7.282 km von zu Hause entfernt

Schlagwort: Reise

Moshi

BRK Rettungswache 07, Sauerlach, Deutschland // 12:00 Ortszeit

Nach sehr langem warten komme ich endlich wieder dazu, die letzten Einträge zu schreiben. Aktuell hab ich viel viel um die Ohren und die Zeit fehlt ein wenig, aber ich schreibe noch alles fertig. Wird auch nicht mehr so viel!

An diesem Mittwochmorgen war ich doch ziemlich früh wach. Wieso? Kein Plan. Vielleicht war mein Körper noch an die Safari gewohnt, andererseits sollte man doch denken, dass bei der Konstruktion unseres Körpers „Schlafmangel“ und „erst wachwerden, wenn das Schlafbedürfnis gestillt ist“ ein Rolle gespielt hätten. Scheinbar nicht, also zu früh wach. Wieder einschlafen hat natürlich auch nicht funktioniert, also einfach wach geblieben und etwas Buch gelesen. Auch gut.

Um neun klingelte dann auch schon mein Wecker, ich bin mal auf und unter die Dusche. Einstellungsmöglichkeiten weiterhin nur „heiß“ und „extrem heiß“. Ich entschied dafür, den Duschkopf, der mich offensichtlich zum Brühwürstchen verwandeln wollte, einfach abzuschalten. Ich hab keine höhergradige Verbrennung und Strom spare ich auch noch.

Nach der Dusche freute ich mich auf ein tolles Frühstück. Allerdings war mir nicht mehr so ganz im Gedächtnis, wie schlecht das Frühstück doch war. Man servierte mir drei Scheiben Weißbrot, die durch den Toaster eher zu Zwieback wurden, dazu ein eher geschmackloses, halb flüssiges Omelette und eine große Frenchpress mit extrem ekligem Kaffee. Milch gab’s natürlich keine, nicht mal das Modell „Pulverkuh“ war vorhanden. Also zwei halbe Tassen Ekelbrühe runtergewürgt, besser als nix allemal, und ein wenig Kaffee kann auch nicht schaden. Mein Zwieback hab ich auch ohne alles gegessen. Mit Absicht. Auf die Marmelade, in der scheinbar immer was anderes drin ist, hatte ich genauso wenig Lust wie auf die „Butter“. Wieso beides immer unterschiedlich schmeckt ist mir ein Rätsel, mit beiden Gefäßen ist es sehr einfach den Buchstaben „E“ und die Zahlen 1 bis 999 zu lernen. Sind scheinbar alle vertreten. Wie es technisch möglich ist, dass dennoch alles immer unterschiedlich schmeckt, dass ist und bleibt wohl ein Rätsel.

Um halb elf wollte ich meinen weiteren Tag planen. Richard und Liber hatten was von den Materun Wasserfällen und heißen Quellen erzählt. Klang spannend. Als Liber dann den Preis für die „Hot Springs Tour“ nannte, wurde mir kurz schlecht. Auch wenn eine Verpflegung, die Autofahrt und der Eintritt inclusive sein sollten, dann waren 200.000 TSH (also gute 77 €) einfach zu viel. Auch 160.000 TSH (≈ 61 €) für die andere Nummer wollte ich nicht ausgeben. Also sagte ich Liber ab und meldete mich wieder bei Elias, einem der Jungs von der Safari am Vortag. Der meinte, er hätte einen Fahrer (für 40.000 TSH) aufgetrieben, der Eintritt für die Hot Springs würde 10.000 TSH pro Nase betragen. Klingt gut, zugesagt, um halb zwölf sind sie da.

Afrikanische Pünktlichkeit. Ich muss glaube ich nichts mehr dazu sagen, über eine halbe Stunde später rollte wieder das kleine silberne Gefährt von gestern vor. Die hinteren Türen klemmen immer noch, die Linke geht jetzt gar nicht mehr auf, die Rechte nur mit Müh‘ und Not. Aber es fährt. Auch wenn man auf den Kunstledersitzen unglaublich schwitzt, alles besser als zu Fuß oder zu viel Geld ausgeben. Eine Dreiviertelstunden ging es quer durch Moshi, dann über eine Art Schnellstraße und schließlich noch eine ganze Weile über eine Offroad-Piste. Vor allem die Brücken sind spannend: Erstmal sind sie gefühlt zu hoch um die offenen Kanäle bzw. Gräben zu überqueren. Sollte das Wasser bis ganz nach oben stehen, dann bräuchte man schon ein Fahrzeug mit einer Wattiefe von mindestens einem Meter. Da die Brücke oben extrem kurz ist, brauchte es auch einen riesigen Rampenwinkel, sodass eigentlich nur noch ein Unimog oder vergleichbares in Frage kommen würde. Denkste. In Tanzania geht auch ein silberner Kleinwagen, auch wenns am Bodenblech ab und an richtig böse kracht.

An den Hot Springs wurde ich von Elias schmal angeschaut, weil ich nichts dabei hatte. Er und seine Schwester hatten Badesachen dabei, sie wollten es den Unmengen an weißen Touris gleichtun und in der heißen, glasklaren blau-türkisen Brühe baden. Schaut eigentlich wunderschön aus, wirklich. Interessanterweise waren deutlich weniger Instagram-Influencer-Arsch-in-die-Kamera-Mädels da als erwartet, aber die kann ich eh nicht besonders leiden um ehrlich zu sein. Elias konnte es sich nicht nehmen ins Wasser zu gehen, ich hatte natürlich nichts dabei. Einerseits hatte ich’s total verplant mal nachzusehen, was diese Hot Springs eigentlich sind, und andererseits wäre ich sowieso nicht rein. Heiße, stehende Gewässer, in denen sich viele viele Menschen aufhalten? Klingt für mich sehr nach Wurmerkrankungen, Amöbenruhr, Schistosomen und sonstige lustige Parasiten, die gerne außerhalb meines Körpers bleiben können. Zum Blog schreiben hatte ich dummerweise auch nichts dabei, also musste ich mich mit meinem E-Book auf meinem Handy und meinem Notizbuch zurechtfinden. Aber das hab ich ja lange genug trainiert.

Passend zu den extrem gewagten Sprüngen von einigen Einheimischen, die damit scheinbar ihre Paarungsbereitschaft signalisieren wollten, unterhielt ich mich lange mit Elias über Rettungsdienst, Studium und co. Ich konnte noch ein paar Kontakte vermitteln und wir lachten wirklich viel. Der Humor? Wie gewohnt sehr schwarz, aber schwarz ist ja bekanntlich meine Lieblingsfarbe.

Irgendwann tauchte Paulo, unser Fahrer, wieder auf. Er hatte scheinbar noch ein paar andere Termine und würde gerne nach Hause fahren. Ja, kein Problem, Elias aus dem Wasser bekommen und dann nach Hause. Er erzählte mir ein paar wirklich spannende Dinge, wobei es sich bei einigen gelohnt hätte, sie ein paar Tage früher zu hören: Vor allem Paviane interpretieren den Gesichtsausdruck ihrer Kontrahenten. Also böse schauen, alles gut. Schaust du freundlich oder ängstlich, dann bist du deren Opfer. Also Mama, schau: Ist manchmal doch gut, wenn ich grimmig aussehe! Aber egal. Sollte der Pavian einem gegenübersitzen, dann ist das Schlagen ins Gesicht, wie gestern geschehen, die schlechteste Option. Gib ihm was er will, dann kommst du ungeschoren davon. Wäre gut zu wissen gewesen, ich hoffe ich brauche das Wissen nicht so schnell wieder. Außerdem erzählte er uns, dass seine Farm zwischen sechs und zehn Kilometer vom Tarangire Nationalpark entfernt wäre. Da sich wilde Tiere, in diesem Falle Elefanten, nicht an die Grenzen halten, wäre es wohl ganz normal, dass er ab und an von ebendiesen Besuch bekäme. Klingt gut, ist es aber nicht. Die Tiere zerstören einiges seiner Farm, klassischer Wildschaden sozusagen. Zum Wiederaufbau zerstörter Bereich gäbe es einen nationalen Hilfsfont, der auch gar nicht so klein wäre. Außerdem hat er als Kind schon auf Kuhherden aufpassen müssen, ein guter Freund von ihm hat einen Löwenangriff überlebt und er ist bei einem Angriff geradeso davongekommen. Eine etwas andere Kindheit also die, von Justus aus Grünwald.

Die Rückfahrt war deutlich rasanter als der Hinweg. Hat allerdings nix gebracht, die Polizei stoppte uns. Paulo ist scheinbar an „meinem“ deutschen Verkehrszeichen 267 vorbeigefahren. Ein rotes Schild, darin ein weißer dicker Querbalken. Heißt auch in Tanzania „Einfahrt verboten“, hat er trotzdem gemacht, scheinbar eine beliebte Abkürzung. Kurz wars, aber auch teuer. Dumm gelaufen, aber dafür können wir ja nix. Abgesetzt wurde ich wieder im Hotel und wir vereinbarten ein gemeinsames Abendessen in der Stadt.

Eine Lokal hatte ich eigentlich schnell gefunden. TripAdvisor hilft da tatsächlich immer recht gut, zumindest in die touristischen Regionen. Ein Indisches Restaurant sollte es werden, da hatten wir alle Lust drauf. Es wunderte mich kaum, dass ich zur vereinbarten Zeit alleine dort stand, immerhin blieb mir noch kurz Zeit um die Toilette zu besuchen. Mein Bauch war irgendwie unglücklich, ob indisches Essen jetzt eine gute Idee ist? Keine Ahnung, aber was soll’s. Interessanterweise brauchte man dort den Schlüssel nur für das europäische Klo. Das afrikanische bzw. indische Modell ist frei zugänglich und auch nicht abschließbar. Wieso es so ist? Keine Ahnung. Ich hab lange überlegt, kam aber zu keiner Erklärung.

Ich aß als Vorspeise eine Portion Pommes, wobei es „Knoblauch mit Pfeffer, dazu ein Hauch von Kartoffelstreifen“ besser getroffen hätte. Aber war sehr lecker. Auch mein Hauptgericht war wirklich fein, auch wenn ich nicht so genau weiß, was es wirklich war. Ein Kilimanjaro und eine Tablette Buscopan als Nachtisch, dazu lange geredet und als sich die Nacht endgültig über Moshi legte, beschlossen wir, den Heimweg anzutreten.

Da ich einerseits wenig Lust hatte zu Fuß zu gehen, andererseits ein wenig von Bauchschmerzen geplagt wurde und zudem die Sicherheit nachts nicht so richtig einschätzen konnte, entschloss ich mich ein Bajaji zu organisieren. Den ersten herangewunken, Zeil erklärt und nach dem Preis gefragt. Als er 18.000 TSH (≈ 7 €) ansagte, lehnte ich dankend ab, sagte es seien nur fünf Minuten und wollte den nächsten anhalten. Er merkte scheinbar, dass ich es ernst meinte, sagte erst 10.000 und fragt dann, was ich denn bezahlen würde. 2.000 TSH gibts, mehr nicht. Fünftausend? Nein, ich suche mir sonst jemanden. Er lenkte bei 3.000 ein und fuhr mich nach Hause, wo ich innerhalb von 3 Minuten ankam. Im Endeffekt hat er immer noch ein gutes Geschäft gemacht, aber ich lasse mich dort nicht mehr über den Tisch ziehen.

Im Hotel angekommen bin ich nur noch ins Bad und danach in die Falle. Zu früh, aber mir ging’s nicht sonderlich gut.

Wirklich gemacht hab ich am Folgetag nichts. Ich bin um halb sieben wachgeworden, nur um direkt wieder einzuschlafen. Um halb zwölf klopfte die Hoteldame mal an meiner Türe, und fragte ob alles okay wäre. Vielleicht weil ich das Frühstück ausgeschlagen hatte. Keine Ahnung, aber es war eine nette Geste.

Am Abend musste ich dann aber einfach raus, Stimmung heben, außerdem was essen. Kaum vor der Tür stieg meine Laune auch signifikant. Ein blinkender, Lichthupe gebender Noah kam die Straße angerauscht, Richard am Steuer. Dieser hatte sogar Geburtstag an diesem Tag und lud mich abends in die Mzungu Bar ein, ein Angebot, welches ich gerne annahm, an diesem Tag konnte ich positive Stimmung wirklich sehr gut gebrauchen. Außerdem empfahl mir Richard die Maembe Bar, direkt ums Eck, zumindest wenn ich was zum Abendessen haben wollen würde. Er hatte auch überlegt mich bei seiner Familie zum Mittagessen einzuladen, aber ich hätte sicher zu tun gehabt. Leider nicht, aber konnte ja niemand wissen.

Das Essen in der Maembe Bar war recht gut, nichts was mich vom Hocker gerissen hätte, aber auch nicht wirklich schlecht. Lediglich ein Teil des Burgers schmeckte wie der Biss in einem Mehlsack, aber ich bin ja Kummer gewohnt. „Kilimanjaro ndogo baridi moja“ dazu, 23.000 TSH, also knapp zehn Euro gezahlt und im dunkeln wieder ans Hotel. Mal wieder Bauchschmerzen, was ein Mist. Lieber mal noch ne kurze Runde schlafen, vielleicht wird’s dann besser.

Klassiker: Aus „ach ich mach nur ne halbe Stunde Powernap“ werden dann knapp drei. Egal, schnell was angezogen, und innerhalb von fünf Minuten in der bekannten Mzungu-Bar gewesen. Liber und Jimmy sitzen dort, Richard allerdings nicht mehr. Er hat sich vor nicht allzu langer Zeit schon verabschiedet. Schade, aber dann trinke ich zumindest hier ein Bier. Natürlich lief – oh Wunder – Fußball und später auch noch was anderes: Wrestling. Liber erzählte lachend, dass Jimmy bis vor kurzem dachte, es wäre komplett ohne Skript und 100% real. Man schaut es dort dennoch gerne, wobei ich mich dann für Fußball entscheiden würde.

Es war bestimmt fast Mitternacht, da kam Liber, meinte, er müsse einen Auftrag seines Bruders ausführen, nämlich mich zu entführen. Ins Amuzz, wohl der Club in Moshi schlechthin. Naja, was soll ich sagen. Bin kein Clubgänger, aber wenn Richard Geburtstag hat und sich wünscht, dass ich mit ihm dorthin gehe, dann mach ich das natürlich. Als dann Liber mit einem VW T2 Bus vorfuhr um mich dorthin zu bringen, da konnte ich ja nicht mehr nein sagen. Auch wenn der Bus sicher nicht original aus deutscher Produktion stammte, und afrikatypisch etwas verbastelt ausschaut war es dennoch ein tolles Gefährt. Der Start verlief etwas holprig, aber Liber lenkte den Bus recht sicher zum Amuzz.

