7.282 km von zu Hause entfernt

Schlagwort: Party

Moshi

BRK Rettungswache 07, Sauerlach, Deutschland // 12:00 Ortszeit

Nach sehr langem warten komme ich endlich wieder dazu, die letzten Einträge zu schreiben. Aktuell hab ich viel viel um die Ohren und die Zeit fehlt ein wenig, aber ich schreibe noch alles fertig. Wird auch nicht mehr so viel!

An diesem Mittwochmorgen war ich doch ziemlich früh wach. Wieso? Kein Plan. Vielleicht war mein Körper noch an die Safari gewohnt, andererseits sollte man doch denken, dass bei der Konstruktion unseres Körpers „Schlafmangel“ und „erst wachwerden, wenn das Schlafbedürfnis gestillt ist“ ein Rolle gespielt hätten. Scheinbar nicht, also zu früh wach. Wieder einschlafen hat natürlich auch nicht funktioniert, also einfach wach geblieben und etwas Buch gelesen. Auch gut.

Um neun klingelte dann auch schon mein Wecker, ich bin mal auf und unter die Dusche. Einstellungsmöglichkeiten weiterhin nur „heiß“ und „extrem heiß“. Ich entschied dafür, den Duschkopf, der mich offensichtlich zum Brühwürstchen verwandeln wollte, einfach abzuschalten. Ich hab keine höhergradige Verbrennung und Strom spare ich auch noch.

Nach der Dusche freute ich mich auf ein tolles Frühstück. Allerdings war mir nicht mehr so ganz im Gedächtnis, wie schlecht das Frühstück doch war. Man servierte mir drei Scheiben Weißbrot, die durch den Toaster eher zu Zwieback wurden, dazu ein eher geschmackloses, halb flüssiges Omelette und eine große Frenchpress mit extrem ekligem Kaffee. Milch gab’s natürlich keine, nicht mal das Modell „Pulverkuh“ war vorhanden. Also zwei halbe Tassen Ekelbrühe runtergewürgt, besser als nix allemal, und ein wenig Kaffee kann auch nicht schaden. Mein Zwieback hab ich auch ohne alles gegessen. Mit Absicht. Auf die Marmelade, in der scheinbar immer was anderes drin ist, hatte ich genauso wenig Lust wie auf die „Butter“. Wieso beides immer unterschiedlich schmeckt ist mir ein Rätsel, mit beiden Gefäßen ist es sehr einfach den Buchstaben „E“ und die Zahlen 1 bis 999 zu lernen. Sind scheinbar alle vertreten. Wie es technisch möglich ist, dass dennoch alles immer unterschiedlich schmeckt, dass ist und bleibt wohl ein Rätsel.

Um halb elf wollte ich meinen weiteren Tag planen. Richard und Liber hatten was von den Materun Wasserfällen und heißen Quellen erzählt. Klang spannend. Als Liber dann den Preis für die „Hot Springs Tour“ nannte, wurde mir kurz schlecht. Auch wenn eine Verpflegung, die Autofahrt und der Eintritt inclusive sein sollten, dann waren 200.000 TSH (also gute 77 €) einfach zu viel. Auch 160.000 TSH (≈ 61 €) für die andere Nummer wollte ich nicht ausgeben. Also sagte ich Liber ab und meldete mich wieder bei Elias, einem der Jungs von der Safari am Vortag. Der meinte, er hätte einen Fahrer (für 40.000 TSH) aufgetrieben, der Eintritt für die Hot Springs würde 10.000 TSH pro Nase betragen. Klingt gut, zugesagt, um halb zwölf sind sie da.

Afrikanische Pünktlichkeit. Ich muss glaube ich nichts mehr dazu sagen, über eine halbe Stunde später rollte wieder das kleine silberne Gefährt von gestern vor. Die hinteren Türen klemmen immer noch, die Linke geht jetzt gar nicht mehr auf, die Rechte nur mit Müh‘ und Not. Aber es fährt. Auch wenn man auf den Kunstledersitzen unglaublich schwitzt, alles besser als zu Fuß oder zu viel Geld ausgeben. Eine Dreiviertelstunden ging es quer durch Moshi, dann über eine Art Schnellstraße und schließlich noch eine ganze Weile über eine Offroad-Piste. Vor allem die Brücken sind spannend: Erstmal sind sie gefühlt zu hoch um die offenen Kanäle bzw. Gräben zu überqueren. Sollte das Wasser bis ganz nach oben stehen, dann bräuchte man schon ein Fahrzeug mit einer Wattiefe von mindestens einem Meter. Da die Brücke oben extrem kurz ist, brauchte es auch einen riesigen Rampenwinkel, sodass eigentlich nur noch ein Unimog oder vergleichbares in Frage kommen würde. Denkste. In Tanzania geht auch ein silberner Kleinwagen, auch wenns am Bodenblech ab und an richtig böse kracht.

An den Hot Springs wurde ich von Elias schmal angeschaut, weil ich nichts dabei hatte. Er und seine Schwester hatten Badesachen dabei, sie wollten es den Unmengen an weißen Touris gleichtun und in der heißen, glasklaren blau-türkisen Brühe baden. Schaut eigentlich wunderschön aus, wirklich. Interessanterweise waren deutlich weniger Instagram-Influencer-Arsch-in-die-Kamera-Mädels da als erwartet, aber die kann ich eh nicht besonders leiden um ehrlich zu sein. Elias konnte es sich nicht nehmen ins Wasser zu gehen, ich hatte natürlich nichts dabei. Einerseits hatte ich’s total verplant mal nachzusehen, was diese Hot Springs eigentlich sind, und andererseits wäre ich sowieso nicht rein. Heiße, stehende Gewässer, in denen sich viele viele Menschen aufhalten? Klingt für mich sehr nach Wurmerkrankungen, Amöbenruhr, Schistosomen und sonstige lustige Parasiten, die gerne außerhalb meines Körpers bleiben können. Zum Blog schreiben hatte ich dummerweise auch nichts dabei, also musste ich mich mit meinem E-Book auf meinem Handy und meinem Notizbuch zurechtfinden. Aber das hab ich ja lange genug trainiert.

Passend zu den extrem gewagten Sprüngen von einigen Einheimischen, die damit scheinbar ihre Paarungsbereitschaft signalisieren wollten, unterhielt ich mich lange mit Elias über Rettungsdienst, Studium und co. Ich konnte noch ein paar Kontakte vermitteln und wir lachten wirklich viel. Der Humor? Wie gewohnt sehr schwarz, aber schwarz ist ja bekanntlich meine Lieblingsfarbe.

Irgendwann tauchte Paulo, unser Fahrer, wieder auf. Er hatte scheinbar noch ein paar andere Termine und würde gerne nach Hause fahren. Ja, kein Problem, Elias aus dem Wasser bekommen und dann nach Hause. Er erzählte mir ein paar wirklich spannende Dinge, wobei es sich bei einigen gelohnt hätte, sie ein paar Tage früher zu hören: Vor allem Paviane interpretieren den Gesichtsausdruck ihrer Kontrahenten. Also böse schauen, alles gut. Schaust du freundlich oder ängstlich, dann bist du deren Opfer. Also Mama, schau: Ist manchmal doch gut, wenn ich grimmig aussehe! Aber egal. Sollte der Pavian einem gegenübersitzen, dann ist das Schlagen ins Gesicht, wie gestern geschehen, die schlechteste Option. Gib ihm was er will, dann kommst du ungeschoren davon. Wäre gut zu wissen gewesen, ich hoffe ich brauche das Wissen nicht so schnell wieder. Außerdem erzählte er uns, dass seine Farm zwischen sechs und zehn Kilometer vom Tarangire Nationalpark entfernt wäre. Da sich wilde Tiere, in diesem Falle Elefanten, nicht an die Grenzen halten, wäre es wohl ganz normal, dass er ab und an von ebendiesen Besuch bekäme. Klingt gut, ist es aber nicht. Die Tiere zerstören einiges seiner Farm, klassischer Wildschaden sozusagen. Zum Wiederaufbau zerstörter Bereich gäbe es einen nationalen Hilfsfont, der auch gar nicht so klein wäre. Außerdem hat er als Kind schon auf Kuhherden aufpassen müssen, ein guter Freund von ihm hat einen Löwenangriff überlebt und er ist bei einem Angriff geradeso davongekommen. Eine etwas andere Kindheit also die, von Justus aus Grünwald.

Die Rückfahrt war deutlich rasanter als der Hinweg. Hat allerdings nix gebracht, die Polizei stoppte uns. Paulo ist scheinbar an „meinem“ deutschen Verkehrszeichen 267 vorbeigefahren. Ein rotes Schild, darin ein weißer dicker Querbalken. Heißt auch in Tanzania „Einfahrt verboten“, hat er trotzdem gemacht, scheinbar eine beliebte Abkürzung. Kurz wars, aber auch teuer. Dumm gelaufen, aber dafür können wir ja nix. Abgesetzt wurde ich wieder im Hotel und wir vereinbarten ein gemeinsames Abendessen in der Stadt.

Eine Lokal hatte ich eigentlich schnell gefunden. TripAdvisor hilft da tatsächlich immer recht gut, zumindest in die touristischen Regionen. Ein Indisches Restaurant sollte es werden, da hatten wir alle Lust drauf. Es wunderte mich kaum, dass ich zur vereinbarten Zeit alleine dort stand, immerhin blieb mir noch kurz Zeit um die Toilette zu besuchen. Mein Bauch war irgendwie unglücklich, ob indisches Essen jetzt eine gute Idee ist? Keine Ahnung, aber was soll’s. Interessanterweise brauchte man dort den Schlüssel nur für das europäische Klo. Das afrikanische bzw. indische Modell ist frei zugänglich und auch nicht abschließbar. Wieso es so ist? Keine Ahnung. Ich hab lange überlegt, kam aber zu keiner Erklärung.

Ich aß als Vorspeise eine Portion Pommes, wobei es „Knoblauch mit Pfeffer, dazu ein Hauch von Kartoffelstreifen“ besser getroffen hätte. Aber war sehr lecker. Auch mein Hauptgericht war wirklich fein, auch wenn ich nicht so genau weiß, was es wirklich war. Ein Kilimanjaro und eine Tablette Buscopan als Nachtisch, dazu lange geredet und als sich die Nacht endgültig über Moshi legte, beschlossen wir, den Heimweg anzutreten.

