Wasserfällen und heißen Quellen erzählt. Klang spannend. Als Liber dann den Preis für die „Hot Springs Tour“ nannte, wurde mir kurz schlecht. Auch wenn eine Verpflegung, die Autofahrt und der Eintritt inclusive sein sollten, dann waren 200.000 TSH (also gute 77 €) einfach zu viel. Auch 160.000 TSH (≈ 61 €) für die andere Nummer wollte ich nicht ausgeben. Also sagte ich Liber ab und meldete mich wieder bei Elias, einem der Jungs von der Safari am Vortag. Der meinte, er hätte einen Fahrer (für 40.000 TSH) aufgetrieben, der Eintritt für die Hot Springs würde 10.000 TSH pro Nase betragen. Klingt gut, zugesagt, um halb zwölf sind sie da.

Afrikanische Pünktlichkeit. Ich muss glaube ich nichts mehr dazu sagen, über eine halbe Stunde später rollte wieder das kleine silberne Gefährt von gestern vor. Die hinteren Türen klemmen immer noch, die Linke geht jetzt gar nicht mehr auf, die Rechte nur mit Müh‘ und Not. Aber es fährt. Auch wenn man auf den Kunstledersitzen unglaublich schwitzt, alles besser als zu Fuß oder zu viel Geld ausgeben. Eine Dreiviertelstunden ging es quer durch Moshi, dann über eine Art Schnellstraße und schließlich noch eine ganze Weile über eine Offroad-Piste. Vor allem die Brücken sind spannend: Erstmal sind sie gefühlt zu hoch um die offenen Kanäle bzw. Gräben zu überqueren. Sollte das Wasser bis ganz nach oben stehen, dann bräuchte man schon ein Fahrzeug mit einer Wattiefe von mindestens einem Meter. Da die Brücke oben extrem kurz ist, brauchte es auch einen riesigen Rampenwinkel, sodass eigentlich nur noch ein Unimog oder vergleichbares in Frage kommen würde. Denkste. In Tanzania geht auch ein silberner Kleinwagen, auch wenns am Bodenblech ab und an richtig böse kracht.

An den Hot Springs wurde ich von Elias schmal angeschaut, weil ich nichts dabei hatte. Er und seine Schwester hatten Badesachen dabei, sie wollten es den Unmengen an weißen Touris gleichtun und in der heißen, glasklaren blau-türkisen Brühe baden. Schaut eigentlich wunderschön aus, wirklich. Interessanterweise waren deutlich weniger Instagram-Influencer-Arsch-in-die-Kamera-Mädels da als erwartet, aber die kann ich eh nicht besonders leiden um ehrlich zu sein. Elias konnte es sich nicht nehmen ins Wasser zu gehen, ich hatte natürlich nichts dabei. Einerseits hatte ich’s total verplant mal nachzusehen, was diese Hot Springs eigentlich sind, und andererseits wäre ich sowieso nicht rein. Heiße, stehende Gewässer, in denen sich viele viele Menschen aufhalten? Klingt für mich sehr nach Wurmerkrankungen, Amöbenruhr, Schistosomen und sonstige lustige Parasiten, die gerne außerhalb meines Körpers bleiben können. Zum Blog schreiben hatte ich dummerweise auch nichts dabei, also musste ich mich mit meinem E-Book auf meinem Handy und meinem Notizbuch zurechtfinden. Aber das hab ich ja lange genug trainiert.

Passend zu den extrem gewagten Sprüngen von einigen Einheimischen, die damit scheinbar ihre Paarungsbereitschaft signalisieren wollten, unterhielt ich mich lange mit Elias über Rettungsdienst, Studium und co. Ich konnte noch ein paar Kontakte vermitteln und wir lachten wirklich viel. Der Humor? Wie gewohnt sehr schwarz, aber schwarz ist ja bekanntlich meine Lieblingsfarbe.