Dort angekommen dachte ich, wir würden einen normalen Parkplatz suchen, so wie man’s von deutschen Veranstaltungen gewohnt ist. Und natürlich ging ich davon aus, dass wir irgendwo in der Walachei parken müssten, weil’s vor Ort nichts mehr gäbe. Falsch gedacht! Wir stellten uns vor das Tor des Amuzz, Liber machte das, was hier jeder macht, wenn er reingelassen werden will: Er hupt einfach. Einfach auf die Hupe und nicht mehr loslassen bis jemand öffnet. Hat sogar funktioniert, es kamen uns zwar zwei andere Fahrzeuge entgegen, es wollte natürlich mal wieder niemand platz machen, und so standen wir mit drei Autos, alle hupenderweise, uns gegenüber und warteten, dass irgendjemand was macht. Nach einer gefühlten Ewigkeit von Hupen und Sirenen konnten wir dann einfahren und bekamen einen Parkplatz zehn Meter vor dem Eingang.

Drinnen winkte Richard sofort eine Bedienung herbei und orderte Bier. Was die Getränke im Amuzz kosteten kann ich leider nicht beurteilen, ich habe nicht ein Getränk bezahlen müssen. Dann mal trinken für lau, hat auch was. In diesem Club läuft natürlich auch Fußball, wie überall in diesem Land. Es ist einfach verrückt. Außerdem gibts Billardtische, einen großen Grill, viele viele Sitzmöglichkeiten und eine Handvoll Bars. In der Mitte steht eine Bühne, anscheinend gibts da auch ab und an mal Livemusik, ansonsten nur einen DJ und Karaoke Ausrüstung. Zu Karaoke hab ich mich nicht breitschlagen lassen. Mein musikalisch-stimmliches Talent hält sich dann doch in Grenzen, in Kombination mit meinen Swahili-Kenntnissen wäre es doch sehr sehr peinlich geworden. Also halte ich mich lieber an nem Bier, als an nem Mirkophon fest, und schaue weiter den Anderen beim „Singen“ zu. Mit „den Anderen“ sind hier vor allem Weiße gemeint. Hier sind wirklich unglaublich viele weiße Menschen im Club, laut Richard wäre das Amuzz auch eine Art Treffpunkt für alle weißen Menschen aus Moshi und eigentlich der gesamten Region. So kam ich mit diversen Menschen ins Gespräch, nicht nur mit jungen Leuten aus Tanzania, auch habe ich mich mit vielen aus Skandinavien unterhalten. Wirklich spannend, wen man so alles trifft.

Ich glaube es war halb vier als Jimmy los wollte. Im Auto angekommen verfrachtete sich Jimmy auf die Rückbank und Liber meinte, es wäre noch viel zu früh um nach Hause zu fahren. Da gebe ich ihm durchaus recht, und deshalb meinte er, wir würden jetzt mal noch „richtig feiern“. Meiner Meinung nach haben wir schon richtig gefeiert, aber ich lies mich einfach mal drauf ein. Jimmy schlief sowieso direkt ein, also konnten wir auch einfach zu zweit weiter losziehen.

Liber stoppte den kleinen grünen T2 Bus vor dem „Red Stone“. Wer an Minecraft denkt muss enttäuscht werden, hierbei handelt es sich um einen weiteren Club. Tanzaniatypisch befand sich direkt davor auch ein Grill, ich hatte wirklich Hunger und bestellte einmal Chipsy ohne alles. Nach ein paar Minuten wurde mir ein durchaus kleiner Teller mit ein paar Chipsy gereicht, der junge Mann verlangte 5.000 TSH. Tatsächlich recht viel, aber ich hatte sowieso noch einiges an Bargeld dabei, Hunger hatte ich sowieso und im Vergleich zu deutschen Preisen ist’s immer noch ok. Liber sah das Ganze leider etwas anders, und explodierte förmlich vor dem Stand. Ich habe nicht wirklich verstanden, was er dem jungen Mann an den Kopf geworfen hat, aber freundlich war es sicher nicht. Die Ganze Nummer wurde gekrönt, indem Liber die Chipsy postwendend über die Theke zurückfeuerte, ungeachtet dessen, dass ich immer noch von Hunger geplagt wurde. Er hätte sie ja weder essen noch bezahlen müssen, fühlte sich aber dennoch irgendwie angegriffen. Egal, wir gingen direkt in den Club, auch wenn wir schnurstracks zum VIP-Bereich geführt wurden, gab es dort nur Bier und sonstige Getränke. Kein Essen. Also Niklas hungrig.

Mein Hunger konnte auch durch eine Handvoll Getränke nicht gestillt werden, zumindest machten wir uns gute zwei Stunden später auf in Richtung Bett. Am Bus angekommen schlief Jimmy immer noch tief und fest darin, ich weiß nicht ob er überhaupt mitbekommen hat, dass wir unterwegs waren. Im Bus drehte Liber den immer noch steckenden Schlüssel im Schloss um, der Anlasser verrichtete kreischend seine Arbeit, allerdings ohne Erfolg. Es wurde georgelt und gedreht, geflucht und ausgestiegen. Aber half alles nix, die Kiste blieb aus. Jimmy? Pennt. Liber kam irgendwann auf den Trichter, dass es wohl an Kraftstoff fehlen würde. Ja klar, es musste ja irgendwann mal so kommen, dass ich mit einem Auto liegenbleibe. Morgens um sechs in Moshi ist jetzt nicht mein favorisierter Zeitpunkt, aber ändern konnte ich’s nicht. Es wurde ein Boda-Boda bestellt, ich wurde nach 20.000 TSH gefragt – übrigens dem einzigen Geld, was ich an dem Abend ausgegeben habe – und Liber wurde schon abgeholt. Ich wartete alleine mit einem schlafenden Jimmy im Bus. Schon ein wenig komisch, so nachts alleine in nem alten T2 Bus, ein schlafender, schnarchender Mann auf dem Rücksitz und der Fahrer auf nem Moped unterwegs um Sprit zu kaufen.

Liber zurück, Sprit im Bus, Schlüssel rumgedreht, Bus läuft. Also scheinbar doch alles gut und nichts kaputt. Es wurde mal wieder extrem wenig getankt, ich wusste auch nicht so genau, wo wir waren, und ich machte mir ernsthaft sorgen, ob wir überhaupt zum Hotel zurück kommen würden.

Am Hotel angekommen versperrte uns mal wieder das Tor die einfahrt. Ich ahnte es schon: Auf die Hupe gehauen bis sich was rührte. Die arme Frau vom Hotel sah schon etwas genervt aus, wobei ich mittlerweile der Meinung bin, dass sie einfach nur verschlafen war. Sie öffnete uns, Liber kippte mich vorm Hotel ab, ich ging direkt ins Bad, Zähne putzen und danach gleich ins Bett.

Mein Wecker rief mich um neun Uhr dreißig an. Das Frühstück wollte ich schon nicht verpassen, also schälte ich mich um kurz vor zehn aus der Koje und wackelte in Richtung Frühstück. Die Dame, die mir vor einigen Stunden das Tor öffnete war scheinbar überhaupt nicht sauer oder genervt von mir, sie begrüßte mich wirklich freundlich und brachte mir Frühstück. Zu meiner Freude hatte unsere Party keine körperlichen Blessuren hinterlassen, und vor allem blieb der erwartete Kopfschmerz fern. Die zweite sehr positive Sache war, dass man mir extra Milch besorgte, vermutlich irgendein Milchpulver in Wasser gelöst, aber diese Brühe machte die andere Brühe, die man hier Kaffee nennt, durchaus trinkbar. Wirklich freundlich und aufmerksam.

Eigentlich wollte mich Liber um zwei abholen. Geplant war zunächst das Kaufen des Zugtickets für den folgenden Tag, da ich an dem Online Buchungssystem wie gesagt verzweifelte und ein anschließender Besuch bei der örtlichen Feuerwehr. Da mich eine SMS erreichte, in welcher Liber die Abfahrt auf vier Uhr verlegte, konnte ich noch ganz entspannt (kalt) duschen, Blog schreiben und mein Buch lesen. In der Lobby des Hotels stehen drei Sofas, diese bieten sich dafür bestens an. Die Kühlschränke vornedran sind zwar aus, sollte man aber ein kaltes Getränk trinken wollen, dann bringt die nette Hoteldame eins aus der Küche. Zum Schreiben ein durchaus guter Ort. Außerdem ist es sehr praktisch, dass meine Toilette nur wenige Meter entfernt ist. Mein Bauch machte irgendwie wieder mucken.

Um halb fünf war Liber immer noch nicht da. Auf meine SMS antwortete er nicht, auch meine Anrufe blieben für die nächsten Stunden unbeantwortet. Leicht angefressen stampfte ich alleine in Richtung Bahnhof, in der Hoffnung, dass dort noch jemand sei und ich dementsprechend mein Ticket buchen kann. Ich hatte ja nicht mehr so viel Zeit um wieder nach Dar Es Salaam zu kommen, also war es durchaus wichtig, den Zug am Folgetag zu nehmen.

Um sechs am Bahnhof. Und wie vermutet: Keiner da. Laden dicht. Am Bahnsteig habe ich ein paar recht offiziell ausschauende Damen gefunden, die Gewehre deuteten dann doch wieder auf Sicherheitsdienst hin und ihr Aussagen halfen mir auch nicht sonderbar. Sie meinten nur die ganze Zeit irgendwas von „Kesho“, das heißt so viel wie „morgen“. Ob der Zug morgen fährt, oder ob das Ticket-Office morgen öffnet, das habe ich leider nicht rausbekommen. Ich konnte Liber immer noch nicht erreichen und war mittlerweile schon ziemlich sauer, machte mir aber auch irgendwie Gedanken, ob nicht etwas passiert sein könnte. Dass er sich gar nicht mehr meldet ist ungewöhnlich, sein Bruder wusste auch nichts von ihm. Ich ging dann dazu über, die Aushänge am Bahnhof zu studieren. Alles auf Swahili, nichts auf Englisch, aber die Google-Translator-App mit Livebild Übersetzer hilft da ungemein. Ich wusste dann, dass ich bis zu 70 kg Gepäck, mitnehmen darf, und ich nicht mehr mitgenommen werde, wenn ich über dem fünften Schwangerschaftsmonat bin. Scheinbar aus gesundheitlichen Bedenken. Ich fragte mich echt, wie wild diese Fahrt werden würde, wenn das eine echte und begründete Sorge ist. Was ich nicht fand waren Öffnungszeiten oder eine Telefonnummer. Die Preise scheinen allerdings absolut fix zu sein, da muss ich mir keine Sorgen zu machen. Die Idee, auf der Website der tansanischen Bahn nachzuschauen stellte sich auch als wenig erfolgreich raus. Mein erneuter Versuch, ein Onlineticket zu buchen scheiterte mal wieder an der falschen Passnummer, auch wenn ich „foreign Passport“ auswählte, dann wurde dennoch eine Nummer in tansanischem Format verlangt. Nächste Idee: einfach mal anrufen! Englisch ist eine Landessprache, an der Hotline wird sich wohl irgendjemand melden, der/die der englischen Sprache mächtig ist. Naja, soweit kam ich gar nicht. Telefonnummer kopiert, gewählt und es meldete sich direkt eine VodaCom-Ansage. Ansagen von VodaCom sind ganz normal. Was sie bedeuten? Kein Plan, ist ja alles Swahili. Nur diese Ansage klang irgendwie anders. Die folgende englische Ansage verriet mir dann, dass die Nummer nicht vergeben wäre. Ach come on, dachte ich mir und war etwas angenervt, dass hier scheinbar noch weniger als bei der DB funktioniert. Eine letztes, noch ungenutztes Formular zog meine Aufmerksamkeit vollständig auf sich: „Fahrt suchen“ lautete es. Vielleicht kann ich ja hier buchen? Naja, was soll ich sagen: draufgeklickt, Error 500, internal server error. Hab dann endgültig kapituliert und gehofft, dass ich am nächsten Tag buchen und den Zug nehmen kann.

In der Dämmerung machte ich mich auf um mein Hungergefühl zu stillen. Ich lief einfach mal los ohne echtes Ziel, nur grob zurück in Richtung Hotel. Natürlich wurde ich als weißer Touri erkannt und direkt von zwei Männern angequatscht. Ich bin dann aber doch so gut im Abwimmeln geworden, dass ich beide recht schnell abblitzen lies und weiterhin nach was Essbarem suchen konnte. Mit Zwischenstopp in einem Supermarkt fand ich einen Chipsy-Stand und bestellte eine Portion. Ja, ich esse oft das gleiche, aber meine Probleme mit meinem Bauch waren dann doch nicht so lustig und ich war froh, dass ich was gefunden hatte, was eigentlich immer ging.

Kurz vor dem Hotel rief mich Liber an: Er entschuldigte sich wirklich oft und erklärte, dass er Probleme mit dem T2 hatte. Mir wurde auch klar, wieso wir am Vortag keinen Sprit mehr hatte. Lag wohl nicht am verbrauch, sondern eher an der undichten Benzinleitung. Beim Starten des Busses auf einer anderen Tour mit Touristen fing das gesamte Heck Feuer und alles brannte. Immerhin konnte schnell genug gelöscht werden, sodass der Bus nicht gänzlich ausbrannte und den Insassen nichts passierte. Also Glück im Unglück! Zudem war sein Handy noch leer und aufladen war an nem brennenden Bus auch nicht drin, dementsprechend konnte er sich einfach nicht melden, war aber sehr verständnisvoll, dass ich etwas angenervt war. Im Endeffekt war ich froh, von ihm gehört zu haben, für den nächsten Morgen wurde mir versprochen, dass wir wirklich alles klären würden.

Zurück im Hotel schrieb ich noch ein wenig Blog, telefonierte lange und packte ein paar Sachen zusammen, irgendwann nachts ging ich ins Bett und schlief recht gut. Morgen gehts dann weiter nach Dar Es Salaam, sofern die Bahn mitspielt, und vielleicht sogar doch noch zur Feuerwehr Moshi. Das wäre wirklich cool!

Bis dahin…

Im nächsten Eintrag gehts dann um das, was man hier wohl als „Feuerwehr“ bezeichnet, um ein wenig Planungschaos und um die wohl wildeste Zugfahrt meines LebensAlso stay tuned!