Da ich einerseits wenig Lust hatte zu Fuß zu gehen, andererseits ein wenig von Bauchschmerzen geplagt wurde und zudem die Sicherheit nachts nicht so richtig einschätzen konnte, entschloss ich mich ein Bajaji zu organisieren. Den ersten herangewunken, Zeil erklärt und nach dem Preis gefragt. Als er 18.000 TSH (≈ 7 €) ansagte, lehnte ich dankend ab, sagte es seien nur fünf Minuten und wollte den nächsten anhalten. Er merkte scheinbar, dass ich es ernst meinte, sagte erst 10.000 und fragt dann, was ich denn bezahlen würde. 2.000 TSH gibts, mehr nicht. Fünftausend? Nein, ich suche mir sonst jemanden. Er lenkte bei 3.000 ein und fuhr mich nach Hause, wo ich innerhalb von 3 Minuten ankam. Im Endeffekt hat er immer noch ein gutes Geschäft gemacht, aber ich lasse mich dort nicht mehr über den Tisch ziehen.

Im Hotel angekommen bin ich nur noch ins Bad und danach in die Falle. Zu früh, aber mir ging’s nicht sonderlich gut.

Wirklich gemacht hab ich am Folgetag nichts. Ich bin um halb sieben wachgeworden, nur um direkt wieder einzuschlafen. Um halb zwölf klopfte die Hoteldame mal an meiner Türe, und fragte ob alles okay wäre. Vielleicht weil ich das Frühstück ausgeschlagen hatte. Keine Ahnung, aber es war eine nette Geste.

Am Abend musste ich dann aber einfach raus, Stimmung heben, außerdem was essen. Kaum vor der Tür stieg meine Laune auch signifikant. Ein blinkender, Lichthupe gebender Noah kam die Straße angerauscht, Richard am Steuer. Dieser hatte sogar Geburtstag an diesem Tag und lud mich abends in die Mzungu Bar ein, ein Angebot, welches ich gerne annahm, an diesem Tag konnte ich positive Stimmung wirklich sehr gut gebrauchen. Außerdem empfahl mir Richard die Maembe Bar, direkt ums Eck, zumindest wenn ich was zum Abendessen haben wollen würde. Er hatte auch überlegt mich bei seiner Familie zum Mittagessen einzuladen, aber ich hätte sicher zu tun gehabt. Leider nicht, aber konnte ja niemand wissen.

Das Essen in der Maembe Bar war recht gut, nichts was mich vom Hocker gerissen hätte, aber auch nicht wirklich schlecht. Lediglich ein Teil des Burgers schmeckte wie der Biss in einem Mehlsack, aber ich bin ja Kummer gewohnt. „Kilimanjaro ndogo baridi moja“ dazu, 23.000 TSH, also knapp zehn Euro gezahlt und im dunkeln wieder ans Hotel. Mal wieder Bauchschmerzen, was ein Mist. Lieber mal noch ne kurze Runde schlafen, vielleicht wird’s dann besser.

Klassiker: Aus „ach ich mach nur ne halbe Stunde Powernap“ werden dann knapp drei. Egal, schnell was angezogen, und innerhalb von fünf Minuten in der bekannten Mzungu-Bar gewesen. Liber und Jimmy sitzen dort, Richard allerdings nicht mehr. Er hat sich vor nicht allzu langer Zeit schon verabschiedet. Schade, aber dann trinke ich zumindest hier ein Bier. Natürlich lief – oh Wunder – Fußball und später auch noch was anderes: Wrestling. Liber erzählte lachend, dass Jimmy bis vor kurzem dachte, es wäre komplett ohne Skript und 100% real. Man schaut es dort dennoch gerne, wobei ich mich dann für Fußball entscheiden würde.

Es war bestimmt fast Mitternacht, da kam Liber, meinte, er müsse einen Auftrag seines Bruders ausführen, nämlich mich zu entführen. Ins Amuzz, wohl der Club in Moshi schlechthin. Naja, was soll ich sagen. Bin kein Clubgänger, aber wenn Richard Geburtstag hat und sich wünscht, dass ich mit ihm dorthin gehe, dann mach ich das natürlich. Als dann Liber mit einem VW T2 Bus vorfuhr um mich dorthin zu bringen, da konnte ich ja nicht mehr nein sagen. Auch wenn der Bus sicher nicht original aus deutscher Produktion stammte, und afrikatypisch etwas verbastelt ausschaut war es dennoch ein tolles Gefährt. Der Start verlief etwas holprig, aber Liber lenkte den Bus recht sicher zum Amuzz.

Dort angekommen dachte ich, wir würden einen normalen Parkplatz suchen, so wie man’s von deutschen Veranstaltungen gewohnt ist. Und natürlich ging ich davon aus, dass wir irgendwo in der Walachei parken müssten, weil’s vor Ort nichts mehr gäbe. Falsch gedacht! Wir stellten uns vor das Tor des Amuzz, Liber machte das, was hier jeder macht, wenn er reingelassen werden will: Er hupt einfach. Einfach auf die Hupe und nicht mehr loslassen bis jemand öffnet. Hat sogar funktioniert, es kamen uns zwar zwei andere Fahrzeuge entgegen, es wollte natürlich mal wieder niemand platz machen, und so standen wir mit drei Autos, alle hupenderweise, uns gegenüber und warteten, dass irgendjemand was macht. Nach einer gefühlten Ewigkeit von Hupen und Sirenen konnten wir dann einfahren und bekamen einen Parkplatz zehn Meter vor dem Eingang.

Drinnen winkte Richard sofort eine Bedienung herbei und orderte Bier. Was die Getränke im Amuzz kosteten kann ich leider nicht beurteilen, ich habe nicht ein Getränk bezahlen müssen. Dann mal trinken für lau, hat auch was. In diesem Club läuft natürlich auch Fußball, wie überall in diesem Land. Es ist einfach verrückt. Außerdem gibts Billardtische, einen großen Grill, viele viele Sitzmöglichkeiten und eine Handvoll Bars. In der Mitte steht eine Bühne, anscheinend gibts da auch ab und an mal Livemusik, ansonsten nur einen DJ und Karaoke Ausrüstung. Zu Karaoke hab ich mich nicht breitschlagen lassen. Mein musikalisch-stimmliches Talent hält sich dann doch in Grenzen, in Kombination mit meinen Swahili-Kenntnissen wäre es doch sehr sehr peinlich geworden. Also halte ich mich lieber an nem Bier, als an nem Mirkophon fest, und schaue weiter den Anderen beim „Singen“ zu. Mit „den Anderen“ sind hier vor allem Weiße gemeint. Hier sind wirklich unglaublich viele weiße Menschen im Club, laut Richard wäre das Amuzz auch eine Art Treffpunkt für alle weißen Menschen aus Moshi und eigentlich der gesamten Region. So kam ich mit diversen Menschen ins Gespräch, nicht nur mit jungen Leuten aus Tanzania, auch habe ich mich mit vielen aus Skandinavien unterhalten. Wirklich spannend, wen man so alles trifft.

Ich glaube es war halb vier als Jimmy los wollte. Im Auto angekommen verfrachtete sich Jimmy auf die Rückbank und Liber meinte, es wäre noch viel zu früh um nach Hause zu fahren. Da gebe ich ihm durchaus recht, und deshalb meinte er, wir würden jetzt mal noch „richtig feiern“. Meiner Meinung nach haben wir schon richtig gefeiert, aber ich lies mich einfach mal drauf ein. Jimmy schlief sowieso direkt ein, also konnten wir auch einfach zu zweit weiter losziehen.

Liber stoppte den kleinen grünen T2 Bus vor dem „Red Stone“. Wer an Minecraft denkt muss enttäuscht werden, hierbei handelt es sich um einen weiteren Club. Tanzaniatypisch befand sich direkt davor auch ein Grill, ich hatte wirklich Hunger und bestellte einmal Chipsy ohne alles. Nach ein paar Minuten wurde mir ein durchaus kleiner Teller mit ein paar Chipsy gereicht, der junge Mann verlangte 5.000 TSH. Tatsächlich recht viel, aber ich hatte sowieso noch einiges an Bargeld dabei, Hunger hatte ich sowieso und im Vergleich zu deutschen Preisen ist’s immer noch ok. Liber sah das Ganze leider etwas anders, und explodierte förmlich vor dem Stand. Ich habe nicht wirklich verstanden, was er dem jungen Mann an den Kopf geworfen hat, aber freundlich war es sicher nicht. Die Ganze Nummer wurde gekrönt, indem Liber die Chipsy postwendend über die Theke zurückfeuerte, ungeachtet dessen, dass ich immer noch von Hunger geplagt wurde. Er hätte sie ja weder essen noch bezahlen müssen, fühlte sich aber dennoch irgendwie angegriffen. Egal, wir gingen direkt in den Club, auch wenn wir schnurstracks zum VIP-Bereich geführt wurden, gab es dort nur Bier und sonstige Getränke. Kein Essen. Also Niklas hungrig.

Mein Hunger konnte auch durch eine Handvoll Getränke nicht gestillt werden, zumindest machten wir uns gute zwei Stunden später auf in Richtung Bett. Am Bus angekommen schlief Jimmy immer noch tief und fest darin, ich weiß nicht ob er überhaupt mitbekommen hat, dass wir unterwegs waren. Im Bus drehte Liber den immer noch steckenden Schlüssel im Schloss um, der Anlasser verrichtete kreischend seine Arbeit, allerdings ohne Erfolg. Es wurde georgelt und gedreht, geflucht und ausgestiegen. Aber half alles nix, die Kiste blieb aus. Jimmy? Pennt. Liber kam irgendwann auf den Trichter, dass es wohl an Kraftstoff fehlen würde. Ja klar, es musste ja irgendwann mal so kommen, dass ich mit einem Auto liegenbleibe. Morgens um sechs in Moshi ist jetzt nicht mein favorisierter Zeitpunkt, aber ändern konnte ich’s nicht. Es wurde ein Boda-Boda bestellt, ich wurde nach 20.000 TSH gefragt – übrigens dem einzigen Geld, was ich an dem Abend ausgegeben habe – und Liber wurde schon abgeholt. Ich wartete alleine mit einem schlafenden Jimmy im Bus. Schon ein wenig komisch, so nachts alleine in nem alten T2 Bus, ein schlafender, schnarchender Mann auf dem Rücksitz und der Fahrer auf nem Moped unterwegs um Sprit zu kaufen.