Irgendwann tauchte Paulo, unser Fahrer, wieder auf. Er hatte scheinbar noch ein paar andere Termine und würde gerne nach Hause fahren. Ja, kein Problem, Elias aus dem Wasser bekommen und dann nach Hause. Er erzählte mir ein paar wirklich spannende Dinge, wobei es sich bei einigen gelohnt hätte, sie ein paar Tage früher zu hören: Vor allem Paviane interpretieren den Gesichtsausdruck ihrer Kontrahenten. Also böse schauen, alles gut. Schaust du freundlich oder ängstlich, dann bist du deren Opfer. Also Mama, schau: Ist manchmal doch gut, wenn ich grimmig aussehe! Aber egal. Sollte der Pavian einem gegenübersitzen, dann ist das Schlagen ins Gesicht, wie gestern geschehen, die schlechteste Option. Gib ihm was er will, dann kommst du ungeschoren davon. Wäre gut zu wissen gewesen, ich hoffe ich brauche das Wissen nicht so schnell wieder. Außerdem erzählte er uns, dass seine Farm zwischen sechs und zehn Kilometer vom Tarangire Nationalpark entfernt wäre. Da sich wilde Tiere, in diesem Falle Elefanten, nicht an die Grenzen halten, wäre es wohl ganz normal, dass er ab und an von ebendiesen Besuch bekäme. Klingt gut, ist es aber nicht. Die Tiere zerstören einiges seiner Farm, klassischer Wildschaden sozusagen. Zum Wiederaufbau zerstörter Bereich gäbe es einen nationalen Hilfsfont, der auch gar nicht so klein wäre. Außerdem hat er als Kind schon auf Kuhherden aufpassen müssen, ein guter Freund von ihm hat einen Löwenangriff überlebt und er ist bei einem Angriff geradeso davongekommen. Eine etwas andere Kindheit also die, von Justus aus Grünwald.

Die Rückfahrt war deutlich rasanter als der Hinweg. Hat allerdings nix gebracht, die Polizei stoppte uns. Paulo ist scheinbar an „meinem“ deutschen Verkehrszeichen 267 vorbeigefahren. Ein rotes Schild, darin ein weißer dicker Querbalken. Heißt auch in Tanzania „Einfahrt verboten“, hat er trotzdem gemacht, scheinbar eine beliebte Abkürzung. Kurz wars, aber auch teuer. Dumm gelaufen, aber dafür können wir ja nix. Abgesetzt wurde ich wieder im Hotel und wir vereinbarten ein gemeinsames Abendessen in der Stadt.

Eine Lokal hatte ich eigentlich schnell gefunden. TripAdvisor hilft da tatsächlich immer recht gut, zumindest in die touristischen Regionen. Ein Indisches Restaurant sollte es werden, da hatten wir alle Lust drauf. Es wunderte mich kaum, dass ich zur vereinbarten Zeit alleine dort stand, immerhin blieb mir noch kurz Zeit um die Toilette zu besuchen. Mein Bauch war irgendwie unglücklich, ob indisches Essen jetzt eine gute Idee ist? Keine Ahnung, aber was soll’s. Interessanterweise brauchte man dort den Schlüssel nur für das europäische Klo. Das afrikanische bzw. indische Modell ist frei zugänglich und auch nicht abschließbar. Wieso es so ist? Keine Ahnung. Ich hab lange überlegt, kam aber zu keiner Erklärung.

Ich aß als Vorspeise eine Portion Pommes, wobei es „Knoblauch mit Pfeffer, dazu ein Hauch von Kartoffelstreifen“ besser getroffen hätte. Aber war sehr lecker. Auch mein Hauptgericht war wirklich fein, auch wenn ich nicht so genau weiß, was es wirklich war. Ein Kilimanjaro und eine Tablette Buscopan als Nachtisch, dazu lange geredet und als sich die Nacht endgültig über Moshi legte, beschlossen wir, den Heimweg anzutreten.

Da ich einerseits wenig Lust hatte zu Fuß zu gehen, andererseits ein wenig von Bauchschmerzen geplagt wurde und zudem die Sicherheit nachts nicht so richtig einschätzen konnte, entschloss ich mich ein Bajaji zu organisieren. Den ersten herangewunken, Zeil erklärt und nach dem Preis gefragt. Als er 18.000 TSH (≈ 7 €) ansagte, lehnte ich dankend ab, sagte es seien nur fünf Minuten und wollte den nächsten anhalten. Er merkte scheinbar, dass ich es ernst meinte, sagte erst 10.000 und fragt dann, was ich denn bezahlen würde. 2.000 TSH gibts, mehr nicht. Fünftausend? Nein, ich suche mir sonst jemanden. Er lenkte bei 3.000 ein und fuhr mich nach Hause, wo ich innerhalb von 3 Minuten ankam. Im Endeffekt hat er immer noch ein gutes Geschäft gemacht, aber ich lasse mich dort nicht mehr über den Tisch ziehen.

Im Hotel angekommen bin ich nur noch ins Bad und danach in die Falle. Zu früh, aber mir ging’s nicht sonderlich gut.