Noah 2

Hotel Rose Home, Moshi, TZA // 23:30 Ortszeit

Aufstehen und Abfahrt

Da ich dachte, wir würden zwischen 7 und 8 weiterfahren, wollte ich um halb 7 aufstehen. Schnell duschen und Zähne putzen, zu packen hatte ich ohnehin quasi nichts. Ich bin auch früh genug aufgestanden und freute mich auf eine schöne warme Dusche. Wirklich warm war‘s nicht in Mafinga. Ich hab sogar ne Decke gebraucht nachts. Hab ich in Tanzania auch nicht erwartet. Aber was soll’s, war ja alles da. Unter der Dusche dann aber die Enttäuschung: nur kalt, aber immerhin Wasser. Schon mal ein Fortschritt zum Vortag. Also stehe ich im kalten Mafinga unter einer kalten Dusche. Dummerweise ist mir mein Block Haarshampoo noch in Stücke gebrochen, auch Mist, aber immerhin hab ich genug dabei. Also erst mal mit kaltem Wasser die Krümel in den Haaren verteilen, schön einmassieren und danach wieder mit ebenso kaltem Wasser rauswaschen. Der Körper folgte sogleich, und ich sag‘s wies ist: In den letzten 5 Sekunden meiner Dusche fing das Wasser dann an minimal wärmer zu werden. Wenn es allerdings in gleichbleibenden Geschwindigkeit wärmer geworden wäre, dann wäre es jetzt bei 17 Grad. Vielleicht. 25 Minuten nach meinem Aufstehen war ich komplett angezogen, geduscht, und alles gepackt. Mal sehen wann die Anderen fertig sind.

Also bin ich mal kurz raus, niemand da. Wieder kurz zurück ins Bett, kurz hingelegt, und kurz die Augen zugemacht. Zack. Viertel nach acht, es klopft an der Tür. Ich natürlich sofort hellwach, springe auf, gehe zur Tür. Erwartung: Alle sind fertig, sitzen im Auto, sichtlich angepisst, und ich bin der letzte. Wirklichkeit: Liber klopft, er ist grad aufgestanden, sonst ist noch niemand wach, er fängt an, sich fertig zu machen und wollte mich nur freundlicherweise wecken. Die afrikanische Pünktlichkeit eben. 

Um viertel vor neun sind dann auch endlich alle fertig und abfahrbereit. Sogar Hussein ist wieder da, auch kommt Uli aus dem Hotel geschleppt. Dummerweise ohne Handy, aber das ist erstmal egal, Hussein hat zum Frühstück eingeladen.

Frühstück

Fünf Minuten später wird Noah auf Husseins Hof zum Halten gebracht. Ein freundliches „Karibu nyumbani“ mit folgendem „Karibu chakula“ lädt zunächst ins Haus, dann zum Essen ein. Mal wieder werden wir alle auf eine Couch verfrachtet, im Hintergrund läuft ein Film im Fernsehen, in der Küche wird schwer gewerkelt. Ich erwarte mal wieder etwas Kleines, aber eigentlich müsste ich es mittlerweile besser wissen: Suppe, natürlich mit Huhn, und Chapati werden gereicht. Die Suppe ohne Huhn ist sehr lecker, auch sind die Chapati wirklich phänomenal. Also wieder erstmal richtig den Bauch vollgeschlagen, wer weiß, wann es wieder etwas gibt. Dummerweise gingen meine Essensaktionen zu lange zu gut. Bauch meldet sich, ich frage freundlich, ob ich nicht mal die Toilette benutzen dürfte, und werde sogleich dorthin geführt. Jetzt ist es als Mensch, der das europäische Modell gewohnt ist, gar nicht so einfach. Der Mangel an entsprechendem Papier ist mir noch früh genug aufgefallen, und so ging ich nochmal fix zum Auto. Zurück im Schapp vollführte ich irgendwie mein Kunststück, war danach aber deutlich erleichtert, und meine Bauchschmerzen waren wie weggeblasen. Also alles gut. 

Handy

Wie schon ganz am Anfang berichtet, braucht man in Tanzania zum kaufen einer SIM-Karte einen Personalausweis, eben weil die Karte auf den Ausweis registriert wird. Doof ist nur, wenn die Karte verloren geht, dann braucht man erst mal nen Wisch von der Polizei, dass der Verlust gemeldet und die Karte gesperrt ist. Wieso das alles recht schnell passieren sollte, erklärt folgender doofer Umstand: Es gibt hier das M-Pesa System. Es erlaubt einem, Geld auf das Handy bzw. die SIM-Karte zu senden, und damit dann entweder zu bezahlen oder sich das Geld auszahlen zu lassen. Am Vortag benötigte Richard Bargeld, da es aber weit und breit keinen Geldautomaten gab, der seine australische Karte akzeptieren wollte, wurden kurzerhand 300 AU$, was ungefähr 470.000 TSH entspricht. Also ner Menge. Mit dem Verlust des Handys war auch erst mal das Geld weg. Sehr doof. Also erst zur Polizei, dann zum Vodacom-Shop. Was dort genau gemacht wurde, keine Ahnung, wir hielten auch mehrmals bei unterschiedlichen Shops an. Im Endeffekt konzentrierte ich mich nur noch auf das schwappende Geräusch. Scheinbar hat sich Noah doch etwas mehr Wasser gefangen, als gedacht. Irgendwo, in irgend einer Verkleidung, da muss noch ne ganze Menge rumschwappen. Über eine Stunde später ging es dann aber auch echt los. Anstatt der geplanten Abfahrtzeit, zwischen 7 und 8, konnte Richard Noah erst um viertel vor elf auf die Straße in Richtung Moshi bringen. Ob wir heute noch ankommen? Ich glaube nicht daran. Immerhin sind es 850 km, für die man in Tanzania mal mindestens 14 Stunden braucht.

Iringa

Die erste Etappe, von gut 80 km meisterte Noah in eineinhalb Stunden. Die Landschaft ist wirklich wahnsinnig schön, lange sind wir durch ein Tal gefahren, nur nach Iringa mussten wir eine Straße mit Steigung hoch. Links aus dem Fester: Wundervolle Landschaft, Berge, die ich einem Mittelgebirge zuordnen müsste, aber unendlich viele Findlinge darin. Überall diese riesigen Felsen, macht alles schon sehr monumental. Leider auf Bilder nur schlecht einzufangen. Gerade aus: Ein Sattelzug, Zugmaschine der Firma Scania, man hört und riecht das Heulen des Aggregats deutlich, nur mit Müh und Not kommt die Kiste auf 20 Stundenkilometer. Also Blinker rechts, überholen. In diesem Moment musste ich fest an Noah glauben. Der Gute ist ja etwas untermotorisiert, sein Gepäck, bestehend aus fünf Menschen mit entsprechend viel Gepäck, vier Kürbissen, einem Sack Erdnüssen, nem halben Zentner Mangos und Fisch, sowie der immer noch malträtierten Wandlerautomatik sind eigentlich keine gute Kombination, um an einem unübersichtlichen Berg zu überholen, vor allem dann nicht, wenn einem nicht wenige acht- oder noch-mehr-achsige Lastwagen entgegenkommen. Ich schätze mal, dass Noah sehr durstig war, immerhin machte er uns schon einige Zeit mit dem Aufleuchten seiner Tanklampe auf sein Bedürfnis aufmerksam, auf jeden Fall meisterte er mehrere Überholmanöver mit Bravour. Gut gemacht!

Auf dem etwas höher gelegenen Iringa wurde zunächst eine Tränke für Noah angefahren. Ich bin auch noch fix in die Tanke geflitzt um ne Cola zu kaufen und danach zu pinkeln, wer weiß wann wir wieder anhalten würden. Also schnell zurück ins Auto, Türen zu. Nächster Stop: Zehn Meter weiter. Wirklich? Haben wir was vergessen? Haben wir nicht. Drei Brüder raus, ich erstmal etwas ratlos im Auto, die Mutter der Jungs weiterhin auf der Beifahrerseite, wartenderweise. Nachdem der Minutenzeiger schon eine halbe Runde gedreht hatte, ging ich dann auch mal raus, und fragte was los sei. Fragen musste ich nicht, die drei Jungs standen an einem Laden, großes Schild „VodaCom“ darüber. Scheint noch zu dauern, also bin ich mal die Straße hoch, die Straße runter, Thromboseprophylaxe und so. Normales Straßenbild: unzählige Motorräder, Bajajis, einige wenige Autos und LKW der allzeit beliebten skandinavischen Marke. Wer sich übrigens grad fragt, wie es mit Feinstaub und so hier ausschaut: Die Regel „was nicht rußt, hat keine Leistung“ stimmt nicht. Ein Lastwagen, dieses mal ein asiatisches Fabrikat, über Beladung und Grenzwerte wollen wir mal nicht reden, versuchte im Berg anzufahren. Das Getriebe bedankte sich knirschend für das zarte einhämmern des Gangs, beim Lösen der Feststellbremse zischte es für meinen Geschmack zu viel und zu lange, die Karre rollte einige Meter nach hinten, Kupplung millimeterweise kommen lassen und die Dampf- pardon, Rußlok ändert langsam ihre Bewegungsrichtung. Der große Aufdruck „FIGHTER“, quer über die Windschutzscheibe, der passt hier echt gut. Fighter against gravity, das hätte es noch besser getroffen. Beim Vorbeifahren lese ich noch in riesigen Lettern „IN GOD I TRUST“ auf der Heckschürze. Also am Berg vertraue ich lieber genug Leistung und einer funktionierenden Bremse. Scheinbar hier nicht so wichtig. Zum krönenden Abschluss kam dann noch, wirklich Bondfilm-reif, ein schwarzes Bajaji aus der schwarzen Rußwolke, die kaum mehr Sicht auf die Straße talwärts bog, geschossen. Special effect – african style. Sowohl Noah, als auch der, sich immer noch resigniert in seinem Inneren befindliche, Fahrgast waren davon gänzlich unbeeindruckt und wollten glaube ich einfach nur weiter. Nachdem der Zeiger auf dem Ziffernblatt noch ne ganze Runde gedreht hatte, ging es auch weiter.

Kontrolle

Die weitere Fahrt verbrachte ich erst mal schlafend, auch wenn mir die Kürbisse etwas Beinfreiheit nahmen, kann man in Noah dennoch gut schlafen. Seine Rückbank lässt sich schön nach hinten lehnen. Man muss nur etwas gegen einen Sack Mangos, Erdnüsse…. Ihr wisst Bescheid… ankämpfen. Aber dann ist alles schick.

Ich wurde nur Minuten vor einer Kontrolle wach. Wir fuhren auf eine Schrank zu, diese wurde geöffnet und Noah direkt danach von einem offiziell ausschauenden Mann zum Halten gebracht. Richard stieg aus und kam auch kurz drauf wieder, weiter ging die Fahrt. Richard erklärt auch sogleich, dass wir nun in einem Sperrgebiet sind. Keine Fotos erlaubt. Es wird kontrolliert, wie viele Personen in das Gebiet einfahren. Bei diesem Gebiet handelt es sich um den „Mtera Dam“, einem Wasserkraftwerk mit entsprechendem Stausee. Wieso das Gebiet so genau kontrolliert wird? Keine Ahnung, vermutlich aus Angst vor Sabotage oder Terrorismus. Aber das sind echt Schüsse ins Blaue.

Bei der Ausfahrt gab‘s natürlich nochmal ne Kontrolle. Dieses Mal auch etwas genauer. Es wurde ins Auto gelukt, darin: Vier Menschen, die offensichtlich von hier sind, und ich. Also Niklas einmal raus, Pass auspacken, dem Offiziellen unter die Nase halten. Es wurden mehrmals die gleichen Fragen gestellt. Ja, ich bin das erste mal hier, nein ich war noch nie vorher hier, ja ich bin so und so alt, ja ich komme aus Deutschland, ja wir kommen aus dem Süden des Landes. Irgendwie schaute er etwas skeptisch, Richard stand mir auch zur Seite. Irgendwann hatte ich jedoch ein mulmiges Gefühl, ich weiß nicht, ob es an der eingehenden Kontrolle mit den immergleichen Fragen lag, an der plötzlichen Hitze, oder doch an den Sturmgewehren um mich rum. Vermutlich eine Kombination aus allem. Ein freundliches „Welcome to Tanzania!“, in Kombination mit einem herzlichen Lächeln, ließen alle Sorgen verschwinden. Hakuna matata!

Knappe 20 Minuten später: Wieder ein Offizieller, in diesem Falle ein Polizist. Steht winkend auf der Straße, meint wohl uns. Richard bremst Noah und musst auch direkt aussteigen. Ich ahnte schon, wo das Problem lag. Zumindest fuchtelte ein anderer Polizist unter einem Baum mit einer Radarpistole rum. Wie sie das gesehen haben sollen, dass wir etwas zu schnell waren? Kein Plan, meiner Meinung nach fast unmöglich. Aber was soll’s, ist jetzt so. Richard erzählte den Männern scheinbar auch das passende, aber nichts half. Er kam zurück, mit Ticket. Wie viel er zu schnell war, nicht ersichtlich. Es steht nur drauf „zu schnell“, kostet dann 37.500 TSH, gute 15 €, bzw. für ihn wohl eher 24 AU$. Also recht günstig. In Deutschland hätten wir uns wohl noch das nächste Knöllchen abgeholt: Nach der Kontrolle, alle, bis auf die Beifahrerin, wieder raus aus dem Auto, am Straßenrand einmal piseln, der Polizist hält fünf Meter hinter uns die nächsten Autos an. Aber juckt ihn kein Stück. Also alle um etwas Urin, und RIchard noch um etwas Geld, erleichtert wieder in Noahs Innere.

Die weitere Strecke führte uns durch ewige Leere, und das vermutlich größte Funkloch Afrikas. Wenn dir hier was passiert, dann muss erst mal jemand ne Dreiviertelstunde fahren, bevor er überhaupt jemanden anrufen kann. Zumindest hatte ich gut über ne Stunde Null von Vieren, maximal mal ein Residuum eines Bälkchens Empfang.

Dodoma

Wenn ich Dodoma mit einem Wort beschreiben müsste, dann würde dieses Wort „Baustelle“ lauten. Von viertel nach fünf an fuhren wir fast 20 Minuten durch eine riesige Baustelle, hierbei muss hier direkt über den Unterbau gefahren werden, also nicht über asphaltierte Straßen. Alles sehr holprig, Überholmanöver erscheinen dadurch auch nicht zwingend sicherer. Außer, dass Noahs Dach am Ende fast von einer Baggerschaufel aufgeschlitzt wurde, war alles in bester Ordnung. Wenige Minuten später erreichten wir Dodoma.