Liber zurück, Sprit im Bus, Schlüssel rumgedreht, Bus läuft. Also scheinbar doch alles gut und nichts kaputt. Es wurde mal wieder extrem wenig getankt, ich wusste auch nicht so genau, wo wir waren, und ich machte mir ernsthaft sorgen, ob wir überhaupt zum Hotel zurück kommen würden.

Am Hotel angekommen versperrte uns mal wieder das Tor die einfahrt. Ich ahnte es schon: Auf die Hupe gehauen bis sich was rührte. Die arme Frau vom Hotel sah schon etwas genervt aus, wobei ich mittlerweile der Meinung bin, dass sie einfach nur verschlafen war. Sie öffnete uns, Liber kippte mich vorm Hotel ab, ich ging direkt ins Bad, Zähne putzen und danach gleich ins Bett.

Mein Wecker rief mich um neun Uhr dreißig an. Das Frühstück wollte ich schon nicht verpassen, also schälte ich mich um kurz vor zehn aus der Koje und wackelte in Richtung Frühstück. Die Dame, die mir vor einigen Stunden das Tor öffnete war scheinbar überhaupt nicht sauer oder genervt von mir, sie begrüßte mich wirklich freundlich und brachte mir Frühstück. Zu meiner Freude hatte unsere Party keine körperlichen Blessuren hinterlassen, und vor allem blieb der erwartete Kopfschmerz fern. Die zweite sehr positive Sache war, dass man mir extra Milch besorgte, vermutlich irgendein Milchpulver in Wasser gelöst, aber diese Brühe machte die andere Brühe, die man hier Kaffee nennt, durchaus trinkbar. Wirklich freundlich und aufmerksam.

Eigentlich wollte mich Liber um zwei abholen. Geplant war zunächst das Kaufen des Zugtickets für den folgenden Tag, da ich an dem Online Buchungssystem wie gesagt verzweifelte und ein anschließender Besuch bei der örtlichen Feuerwehr. Da mich eine SMS erreichte, in welcher Liber die Abfahrt auf vier Uhr verlegte, konnte ich noch ganz entspannt (kalt) duschen, Blog schreiben und mein Buch lesen. In der Lobby des Hotels stehen drei Sofas, diese bieten sich dafür bestens an. Die Kühlschränke vornedran sind zwar aus, sollte man aber ein kaltes Getränk trinken wollen, dann bringt die nette Hoteldame eins aus der Küche. Zum Schreiben ein durchaus guter Ort. Außerdem ist es sehr praktisch, dass meine Toilette nur wenige Meter entfernt ist. Mein Bauch machte irgendwie wieder mucken.

Um halb fünf war Liber immer noch nicht da. Auf meine SMS antwortete er nicht, auch meine Anrufe blieben für die nächsten Stunden unbeantwortet. Leicht angefressen stampfte ich alleine in Richtung Bahnhof, in der Hoffnung, dass dort noch jemand sei und ich dementsprechend mein Ticket buchen kann. Ich hatte ja nicht mehr so viel Zeit um wieder nach Dar Es Salaam zu kommen, also war es durchaus wichtig, den Zug am Folgetag zu nehmen.

Um sechs am Bahnhof. Und wie vermutet: Keiner da. Laden dicht. Am Bahnsteig habe ich ein paar recht offiziell ausschauende Damen gefunden, die Gewehre deuteten dann doch wieder auf Sicherheitsdienst hin und ihr Aussagen halfen mir auch nicht sonderbar. Sie meinten nur die ganze Zeit irgendwas von „Kesho“, das heißt so viel wie „morgen“. Ob der Zug morgen fährt, oder ob das Ticket-Office morgen öffnet, das habe ich leider nicht rausbekommen. Ich konnte Liber immer noch nicht erreichen und war mittlerweile schon ziemlich sauer, machte mir aber auch irgendwie Gedanken, ob nicht etwas passiert sein könnte. Dass er sich gar nicht mehr meldet ist ungewöhnlich, sein Bruder wusste auch nichts von ihm. Ich ging dann dazu über, die Aushänge am Bahnhof zu studieren. Alles auf Swahili, nichts auf Englisch, aber die Google-Translator-App mit Livebild Übersetzer hilft da ungemein. Ich wusste dann, dass ich bis zu 70 kg Gepäck, mitnehmen darf, und ich nicht mehr mitgenommen werde, wenn ich über dem fünften Schwangerschaftsmonat bin. Scheinbar aus gesundheitlichen Bedenken. Ich fragte mich echt, wie wild diese Fahrt werden würde, wenn das eine echte und begründete Sorge ist. Was ich nicht fand waren Öffnungszeiten oder eine Telefonnummer. Die Preise scheinen allerdings absolut fix zu sein, da muss ich mir keine Sorgen zu machen. Die Idee, auf der Website der tansanischen Bahn nachzuschauen stellte sich auch als wenig erfolgreich raus. Mein erneuter Versuch, ein Onlineticket zu buchen scheiterte mal wieder an der falschen Passnummer, auch wenn ich „foreign Passport“ auswählte, dann wurde dennoch eine Nummer in tansanischem Format verlangt. Nächste Idee: einfach mal anrufen! Englisch ist eine Landessprache, an der Hotline wird sich wohl irgendjemand melden, der/die der englischen Sprache mächtig ist. Naja, soweit kam ich gar nicht. Telefonnummer kopiert, gewählt und es meldete sich direkt eine VodaCom-Ansage. Ansagen von VodaCom sind ganz normal. Was sie bedeuten? Kein Plan, ist ja alles Swahili. Nur diese Ansage klang irgendwie anders. Die folgende englische Ansage verriet mir dann, dass die Nummer nicht vergeben wäre. Ach come on, dachte ich mir und war etwas angenervt, dass hier scheinbar noch weniger als bei der DB funktioniert. Eine letztes, noch ungenutztes Formular zog meine Aufmerksamkeit vollständig auf sich: „Fahrt suchen“ lautete es. Vielleicht kann ich ja hier buchen? Naja, was soll ich sagen: draufgeklickt, Error 500, internal server error. Hab dann endgültig kapituliert und gehofft, dass ich am nächsten Tag buchen und den Zug nehmen kann.

In der Dämmerung machte ich mich auf um mein Hungergefühl zu stillen. Ich lief einfach mal los ohne echtes Ziel, nur grob zurück in Richtung Hotel. Natürlich wurde ich als weißer Touri erkannt und direkt von zwei Männern angequatscht. Ich bin dann aber doch so gut im Abwimmeln geworden, dass ich beide recht schnell abblitzen lies und weiterhin nach was Essbarem suchen konnte. Mit Zwischenstopp in einem Supermarkt fand ich einen Chipsy-Stand und bestellte eine Portion. Ja, ich esse oft das gleiche, aber meine Probleme mit meinem Bauch waren dann doch nicht so lustig und ich war froh, dass ich was gefunden hatte, was eigentlich immer ging.

Kurz vor dem Hotel rief mich Liber an: Er entschuldigte sich wirklich oft und erklärte, dass er Probleme mit dem T2 hatte. Mir wurde auch klar, wieso wir am Vortag keinen Sprit mehr hatte. Lag wohl nicht am verbrauch, sondern eher an der undichten Benzinleitung. Beim Starten des Busses auf einer anderen Tour mit Touristen fing das gesamte Heck Feuer und alles brannte. Immerhin konnte schnell genug gelöscht werden, sodass der Bus nicht gänzlich ausbrannte und den Insassen nichts passierte. Also Glück im Unglück! Zudem war sein Handy noch leer und aufladen war an nem brennenden Bus auch nicht drin, dementsprechend konnte er sich einfach nicht melden, war aber sehr verständnisvoll, dass ich etwas angenervt war. Im Endeffekt war ich froh, von ihm gehört zu haben, für den nächsten Morgen wurde mir versprochen, dass wir wirklich alles klären würden.

Zurück im Hotel schrieb ich noch ein wenig Blog, telefonierte lange und packte ein paar Sachen zusammen, irgendwann nachts ging ich ins Bett und schlief recht gut. Morgen gehts dann weiter nach Dar Es Salaam, sofern die Bahn mitspielt, und vielleicht sogar doch noch zur Feuerwehr Moshi. Das wäre wirklich cool!

Bis dahin…

Im nächsten Eintrag gehts dann um das, was man hier wohl als „Feuerwehr“ bezeichnet, um ein wenig Planungschaos und um die wohl wildeste Zugfahrt meines LebensAlso stay tuned!