Wirklich gemacht hab ich am Folgetag nichts. Ich bin um halb sieben wachgeworden, nur um direkt wieder einzuschlafen. Um halb zwölf klopfte die Hoteldame mal an meiner Türe, und fragte ob alles okay wäre. Vielleicht weil ich das Frühstück ausgeschlagen hatte. Keine Ahnung, aber es war eine nette Geste.

Am Abend musste ich dann aber einfach raus, Stimmung heben, außerdem was essen. Kaum vor der Tür stieg meine Laune auch signifikant. Ein blinkender, Lichthupe gebender Noah kam die Straße angerauscht, Richard am Steuer. Dieser hatte sogar Geburtstag an diesem Tag und lud mich abends in die Mzungu Bar ein, ein Angebot, welches ich gerne annahm, an diesem Tag konnte ich positive Stimmung wirklich sehr gut gebrauchen. Außerdem empfahl mir Richard die Maembe Bar, direkt ums Eck, zumindest wenn ich was zum Abendessen haben wollen würde. Er hatte auch überlegt mich bei seiner Familie zum Mittagessen einzuladen, aber ich hätte sicher zu tun gehabt. Leider nicht, aber konnte ja niemand wissen.

Das Essen in der Maembe Bar war recht gut, nichts was mich vom Hocker gerissen hätte, aber auch nicht wirklich schlecht. Lediglich ein Teil des Burgers schmeckte wie der Biss in einem Mehlsack, aber ich bin ja Kummer gewohnt. „Kilimanjaro ndogo baridi moja“ dazu, 23.000 TSH, also knapp zehn Euro gezahlt und im dunkeln wieder ans Hotel. Mal wieder Bauchschmerzen, was ein Mist. Lieber mal noch ne kurze Runde schlafen, vielleicht wird’s dann besser.

Klassiker: Aus „ach ich mach nur ne halbe Stunde Powernap“ werden dann knapp drei. Egal, schnell was angezogen, und innerhalb von fünf Minuten in der bekannten Mzungu-Bar gewesen. Liber und Jimmy sitzen dort, Richard allerdings nicht mehr. Er hat sich vor nicht allzu langer Zeit schon verabschiedet. Schade, aber dann trinke ich zumindest hier ein Bier. Natürlich lief – oh Wunder – Fußball und später auch noch was anderes: Wrestling. Liber erzählte lachend, dass Jimmy bis vor kurzem dachte, es wäre komplett ohne Skript und 100% real. Man schaut es dort dennoch gerne, wobei ich mich dann für Fußball entscheiden würde.

Es war bestimmt fast Mitternacht, da kam Liber, meinte, er müsse einen Auftrag seines Bruders ausführen, nämlich mich zu entführen. Ins Amuzz, wohl der Club in Moshi schlechthin. Naja, was soll ich sagen. Bin kein Clubgänger, aber wenn Richard Geburtstag hat und sich wünscht, dass ich mit ihm dorthin gehe, dann mach ich das natürlich. Als dann Liber mit einem VW T2 Bus vorfuhr um mich dorthin zu bringen, da konnte ich ja nicht mehr nein sagen. Auch wenn der Bus sicher nicht original aus deutscher Produktion stammte, und afrikatypisch etwas verbastelt ausschaut war es dennoch ein tolles Gefährt. Der Start verlief etwas holprig, aber Liber lenkte den Bus recht sicher zum Amuzz.

Dort angekommen dachte ich, wir würden einen normalen Parkplatz suchen, so wie man’s von deutschen Veranstaltungen gewohnt ist. Und natürlich ging ich davon aus, dass wir irgendwo in der Walachei parken müssten, weil’s vor Ort nichts mehr gäbe. Falsch gedacht! Wir stellten uns vor das Tor des Amuzz, Liber machte das, was hier jeder macht, wenn er reingelassen werden will: Er hupt einfach. Einfach auf die Hupe und nicht mehr loslassen bis jemand öffnet. Hat sogar funktioniert, es kamen uns zwar zwei andere Fahrzeuge entgegen, es wollte natürlich mal wieder niemand platz machen, und so standen wir mit drei Autos, alle hupenderweise, uns gegenüber und warteten, dass irgendjemand was macht. Nach einer gefühlten Ewigkeit von Hupen und Sirenen konnten wir dann einfahren und bekamen einen Parkplatz zehn Meter vor dem Eingang.