Dodoma ist die Hauptstadt, auch wenn sie weniger als ein Zehntel der Einwohner von Dar Es Salaam hat, und auch keinen internationalen Flughafen. Wieso es so ist? Weiß ich leider nicht. Allerdings passiert in dieser Stadt mächtig was. Überall Baustellen, teilweise auch sehr moderne Baustellen. Die Stadt wirkt im Großen und Ganzen sauber und aufgeräumt – sofern man das von einer Stadt in Ostafrika behaupten kann. Breite Straßen, große – mal wieder scheinbar regellose – Kreisverkehre, Verwaltungsgebäude. Und unzählige Baustellen.

Kurz nach Ankunft wurde Noah auch schon auf den Parkplatz eines barähnlichen Baus. Darin: Eine große Küche, bzw. eher die hier typische Feuerstelle, dazu noch ein paar Arbeitsplatten auf denen fleißig geschnippelt wurden. Das alles in einer großen Halle, oder eher einem überdachten Hof. Außerdem: Billardtische, tatsächliche eine Bar und unzählige, simpel aber saubere, Sitzgelegenheiten. Ich bestellte ein Gericht, mit dem ich erfahrungsgemäß gut klarkommen würde, Chipsy-Mayai und ein Kilimanjaro logo baridi. Wieder 5.000 TSH, also knapp 2 € günstig. Alles in allem, simpel, einigermaßen lecker, und bauch-safe. Also alles gut.

Um 7 gehts weiter. Uli fährt. Ich nutze die Gelegenheit, um mal zu fragen, bis wohin wir heute fahren. Antwort: „Heading right up to Moshi!“. Oha. Also doch noch so weit. Aber es sind ja nur noch acht Stunden. Mindestens. Aber was soll’s, haben ja zwei Fahrer, ich sitzt gut und trocken, die Kürbisse immer noch zu meinen Füßen, was soll schief gehen.

Eine Sache, die ich noch zu Dodoma erwähnen wollte: Hier sind mir die unzähligen Ambulanzen, also quasi Krankenwagen (Rettungswagen trau ich mich nicht zu sagen), aufgefallen. In keiner anderen Stadt, vor allem Dar Es Salaam oder Songea, aber auch nicht in Mafinga oder Njombe, hab ich so viele gesehen. Die quantitative Versorgung ist hier also deutlich besser. Über die qualitative Versorgung möchte ich kein Urteil fällen, wenn sich allerdings genauso gut und die Patient:innen, wie um die Fahrzeuge gekümmert wird, dann schraubt man am besten die (Rot- und) Blaulichter ab und pinselt die ganze Karre schwarz. Noch ein paar schicke Vorhänge rein, und schon gehts ab zur letzten Tour.

Und weiter gehts, quer durchs Nirgendwo

Uli fährt, heißt im Umkehrschluss: der arme Noah muss etwas mehr leiden. Seine Heckschürze ist mittlerweile ganz lose, wenn Noah ab und an besonders hart über eine Bodenwelle geprügelt wird, dann schlägt das Heck so dermaßen in der Straße ein, dass das Plastik den Boden berührt, an Stellen, an denen es den Boden nicht berühren sollte, und die Plastikklipse, die Noahs Heckschürze an seinem Hinterteil halten sollten, ja die versagen natürlich auch irgendwann ihren Dienst. Also hängt Noahs Gesäß etwas auf halb acht, aber das hält unseren Kämpfer nicht davon ab, uns Minute um Minute weiter gen Norden zu transportieren. 

Es war mittlerweile richtig dunkel, ich habe wohl auch einige Zeit geschlafen. Es ging eine breite, gut ausgebaute Serpentinenstraße nach oben. Ich stelle mir immer noch die Frage, ob es hier sowas wie nen „TÜV“ oder ähnliches gibt. Vorstellen kann ich‘s mir kaum, wenn ich all die uralten und teilweise schrottreifen Lastwägen denke. Einer fuhr sogar im „Hundegang“ vor uns her, so krumm und schief war wirklich alles an dem alten Bock. Andererseits wird mir aber auch wieder klar, wie wichtig die Abfahrtkontrolle ist. Sollte ich jemals in Afrika einen Lastwagen bewegen (dürfen), dann werde ich die, in der Fahrschule oftmals propagierte, und bis zum Erbrechen wiederholte, Abfahrtkontrolle wirklich gewissenhaft machen. Denn wenn dir hier was passiert, dann kann man lange auf Hilfe warten, wenn denn welche kommt. Auf Rettung braucht man nicht zu warten. Hast du nen Unfall und bist eingeklemmt? Dann stirbst du glaube ich mit höchster Wahrscheinlichkeit. Bei einer einfachen Einklemmung der unteren Extremität kannst du dir vielleicht saw-like das Bein selbst amputieren. Mehr aber auch nicht. Naja egal, zurück zu dem, was ich eigentlich erzählen wollte: Scheinbar versagte bei dem ein oder anderen die Bremsanlage beim Bergabfahren. Obwohl der gesamte Lastzug recht modern aussah, das heißt eine dreiachsige Sattelzugmaschine der unbekannten chinesischen Firme, sowie ein dreiachsiger Muldenanhänger, und ich eigentlich davon ausgehen muss, dass die Kiste zumindest drei Betriebsbremskreise sowie eine Dauerbremsanlage hat, hat scheinbar nichts geholfen. Oder der Fahrer, bzw. die Fahrerin hat den Berg falsch eingeschätzt. Zumindest war bei dem Zug auf der anderen Straßenseite der linke Außenspiegel nicht mehr zu gebrauchen, ich schätze nicht, dass der Lastwagen nur Müde war, er wurde einfach nach allen Regeln der Kunst auf die Seite geworfen. Zur „Absicherung“ hat man hier einfach ein einzelnes Warndreieck hingestellt und die Kiste liegen gelassen. Keine Beleuchtung, keine Bergung, nix. Spannenderweise stand das Warndreieck ausschließlich im Gegenverkehr. Eine Warnung, des nachfolgenden Verkehrs, der nach der Kurve direkt in den hingelegten Vierzigtonner reinrauschen würde, hielt man scheinbar nicht für nötig. Ich hab genau geschaut, zwischen Unfallstelle und einem Kilometer weiter, war kein Zeichen der Warnung zu erkennen. Oder es war wieder was sehr spezielles afrikanisches, drei Grashalme im 74,8 Grad Winkel auf der Straße oder so. 

Kurz drauf lag der nächste Zossen auf der Seite, wenn ich mir allerdings die Kiste wieder in den Sinn rufe, dann hätte ich ihn auch vorher schon mit „Vertrauenswürdig: 0/10“ eingestuft. Also kein Wunder. Die Stelle war auch so unübersichtlich, dass man sicherheitshalber gänzlich auf ein Zeichen der Warnung, oder gar Beleuchtung verzichtete.

In der nächsten Stunde passierte, außer der gefühlt 27. Passkontrolle, nix. Wir kamen gut durch, die Straßen waren einigermaßen frei, und bis auf die normalen Bodenwellen und Schwelle frei von größeren, meist mehrachsigen, Hindernissen. 

Durst

Mittlerweile war es schon fast Mitternacht. Noah rollte und rollte immer weiter und weiter, alles schlief, nur ich noch nicht so wirklich. Ich bastelte noch immer am letzten Blogeintrag rum, oder versuchte mit den Menschen zu Hause Kontakt zu halten. Manchmal aufgrund der Empfangssituation aber durchaus schwierig. 

Was mir dementsprechend auch Sorge bereitete, war, dass uns Noah seit etlichen Kilometern auf sein zunehmendes Durstgefühl aufmerksam machte. Die entsprechende Warnlampe wurde gefühlt immer heller und blendender. Jetzt stellt euch mal vor, ihr sitzt in einem Auto, weit weit weg von zu Hause. In einem Land, was ihr zwar seit einigen Wochen kennt, allerdings ne komplett andere Region. Irgendwo auf einer Straße, euch kam schon was länger kein Auto mehr entgegen. Die Tanklampe wird gefühlt immer heller. Und ihr habt keinen Empfang. Wenn ich keinen Empfang habe, hat auch sonst niemand welchen. Sehr schön am immer zeitgleichen Vermelden von neuen Nachrichten nach einem Funkloch. Von allen Telefonen in einer wundervollen Kakophonie. Nach ewigen weiteren Kilometern taucht dann endlich eine 24h-Tankstelle auf. Nur hat der Tag hier scheinbar mindestens 25 Stunden, zumindest hatte die Bude zu. Lichter aus, kein Personal mehr auf der Fläche. Nix. Also weiter. Meiner Meinung nach sind wir in die andere Richtung wieder auf die Straße aufgefahren, allerdings sieht hier manchmal echt alles gleich aus. Meiner Angst vor der liegenbleiben wurde dadurch auch nicht unbedingt besänftigt. Das Einzige, was mich beruhigte, war, dass wir mit unseren Vorräten im Auto mindestens eine Woche überleben könnten.

Die zweite 24h-Tanke taucht auf. Auf den Platz, gleiches Spiel. Alles dunkel, Bordsteine hochgeklappt, kein Sprit zu bekommen. Oder Diesel. Oder Kerosin. Für was hier viele Tankstellen Kerosin verkaufen ist mir immer noch ein Rätsel. Außer Lastwägen, welche meistens mit Diesel, und Autos, Motorrädern und Bajajis, die größtenteils Super brauchen, sind hier nur Eselskarren unterwegs. Ich bin mir nicht sicher, aber mir ist keine Eselrasse bekannt, die Kerosin bräuchten. Flugzeugtriebwerke sind hier etwa so häufig wie Einhörner, also keine Ahnung.

Tanke Nummer drei hat dann auch endlich geöffnet. Noah bekommt seinen Sprit, er ist sicher die letzten Kilometer nur mit Luft und Liebe, in Kombination mit gutem Willen noch gefahren. Alle anderen einmal raus, kurz langmachen, Thromboseprophylaxe, fix zum WC und wieder ab auf die Straße. Uli wurde abgelöst, Richard fährt den Rest.

Moshi

Ich wurde durch Richards „Mosh-Mosh! Welcome home!“ Rufe wach. Ein müder Blick auf die Uhr verrät, dass es fast halb vier ist. Also habe ich mal mindestens drei Stunden echt gut gepennt.

Habe ich erwähnt, dass ich fast vergessen habe, ein Hotel zu buchen? Wobei was heißt „fast“. Eigentlich hatte ich es bis vor fünfeinhalb Stunden gar nicht auf dem Schirm, es wurde mir dann aber brühwarm klar, als ich feststelle, dass die Jungs mitsamt Mama ja in Moshi wohnen. Ich nicht. Heißt: Ich brauch noch was. Mist. Liber meinte dann aber, dass er Jimmy schreibt, der melde sich dann gleich bei mir. Jimmy ist der Tour-Operator und Inhaber der Firma „Gazelle Safari“ in Moshi, mit der ich auf Safari bin, und obendrein noch Libers Chef. Also habe ich glücklicherweise einen kurzen Draht zu Jimmy. Dieser antworte auch bald und bot mir ein Hotel für 30.000 TSH an. Knapp 13 € für ne Nacht, da kann man eigentlich nicht viel gegen sagen. Die Antwort lies etwas auf sich warten, nachdem allerdings nach einer guten Stunde alles in trockenen Tüchern war, fiel auch meine Angst der akuten transienten Obdochlosigkeit von mir ab. Endlich konnte ich schlafen.

Richard lenkte Noah direkt in eine Seitenstraße, die eher an Liulier Straßenverhältnisse erinnerte. Staub, Dreck und Geröll. Mehr hatte ich von Moshi noch nicht gesehen, und ahnte nicht, dass es sich um eine do so moderne Stadt handeln sollte. 

Auf dem Tor zum Hof des Hotels war ein großes Schild zu sehen. Vor allem die unterste Zeile las sich richtig gut. „WiFi free“. Das erste mal WLAN nach Wochen. Der Eine oder die Andere mag jetzt denken „Was ist das fürn Suchti??“, aber ich will euch beruhigen. Im Endeffekt ging es mir dabei nur um meine Bilder. Meine Fotomediathek auf dem Handy vermeldete, dass knapp über eintausend Bilder auf den Upload in die iCloud, und somit auf den Schutz vor Verlust warten. Normalerweise werde ich schon nervös, wenn ich nicht zweimal am Tag ein Backup von allem machen kann. Hier sind’s jetzt schon mehr als vier Wochen. Die Mediathek am iPad möchte übrigens weit über zweitausend Bilder loswerden. Außerdem: Je mehr WLAN, umso mehr Bilder wird es hier geben. Macht euch schon mal auf einen riesigen Schwall an Bilder parat, sobald ich wieder zu Hause bin.

Scheinbar hat Liber seinen Chef angerufen, der kommt nämlich nach wenigen Minuten auf den Hof gefahren. Eine Sache noch: Wie bekomme ich ein Tor auf, an dem keine sichtbare Klingel ist? Das Hotel sieht nicht so aus, als ob dort dauerhaft jemand wach wäre. Ganz einfach. Einfach auf die Hupe hauen und so lange Hupen, bis sich das Tor öffnet. Schon bisschen verrückt alles.

Leider ist es an der Zeit, mich von Noah zu verabschieden! Danke Kumpel, dass du uns so gut von Liuli bis nach Moshi gefahren hast. Hast Schlamm und Schlaglöcher mitgebracht, musstest durstig sein, hast uns aber dennoch überall hin gebracht! Wurdest manchmal etwas hart rangenommen, aber auch das hast du professionell weggesteckt. Mach‘s gut…

Mein Kram wird ins Zimmer getragen, am nächsten Morgen will mich Jimmy um zehn abholen. Dann machen wir alles wegen meiner Safari klar. Viel umgeschaut hab ich mich nicht mehr, ich bin wirklich einfach direkt ins Bett. Schlafsack raus, Mosquitonetz runter, Zähne putzen, pullern und ab ins Bett. 

Lala Salama Moshi, morgen sehen wir uns wieder!

Mittlerweile bin ich nicht mehr in Moshi sondern schon auf Safari. Um genau zu sein an meinem Schlafplatz in Mto wa Mbu. Ich hab echt viel gesehen und erlebt, bin aber leider echt viel und lange unterwegs, deshalb kommen die nächsten Eintrage alle mit etwas Verzögerung. Tut mir leid!