Krankenhaus die dritte

Doctor‘s House, Liuli, TZA // 09:30 Ortszeit

Ich versuche jetzt mal die letzte Woche halbwegs geordnet runterzuschreiben, könnte lang und durcheinander werden. Aber der/die geneigte Leser:in sollte es ja gewöhnt sein. Also beginnen wir am

Montag

Dieser Morgen sollte, wie an jedem Montag und Freitag, mit einer Besprechung um acht Uhr starten. Das Wissen, über die Pünkltichkeit in dieser Region, lies uns erst um 20 nach acht aufbrechen, bei unserer Ankunft waren wir immer noch unter den ersten. Nach dem Nachtreport (auf Englisch) wurde die Besprechung in Swahili fortgesetzt. Manche Brocken sind ja mittlerweile doch zu verstehen, es ging wohl auch um die Notwendigkeit, Medikamente der dritten oder vierten Wahl zu geben, da diese teilweise deutlich günstiger sind als die Medikamente der ersten Wahl. Allerdings gibt es Patient:innen, die sich weder die Beitrage der Krankenversicherung (laut Dr. Evans um die 100.000 TSH ≈ 39,80€ jährlich), noch die teuren Medikamente leisten können. Bevor nichts gegeben wird, lieber günstig und nicht ganz so gut, aber besser als nichts. Klingt doof, ist es auch, aber hier mal wieder ohne echte Alternative. Zudem wurde noch über ein Angebot von Interplast aus Deutschland diskutiert. Interplast ist ein gemeinnütziger Verein, der kostenlos plastische Operationen in Entwicklungsländern durchführt. Ich hoffe, dass alles mit der Organisation klappt, es wäre eine echt gute Sache, wenn diese Organisation mal zwei Wochen hier tätig werden könnte. Ansonsten verlief die Morgenbesprechung wie immer, am Anfang und am Ende wurde gebetet, es wurde teilweise echt laut, irgendwo lief Fußball…

Da Dr. Evans noch nicht zurück war, machte sich Dr. Mathews mit Rebecca und mir auf den Weg zur Runde. Hier ist vor allem eine Patientin aufgefallen. Was jetzt kommt, ist in Deutschland absolut undenkbar, hier aber aufgrund der Infrastruktur nicht anders machbar. Im Bett lag eine Patientin mit immer wiederkehrenden Krampfanfällen. Beim Betreten des Zimmers mussten wir die Patientin mal wieder medikamentös aus ihrem Krampf „rausholen“. Glücklicherweise waren die Schutzreflexe noch vorhanden, so musste keine Schutzintubation stattfinden. Normalerweise wäre das Vorgehen, diese Patientin möglichst schnell in einen Computertomographen (aka. „Röhre“) zu schieben, um zu sehen, ob die Patientin nicht vielleicht doch eine Hirnblutung hätte. Ein Krampfanfall ist nie eine Diagnose, immer nur ein Symptom, ein Hinweis auf eine Erkrankung. Jetzt gibt es hier diverse Probleme: Einerseits gibt es hier kein CT, andererseits kann man hier nicht mal einfach den Rettungsdienst bestellen, der die Patientin einlädt und verlegt. Gibts hier nicht. Das nächste Problem ist das Geld: Patientin nicht versichert, also muss erst das Geld für die Verlegung und die anschließende Diagnostik und Behandlung zusammengekratzt werden. Das nächste Krankenhaus mit CT wäre das „Ikonda Hospital“ in Njombe. Wenn ich einem bekannten Kartendienst glauben will, dann wären das 513 km und ca. 8 Stunden und 35 Minuten reine Fahrtzeit. Wenn man mit dem Auto fahren würde. Oder dem Rettungsdienst. Aber da beides kaum zu realisieren ist, wird eine ganze Bank, meistens die Rückbank, im Bus gebucht, dort kann sich die Patientin dann hinlegen und ein:e Angehörige:r begleitet. Die Reise mit dem Bus bedarf allerdings einer Übernachtung in Songea. Bis dahin ist die Sache mit dem Geld natürlich noch nicht geklärt, allein die CT-Untersuchung wird vermutlich 300.000 TSH (also gute 120 €) kosten. Glücklicherweise konnte sich die Familie alles leisten, und so konnte Dr. Mathews noch am gleichen Tag alles für die Verlegung fertig machen. Wer jetzt allerdings denkt, dass nur diese Region so abgehängt ist, der irrt. Die Dichte an Computertomographen ist unglaublich gering in diesem Teil der Welt.

Ansonsten gab es noch einen Patienten, der mit einer proximalen Humerusschaftfraktur (also Bruch des Oberarms, weit oben) kam. Normalerweise würde man hier einfach ein Gilchrist anwenden. Das ist eine spezielle Bandage für genau sowas, kann auch nach kurzer Zeit schon wieder bewegt und beübt werden. Aber kein Gilchrist da, auch keine der Alternativen, also doch ne Gipsschiene. Macht man eigentlich nicht mehr, aber mal wieder der Mangel an Allem und vor allem an Alternativen. Übrigens kam dieser Patient mit dem Motorradtaxi „Picky-Picky“.

Der Rest des Krankenhaustages verlief wie immer, ein wenig Station hier, etwas OPD da, nur kein Kaiserschnitt. Ansonsten alles wie immer.

Um 15:00 Uhr waren wir mit Gift, dem Hospital Secretary, verabredet. Das Krankenhaus möchte uns etwas für unsere Arbeit zurückgeben, wir wurden zu ihm ins Büro bestellt und waren auch wenige Minuten später schon unterwegs zum Stoffhändler in den Ort. Hier durften sich Rebecca und ich jeweils einen Stoff aussuchen, mit dem Stoff wurde dann direkt nebenan zum Tailor gegangen. Ich freute mich etwas, sagte auch zu Rebecca, es gäbe nur einen Taylor. Auf etwas verdutzte Blicke hakte ich mit „Na Corey Taylor!!“ nach. Ein vernichtendes „Kenn ich nich“ kam zurück. Schade schade. Aber egal. Man hörte schon direkt die Nähmaschinen der Firma Singer, wenn ich es richtig ergoogelt habe, ca. 130 Jahre alt, aber immer noch fleißig am Nähen. Der Chef-Schneider nahm unsere Maße, notierte sich diese in waschechter Künstler- (oder Geheim-??) Handschrift und wir durften uns entsprechend etwas wünschen. Seeeehr spannend was dabei rauskommt. Soviel vorweg: Leider hatte der Stoffhändler keinen komplett schwarzen Stoff, dementsprechend wurde für mich der erste Stoff ausgesucht, den ich mehr oder minder zufällig in der Hand hatte. Wieso ich diesen Stoff in die Hand genommen hatte, erklärt wohl das folgende Bild:

Den restlichen Abend verbrachte ich zunächst mal alleine, Rebecca wurde von Kopfschmerzen geplagt und verabschiedete sich früh ins Bett. Im Laufe des Abends kam noch ein Watch-Man vorbei, dieser erzählte mir, dass es ihm aktuell nicht so besonders gut gehen würde. Fieber hätte er auch. Irgendwann entschloss ich mich dann doch, mit ihm ins Krankenhaus zu gehen. Ich rief Damas an und wir trafen uns wenige Minuten später dort. Im Labor konnte glücklicherweise eine Malaria ausgeschlossen werden, besonders bei schwerer Malaria wäre es wichtig gewesen, direkt mit intravenösen Medikamenten zu starten. Der Widal-Test deutete allerdings auf Typhus hin. Nichts seltenes hier, er bekam direkt 1g Ceftriaxon (ein Antibiotikum) intravenös und Ciprofloxazin (ein anderes Antibiotikum) rezeptiert. Die Gabe des Ceftriaxon war mal wieder total anders als gewohnt: Es wurde mit einem Stück Gummiband gestaut, aus Mangel an Desinfektionsmitteln wurde die Vene direkt punktiert und das Medikament einfach langsam „aus der Hand“ gespritzt. Sehr ungewöhnlich, eigentlich sollte eine Kurzinfusion mit Zugang und allem drum und dran genutzt werden. Aber der Mangel an Material… Naja, zumindest ging er zurück zu seinem Wachposten direkt vor dem Doctor‘s House, nach Hause wollte er nicht. Ich sagte ihm, dass er sich jederzeit melden könnte wenn‘s was gäbe, und verabschiedete mich auch ins Bett.

Dienstag

Der Dienstag begann etwas später, um 20 nach 9 waren wir im OPD mit Damas. Glücklicherweise war Rebecca wieder hergestellt! Im Endeffekt war nicht so viel Spannendes dabei, außer einer (seit langem) versorgungsbedürftigen Wunde und einem fünfzehnjährigen schwangeren Mädchen (wieder der Mangel an allem, hier an Verhütungsmitteln) gab es hier nichts Besonderes oder Erwähnenswertes. Außerdem möchte ich euch nicht mit zu viel Text quälen. Die Runde mit Dr. Matthews konnte erst um kurz vor zwölf begonnen werden. Leider sahen wir außer einem septischen Baby wieder unsere Patientin mit den Krampfanfällen von gestern. Die Familie konnte das Geld gestern nicht früh genug besorgen, also kann die Verlegung erst morgen früh stattfinden. Traurig aber wahr. Ansonsten waren wir an diesem Dienstag sehr lange im Krankenhaus, aber so ist das eben manchmal.

Der Abend sollte eher entspannt werden. Außer Sonnenuntergang am Strand sehen war nix geplant. Rebecca wollte noch schwimmen gehen, ich noch Blog schreiben und so entschieden wir uns, zu Jo in die Bar zu laufen. Dort angekommen trafen wir ein paar andere Jungs. Dort sitzen häufiger mal unbekannte Gesichter, doch diese drei Männer schienen echt ganz witzig zu sein. Vor allem einer: Sitzt da, Rasta, Oberkörperfrei, Basecap, Sonnenbrille. Schaut eigentlich zehn Minuten nur geradeaus, irgendwann dreht er langsam den Kopf, schaut mich an und sagt in leichtem Slang: „Heeey maaaaaaaaan“. Der erste Gedanke war: „Uff, was ist das denn fürn komischer Typ, vielleicht bisschen zu viel geraucht oder was?“. Aber der Gedanke sollte sich als komplett falsch rausstellen. Ich fing an, mich mit ihm zu unterhalten, als er mich dann auf Deutsch begrüßte, war ich zunächst etwas verdutzt. Wir kamen ins Gespräch, er erzählte mir, dass sein Name Richard ist, er mal über zehn Jahre lang Guide für den Kilimanjaro und Safaris war, stammt aus Moshi. Mittlerweile hat er schon in London, Indonesien und Osaka gewohnt und lebt aktuell in Adelaide. Die anderen zwei Jungs stellten sich übrigens als seine Brüder raus, alle sind aktuell zu Besuch, um hier ihre Oma zu sehen. Coole Sache. So kamen wir über ein paar Bier ins Gespräch und machten für den nächsten Tag einen gemeinsamen Bootstrip aus. Gott sei Dank wollte Rebecca zu Jo laufen… Nach einigen Stunden verabschiedeten wir uns dann nach Hause ins Bett und freuten uns auf den nächsten Tag.