Drinnen winkte Richard sofort eine Bedienung herbei und orderte Bier. Was die Getränke im Amuzz kosteten kann ich leider nicht beurteilen, ich habe nicht ein Getränk bezahlen müssen. Dann mal trinken für lau, hat auch was. In diesem Club läuft natürlich auch Fußball, wie überall in diesem Land. Es ist einfach verrückt. Außerdem gibts Billardtische, einen großen Grill, viele viele Sitzmöglichkeiten und eine Handvoll Bars. In der Mitte steht eine Bühne, anscheinend gibts da auch ab und an mal Livemusik, ansonsten nur einen DJ und Karaoke Ausrüstung. Zu Karaoke hab ich mich nicht breitschlagen lassen. Mein musikalisch-stimmliches Talent hält sich dann doch in Grenzen, in Kombination mit meinen Swahili-Kenntnissen wäre es doch sehr sehr peinlich geworden. Also halte ich mich lieber an nem Bier, als an nem Mirkophon fest, und schaue weiter den Anderen beim „Singen“ zu. Mit „den Anderen“ sind hier vor allem Weiße gemeint. Hier sind wirklich unglaublich viele weiße Menschen im Club, laut Richard wäre das Amuzz auch eine Art Treffpunkt für alle weißen Menschen aus Moshi und eigentlich der gesamten Region. So kam ich mit diversen Menschen ins Gespräch, nicht nur mit jungen Leuten aus Tanzania, auch habe ich mich mit vielen aus Skandinavien unterhalten. Wirklich spannend, wen man so alles trifft.

Ich glaube es war halb vier als Jimmy los wollte. Im Auto angekommen verfrachtete sich Jimmy auf die Rückbank und Liber meinte, es wäre noch viel zu früh um nach Hause zu fahren. Da gebe ich ihm durchaus recht, und deshalb meinte er, wir würden jetzt mal noch „richtig feiern“. Meiner Meinung nach haben wir schon richtig gefeiert, aber ich lies mich einfach mal drauf ein. Jimmy schlief sowieso direkt ein, also konnten wir auch einfach zu zweit weiter losziehen.

Liber stoppte den kleinen grünen T2 Bus vor dem „Red Stone“. Wer an Minecraft denkt muss enttäuscht werden, hierbei handelt es sich um einen weiteren Club. Tanzaniatypisch befand sich direkt davor auch ein Grill, ich hatte wirklich Hunger und bestellte einmal Chipsy ohne alles. Nach ein paar Minuten wurde mir ein durchaus kleiner Teller mit ein paar Chipsy gereicht, der junge Mann verlangte 5.000 TSH. Tatsächlich recht viel, aber ich hatte sowieso noch einiges an Bargeld dabei, Hunger hatte ich sowieso und im Vergleich zu deutschen Preisen ist’s immer noch ok. Liber sah das Ganze leider etwas anders, und explodierte förmlich vor dem Stand. Ich habe nicht wirklich verstanden, was er dem jungen Mann an den Kopf geworfen hat, aber freundlich war es sicher nicht. Die Ganze Nummer wurde gekrönt, indem Liber die Chipsy postwendend über die Theke zurückfeuerte, ungeachtet dessen, dass ich immer noch von Hunger geplagt wurde. Er hätte sie ja weder essen noch bezahlen müssen, fühlte sich aber dennoch irgendwie angegriffen. Egal, wir gingen direkt in den Club, auch wenn wir schnurstracks zum VIP-Bereich geführt wurden, gab es dort nur Bier und sonstige Getränke. Kein Essen. Also Niklas hungrig.

Mein Hunger konnte auch durch eine Handvoll Getränke nicht gestillt werden, zumindest machten wir uns gute zwei Stunden später auf in Richtung Bett. Am Bus angekommen schlief Jimmy immer noch tief und fest darin, ich weiß nicht ob er überhaupt mitbekommen hat, dass wir unterwegs waren. Im Bus drehte Liber den immer noch steckenden Schlüssel im Schloss um, der Anlasser verrichtete kreischend seine Arbeit, allerdings ohne Erfolg. Es wurde georgelt und gedreht, geflucht und ausgestiegen. Aber half alles nix, die Kiste blieb aus. Jimmy? Pennt. Liber kam irgendwann auf den Trichter, dass es wohl an Kraftstoff fehlen würde. Ja klar, es musste ja irgendwann mal so kommen, dass ich mit einem Auto liegenbleibe. Morgens um sechs in Moshi ist jetzt nicht mein favorisierter Zeitpunkt, aber ändern konnte ich’s nicht. Es wurde ein Boda-Boda bestellt, ich wurde nach 20.000 TSH gefragt – übrigens dem einzigen Geld, was ich an dem Abend ausgegeben habe – und Liber wurde schon abgeholt. Ich wartete alleine mit einem schlafenden Jimmy im Bus. Schon ein wenig komisch, so nachts alleine in nem alten T2 Bus, ein schlafender, schnarchender Mann auf dem Rücksitz und der Fahrer auf nem Moped unterwegs um Sprit zu kaufen.