Noah 1

Irgendwo zwischen Mafinga und Moshi, keine Ahnung welche Region, TZA // 12:00 Ortszeit

Da ich auf der Straße unterwegs bin, und das Internet hier quasi nicht vorhanden ist, reiche ich die Bilder zu diesem Eintrag wieder nach. Ich hoffe, er wird dennoch gut, ich habe schon Tränen gelacht, und das nur beim Machen von Notizen was alles so passiert ist. Viel Spaß beim Lesen!

Start

Ursprünglich war geplant, dass wir um 4:30 am Gate des Krankenhauses starten. Also stelle ich mir einen Wecker auf halb 4, ich will ja noch duschen und auf jeden Fall pünktlich am Gate sein. Dafür reicht eine Stunde auf jeden Fall. Zeitgleich mit dem Klingeln meines Weckers, wurde aus einer Stunde auch zwei. Richard schrieb mir, dass wir erst um halb 6 starten. Also habe ich richtig viel Zeit, lege mich aber lieber nicht nochmal hin, wer weiß ob alles gut geht.

Richtige Entscheidung! Als erstes wollte ich natürlich unter die Dusche. Wer weiß, wann ich das nächste mal eine Dusche zu sehen bekomme. Ins Bad, Türen zu, ausziehen, unter die Dusche, Ventil auf. Kein Wasser. Mist. Aber alles nicht so schlimm, wir hatten gestern Abend schon kein Wasser, normalerweise sagt man dann einfach Monika Bescheid, wenige Minuten später geht dann wieder alles. Naja, gestern Abend war es schon neun, also ist Monika nicht mehr da. Aber Monika verschwindet immer hinter dem Haus. Als hatte ich mir die Taschenlampe geschnappt und bin zum Wassertank. Einfache Lösung: Einfach das Ventil zum Nachfüllen wieder aufdrehen, am nächsten Morgen zudrehen und alles ist gut. Ich wies auch Yigit an, es an diesem Morgen wieder zu schließen. Aber zurück zu einem nackten Niklas, der unter der Dusche ohne Wasser steht. Wieder was überziehen, Taschenlampe aus dem gepackten Rucksack rausziehen, vor die Tür und ab zum Tank. Das Ventil zum Nachfüllen war noch offen, allerdings fehlte der charakteristisch gurgelnde Ton. Dieser wird bei vollem Tank durch das sichtbare Überlaufen ebendiesen abgelöst. Nichts war da, Handrad ganz nach links, mal wieder ganz nach rechts und dann wieder ganz nach links. Aber nichts. Shit. Das wäre mir an jedem anderen Tag erstmal egal gewesen, aber an diesem wars schon besonders doof. Wer aufmerksam den Artikel zum Doctor‘s House gelesen hat, der weiß, dass es in der Küche immer Wasser gibt. Hat ja alles keinen Wert, so zwei drei Körperstellen sollte man mindestens reinigen, die gute alte Katzenwäsche. Seife geholt, mit Waschlappen bewaffnet an dieses Spülbecken, im dunkeln fast das böse Gitter berührt, aber egal. Das Wasser tröpfelte dieses mal wirklich nur, und so durfte ich mich mit maximal 50 mL Wasser pro Minute waschen. 

Nach meinem fehlgeschlagenen Reparaturversuch und Kunststück an Monikas Spülbecken war es schon fast halb fünf, Gott sei Dank hat Richard die Abfahrt verlegt. Jetzt aber wirklich alles zusammenschmeissen, Schlafsack und diverse andere sehr wichtige Dinge einpackt und drei mal kontrolliert und dann war ich im Endeffekt auch um fünf abfahrtbereit. Yigit war kurz auf um zur wasserlosen Toilette zu gehen, Nemire folgte kurz später. Sie steht im Ramadan eine Stunde vor Sonnenaufgang auf, um zu essen und zu trinken. Beide verabschiedeten mich nochmals, ich kontrollierte erneut, ob ich auch wirklich alles hab und stiefelte dann zum Gate. 

15 Minuten nach meiner Ankunft dort, und um genau halb sechs, rollte Noah vor. Also um genauer zu sein, ein Toyota Noah, silbern, Richard am Steuer, Liber auf der Rückbank, die Mama der Jungs auf der mittleren Bank, auf die ich auch verfrachtet wurde. Der fehlende Bruder, dessen Namen ich mir nicht merken kann, und ihn aus Gründen in diesem Blog einfach mal „Uli“ nennen möchte, den holten wir auch noch ab. Liber schaffte meine zwei Rucksäcke neben sich auf die Rückbank und schon ging die wilde Fahrt los, Uli stieg übrigens nur Minuten später ein.

Die ersten 45 Minuten

Waren Problemlos. Ich hatte die ganze Zeit Richards WharsApp Nachricht im Kopf „Hopefully there will be no rain!“. Blieb auch so. Wir zockelten mit gemütlichen 30 Sachen in Richtung Mbamba Bay, wurden von Motorrädern überholte, wichen Schlaglöchern der Größe einer Dreifachturnhalle aus, Noah setzte ab und an mal auf, aber brachte uns langsam aber sicher immer weiter weg von Liuli. Allerdings ist Noah etwas untermotorisiert. An jeder einfachen Steigung, geschätzt noch nicht mal zehn Prozent, musste Richard Noahs Gaspedal bis in die Ölwanne prügeln, Noahs Wandlerautomatik beschwerte sich auch regelmäßig, aber Richard machte unserem Noah Mut. „Come on baby!!“ hallte es mehr als einmal durch den Innenraum. Aber alles gut gemeistert.

Regen

Der ein, oder die Andere, wird es schon vermutet haben, dass es nicht bei Trockenheit bleiben wird. Immerhin ist Regenzeit. Der digitale Regen kam auch sogleich, und dann ist er einfach da. Im Vergleich zu dem Ventil im Doctor‘s House, kommt beim Öffnen des Regenventils sofort Wasser, in ordentlichen Mengen. Zehn weitere Minuten konnten wir noch fahren, dann wurden wir von zweierlei Dingen zum Halten gezwungen: Einerseits wurde die Sicht echt schlecht, Noahs Scheibenwischer packten es kaum, das Wasser von seiner Windschutzscheibe zu wuchten. Andererseits lag vor uns eine Furt, also ein Bereich, in dem wir einen kleinen Bach durchfahren müssten. Alles kein Problem, allerdings wurde die Mama der Jungs etwas nervös, als wir durchfahren wollten. Es wurde sich darauf geeinigt, erst mal anzuhalten, zu warten bis der Regen etwas weniger wird und vielleicht sogar einen alternativen Weg zu finden. So saßen wir einige Zeit dort, und taten nichts, bis der Regen nachgelassen hatte.

Arche Noah

Der Regen hat zwar nachgelassen, einen alternativen Weg gab es aber nicht. Also mussten wir wohl oder übel durch diese Furt durch, der Regen vorher, hat natürlich aus dem kleinen Bach einen eher reißenden kleinen Fluss gemacht. Uli zog Schuhe aus, krumpelte sich die Hose hoch und ging voraus, um zu sehen, wo der beste Weg zum Fahren ist. Richard lenkte Noah in die Fluten, nur raus ging es nicht mehr. Mein mulmiges Gefühl wurde von gurgelnden Geräuschen begleitet, allerdings lief Noahs Motor noch. Liber sprang von der Rückbank an mir vorbei, auch keine Schuhe an und kurze Hose, ich fragte dann mal fix, ob ich auch draußen gebraucht werde. Ein höfliches „Wenn es gar nix ausmacht“, mit dem Inhalt „JA! Schau dass du raus kommst!“, lies mich meine Schuhe ausziehen, Hose hochkrempeln, Handy im Auto gelassen, und ab raus. Die Mama der Jungs erinnerte mich übrigens an eine Situation mit meiner Oma auf der Rheinfähre nach Rüdesheim. Festgeklammert, Blick nach vorne, quasi nicht am Atmen. Oma, für dich wäre das die Horrortour gewesen. Aber egal. Ich stieg also aus, erwartete, dass ich ein wenig nass werde, aber nicht, dass mir das Wasser direkt so weit oben stand, dass bei einer winzigen Welle meine Unterhose nassgeworden wäre. Und es hab größere Wellen. Nichts desto trotz ging ich zu Noahs Heck, schaute mir die ganze Situation an, und wunderte mich nochmals, wie Noahs Motor immer noch nicht abgesoffen sein kann, und wie der Innenraum noch keinen Tropfen Wasser hat. Die Arche schwimmt scheinbar. In mitten der Sintflut, arme Geschöpfe draußen, versuchen dagegen anzukommen, Richard in unserer Arche, rettet sich und eine andere Generation seiner Familie. Gaspedal durchgetreten, an Noahs achternem Teil mal kurz angeschoben, und schon waren wir  aus unserer Furt draußen. Zwar nass, aber Noah lief noch. Es mussten ein paar Stopfen gezogen werden, es floss literweise braunes Flusswasser ab und gurgelte dennoch fröhlich weiter. Die Arche Noah hat die Sintflut überwunden!

Schlamm

„Adventuuuuuuuuuuuuure!“. So kündigte Richard die Weiterfahrt an. Die weitere Strecke war natürlich deutlich schlammiger, oh Wunder. Auch machten die Steigungen Noah mehr zu schaffen. Seit seinem Badegang macht die Wandlerautomatik noch komischere Sachen, vor allem das Oszillieren der Umdrehungsanzeige an Steigungen machte mir große Sorgen. Die größten, hier immerhin nur sprichwörtlichen, Bauchschmerzen, machte mir jedoch die kleine Brücke in Kombination mit folgenden schlammigen Steigung, an der unser Bus auf der Hinfahrt fast kapitulieren musste. Scheinbar hat sich in den letzten Wochen an der Brücke etwas getan, das passieren war problemlos, und auch die folgende Steigung wurde durch Noah wühlenderweise gut gemeistert. Jetzt kann eigentlich nix mehr schief gehen, in wenigen Kilometern sollten wir in Mbamba Bay sein, ab dort ist die Straße asphaltiert.

Mbamba Bay

In alten Einträgen habe ich ab und an von „Mbomba Bay“ geschrieben, das ist natürlich falsch. Der Ort heißt „Mbamba Bay“. Da Noah, unter Zuhilfenahme der entsprechenden Warnleuchte im Tacho, schon einige Zeit nach Kraftstoff verlangt, wurde hier dieses Gelüste befriedigt. 154.000 TSH (≈ 60 €) kostet eine Tankfüllung, allerdings weiß ich nicht mehr, wie viel Sprit reinging. Die Preise liegen bei etwas über 3.000 TSH pro Liter Super, das würde ungefähr 1,18 € entsprechen. Um viertel vor 8 waren wir wieder startklar und konnten aufbrechen nach Songea. So wurde Noah zunächst, ohne besondere Vorkommnisse, bis nach Mbinga gelenkt.

Mbinga

Um viertel nach neun kam wir in Mbinga an. Auf meinem Hinweg hatten wir dort auch angehalten und ich aß dieses unglaublich gute Frühstück, natürlich hatte ich auch hier die Hoffnung, dass wir dort wieder anhalten würde. Das dieses Frühstück ausfallen, aber durch ein deutlich Besseres ersetzt werden sollte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht ahnen. Richard lenkte Noah auf einen Platz am Straßenrand. Irgendwie ein Mischung aus Schrottplatz und Werkstatt, ich hatte schon Angst, dass ich mich von Noah verabschieden muss. Man erklärte mir dann, dass Noah auf dem Hinweg neue Bremsen bekam, jetzt soll einfach nochmal fix kontrolliert werden, ob alles passt. Ne gute Sache, der Rest konnte derweil mal pinkeln gehen und ich ein wenig telefonieren. Übrigens wurde auch das Problem des Getriebes angesprochen. Darauf hin wurde mal die Motorhaube geöffnet, ein junger Kerl in Blaumann schaute ins offene Schott zum Maschinenraum. Getriebe noch da. Klappe zu. Scheint an Diagnostik auszureichen. Irgendwann ging, mit kurzem Zwischenstopp auf dem Markt, dann weiter. Hier konnte ich auch noch fix in eine Apotheke gehen, für 3.000 TSH, also knapp über nem Euro, wanderten eine große Tube Cortisonsalbe für meinen Spinnenbiss und 20 Tabletten Ciprofloxazin, aus Angst vor Thypus, über die Theke. „Rezeptfrei“. Ein Rezept ist sowieso nur ein zerfledderter Zettel, da steht nur das Mittel drauf, kein Name, kein Stempel, keine Unterschrift. Ob das so richtig ist? Keine Ahnung, zumindest bei BTM wird wohl ein Unterschied gemacht. Hoffentlich. Außerdem wurde hier noch etwas Gemüse und dergleichen in den Fußraum geladen. 

Frühstück bei der Verwandtschaft

Wie mehrfach angekündigt, sollte noch die Verwandschaft besucht werden, um genau zu sein, Richards „große Mama“. Nein, nicht Großmutter. Hier ist mit „großer Mama“ die große Schwester der Mutter gemeint, im Deutschen wäre es einfach „Tante“. Tanten sind hier aber nur die Schwestern der Väter. Brüder der Väter wären übrigens auch „kleine“ bzw. „große Väter“. Bei Cousin/Cousin verhält es sich genauso, dann wird aber von Bruder und Schwester gesprochen. Alles etwas verwirrend. Zumindest wurden wir von Richards Cousin (oder Bruder??) abgeholt, der fuhr mit dem Motorrad über eine Off-Road-Piste voraus und hielt um 20 vor 11 vor einer Gruppe wartender Menschen, von der eine Dame eine solche Ähnlichkeit mit der Mutter der Jungs hat, dass es sich um die Schwester handeln muss! Und so war es auch. Wir wurden alle hereingebeten, auf die Couch verfrachtet und es wurde der Tisch gedeckt. Kaltes Essen ist ungewöhnlich, deshalb gab es Hühnersuppe, Reis und Ugali. Ich aß etwas Reis mit Soße, und es war der beste Reis-mit-Soßen-Mix meiner gesamten Reise. Sehr lecker. 

Eine kurze Anekdote zu den Jungs und Hühnersuppe: Jedes mal, wenn ich mit ihnen abends unterwegs war, wurde irgendwann Hühnersuppe bestellt. An einem Abend, ich glaube es war der vergangene Samstag, war in der Bar gerade kein Huhn da, es wurde angeboten, eins zu schlachten. Macht man hier halt so, dann ist es immerhin frisch, auch wenn mir das aufgrund meines Ernährungsstils nichts bringt. Nachdem ein ganzes Huhn abgelehnt wurde, wurde angeboten, ein halbes Huhn zu schlachten. Und ja, es wurde wirklich so gesagt. Ein halbes Huhn schlachten, mal kurz sacken lassen. Wie macht man sowas? Längs? Quer? Nur die Flügel? Beide Beine? Ich kann’s mir nicht vorstellen, ohne eine nicht mit dem Leben vereinbare Verletzung beim gesamten Huhn zu verursachen. 