Mittwoch

Der Mittwochmorgen begann wieder in gewohnter Weise. Zunächst machten wir uns auf den Weg zur Ward-Round mit Dr. Evans. Hier hab es eigentlich nichts besonderes zu verzeichnen, nur eine Patientin, die auf dem Weg zum OP auf der Transferliege entbunden hat. Scheinbar hatte der Kleine doch keine Lust auf nen Kaiserschnitt und entschloss sich, den natürlich vorgegeben Weg zu nehmen. Kind gut, Mutter gut, alle zufrieden, alles bestens.

Auch im OPD war an diesem Tag nichts besonderes zu melden. Die alltäglichen Probleme wie Malaria, Typhus, Harnwegsinfekte und Bluthochdruck standen wieder auf dem Plan. Auch stellten sich einige Patientinnen und Patienten mit Kopfschmerzen und unkomplizierten Atemwegsinfekten (also Schnupfen) vor. Normalerweise keine große Sache, teilweise wird aber auf tendenziell unkonventionelle Therapien bestanden. Naja, wir können zwar etwas dazu sagen, aber wohl kaum ändern. Zu der Sache mit dem Bluthochdruck: Nach unserer Frage, ob man die Patientin nicht mal in einer kardiologischen Praxis vorstellen könnte, zog Dr. Evans seine Stirn in solche Falten, dass sie es mit jedem Waschbrett hätte aufnehmen können. Eine Kardiologie ist hier wohl sowas wie ein absoluter Super-Spezialist, mit Glück sind ein paar Praxen in Dar Es Salaam zu finden, aber im Inland, und vor allem in dieser Region, natürlich gar nicht. Soviel zu der Versorgungsstruktur hier.

Im Laufe des Vormittags wurden wir dann noch zu einem Notfall auf der Frauenstation gerufen. Hier wurde ein sechszehnjähriges Mädchen mit inkomplettem Abort vorstellig. Ob es wirklich so war oder nicht, war kaum rauszubekommen, allerdings meinte Dr. Evans, dass es tatsächlich recht häufig ist, dass der Abort selbst herbeigeführt wird und auch ebenso häufig schief geht. Eine wirklich schlimme Sache für die jungen Frauen. Physisch und vor allem psychisch unglaublich belastend, von den gesellschaftlichen Kosequenzen gar nicht zu sprechen. Kann man nicht anders sagen. Naja, zumindest musst dem Abort im Minor Theater nachgeholfen werden, auch das ist wieder alles andere als angenehm gewesen. Psychisch richtig scheiße, physisch schmerzhaft. Wirklich großer Mist, allerdings sind wir froh, dass sie damit ins Krankenhaus kam und nicht irgendwo an einer Sepsis verstorben ist. Egal wie man‘s dreht und wendet, man kann nichts daran schönreden.

An diesem Nachmittag stand unsere Bootstour mit Jo und den Jungs aus Moshi an. 20.000 TSH (ca. 8 €) kostete uns der Spaß, war aber das Geld allemal wert. Schon beim an Bord steigen sagte ich zu Rebecca, dass ich sowohl die Krängung als auch die Menge an Bilgewasser etwas bedenklich fand. Auch wurde der Außenbordmotor nicht – wie der Name schon sagt – außenbords ins Wasser gelassen, er wurde durch ein Loch im achternen Teil des Schiffsrumpf geschoben. Meiner Meinung nach, sollte da kein Loch sein, es sah auch nicht so aus, als ob es da vorgesehen wäre. Aber wir sind nicht gesunken und das Bilgewasser stieg auch nicht mehr als ohnehin erwartet. Nach dem Ablegen umrundeten wir erst eine kleine Insel, direkt vor unserer Bucht, etwas nördlich gelegen. Aufgrund des morgendlichen Regens war ein Besuch der Insel nicht möglich, die Anlegestelle war zu schlammig. Nach der Umrundung ging es weiter zu den Pomonda-Stones. Das sind die großen Felsen, die man auf mehreren meiner Bilder kurz vor dem Strand sieht. Dort konnten wir mit unserer zusammengeschusterten, etwas größeren Nussschale, auch anlegen, gingen auf die Felsen, Jo zeigte uns die sichersten Wege und so stiegen wir kreuz und quer über ebendiese. Am Ende wurden wir mit einem wunderschönen Sonnenuntergang belohnt und machten uns ab zurück an Land. Übrigens kam ich wieder mit Richard und co ins Gespräch. Sie fragten mich, wann ich Liuli verlassen würde und auf meine Antwort „Ende nächster Woche“ bot man mir an, mich mit dem Auto mit bis Arusha oder Moshi zu nehmen. Ein wahnsinns Angebot, so bleiben mir drei Tage Bus erspart, in denen ich eingepfercht in einem mehr oder minder vertrauenswürdigen Gefährt sitze, mein Leben in den Händen (und Füßen) eines Busfahrers, der vorher als „The Transporter“ unterwegs war. Außerdem wird quasi keine Pause für normale menschliche Bedürnisse eingelegt, selbst wenn, dann hat man in der Regel 3 bis 5 Minuten bis der Bus hupend einfach weiterrast. Also ist die Sache mit dem Auto deutlich angenehmer. Danke Jungs! Übrigens hat mir das Krankenhaus die letzten zwei Tage frei gegeben. Im Endeffekt stehen wir ja theoretisch Tag und Nacht zur Verfügung, tatsächlich war ich ja auch zwei mal Nachts im Krankenhaus. Danke dafür!

Übrigens war ich an diesem Abend wieder im Krankenhaus: Zum telefonieren laufe ich immer vor das Tor des Krankenhauses, dort ist der Empfang etwas besser und es gibt eine Sitzgelegenheit. Kurz bevor mein Gespräch beendet war, kam Damas vorbei und meinte, er wurde von geburtshilflichen Station angerufen. Ich entschloss mich kurzerhand ihn zu begleiten und so standen wir wenige Minuten später am Kreißbett einer (gar nicht mal so alt wirkenden) Patientin. Die Untersuchung ergab eine intakte Fruchtblase und 3 cm Öffnung, sollte es weitergehen, sollten sich die Pflegekräfte wieder melden. Aufgrund der häufigen vorausgegangenen Schwangerschaften (Gravida 6, Para 5) stand hier wieder das Schreckgespenst „Uterusruptur“ im Raum. Aber noch war alles gut und wir konnten den Heimweg antreten. Auch hier wurde meine Hoffnung, noch eine normale Spontangeburt zu sehen etwas zu Nichte gemacht. Aber egal, solange es Mutter und Kind gut geht, bin ich zufrieden. Nachdem ich Rebecca mitteilte, dass es wohl keine Spontangeburt sein wird, verabschiedeten wir uns beide in die Koje.

Donnerstag

Normalerweise sollte Donnerstags Morgens ein Gottesdienst im Krankenhaus stattfinden. Wir wurden schon mehrfach gefragt und dachten uns, dass wir einerseits nicht immer nein sagen könnten, und dass es andererseits auch sicher ne spannende Erfahrung ist. Nachdem wir mehrere Aussagen bezüglich der Uhrzeit, von 7 oder 8, bzw. 1 oder 2 in tansanischer Zeit, gehört hatten, fanden wir uns um 8 Uhr am designierten Platz zwischen Röntgen, Frauen- und Kinderstation ein. Dummerweise als Einzige. Mal wieder. Wie schon zwei Wochen zuvor. Schade. Also zurück zum Haus und noch schnell ne Tasse Kaffee rein.

Pünktlich ging‘s dann zum OPD, dort treffen wir uns wie jeden morgen mit Dr. Evans zum Beginnen der Runde. Nach wenigen Minuten sagte er, dass er kurz nach Hause müsste, ein paar wenige, aber wichtige, Dokumente abholen. In fünf Minuten gehts weiter. Naja, aus fünf wurden dann ca. 90, außer warten, und die Hühner und Hähne zu beobachten, die im Krankenhaus umher rennen, blieb uns kaum etwas übrig.

Als Dr. Evans dann zurückkehrte ging es direkt weiter zur Runde. Auch hier wieder nichts besonderes zu verzeichnen. Lediglich die Patientin, welche ich schon nachts zuvor sah, klagte über Bauchschmerzen. Dr. Evans war die ganze Nummer zu heiß, also wurde – wir ahnten es schon – die Patientin für einen Kaiserschnitt vorbereitet. Bei der Assistenz lies ich Rebecca den Vortritt, ich habe nächste Woche vielleicht nochmal die Chance zu assistieren, außerdem kann ich aufgrund meiner Augen eh nix mit chirurgischen Fächern anfangen, und fühle mich bei der Versorgung des Neugeborenen einfach sicherer bzw. wohler. Zugegebenermaßen kam dieses Kind wirklich sehr schlecht auf die Welt. Das bekannte Problem mit dem Ketamin machte der Kleinen wirklich zu schaffen und so konnte nur mit Absaugen, Stimulieren, Beatmen, wieder Absaugen usw. die notwendige Starthilfe gegeben werden. Gefühlt dauerte alles Ewigkeiten. Aber direkt: Das Kind ist aktuell wohlauf! Hier wird nach der Erstversorgung mit dem Kind in den Kreißsaal gelaufen. Dort wird es dann gemessen, gewogen, untersucht und in entsprechend bunte Tücher zu einem schönen Burrito verpackt. Nach der Versorgung des Kindes wollte ich dann wieder zurück zum OP, dort fiel auch direkt der Strom aus. Komischerweise immer dann, wenn Rebecca mit am Tisch steht. Aber die Sache mit der Korrelation und der Kausalität, ihr wisst Bescheid… Also nähen in einer Patientin, nur mit Licht aus den Seitenfenstern, das ist schwierig. Rebecca bot Dr. Evans direkt meine Kopflampe an, der stimmte nickend zu und ich musste meine Füße in die Hand nehmen und nach Hause sprinten. Problem: Regenzeit. Und natürlich hat es genau dann angefangen. Wie aus Kübeln. Aber egal, Licht ist wichtiger. Also nach Hause gesprintet, mit Regenjacke und Lampe wieder zurückgesprintet und triefend nass die Lampe am OP abgegeben. Glücklicherweise war Eli schneller. Eli ist der Elektriker und wohl schnellste Mann in Liuli. Powercut? Eli anrufen! Der sprintet dann zum Generator, wirft diesen an und dann gibts auch wieder Licht und Sauerstoff im OP. Aber es ist eben abhängig davon, wie weit Eli gerade weg ist. Also lieber einmal zu viel im strömenden Regen nach Hause rennen. Unglücklicherweise verlor unsere Patientin wirklich viel Blut und es war unserem OP-Team nur schwer möglich, die Blutungen zu stoppen. Wieder das Problem mit der fehlenden Absauge und dem fehlenden Elektrokauter. Trotz eines zeitweise Blutdrucks von 60/40 überlebte unsere Patientin und ist mittlerweile auch wieder fit. Übrigens hat sie nach der OP ein EK bekommen. EK steht für Erythrozytenkonzentrat oder einfach „Blutkonserve“. Ja, sowas gibts hier tatsächlich, allerdings ist das System ein anderes als bei uns: Damit ein:e Patient:in ein EK bekommen kann, muss ein Angehöriger einmal Blut spenden. Bei zwei EK, zwei Spenden. Und so weiter. Keine Angehörigen oder niemand der für einen spendet? Keine Transfusion.