Liber zurück, Sprit im Bus, Schlüssel rumgedreht, Bus läuft. Also scheinbar doch alles gut und nichts kaputt. Es wurde mal wieder extrem wenig getankt, ich wusste auch nicht so genau, wo wir waren, und ich machte mir ernsthaft sorgen, ob wir überhaupt zum Hotel zurück kommen würden.

Am Hotel angekommen versperrte uns mal wieder das Tor die einfahrt. Ich ahnte es schon: Auf die Hupe gehauen bis sich was rührte. Die arme Frau vom Hotel sah schon etwas genervt aus, wobei ich mittlerweile der Meinung bin, dass sie einfach nur verschlafen war. Sie öffnete uns, Liber kippte mich vorm Hotel ab, ich ging direkt ins Bad, Zähne putzen und danach gleich ins Bett.

Mein Wecker rief mich um neun Uhr dreißig an. Das Frühstück wollte ich schon nicht verpassen, also schälte ich mich um kurz vor zehn aus der Koje und wackelte in Richtung Frühstück. Die Dame, die mir vor einigen Stunden das Tor öffnete war scheinbar überhaupt nicht sauer oder genervt von mir, sie begrüßte mich wirklich freundlich und brachte mir Frühstück. Zu meiner Freude hatte unsere Party keine körperlichen Blessuren hinterlassen, und vor allem blieb der erwartete Kopfschmerz fern. Die zweite sehr positive Sache war, dass man mir extra Milch besorgte, vermutlich irgendein Milchpulver in Wasser gelöst, aber diese Brühe machte die andere Brühe, die man hier Kaffee nennt, durchaus trinkbar. Wirklich freundlich und aufmerksam.

Eigentlich wollte mich Liber um zwei abholen. Geplant war zunächst das Kaufen des Zugtickets für den folgenden Tag, da ich an dem Online Buchungssystem wie gesagt verzweifelte und ein anschließender Besuch bei der örtlichen Feuerwehr. Da mich eine SMS erreichte, in welcher Liber die Abfahrt auf vier Uhr verlegte, konnte ich noch ganz entspannt (kalt) duschen, Blog schreiben und mein Buch lesen. In der Lobby des Hotels stehen drei Sofas, diese bieten sich dafür bestens an. Die Kühlschränke vornedran sind zwar aus, sollte man aber ein kaltes Getränk trinken wollen, dann bringt die nette Hoteldame eins aus der Küche. Zum Schreiben ein durchaus guter Ort. Außerdem ist es sehr praktisch, dass meine Toilette nur wenige Meter entfernt ist. Mein Bauch machte irgendwie wieder mucken.

Um halb fünf war Liber immer noch nicht da. Auf meine SMS antwortete er nicht, auch meine Anrufe blieben für die nächsten Stunden unbeantwortet. Leicht angefressen stampfte ich alleine in Richtung Bahnhof, in der Hoffnung, dass dort noch jemand sei und ich dementsprechend mein Ticket buchen kann. Ich hatte ja nicht mehr so viel Zeit um wieder nach Dar Es Salaam zu kommen, also war es durchaus wichtig, den Zug am Folgetag zu nehmen.