Aber zurück zum Besuch. Nach dem Hauptgericht wurden noch frische, sehr leckere, Mangos gereicht. Eine verdrückte ich recht schnell, sie war einfach zu lecker. Was nicht schnell war, war das Entfernen der ca. 18310238 Fasern zwischen den Zähnen, an denen hatte ich länger Spaß, aber so war ich immerhin beschäftigt. Ich schaute mich noch, Mangofasern zwischen den Zähnen entfernenderweise, etwas um, wurde vorgestellt, es wurde für mich übersetzt und so lernte ich mal wieder extrem gastfreundliche Menschen kennen. Nach einer längeren Prozedur an Verabschiedungen wurden noch Geschenke eingeladen, darunter auch ein, bestimmt halber Zentner schwerer, Sack Mangos. Alles wird auf Noahs Rückbank verfrachtet, wieder Material für Liber, der die ganze Fahrt über den Schmutt spielt, Mangos, Erdnüsse und Popcorn im Auto verteilt. Spannenderweise schaffen beide Fahrer, mit einer Hand die Erdnüsse zu schälen, die Haut abzuziehen und zu Essen, danach die Schalen aus dem Fenster zu werfen, und das alles bei voller Fahrt und ohne zu krümeln. Das schaffe ich nicht im Stehen mit zwei Händen. Hat aber sowieso keine Relevanz für mich, ich wurde zu oft vor „massiv diarrhea after eating non boiled or roasted peanuts“ gewarnt. Diese sind naturbelassen, also Finger weg.

Auf dem Weg nach Songea wurde Noah plötzlich am Straßenrand zum stehen gebracht. Erst dachte ich, etwas stimmt nicht. Kaum standen wir, ließ die Mutti der Jungs die komplett getönte Scheibe runter, schaute sonnenbebrillt nach draußen und rief den Jungen Mann zu sich her. Jeder Mafiosi in nem ordentlichen Gangsterfilm wäre schlechter gewesen. Zumindest trabte der herbeizitierte junge Mann an, hörte brav zu und kam sogleich mit vier, gar nicht mal so kleinen, Kürbissen wieder. Auch diese wurden natürlich in Noahs Fußraum verfrachtet und stören seitdem ordentlich meine Beinfreiheit bzw. schlagen mir bei jedem heftigeren Bremsmanöver gegen die Knöchel. Ob das diese Fußreflexzonenmassage ist, von der immer erzählt wird? Die Kürbisse wurden bezahlt und Noah wieder auf den Weg nach Songea gebracht.

Songea

Nachdem wir über einige belaubte Zweige auf der Straße gefetzt sind – diese kündigen hier einen Straßenverkauf an – und diese Stellen mindestens das Alarmierungsstichwort „Straße reinigen“ oder sogar „Baum auf Straße“ verdient hätten, kamen wir in Songea an. Noah meistere alles ohne neue Blessuren. 

Die Straßengräben sind hier echt tief. Die Unmengen an Regen müssen ja irgendwo hin. In Städten sind sie nicht so tief, eher Trapezförmig, aber dennoch nicht zu unterschätzen. Und in genau so einem Graben wurde Noah, kurz nach Ankunft in Songea, zum Halten gebracht. Wie es funktioniert, dass man sich hier trifft? Keine Ahnung. Zumindest wurde von Rückbank ein Gaskocher, mitsamt 10 kg-Gasflache hergereicht. Dabei muss wohl irgendeine Tasche aufgegangen sein, auf jeden Fall roch es plötzlich im gesamten Fahrgastraum extrem nach Fisch. Die Gasflasche wurde durchs Fenster gewuchtet, einem jungen Mann in die Hand gedrückt und mir wurde erklärt, dass der Gaskocher jetzt mit dem Bus zu anderer Verwandtschaft fährt. Alleine. Wie das geplant und organisiert wird? Kein Plan, in Deutschland bräuchte es mindestens ein Dutzend Formulare, ein Bund-ID-Konto, 26 Barcodes und die Träne einer Meerjungfrau, damit das alles so funktioniert. Hier? Geht schon irgendwie, und dennoch kommt alles an. 

Weiter gehts…

Mal wieder sind es gute 45 Minuten, in denen es nicht regnete. Es fängt natürlich mal wieder unvermittelt an, an eine gefahrlose Weiterfahrt ist erst mal nicht zu denken. Also rechts, ne quatsch, links ran und warten. Diese Pause wird genutzt um die Fahrer zu wechseln. Richard kommt zu mir, jetzt fährt Uli. Nachdem es etwas nachgelassen hatte, wurde Noah wieder in Bewegung gesetzt. Uli geht nicht so zart mit ihm um, wie es Richard tut. Hier gibt es überall Bodenwellen, auch richtig hohe oder es sind einfach Betonstreifen quer auf die Fahrbahn gelegt. Vor allem vor einer der unzähligen Bushaltestellen, bei Orten oder auch manchmal ohne erkennbaren Grund. Manchmal sind sie sogar markiert, oft muss man diese auf gut Glück erkennen. Zumindest prügelte Uli Noah so hart über eine Bodenwelle, und ich Angst hatte, dass Noahs Beinchen, nach einer kurzen Flugphase und folgendem Einschlag auf der Piste, nachgeben würden. Aber Noah hats gut verkraftet und es wurde auch von allen, außer mir, ohne mit der Wimper zu Zucken, hingenommen. 

Gefühlt gibt es auf den Straßen nur eine Handvoll LKW Modelle. Vor allem Dreiachser Scania Sattelzugmaschinen mitsamt Anhänger, hier auch wieder drei Achsen, allerdings immer mit Zwillingsbereifung, sind scheinbar sehr beliebt. Allerdings weiß ich nicht, ob man auf Käfermotor umgebaut, massiv überladen oder sonst etwas an den Maschinen gemacht hat. Ich kann mir nicht erklären, wieso alle, also wirklich ausnahmslos alle, egal wie viel Leistung laut Typenschild, mit maximal 20 Stundenkilometer den Berg hochkriechen. Es sind sogar teilweise reicht neue Zugmaschinen dabei, aber alle sind langsam. Und die Scania gehören noch zu den Besten, die chinesischen Zugmaschinen kommen kaum über Schrittgeschwindigkeit. Und nein, ich denke nich, dass das mit Absicht gemacht wird, dann würde man nicht, Kilometer im Voraus, das Heulen der Kupplung riechen können. 

Njombe

Es ist 17 Uhr 30, Blase voll, Tank leer. Tanke angefahren, Tank gefüllt, Blase geleert, und alles wieder tiptop. Damas sagte mir schon, dass es hier sehr kalt wäre. Ich glaubte ihm nicht, aber ich musste mir tatsächlich wieder meinen Pulli aus dem Rucksack kramen. Auch wenn es doch 18 Grad hatte, mein Körper ist noch auf 30 Grad und 227% Luftfeuchte eingestellt, da warn die 18 Grad echt wenig. Aber ich hab ja gelernt, halbwegs schlau zu packen, und kam recht schnell an den Pulli ran. Und wieder: ne Dreiviertelstunde alles gut, dann Regen. Regen bedeutet Fahrerwechsel, Richard fährt wieder. Der restliche Weg war recht unspektakulär, ich legte mal wieder ein kurzes Nickerchen ein, in gut zweieinhalb Stunden müssten wir unser Etappenziel Mafinga erreichen.

Mafinga

Einen Ticken länger haben wir dann doch gebraucht, viertel nach 8 wars, als wir das Schild „Karibu Mafinga“ passierten. Wir wollten uns hier mit Richards ehemaligem Klassenkameraden Hussein treffen. Nur war das Finden des Freundes nicht so einfach. Nachdem Richard ein paar Mal mit Hussein telefonierte, die Hauptstraße drei Mal hoch, und drei Mal runter gefahren wurde, reichte es ihm scheinbar, Noah wurde am Straßenrand zum stehen gebracht, das Fenster runtergelassen und mal laut „BODA!“ gerufen. Boda-Boda ist das gleiche wie Picky-Picky, also ein Motorradtaxi. Diese Jungs sind aber echt fit, nix nur Taxi- und Frachtdienste, auch Lotsenfahrten sind drin. Wenn man in einer Stadt in Tanzania irgendwas sucht, fragt nen Boda-Boda Fahrer, die Londoner Taxiprüfung wäre für diese Jungs mit einem halben Tag Lernzeit zu bestehen. Die sind echt verrückt gut. Zumindest lotste uns ein Boda-Boda schnell und effizient zu Richards Freund. Der stieg auch gleich in sein Auto und fuhr die Strecke mit uns zurück. Wieso das nicht vorher ging? Kein Plan. Zumindest steuerten wir eine Kombüse an, dort bestellt ich mir meine geliebten Chipsy-Mayai, ein, endlich kaltes, Kilimanjaro-Bier. 5.000 TSH kostete der ganze Spaß, für 2 € bekomme ich das sicher nicht in Deutschland.

Danach fuhren wir zusammen zum Hotel, ich war froh, endlich angekommen zu sein und schmiss mein Gepäck auf das Bett. Mal noch kurz raus, frische Luft schnappen und dann ab in die Koje, ist ja auch schon zehn. Draußen stand schon Liber, ursprünglich dachte ich, er hatte das Gleiche im Sinn wie ich. Kurz drauf folgen auch Uli, Richard und Hussein. Irgendwas ist faul im Busch. Richard meinte, wir würden noch schnell ein Bierchen zischen, ob ich alles hätte. Natürlich nicht, noch schnell Geld und Tasche holen, Zimmer abschließen und wieder raus. Allesamt in Husseins Klein(st)wagen, und los geht die wilde Fahrt. Ohne die formschlüssige Ladung in dem Wagen wäre es sicher zu schweren Verletzungen gekommen. Der Acker, über den es ging, der hatte es echt in sich. Hier nennt man das einfach „Straße“. Es warf und von links nach rechts und wieder zurück, die Karre verwand sich böse, ein Unimog wäre echt angebrachter gewesen, es gab Schläge in den Rücken, der Kopf nur Millimeter von der Epiduralblutung entfernt. 

Bar

Bar ist vielleicht der falsche Begriff, wobei Club trifft es auch nicht wirklich, es ist irgendwas barig-diskoartiges dazwischen. Mir bluteten echt die Ohren. Jeder Prüfer für Schalldruckgrenzwerte hätte vermutlich Selbstmord begangen, so laut war es. Aber es gibt ja auch unterschiede zwischen laut und laut. Eine Band, nennen wir sie mal Arch Enemy, auf einem Konzert oder Festival, spielt live Musik. Lautsprecher der Firma D&B Audiotechnik ballern einem mit 100 Kilowatt Sinusleistung Metal ins Gesicht. Das zieht dir zwar fast die Haut vom Knochen, aber es ist nicht zu laut. Lokale Musik im mp3-Format, aufgenommen in einem Tonstudio, welches sich wohl in einem fahrenden Güterzug befinden muss, abgespielt auf sehr großen, aber umso schlechter klingenden Lautsprechern, das ist zu laut. Jetzt wünschte ich mir doch mal das lokale Bier, von dem Dr. Evans immer gewarnt hatte – er probierte mehrere und hörte jedes Mal für gut ne Woche sehr schlecht. Egal, dann halt kaltes Kilimanjaro. Das System, mit dem hier Menschen abgefüllt werden, ist recht ausgeklügelt. Du bestellst ein Bier, und bekommst zwei. Das zweite bleibt so lange zu, bis das erste fast leer ist. Dann kommt eine Servicekraft und öffnet es fix, im gleichen Zug kommt das nächste Bier herbei. Also wachsam sein, sonst wird es nie leer. Allerdings auch gut, denn so sitzt man nie auf dem Trockenen. Uli und Liber umschifften dieses System ganz elegant, indem sie zu zweit mal schnell ne Flasche Gin platt machten. Eigentlich wollte ich ja nix trinken. Nachdem die Bieruhr Nummer 3, und die Zeituhr die gleiche Zahl zeigte, traten wir, in diesem Fall Liber und ich, den Heimweg an. Richard folgte zugleich, nur Uli blieb noch etwas.

Im Hotel nix gemacht außer ausgezogen, in den dünnen Schlafsack, aufgrund der Kälte ne Decke drüber und direkt weggeknackt. Wecker steht auf halb 7, zwischen 7 und 8 soll die Fahrt weitergehen. Immerhin kann ich morgen früh duschen! Zu meiner Freude gabs auch ein europäisches Klo.

Also, lala salama Mafinga!

Sorry für den ganzen Text. Ich glaube nicht, dass ich schon mal nen so langen Eintrag geschrieben habe. Zu vielen Erlebnissen gibt es auch keine Bilder, das tut mir Leid. Sobald das Internet es zulässt, werde ich einiges an Bilder nachreichen! „Noah 2“ kommt dann auch die Tage.

Bis dann.

Ankunft

Doctor‘s House, Liuli, Tanzania // 12:00 Ortszeit

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Nacht, trotz der direkt daneben liegenden Disko, deutlich besser war als erwartet. Auch wenn sich sicher nicht an irgendwelche Lautstärkegrenzwerte – vorausgesetzt sowas gibt es hier – gehalten wurde, und es wirklich meinen Raum durchschüttelte bis in den frühen Morgen, war die Nacht sehr angenehm. Ich wurde von keinem Krabbeltier gebissen, auch musste ich erfreulicherweise die Toilette nicht nutzen.