Nach dem späten Mittagessen ruhten wir uns erst einmal etwas aus, am Abend wollten wir in den Ort um ne Runde Billard zu spielen. Irgendwann fanden sich noch Damas, Jo und die Jungs aus Moshi ein, und so hatten wir eine echt lustige kleine Runde. Unser Abendessen gabs zwar erst um 11, aber egal. Essen, Zähne putzen, Bett. Morgen ist ja Frühbesprechung.

An dieser Stelle noch ein kleines Bild, welches ich in einer Werkstatt im Laufe des Tages gemacht hab. Man beachte die Steckerleiste…

Freitag

Morgenbesprechung um 8 Uhr. Also um halb 9. Nachtreport in Englisch, Rest auf Swahili. Also alles wie immer. Rebecca wurde noch verabschiedet und am Ende ein paar Bilder gemacht. Soweit so gut.

Auch im OPD gab es keine Überraschungen, alles wie immer.

Auf unserer Runde fielen zwei Patientinnen auf: Zum einen die Patientin vom Vortag, der geäußerte Verdacht von freier Flüssigkeit im Bauch, welche auf eine Blutung hinweisen könnte, wurde glücklicherweise im Ultraschall ausgeschlossen. Also alles gut. Als zweites fiel uns eine 20-jährige Patientin auf, welche kurz vor der Spontangeburt stand. Rebecca und ich freuten uns, so bekam wir doch noch die Chance, den natürlich vorgesehen Prozess zu sehen. Dass es nicht so kommen würde, war uns noch nicht klar. Und nein, es wurde kein Kaiserschnitt gemacht. Noch vor Ende der Runde rief uns Gift an, wir müssten „jetzt, sofort“ in den Ort zum Tailor laufen. Dr. Evans schickte uns unverzüglich los, und so liefen wir in Kasak quer durch den Ort zum Schneider. Unsere neuen Klamotten waren fertig! Meine Sachen passten direkt, lediglich Rebeccas Rock war noch zu weit und wurde auch direkt angepasst. Auf halbem Weg zurück wurde uns die Regenzeit mal wieder zum Verhängnis. Auf einen Schlag fing es an zu Regnen wie aus Eimern, 15 m später waren wir schon nass bis auf die Unterwäsche, auch das Unterstellen unter der vorhandenen Vegetation war kaum mildernd. Da der Stoff, aus dem unsere neuen Kleider gefertigt waren, wohl sehr stark abfärben würden, mussten wir diese unter dem Kasak verstecken. Viel brachte es leider nicht, im Endeffekt war doch alles nass. Da wir so natürlich nicht zurück zum Dienst gehen konnte, liefen wie die paar hundert Meter weiter zum Doctor‘s House, um uns erstmal wieder auf trockenen Kiel zu legen. Fertig getrocknet, frisch umgezogen und mit der Frisur eines nassen Pudels ging es dann auch direkt zurück zum Krankenhaus. Dr. Evans war dort mit Damas im OPD beschäftigt, spannende Fälle gab es leider kaum, so endete unser, und vor allem Rebeccas letzter, Dienst, nicht lange nachdem wir wieder zurückkehrten.

Nach unserem Mittagessen sah Rebeccas Plan vor, zuerst nach der Patientin, welche kurz vor der Spontangeburt stand, zu sehen, danach kurz bei Sister Ethy Tschüss zu sagen und noch ein paar Dinge im Ort einzukaufen. Soweit so gut.

Unserer Patientin war mittlerweile bei 8 cm, Dr. Evans, welchen wir auf dem Weg trafen, meinte, wir sollten in ner halben, spätestens einer Stunde, wieder nach ihr sehen. Wir mussten kurz überlegen, ob es am sinnvollsten ist, zuerst einzukaufen oder zuerst nach unserer freundlichen Nonne zu sehen. Da wir nicht vollgepackt dort aufschlagen wollten, ging es zuerst zum Sisters House. Rebecca meinte schon am Tor zu mir, dass wir uns auf gar keinen Fall dazu überreden lassen sollten, noch reinzukommen, Tee zu trinken, oder uns im schlimmsten Falle sogar bekochen zu lassen. Der Plan hielt auch genau bis zu dem Zeitpunkt, an dem uns Sister Ethy – und nicht wie üblich Sister Bibi – die Tür öffnete, Rebecca freundlichst anstrahlte und uns mit einem „Karibu sana“ (also „Herzlich willkommen“) ins Gästezimmer verfrachtete. Natürlich konnte sie nicht nein sagen, sondern antwortete „Asante sana“ (also „Vielen Dank!“). Rebecca biss sich schon sprichwörtlich in den Arsch und das kurz folgende Geräusch des Handrührgeräts bestätigte unsere Vermutung, dass wir den Karren ordentlich festgefahren hatten. Die Minuten liefen ins Land, und trotz des Runterschlingens des wirklich leckeren Omelettes, sechs Kartoffeln und zwei Bananen, sowie das Hinunterschütten des kochend heißen Tees, konnte das unaufhaltbare Weiten des Muttermundes, und dem entsprechend gekoppelten Geburtsprozess, nur wenige Meter neben uns, kaum Einhalt geboten werden. Also alles schnell schnell, Nummern ausgetauscht, Bilder gemacht, drei mal „Auf Wiedersehen“ gesagt und direkt ins Krankenhaus gerannt. Es kam wie es kommen musste: Fünf Minuten vorher entbunden, Kind wohlauf, Mutter schon auf den Beinen und eine leicht geknickte Rebecca neben dem Säugling. Schade, aber jetzt können wir immerhin entspannt einkaufen.

Es wurde mal wieder Material für ne Guacamole und Chapati gekauft. Einerseits fürs Abendessen, andererseits als Proviant für Rebecca morgen. Alles recht unkompliziert. Die geliebte Ananas wurde an diesem Abend ein letztes mal gemeinsam am Strand vertilgt, zu Hause ging es dann ans Vorbereiten der Guacamole, danach wurde diese natürlich auch direkt gemeinsam, zumindest teilweise, zum Abendessen gereicht. Rebecca packte noch etwas und um halb 10 liefen wir noch einmal in den Ort, um vielleicht ein paar Leute zu treffen, und was zu trinken. Aber: Ort leer. Bordsteine hochgeklappt, alles dicht. Seeeehr ungewöhnlich, vor allem für einen Freitagabend. Aber egal, früh ins Bett zu gehen kann ja auch nix schaden.

Samstag

Ich bin mit Rebecca um 5 aufgestanden um sie zum Bus zu bringen. Alleine im Dunkeln mit zwei Rucksäcken ist schon doof, andererseits wäre ich vermutlich sowieso wach geworden. Also liefen wir um halb 6 in Richtung Ort, dort sollte der Bus um 6 abfahren. Dort angekommen waren wir natürlich die ersten, auch um 6 waren noch nicht so viele Menschen da. Der Bus kam dann um halb 7 und Rebecca stieg zusammen mit Jo in den rasenden Ritter. Nach ziehen an der Presslufthupe, prügelte der Fahrer den Gang ins Getriebe, und schoss auch schon los. Gute Reise!

Ich machte mich zurück nach Hause, frühstückte und wollte eigentlich noch lesen. Als ich zum dritten Mal über meinem Friesenkrimi einschlief, beschloss ich, dass das Bett doch die bessere Option wäre. Also wieder ab ins Bett und tatsächlich bis knapp 14 Uhr durchgepennt.

Nach dem Aufstehen konnte ich mein Mittagessen einnehmen. Monika machte mir „Chipsy Majaj“ und Typhussalat. Keine Ahnung, ob man das so schreibt, egal. Im Endeffekt sind das quasi Pommes in ein Omelette eingebacken. Sehr lecker! Danach machte ich außer ruhen, lesen und Blog schreiben bis zum Sonnenuntergang nix.

Zum Abendessen gab‘s dann mal wieder was neues: Es war kein Pfannkuchen. Aber auch kein Omelette. Irgendwie war es die fettige Variante irgendwo dazwischen. In Kombination mit Monikas Tomatensoße war es wirklich sehr sehr lecker!

Eigentlich wollte ich wieder früh schlafen, allerdings meldete sich Richard wieder, ob ich nicht in den Ort kommen wollte mit ihnen bisschen schnacken und Bier trinken. Fußbus bestiegen und zu den Jungs. Viel geredet, viel gelacht, nochmal Details bezüglich unserer Fahrt Ende nächster Woche besprochen und um 11 dann auch wieder nach Hause ins Bett.

Sonntag

Heute hab ich nicht viel gemacht. Außer sortieren, die ersten Dinge packen und natürlich Blog schreiben war nicht viel drin. Ich lade jetzt noch Bilder hoch und dann kann der Eintrag hoffentlich heute Abend hochgeladen werden. An alle, die bis hierhin durchgehalten haben: Herzlichen Glückwunsch, ihr habt 4.219 Wörter bzw. 27.089 Zeichen meiner wirren Gedanken gelesen. Danke für‘s durchhalten!