Um sechs am Bahnhof. Und wie vermutet: Keiner da. Laden dicht. Am Bahnsteig habe ich ein paar recht offiziell ausschauende Damen gefunden, die Gewehre deuteten dann doch wieder auf Sicherheitsdienst hin und ihr Aussagen halfen mir auch nicht sonderbar. Sie meinten nur die ganze Zeit irgendwas von „Kesho“, das heißt so viel wie „morgen“. Ob der Zug morgen fährt, oder ob das Ticket-Office morgen öffnet, das habe ich leider nicht rausbekommen. Ich konnte Liber immer noch nicht erreichen und war mittlerweile schon ziemlich sauer, machte mir aber auch irgendwie Gedanken, ob nicht etwas passiert sein könnte. Dass er sich gar nicht mehr meldet ist ungewöhnlich, sein Bruder wusste auch nichts von ihm. Ich ging dann dazu über, die Aushänge am Bahnhof zu studieren. Alles auf Swahili, nichts auf Englisch, aber die Google-Translator-App mit Livebild Übersetzer hilft da ungemein. Ich wusste dann, dass ich bis zu 70 kg Gepäck, mitnehmen darf, und ich nicht mehr mitgenommen werde, wenn ich über dem fünften Schwangerschaftsmonat bin. Scheinbar aus gesundheitlichen Bedenken. Ich fragte mich echt, wie wild diese Fahrt werden würde, wenn das eine echte und begründete Sorge ist. Was ich nicht fand waren Öffnungszeiten oder eine Telefonnummer. Die Preise scheinen allerdings absolut fix zu sein, da muss ich mir keine Sorgen zu machen. Die Idee, auf der Website der tansanischen Bahn nachzuschauen stellte sich auch als wenig erfolgreich raus. Mein erneuter Versuch, ein Onlineticket zu buchen scheiterte mal wieder an der falschen Passnummer, auch wenn ich „foreign Passport“ auswählte, dann wurde dennoch eine Nummer in tansanischem Format verlangt. Nächste Idee: einfach mal anrufen! Englisch ist eine Landessprache, an der Hotline wird sich wohl irgendjemand melden, der/die der englischen Sprache mächtig ist. Naja, soweit kam ich gar nicht. Telefonnummer kopiert, gewählt und es meldete sich direkt eine VodaCom-Ansage. Ansagen von VodaCom sind ganz normal. Was sie bedeuten? Kein Plan, ist ja alles Swahili. Nur diese Ansage klang irgendwie anders. Die folgende englische Ansage verriet mir dann, dass die Nummer nicht vergeben wäre. Ach come on, dachte ich mir und war etwas angenervt, dass hier scheinbar noch weniger als bei der DB funktioniert. Eine letztes, noch ungenutztes Formular zog meine Aufmerksamkeit vollständig auf sich: „Fahrt suchen“ lautete es. Vielleicht kann ich ja hier buchen? Naja, was soll ich sagen: draufgeklickt, Error 500, internal server error. Hab dann endgültig kapituliert und gehofft, dass ich am nächsten Tag buchen und den Zug nehmen kann.

In der Dämmerung machte ich mich auf um mein Hungergefühl zu stillen. Ich lief einfach mal los ohne echtes Ziel, nur grob zurück in Richtung Hotel. Natürlich wurde ich als weißer Touri erkannt und direkt von zwei Männern angequatscht. Ich bin dann aber doch so gut im Abwimmeln geworden, dass ich beide recht schnell abblitzen lies und weiterhin nach was Essbarem suchen konnte. Mit Zwischenstopp in einem Supermarkt fand ich einen Chipsy-Stand und bestellte eine Portion. Ja, ich esse oft das gleiche, aber meine Probleme mit meinem Bauch waren dann doch nicht so lustig und ich war froh, dass ich was gefunden hatte, was eigentlich immer ging.

Kurz vor dem Hotel rief mich Liber an: Er entschuldigte sich wirklich oft und erklärte, dass er Probleme mit dem T2 hatte. Mir wurde auch klar, wieso wir am Vortag keinen Sprit mehr hatte. Lag wohl nicht am verbrauch, sondern eher an der undichten Benzinleitung. Beim Starten des Busses auf einer anderen Tour mit Touristen fing das gesamte Heck Feuer und alles brannte. Immerhin konnte schnell genug gelöscht werden, sodass der Bus nicht gänzlich ausbrannte und den Insassen nichts passierte. Also Glück im Unglück! Zudem war sein Handy noch leer und aufladen war an nem brennenden Bus auch nicht drin, dementsprechend konnte er sich einfach nicht melden, war aber sehr verständnisvoll, dass ich etwas angenervt war. Im Endeffekt war ich froh, von ihm gehört zu haben, für den nächsten Morgen wurde mir versprochen, dass wir wirklich alles klären würden.

Zurück im Hotel schrieb ich noch ein wenig Blog, telefonierte lange und packte ein paar Sachen zusammen, irgendwann nachts ging ich ins Bett und schlief recht gut. Morgen gehts dann weiter nach Dar Es Salaam, sofern die Bahn mitspielt, und vielleicht sogar doch noch zur Feuerwehr Moshi. Das wäre wirklich cool!

Bis dahin…

Im nächsten Eintrag gehts dann um das, was man hier wohl als „Feuerwehr“ bezeichnet, um ein wenig Planungschaos und um die wohl wildeste Zugfahrt meines LebensAlso stay tuned!