Mein Treffen mit Gift, dem hospital secretary, war geplant um 6:20. Also vorher aufstehen, versuchen zu duschen. Leider passierte überhaupt nichts als ich den Hahn in diesem Bad umdrehte. Also musste doch der Kübel mitsamt Schöpfkelle, eigentlich gedacht um die Toilette zu spülen, herhalten. Aus Wassermangel wurden die Haare ausgelassen, wenige Minuten später war ich dann halbwegs frisch gewaschen fertig und konnte meine letzten Sachen zusammenpacken. Beim Zusammenlegen meiner Jacke, welche ich unter mein Kopfkissen legen musste (scheinbar ist die Hausstaubmilbenbelastung in diesem Bett so hoch, dass meine seit Jahren stille Allergie zurück kam), klopfte es fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit an meiner Tür. Sehr pünktlich dieser Mann. Schnell mein Zeug zusammengepackt, aufgesperrt, Sachen ans Taxi getragen, nochmal alles kontrolliert, eingestiegen und schon düste der Fahrer los zum Busbahnhof. 15.000 TSH (ca. 6€) ärmer, aber sehr schnell am Ziel, wurden wir abgeladen. Ich bewachte das Gepäck während Gift im Getümmel verschwand. Ungefähr eine halbe Stunde später rollte unser Bus auf den Platz. Immerhin, kein uralter Zossen. Wirkt sogar recht modern, drei Achsen, recht hoch, Reisebus. Wird sicher gut. Gift holte mich ab, die drei Kisten für‘s Krankenhaus und mein großer Reiserucksack wanderten recht lieblos in den Gepäckraum und wir bezogen unsere Plätze. Zweite Reihe, ich am Fenster, guter Blick nach vorne. Ledersitze, ziemlich im Eimer, Beinfreiheit (selbst für meine 173 cm) gleich null, aber mit Schiebefenster. Die Fahrt kann starten. Meine Frage, ob wir dann in vier Stunden, wie geplant, ankämen, wurde mit einem kleinen Lacher verneint. Mit dem Auto vier Stunden. Mit dem Bus mindestens das doppelte. Darauf hin noch schnell antikoaguliert, sicher ist sicher und schon setzte sich unser Gefährt mit dem unablässigen Betätigen der ziemlich lauten Drucklufthupe in Bewegung.

Unser erstes Zwischenziel sollte Mbinga sein. Zwei Stunden waren geplant dort hin. Im Endeffekt haben wir nur etwas länger gebraucht. Unserer erster Fahrer, ein recht schmächtiger Mann mit Kaputzenpulli fährt. Oder besser gesagt: Er überholt. Er überholte wirklich alles und jeden, keine Sicht über die nächste Kuppe, keine Sicht um die nächste Kurve, keine Sicht am Lastwagen vor uns vorbei. Aber egal, drauf auf die Hupe, runterschalten und mit Vollgas vorbei. Spannenderweise überlebten wir allesamt. Die Sache mit den Kaputzenpullis ist recht spannend: Oftmals wurden Fenster geschlossen, weil es doch noch viel zu kalt wäre. Kann ja heiter, werden dachte sich mein jetzt schon schwitzendes Ich. Spätestens alle zwei Minuten stoppte der Bus am Wegesrand, es stiegen entweder Menschen ein, alternativ wurden Säcke oder Eimer oder Post eingeladen. Nach ca. zwei Stunden rasanter Fahrt erreichten wir Mbinga.

In Mbinga scheint wohl eine Art Umsteigeplatz zu sein. Der Hof, auf welchen wir draufrollten, war prall gefüllt mit mehr oder minder schrottreifen Bussen. In einige wenige würde ich auch einstiegen, allerdings würde sicher keiner mehr irgendeine europäische Sicherheitskontrolle bestehen. Aber glücklicherweise sind wir ja in Afrika, Tanzania, Mbinga, irgendwo in der Rumuva-Region, unendlich weit von zu Hause entfernt, gelandet. Gift sagt mir, hier würden wir eine Frühstückspause einlegen. Also Rucksack aufgesetzt, raus aus dem Bus und Gift nach. Dieser holte sich direkt zwei Suppen, eine scheinbar mit Fleisch, Knochen und Innereien, die andere mit Bohnen, Bohnen, Bohnen und etwas Speck. Beides, unter anderem in Hinblick auf die bevorstehenden Stunden, eher ungeeignet. Dem Jungen neben mir wurde ein köstlich aussehendes pfannkuchenartiges Gepäck gebracht, ich verlangte direkt zwei davon: Tatsächlich Pfannkuchen, sogar unglaublich leckere! Dazu bekam ich noch eine Tasse äußerst schmackhaften Tee und löhnte wahnwitzige 700 TSH (ca. 28 cent). Nach 90 Minuten inclusive Toilettenbesuch kündigte die Hupe baldiges Abfahren an. Einsteigen, weiter geht‘s.

Jetzt fährt ein anderer Mann. Zwar überholt er weniger, dafür fährt er aber signifikant schneller. Das wenige Überholen ist aber auch eher dem abnehmenden Verkehr geschuldet. Verkehrsberuhigunge Bauwerke, wie wirklich wirklich böse Schwellen in der Straße, werden ebenso ignoriert und mit Karacho überfahren wie Fußgängerüberwege oder dergleichen. Auch wenn alle Überwege auf einem kleinen Plateau liegen, und wir dementsprechend immer aus dem Sitz gehoben wurden, wurde sicher nicht vom Gas runter gegangen. Sollten Fußgänger dort stehen, dann wurde – oh Wunder – einfach gehupt und vorbeigefahren. Standen Fußgänger allerdings an der (oftmals nicht markierten) richtigen Stelle, so wurde natürlich ebenfalls gehupt, angehalten um sie einsteigen zu lassen. Natürlich wurden auch hier ab und an nur Säcke oder einfach rohe unverpackte Fische mitgenommen. Alles normal. Bei der Abfahrt, wurde natürlich auch wieder die Hupe genutzt. Ohne diese geht hier nix. Interessant war das Entertainment im Bus. Bei Abfahrt lief noch etwas zu laute lokale Musik samt Musikvideos. Trotz 90% Lautstärke meiner Black-Metal-spielenden Kopfhörer, war die Musik noch deutlich zu hören. Der neue Fahrer entschied sich scheinbar für einen Film. Für den Rest der Fahrt wurden also Low-Budget Kurzfilme gezeigt, allesamt aus türkischer Produktion aber in Swahili „synchronisiert“. Die Synchro funktioniert scheinbar so, dass ein paar Jungs den Film nehmen und sobald jemand redet (egal ob männlich oder weiblich), die Tonspur komplett abschalten und das Gesprochene in ihr Mirkophon sprechen. Das Mikrophon ist scheinbar aus einer Dose, einem Gummi und einem Stück alter Telegraphenleitung selbst gebaut, andernfalls ist die Tonqualität nicht zu erklären. Das Ausblenden des Tons führt teilweise zu lustigen Tonschnipseln: So dröhnte ab und zu ein Hubschrauber, ein abstürzender Düsenjäger, eine Disko oder gar eine Schießerei durch unseren Bus, ununterbrochen von der „Synchronisation“ und natürlich der gequälten Hupe unseres Busses. Die weiter Fahrt wurde nur kurz durch ein Schild unterbrochen, welches befahl, nicht mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht durchzufahren. Der kommende Streckenabschnitt wäre keinesfalls dafür ausgelegt. Wenige hundert Meter nach dem Schild erschien rechts ein Gebäude, vor dem Gebäude eine Achslastwaage. Dies zeigt für die Vorderachse knapp acht Tonnen, für die zweite Achse samt Schleppachse ungefähr zwölf Tonnen. Ein Offizieller schaute sich die Zahlen an, nickte freundlich und schon ging es, mit nur 16,5 Tonnen zu viel, auf die, für uns eigentlich gesperrte, Straße. Bis Mbomba-Bay verlief die Fahrt meinerseits hauptsächlich schlafenderweise, in Mbomba-Bay wurde der nächste Stopp eingelegt.

In Mbomba-Bay verschwand Gift mit einem Umschlag samt Geld. Dieser Umschlag war wichtig für meine Arbeitserlaubnis. Nachdem dieser abgegeben wurde holte ich mir noch etwas zu trinken, Gift eine Portion Pommes, ich mir die köstlichste Banane des Universums (für 100 TSH, also vier Cent), und es wurde wieder fleißig umgestiegen, umgepackt, ein- und ausgeladen. Gift sagte mir bereits, dass der nächste Abschnitt „a little bit ruffer“ werden würde. Mit „a little bit“ habe ich ja seit gestern meine Erfahrungen, ich stellte mich also auf Wildes ein.

Jetzt fährt wieder ein anderer. Nennen wir ihn mal Walter Röhrl. Er muss sicher Rallyefahrer sein, andernfalls kann ich mir die wahnwitzige Geschwindigkeit, sowie das skrupellose Steuern unseres 20-Tonners in Menschenmengen wirklich nicht erklären. Auch jedes Schlagloch wurde scheppernd mitgenommen, der Bus rutschte, lief am Hang quer und wurde wieder in die Spur gezogen. Jetzt erklärt sich mir auch, wieso die Spur des Busses so dermaßen verstellt ist. Wenn dieses arme Gefährt jeden Tag diese Tortur mitmachen muss, dann wird einiges klar, umso weniger möchte ich die Radaufhängung von unten sehen. Nach wenigen Minuten wurde unsere Fahrt von einem sehr schlammigen steilen Berg gestoppt. Der Bus hielt, Feststellbremse rein, Tür auf, alles aussteigen und zu Fuß den Berg hoch. Der Bus sollte direkt folgen. Dies tat er auch, zumindest die Hälfte der Strecke, dann ging nix mehr. Weder vor, noch zurück. Im Schlamm eingegraben, da konnte unser Walter machen was er wollte. Ratlos stand ich da, und wusste nicht ob wir helfen gehen sollte zu schaufeln oder zu schieben. Aber was will ich bei 20 Tonnen am Berg machen, außer später tot darunter zu liegen? Im Sinnieren überholte mich ein sandgelbes großes Etwas. Einen Moment brauchte ich schon, um den Grader der Firma CAT zu begreifen. Ich hab hier wirklich mit allem gerechnet, aber nicht hiermit. Eine viertel Stunde später standen Bus und Grader vor meiner Nase, gerade so im Ebenen, dass der Bus wieder anfahren konnte. Also allesamt einsteigen, sich‘s gemütlich machen und weiterfahren. Weit gefehlt. Ca. 300 m später hielt der Bus wieder. Feststellbremse. Tür auf. Alle raus. Vor uns ein Hand, unten am Hang eine deutlich zu schmale Brücke, darunter arbeitende Männer welche ein Rohr installieren sollten. Zu Fuß war die Brücke kaum gefahrlos zu überqueren, so rutschig war es und so tief sanken wir ein. Schnell kamen ein paar Männer mit Schaufeln, es wirde eifrig versucht de Brück notdürftig zu verbreitern und die Schlammlöcher etwas ebener zu bekommen. Half alles nichts, wir mussten warten. Kein Empfang, einen Fahrer aus Liuli rufen war also auch nicht drin. Nach einer Ewigkeit kroch der Bus langsam den Berg hinab. Vor der Brück erneutes stehenbleiben, schauen, erster Gang und mit Gas über die Brücke. Das selbst Walter die Schweißperlen auf der Stirn standen deutete eindeutig auf den Ernst der Lage hin. Oder ob es der seit einiger Zeit zusehende Polizist war, welcher ihm die Schweißperlen auf die Stirn trieben? Keine Ahnung. 20 Meter weiter durften wir dann wieder alle in unseren noch vollständigen Bus einsteigen. Weiter lief der wilde Ritt. Die nächsten zwei Stunden waren geprägt von weniger gehupe (außer natürlich alle zwei Minuten an einer „Haltestelle“ aka. Baum), etwas gerutsche, viel viel Vollgas und viel Kurbelei am Lenkrad seitens Walter. Auch wenn ich mein Leben mehrfach an mir vorbeiziehen sah, kamen wir dann endlich gegen 16:30 Uhr in Liuli an.

Die vierte Haltestelle in Liuli gehörte uns. Aussteigen, nach längerer Sucherei wurde dann auch mein Rucksack unter drei großen, zentnerschweren Säcken (wohl mit Kartoffeln gefüllt) gefunden. Für 1.000 TSH wurde mein Rucksack auch zum Doctor‘s mittels Mopped gebracht. Die drei anderen Famulant:innen erwarteten mich schon freudig. Der Weg zum Doctor‘s House verlief durch den Ort, 10 Minuten Fußweg. Zuerst brachten wir die Kisten mit der Medizin in die Krankenhausapotheke, dann mich ins Doctor‘s House.

Alles weitere zur Ankunft, zum Doctor‘s House und dem Krankehaushaus wird etwas später kommen, jetzt muss ich leider mit den drei anderen ein Bier trinken gehen. Also dann, bis später!

Edit: Die Nacht war sehr entspannt, endlich angekommen. Allerdings ist die Versorgung mit Internet etwas schwieriger, deshalb kann ich mich wohl nicht mehr jeden Tag melden. Über das Krankenhaus schreibe ich die Tage!

Songea

Unterkunft, Songea, TZA // 18:00 Ortszeit

Zunächst einmal hat der Tag mit dem endgültigen Verschieben meines Fluges begeonnen. Also hatte ich genug Zeit um in Ruhe zu Frühstücken, erneut zu duschen, wer weiß wann sich die nächste Gelegenheit ergibt (goldrichtiger Gedanke wie sich später rausstellen wird), in Ruhe meinen Kram zu packen und dann entspannt zum Flughafen zu fahren. Frühstück ohne größere Komplikationen, duschen, packen und Check-Out ebenso, die Uber-App wies mir den gleichen rasanten Fahrer wie gestern zu und kurz später war ich am Julius Nyerere International Airport – Terminal 2. Übrigens konnte ich auf dieser Fahrt auch das Rätsel mit den Bussen klären: Das ungefähre Ziel ist an der Farbgebung des Busses zu erkennen, gar nicht mal so doof, es muss ja bedacht werden, dass bei weitem nicht die gesamte Bevölkerung lesen oder gar schreiben kann!

Der erste Check-In verlief problemlos, großen und kleinen Rucksack durch die Sicherheitskontrolle gebracht, dann den großen Rucksack aufgegeben und mit dem kleinen Rucksack weiter. Wieder Sicherheitskontrolle und dann warten. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass es keine gute Idee ist, von diesem Terminal aus etwas zerbrechliches aufzugeben. Das Band, auf welches das Aufgabegepäck gefeuert wird ist tatsächlich nur ca. 2 m lang und macht nichts anderes, als das liebevoll und sorgsam verschnürte Gepäck auf der anderen Seite der Mauer auf den Boden zu werfen. Dort findet es dann in der Regel ein Mitarbeiter welches eben jenes Gepäck auf einen Wagen wirft. Das weitere Verfahren mit dem Gepäck bleibt unklar.