Ich lade jetzt Bilder hoch, werden allerdings nicht so viele. Sorry für viel Text und wenig Bilder. Gleich kommen auch noch zwei andere Studis mit dem Bus. Also irgendwann zwischen 13 Uhr und 17 Uhr sollte der Bus da sein. So genau weiß man das nie… Mittlerweile ist es fast 14 Uhr und es noch niemand da…

Bis die Tage!

Livingstone

Entschuldigt bitte den späten Eintrag… Die Woche war seeeeehr vollgepackt. Viel Spaß beim Lesen 🙂

An diesem Freitagmorgen stand leider der letzte gemeinsame Dienst im Krankenhaus an. Zumindest halb. Die Jungs sollten Sonntag den Weg nach Songea antreten, und dementsprechend nicht mehr am Montag für einen Dienst im Krankenhaus zur Verfügung stehen. An diesem Tag waren wir zunächst auf einer kleinen Visiterunde, außer einem Jungen mit Schlangenbiss und den viel vertretenen Erkrankungen, wie Malaria tropica, Typhus und Harnwegsinfekte, sowie einigen Schwangeren und Babys gab es hier keine Besonderheiten zu verzeichnen. Was hier allerdings wieder auffiel, ist der altbekannte Mangel an wirklich Allem. Aufgrund dessen, dass aktuell keine Einweginfektionsschutzhandschuhe zur Verfügung stehen, müssen für viele, nicht sterile Arbeiten, sterile Handschuhe genutzt werden. Nicht die beste Lösung, aber zu diesem Zeitpunkt eher alternativlos.

Im OPD erwartete uns ein 3-Monate altes Kind mit Nabelhernie, oder einfach „Nabelbruch“. Dieser war bei weitem nicht so groß, wie der Nabelbruch des Kindes ein paar Tage zuvor. Der Nabelbruch wurde mit einfachen Mitteln versorgt, hier: eine Münze und Pflasterklebeband, wieder ein Mangel an Mitteln und alternativen. Die Patientin soll in wenigen Tagen wieder vorgestellt werden. Ansonsten wurde uns wieder das defekte Röntgengerät zum Verhängnis, eine Frau mit Verdacht auf Handwurzelknochenfraktur konnte nicht geröntgt werden, also erst Gips, dann Röntgen sobald wieder verfügbar. Unkonventionell aber mal wieder alternativlos. Zudem wurde an diesem Tag eine kleine Fotosession mit dem Krankenhauspersonal gestartet. Ne coole Aktion, die Jungs wollen ein Fotoalbum von hier machen, wird sicher ne coole Sache!

Die Jungs haben zu einem großen Abschieds-BBQ eingeladen, viele der Menschen, die sie und wir kennengelernt haben, kamen, um die Jungs zu verabschieden. Jo bereitete allerhand Speisen und Gertänke vor, nach Einbruch der Dunkelheit wurde dann auch komplett aufgebackt und zusammen gegessen. Ungewöhnlicherweise war die Party für die meisten Gäste recht schnell vorbei, meine Vermutung ist, dass nicht nur die Müdigkeit der vergangenen Arbeitswoche, sondern auch diverse Getränke daran schuld hatten. Nachdem ein Gast, welcher mir lange etwas von Dingen erklären wollte, von denen ich eh nix verstehe (Partnerschaft mit Kirchen, anglikanische Kirche von Ruvuma und einer deutschen Partnerstadt), endlich unser Missverständnis lösen konnte, verabschiede auch er sich mit einer kleinen lustig-lallenden Rede nach Hause. Die Stadt, die er mir als Partnerstadt näherbringen wollte, war zunächst unverständlich. Dem angeheiterten Zustand, und der Artikulation eines feuchten Waschlappens geschultet, konnte des Rätsels Lösung erst durch eine Schreibmöglichkeit gelöst werden. Wer denkt auch, dass aus „Nuuuuuuu-Back“, oder „Wnuuulbal“, oder etwas wie „Luuuundak“, irgendwann „Würzburg“ wird. Ich wurde sogar gefragt, ob ich die Stadt kennen würde. Mit der Antwort „flüchtig“ wurde sich dann auch zufrieden gegeben, und selbstverständlich noch ein wenig Aussprach trainiert. Irgendwann kamen wir bei „Wuuuurburt“ raus, alle waren glücklich, Gast stolz wie Bolle. Die nächsten sechs Stunden waren eigentlich nur von uns Vieren, Jo und dessen Hund House/Hous/Hause/Haus geprägt. Musik. Quatschen. Sterne schauen. Könnte schlimmer sein, was?

Samstag

Der Samstag ist irgendwie schwer in Wort zu fassen. Eigentlich haben wir lange geschlafen und nichts gemacht, aber andererseits auch ganz viel. Die Jungs waren noch viel einkaufen – Proviant für die Reise. Auch hier habe ich mal wieder die wildesten Lastwagen gesehen. Ladunssicherung kidogo. Kidogo ist übrigens Swahili für „ein bisschen“. Es wurde fleißig gepackt, wir waren nochmal alle gemeinsam im Ort, damit sich die Jungs von allen verabschieden konnten und bei Jo am Strand. Ich schnappte mir mal wieder die Kamera der Jungs, tatsächlich sind noch ein paar coole Fotos entstanden. Nachdem sich Luca dann auch endlich von Jos Hund losreißen konnte, ging es zurück zum Haus (nein, nicht zum Hund), und es wurde ein letztes mal zusammen diniert. Das Essen war richtig gut an diesem Abend: Chipsies, viele Chapati und Guacamole. Das war richtig gut, schmeckte hervorragend und konnte fast den Schleier von Melancholie übertünchen. Immerhin war es unser letztes gemeinsamen Abendessen, vermutlich unsere letzte gemeinsame Mahlzeit. Für immer? Wer weiß. Aber sehr sehr sicher, die letzte gemeinsame im Doctor‘s House als Studis. Für immer. Danke für die tolle Zeit. See you soon, guys! Aber der Abend war ja noch nicht vorbei. Selbstverständlich gingen wir noch alle gemeinsam zu Michael‘s Sport Bar. Jonas Team, Borussia Dortmund, spielte. Schnell stand es 2-0, mit dem Endergebnis von 6-1 war, vor allem Jonas, wirklich sehr zufrieden, und nachdem dann eine von uns vieren auch wieder erwachte, konnten wir den letzten gemeinsamen Weg nach Hause antreten. Ich verschwand schnell ins Bett, die Jungs packten noch ein wenig, am nächsten morgen früh raus.

Sonntag

An diesem Tag konnte ich einen voreingestellten Wecker nutzen, welchen ich normalerweise nur brauche, wenn ich Frühdienst auf einer Rettungswache jww habe. Also viertel vor fünf. Sch***** früh, aber es sollte belohnt werden. Ich war der erste, war schnell duschen, Rebecca und die Jungs folgten sogleich. Rebecca und ich waren für halb 6 mit Jo zum wander verabredet, die Jungs mussten um viertel vor 6 aus dem Haus. Also konnten wir sie doch nochmal sehen, es gab ein paar Umarmungen und wir wünschten eine gute Reise. Leider war Jo eine halbe Stunde später, also mittlerweile 45 Minuten, noch nicht am Doctor‘s House. Vielleicht erinnert sich die ein oder der andere daran, dass ich 10.000 SMS gekauft habe. Leider nur 10.000 SMS und keine einzige Freiminute. Mist. Also warten. Kurz darauf tauchte Jo dann auch mit Motorrad und einem zweiten Taxi (also quasi nach ein Motorrad) auf. Scheinbar gab es ein Problem mit dem anderen Motorrad, aber was soll’s. Im Endeffekt stiegen Rebecca und ich jeweils auf eine Haojue-Maschine auf – dieses Motorrad fährt hier übrigens jede und jeder – und die Fahrt konnte starten. Wenn ich dem Tacho trauen kann, dann müssten wir mir 30 bis 40 km/h unterwegs gewesen sein, gerade genug für die schlechten Strassenverhältnisse. Immerhin war es einigermaßen trocken und dementsprechend kaum schlammig. Glücklicherweise erwies sich mein Fahrer als sehr sicher und gemütlich, sodass die Fahrt, ohne Sturz, nach circa einer halben Stunde, in Mango-Village endete. Jo deponierte dort irgendwas und dann sollte es langsam losgehen.

Noch bevor wir den ersten Schritt in Richtung Berg machten, fing es auch schon zu regnen an. Spannenderweise nur Nieselregen, sehr ungewöhnlich. Die ersten 300 Meter waren noch sehr entspannt, außer an einer großen katholischen Kirche fanden wir nix ungewöhnliches. Die erste „kleine“ Steigung hatte es aber schon in sich. 50% mal mindestens, und das auf einer Straße – natürlich von Motorrädern befahren. Ich sag’s wie’s ist: der Regen wurde immer mehr, die Straße immer schlechter und die geplanten zweieinhalb Stunden Aufstieg sollten auch nicht so wirklich vorbei gehen. Nach ca. eineinhalb Stunde erreichten wir den ersten kurzen Zwischenstopp, hier hatte Jo zwei Cola und Kekse, als erstes kleines Frühstück, vorbereitet. Allerdings wollte es nicht aufhören zu regnen. Jo zeigte dann irgendwann auf ein Haus in Sichtweite, und meinte, da könnten wir einkehren. Also mit großen Schritten ins vermeintlich Trockene. Dort angekommen wurden wir auch direkt hereingebeten, bzw. Ging Jo einfach rein – er kannte die Leute wohl. Er während unserer Pause an der Kochstelle kam raus, dass Jo die Familie nicht kannte. Die Menschen hier sind einfach so unglaublich gastfreundlich, verrückt. Und was gehört zu Gastfreundlichkeit in Tanzania immer dazu? Exakt! Zum Essen einladen. Deckel hoch, rosa, dankend abgelehnt.

Nach einer halben Stunde Besuch bei Unbekannten wurde das Wetter zwar besser, der Weg dafür umso schlechter. Bevor wir zum Ende des Aufstiegs kommen, mag ich einfach ein paar von ebendiesem zeigen…

Als die Strecke dann doch etwas besser wurde, verschwand Jo einfach im Wald, wir folgten auf einem Weg, der diesen Namen kaum verdient hat. Nach kurzer Zeit machten wir wieder halt, mal wieder bei einer Familie und ich brauchte erst einmal einen Moment um festzustellen, dass wir schon da sind. Das ging dann ja doch recht flott. Wir konnten unsere Sachen dort lassen, regennasse Kleidung wurde aufgehängt und kurz darauf führte uns Jo zum endgültigen Ziel: Es ging mal wieder über „Wege“, quer durchs Gestrüpp an Abhängen vorbei zu Felsen. Auf den kleineren der Felsen Namen wir erst einmal Platz, wurden alleine gelassen, denn Jo ging zurück um unser Frühstück vorzubereiten. Frühstück ist vielleicht der falsche Begriff, es war mittlerweile fast zwölf, die Verzögerung am Morgen und die längere Pause waren verantwortlich. Aber alles kein Problem. Nach einiger Zeit kam er zurück mit einer Schüssel  Shakshuka. Ich muss schon zugeben, dass es das beste Frühstück seit meiner Abflug – und vermutlich auch einige Zeit davor – war. Wirklich lecker! Mal keine feinen Reisbällchen… Natürlich wurden auch hier noch ein paar Bilder gemacht, es wurde eine kleine Runde unternommen und noch mehr Bilder gemacht. Der Nebel lichtete sich von Zeit zu Zeit und gab irgendwann einen überwältigenden Blick auf die Livingstone-Mountains und den Lake Nyasa frei. Wunderschön. Und da Bilder mal wieder mehr sagen als tausend Worte, findet ihr natürlich welche hier:

Der Weg zurück ins Tal sollte ein anderer sein als der Hinweg. Jo meinte, der Weg wäre gut zu gehen, da es nicht regnen würde. Ungeachtet dessen, dass es auf dem Weg nach oben geschifft hat spielte dabei scheinbar keine Rolle mehr. Vertrauensvoll folgten wir so unserem Führer und wurden auch direkt mit einem wirklich wirklich guten Weg belohnt. Zumindest für die ersten gut 20 Minuten. Danach wurde es schlimmer. Der Weg glich mehr einer trockenen Klamm, an die Wassermassen, die hier bei starkem Regen runterkommen möchte man teilweise nicht denken. Zumindest ist der Weg dermaßen von Wasser ausgewaschen, dass es durchaus schwierig war, nicht in einem ganzen Schlitz am Stück zu verschwinden. Nichts desto trotz war die Aussicht wirklich grandios! Naja, der Weg wurde immer schlechter, und ich fragt mich immer mehr, wie es sein kann, dass laufend Spuren von Weidevieh zu sehen waren. Scheinbar ist es wirklich eine Hauptstraße, zumindest für Kuhdrift und dergleichen mit anderen Tieren wie Ziegen. Aber als Feuerwehrler kenne ich natürlich die GAMS, und da weiß man natürlich, dass das überall geht. Immerhin war alles trocken, wenn es nicht trocken gewesen wäre, hätte wir uns genau so gut auf nen Arschrutscher setzten können und den gesamten Berg nach unten rodeln können. Klingt wie ne wilde Mischung aus Kindheitserinnerungen vom Idarkopf und dem Wacken 2017, allerdings klingt es auch viel mehr Schädel-Hirn-Trauma und Rippenserienfraktur. Also doch gut, dass es einigermaßen Trocken war. Der schlechte Weg machten irgendwann meinem rechten Knie und linken Knöchel durchaus zu schaffen. Das Knie hielt sich echt wacker, außer einem intermittierenden Ziehen war es heile, nur mein Knöchel war irgendwann echt floppy. Keine Ahnung, ob „Floppy“ ein Wort ist, aber ich denke, dass jeder weiß was ich meine. Es fühlte sich an, als ob ich Bänder aus Bungeeseil hätte, meine unglaublich guten Augen, und das dementsprechend gute Einschätzen von guten Auftretestellen, erledigten das übrige. So lag ich fünf mal auf meinem Rucksack, wie ein kleiner Käfer auf dem Rücken. Hier hat der Dschungel seine Vorteile, denn man fällt eigentlich immer weich. Nur die latente Angst vor Schlangen und dergleichen lässt einen wirklich schnell wieder aufstehen. Besonders klasse war, als ich es schaffte innerhalb von drei Metern zwei mal im Wald zu liegen. Klingt lustig, ist es im Nachhinein auch, in der Situation kam ich mir echt verarscht vor. Und das von meinen eigenen Knöcheln! Der weitere Rückweg verlief bis eine halbe Stunde vor Mango-Village auch absolut problemlos. Und wie es sich für eine schöne Geschichte gehört, ist eine Rahmenhandlung nicht schlecht. Fing mit Regen an, also muss es auch mit Regen aufhören: Ein Tropfen fiel, also sofort Rucksack vom Rücken gerissen, Jacke mit einem Klettband gelöst und direkt angezogen. Bis dahin war ich aber schon komplett durch nass. Natürlich. Wie auch sonst. So ist das hier. Wenn der erste Tropfen fällt ist es zu spät. Immerhin waren wir schon aus der Kuhdrift raus, der restliche Weg war eigentlich ganz gut. Wenige Minuten nach dem Regen bog Jo wieder auf ein Grundstück ab, dort stand eine Art Pavillon unter der wir uns unterstellten. Das erkaltete Feuer wurde wieder angezündet. Und auch hier: Nein, Jo kannte die Menschen nicht. Jedoch wurden wir auch hier wieder herzlichst empfangen, wir schlugen das Angebot aus, mit nach Innen zu gehen. Daraufhin wurden eben die Möbel von drinnen nach draussen gebracht und wir saßen auf Stühlen um das Feuer bis der Regen aufhörte. Genauso schnell wie es anfing, so schnell hörte es auch wieder auf. Wenige Minuten später kamen wir wieder an der Kirche raus, noch 300 Meter und dann sind wir zurück in Mango.

Dort sollte uns eine warme Mahlzeit erwarten, sehr sehr lecker! Zu meiner Freude war es mal nicht rosa, den Spinat lehnte ich dennoch dankend ab. Zu meiner größten Freude wurde am Ende noch Nanas (Swahili für Ananas) gereicht, die sind wirklich nirgends so gut wie hier. Was mache ich in Deutschland ohne meine tägliche Ration? Keine Ahnung. Unserer kleinen Runde gesellte sich irgendwann ein Herr im geschätzten Alter von 60 zu uns. Er redete wie ein Wasserfall, Mix aus Swahili mit Jo und Englisch mit uns. Ein wirkliches System war in seiner Erzählung nicht zu erkennen, es wurde auch immer lauter und trotz Jos böser Blicke lies der Mann keine Ruhe. Ich versuchte mich irgendwann auf das Gespräch zu konzentrieren, aber irgendwie wurde mir nicht gänzlich bewusst, was er von mir wollte. Es ging zumindest irgendwie um (s)eine Farm, Ananas, und Verbrechen eines Menschen, den ich wohl kennen sollte. Kurz vor der Abfahrt lieferte uns dann Jo des Rätsels Lösung, weshalb wir mit wirrem Zeug vollgelabert wurden. Der Besucher hat einen Freund namens „Rider“. Rider ist wohl die Spirituose, vor der der alte Röhrich seine Jungs Werner und Eckhard beim Schnapsbrennen gewarnt hat. Vermutlich ist Methyl leckerer und gesünder als diese Brühe. Aber es ist irgendwie trotzdem die einzige halbwegs vertrauenswürdige Spirituose weit und breit. Mag aber vielleicht auch daran liegen, dass es die einzige ist.

Der Rückweg verlief fast problemlos, aufgrund des Regens mussten wir einmal absteigen und das Motorrad den Schlammberg nach oben schieben, aber ansonsten schön langsam und vor allem sturzfrei. Zugegebenermaßen etwas erstaunlich, wenn man die unglaublich schlammige Straße in Kombination mit den aalglatten Reifen bedenkt. Aber umso besser.

Zurück am Doctor‘s House plagte mich mein Knie dann doch etwas mehr, keine Ahnung, aber alles gut. War übrigens nach zweieinhalb Tagen wieder komplett weg. Heute, wie an jedem 19., sollte noch ein Markt sein. Zunächst liefen wir im Ort zum eigentlichen Marktplatz, etwas stutzig wurden wir, dass der Ort wie leergefegt erschien und auch auf dem Marktplatz nicht wirklich von Menschenmassen zu reden war. Also zurück zur Kreuzung. Einfach mal den ganzen Menschen entgegen, die aus Richtung Flughafen kamen. Und tatsächlich: Nach ein paar Hundert Metern, auf der linken Seite, ein großer Markt. Hier wird alles angeboten: Von Kleidung und Schuhen, über Stoffe, Haushaltswaren, rohen, mehr oder minder rohen und gekochten Lebensmitteln bis hin zu ganzen und halben Tieren. Tot und Lebendig. Menschenmengen, es wird wild gehandelt, rumkrakelt und eingekauft. Sehr spannend! Nach dem Kaufen einer Gewürzmischung für 2.000 TSH (80 ct) und einer unglaublich leckeren – oh Wunder – Ananas (1.000 TSH = 40 ct), ging Rebecca nach Hause und ich humpelte hinterher. Nicht selten hörte ich „pole sana“. Ich benutze das auch häufig, im Krankenhaus, wenn ich schwer kranken Menschen gute Besserung wünsche. Und mal wieder was zum Thema Pünktlichkeit hier: Offiziell schließt der Markt um 18:00 Uhr. Selbst um halb 7 kamen uns noch einige Bekannte entgegen, die noch auf den Markt zum Einkaufen gingen. Solche Zeiten sind hier eher Anhaltspunkte, mehr nicht.

Der weitere Abend war nur von Essen und Zubettgehen geprägt. Alles eher unspannend.

Das war‘s mit der Woche. Die jetzige Woche ist schon in Mache, allerdings ist so viel passiert und wir waren so viel unterwegs und im Krankenhaus, dass ich nicht zum Schreiben kam. Tut mir leid, aber es kommt alles!

Ich schreibe jetzt mal am Eintrag der Woche weiter und wünsche schon mal ein schönes Wochenende!

Bis dann!

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