Das Boarding unserer Dash-8 Q400 verlief problemlos und zügig, zu meiner Freude ware die Sitze überaus bequem und auf meinem Fensterplatz fand sich auch kein Sitznachbar ein. Das unbändige Dröhnen unserer Turboprop kündigte den Start an, problemlos. Die erste Stunde war auch deutlich ruhiger als gedacht, die letzten 20 Minuten umso turbulenter. Es schmiss die Maschine in der Luft umher, selbst die Damen der Cabin-Crew krallten sich mit Händen und Füßen an unserer Dash-8 fest. Man hörte Köpfe in den Seitenverkleidungen einrasten, leises Wimmern aus dem achternen Teil des Fliegers und der junge Mann neben mir wurde ganz blass. Einer meiner „special-anti-vomit-chewing-gums“ bewirkte Wunder, dass es sich um einen stinknormalen Kaugummi handelte sagte ich erst später. Die Landung (oder besser der Einschlag auf der Landebahn) beendeten das Abenteuer Air-Tanzania abrupt. Nach dem Aussteigen wurden wieder einmal die Pässe samt Visa kontrolliert, hier ist dafür nicht mehr nötig als ein zerfleddertes Notizbuch, ein Kugelschreiber und ein vollautomatisches Sturmgewehr der Gattung AK-47. Wenige Minuten später kam auch schon ein rumpelndes Quad-ähnliches Gefährt angerollt, auf der Ladefläche viel zu vieler Koffer und Taschen. Die Ausgabe des Gepäcks erfolgte ähnlich liebevoll wie am Flughafen Dar Es Salaam und so konnte ich nur knapp verhindern, dass mein Rucksack aus 2,5 Metern Höhe in den Staub und Dreck vor meinen Füßen geworfen wurde. Alles fein, alles da, alles ganz – soweit zum jetzigen Zeitpunkt ersichtlich.

Bei deutlich angenehmerem Wetter (26 Grad, es hat gerade aufgehört zu regnen) werde ich von Gift. dem Sekretär der Krankenhauses samt Taxi und Fahrer erwartet. Mein Gepäck wandert in den Kofferraum, das Taxi rollt los und er erklärt mir den Zeitplan: Erst Medikamente und Equipment fürs Krankenhaus kaufen, dann zum Geldautomaten, dann zum Hotel. Soweit so gut. Ich habe mich am Anfang erkundigt, was das Krankenhaus aktuell gut gebrauchen könnte, vor allem Geld wurde mir gesagt. Also hab ich etwas Geld zusammengekratzt und wir haben gemeinsam für dann insgesamt 500.000 TSH (ca. 200€) Material kaufen können. (Wer diesen Text liest, und sich denkt, es sei eine gute Sache etwas zu geben, der darf sich gerne bei mir melden!) Insgesamt konnten wir zwei gut gefüllte Kartons mit allerhand Dingen besorgen: Von Antibiotika über Aspirin, Blutentnahmeröhrchen samt Kanülen bis zu einem Blutzuckermessgerät. Insgesamt mussten wir hierfür drei Apotheken und einen weiteren Laden anfahren – Material zu besorgen ist hier absolut nicht einfach.

Zwischendurch ging es noch zu einem Geldautomaten. An der Funktionsuntüchtigkeit des selben konnte auch der Bankanstellte, mitsamt zwei Jungen Männern inclusive geschulterer Strumgewehre der wohl allseits beliebten Bauart „Kalaschnikow“, nichts ändern. Also nächster Geldautomat, dieser spuckte auch brav mein Geld aus. Ein weiterer Stop stellte der Busbahnhof dar, 15.000 TSH (ca. 6€) sollte das Ticket für die 170 km morgen früh kosten. Am Hotel angekommen verlangte der Taxifahrer 50.000 TSH (ca. 20€) für einen ganzen Nachmittag Herumfahrerei.

Das Hotel. Obwohl, das wäre eigentlich zu viel gesagt. Nennen wir es mal „Unterkunft“. Wahnwitzige 14.000 TSH (ca. 5,60€) wollte die nette für die Nacht haben. Ich habe auch schon in heruntergekommenen Buden gepennt, aber heute Nacht wird sicher spannend. Auch wenn ich gestern Nacht von irgendeinem Krabbelviech (keine Ahnung was es war, ca. 7 mm groß, ich konnte es gerade noch wegschnappen) in den Bauch gebissen wurde und es unglaublich heiß war, muss man dennoch sagen, dass das Hotel in Dar Es Salaam viel viel mehr den Begriff „Hotel“ verdient hat. Unten sind Bilder, auch im Vergleich zu Dar Es Salaam, viel mehr sagen muss ich nicht. Immerhin hab ich Strom und es ist günstig. Was soll’s.

An dieser Stelle wieder ein gut gemeinter Tipp: Wer in einen touristisch kaum entschlossenen Teil Afrikas reist, und zumindest ein wenig an europäische Verhältnisse gewohnt ist, dem schadet eine Rolle Toilettenpapier im Handgepäck auf keinen Fall!

Nach dem Beziehen meines Zimmers sollte es noch etwas Essbaren geben. Mir wurde vorgeschlagen, dass ich doch einfach mal die Straße hochlaufen solle, dort gäbe es allerhand. Gesagt – Getan. An der ersten Kochnische blieb ich stehen, ich fragte, was es alles gäbe und man bot mir diverses an. Irgendwann konnten wir uns auf einen Mix aus Ei, Salat, Fritten und Mango einigen. So richtig verstehen wollte man nicht, wieso ich kein Fleisch essen mag, mit etwas Überzeugungsarbeit lies man dann aber doch davon ab. Alsbald wurden mir zwei Teller gereicht, einer mit einem omeletteartigen Pfannengericht, dazu selbstgemachte Tomatensoße und der andere mit Mango, Salat und der mir wärmsten ans Herzen gelegten „special-sauce, little bit hot, little bit chili“. MERKE: Wenn dir hier „little bit“ angedreht wird, dann wird dir wirklich warm ums Herz. Mir wurde es. Ich tunkte nur ein Stück Mango in die Sauce und bekam Schweißausbrüche, Herzrasen, sicher einen hochroten Kopf und bestimmt entgleisten meine Gesichtszüge auch kurzzeitig. Mein Leid wurde erkannt, recht schnell kam eine junge Dame die mir eine sehr kalte Pepsi-Cola verkaufte. Dass Flüssigkeit wenig bringt, hätte ich wissen müssen, hab‘s aber vercheckt, halb abgezogen, noch mehr Schmerzen und dann in mein Omelette gebissen. Etwas gelindert wurde mein Schmerz schon, aber vom Geschmack meines Gerichts blieb leider nicht mehr so viel über. Auch hier wieder ein gut gemeinter Tipp: Wer nicht mit den Fingern essen mag, der sollte etwas Besteck bei sich haben, ich hab mir selten die Finger so versaut wie bei dem Verzehr meines Abendbrots.

Jetzt bin ich wieder im Hotel, gleich werde ich mein Bett beziehen, das Mosquitonetz ausfalten und mich dann hinlegen. Morgen früh geht‘s um 20 nach 6 schon los. Mal sehen, was mich heute Nacht so kneift, beißt oder sticht. Es wird spannend.

Gute Nacht.

Kleine technische Probleme

Im Hotel, Dar Es Salaam, TZA // 21:00 Ortszeit

Der heutige Tag fing mit einem ähnlichen Frühstück wie gestern an, zusätzlich bekam ich noch eine Süßkartoffel. Zumindest sagte man mir, dass es eine Süßkartoffel wäre, allerdings sah diese gänzlich anders aus als erwartet. Geschmacklich war diese leider wenig überzeugend – eine Mischung aus purer Stärke und super mehliger Konsistenz, dennoch drückte ich die Kartoffel runter, sättigend war sie allemal. Kurz darauf ging’s dann in mein Zimmer, irgendetwas ist mir nicht so gut bekommen beim Frühstück, aber egal. Ne halbe Stunde später war wieder alles gut.

Nach dem Frühstück wollte ich dann online für meinen Flug morgen nach Songea einchecken. Die passende E-Mail wurde schnell gefunden, doch leider war der Check-In trotz vielversprechender Betreffzeile („Check-In opened“) nicht möglich. Meine Buchungsnummer gäbe es wohl auch nicht laut System. Da ich allerdings schon ein E-Ticket ohne Check-In zu Hause ausgedruckt hatte, der Flug bezahlt und fest geplant ist, entschloss ich mich zum Flughafen zu fahren um dort direkt nachzufragen – weit ist es ohnehin nicht. Also E-Ticket eingepackt, Reisepass mitgenommen und die Uber-App am Handy gezückt – wenige Minuten später fuhr auch schon mein knatterndes Bajaji vor. Kaum mehr verwundert über riskante Überholmaneuver mehrerer Lastwagen mit großer Aufschrift „DANGER“, holprigen Abkürzungen durch den Straßengraben oder das Überqueren von Gleisen auf denen erst einmal spielende Kinder aufgescheucht werden mussten ging’s ab zum Flughafen.

Am Terminal 2 angekommen stellte ich mich selbstverständlich zunächst in der falschen Schlage an, am Schalter wurde ich nur verdutzt angeschaut wieso ich selbst fliegen wollen würde – im Nachhinein wurde mir mein Fehler bewusst, riesige Lettern „ONLY CARGO“ gaben den passenden Hinweis. In der richtigen Schlange konnte mir dann schnell geholfen werden. Ja, mein Ticket ist gültig. Nein, der Check-In öffnet erst zwei Stunden vor Abflug. Zugleich glücklich, dass ich morgen weiterkomme, als auch verwundert über die Betreffzeile der E-Mail, beschloss ich den Flughafen noch etwas genauer zu erkunden.

Die Unterschiede zwischen Terminal 2 und 3 sind immens. Terminal 2 ist ausschließlich der Sicherheitsbereich Indoor, der Rest ist Outdoor unter einer Art Vordach, der Wartebereich ist winzig und die Sicherheitskontrolle besteht aus einem Röntgengerät. Ich denke mir, der Flughafen Hahn ist im Vergleich hierzu riesig. 350 Meter weiter befindet sich das neue Terminal 3. Hier werden, im Vergleich zu Termine 2, die internationalen Flüge abgewickelt. Der Departure-Bereich besteht allerdings auch hier vollständig aus Indoor-Sicherheitsbereich, der Arrival-Bereich war leider nicht zu betreten. Ein Uniformierter wies mich mehr oder minder freundlich hin, dass man hier nicht hin dürfe. Die Auslastung dieses riesigen Gebäudes erinnerte mich allerdings wieder stark an den vertrauten Flughafen Hahn.

Mit Snack im Bauch stiefelte ich los um ein Bajaji zu bestellen. Leider lässt es die Uber-App nicht zu, ein Bajaji auf dem Gelände zu ordern. Kaum bin ich in der Nähe der Grenze werde ich von mindestens 15 Fahrern angesprochen, ob ich einen Transfer bräuchte. Den freundlichsten suchte ich mir aus, es wurde sich auf einen Preis geeinigt und dann sprintete er los. Folgen musste ich irgendwie, ich würde ihn nie mehr finden. Problem: Die sechs-spurige Straße inclusive vier Abbiegespuren, zwei Einmündungen zum Flughafen, zwei zur Tankstelle und einer zu einer weniger als befahrbar einzustufenden Straße auf der Gegenseite. Da auf sechs Spuren locker zehn Fahrzeuge nebeneinander, kreuz und quer und sowieso ohne die Beachtung eines einzigen Verkehrszeichens fahren, war das Queren durchaus spannend, aber ohne Verluste etwaiger Körperteile oder größerer Mengen Blut gut machbar.

Im Hotel erst duschen, dann lesen. Dies Hitze macht mich fertig. Vor allem heute, 38 Grad. Durch den Stand der Sonne im Zenith ist auch Schatten kaum zu finden. Die Freude über meinen Deckenventilator hielt leider nicht besonders lange an. Nach kurzer Zeit viel der Strom aus, nach wenigen Minuten war er dann wieder da. Seit dem funktioniert das WLAN zwar kaum mehr aber immerhin geht der Ventilator. Die Freude hielt leider nicht besonders lange, nach einer halben Stunde fiel der Strom wieder aus, nach 45 Minuten ohne hörte man das Starten eines größeren Dieselmotors, einen Augenblick bewegte sich der Ventilator auch wieder. Mehrere Stunden unter Dieselbetrieb zogen ins Land, mittlerweile ist aber alles wieder gut. Nur WLAN gibts immer noch keins. Gerade eben funkte es gewaltig in einer Steckdose.

In diesem Moment habe ich eine Nachricht bekommen, dass mein Flug morgen von 9:30 auf 13:05 verschoben wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dem Frieden trauen soll, immerhin kamen in den letzten Tagen mehrere solcher Mails. Früh genug am Flughafen zu sein kann sicher nichts schaden.

Für heute genug geschrieben, ich lege mich gleich ins Bett, wer weiß wann ich morgen auch wirklich ankomme. Bis dahin.

Gute Nacht.

Ankunft in Tanzania

im Hotel, Dar Es Salaam, TZA // 01:45 Ortszeit

Erst mal ein einziges Wort zum Wetter: klebrig. Warm mit 25°, durch 88% Feuchte gefühlt wie 28° und das mitten in der Nacht. Keine Ahnung wie ich das überleben soll…

Der Flug verlief zumindest bis zum Boarding reibungslos. Kurz vor Abflug meldete sich der Kapitän, dass wohl ein Netz im Belly kaputt wäre und man jetzt erst reparieren würde. Egal, ich sitze ja warm und trocken. Nachdem die ganze Nummer wieder heile war und wir mitsamt dem Enteisen schon 41 Minuten Verspätung gesammelt haben ging’s dann auf in die Luft. Recht schnell wurde die erste warme Mahlzeit gereicht (Penne al Forno), welche mich in zweierlei Hinsicht positiv überraschte: Einerseits war es wirklich lecker und andererseits hat sie mir nicht auf den Bauch geschlagen. Sehr gut. Nach dem Essen wird natürlich erst mal ein Nickerchen gemacht…

Minimale Turbulenzen holen mich aus dem Land der Träume zurück und ich finde mich wieder in einem einigermaßen bequemen Economy-Class-Sitz irgendwo über Süd-Europa. Zu meiner (und den Menschen am anderen Ende ihres Endgeräts) Freude gibt es ein kostenloses WLAN an Bord. WhatsApp geht, Signal nur mäßig, der Rest kostet extra. Also zuerst lesen, dann einen Film reinziehen und schau an: Ne zweite warme Mahlzeit gibts auch noch. Verrückt. Auch diese erfüllt beide der oben erwähnten Kriterien. Total verrückt.

Für das obligate Nickerchen ist leider keine Zeit, wir sind schon im Landeanflug auf Zanzibar. Die Landung verlief sehr sanft, ca. 90% der Mitreisenden steigen aus und es kommen erst mal keine neuen Reisenden hinzu. Nein. Es kommt eine Putzkolonne reingestürmt, es wird hier und da geputzt, gesaugt, Müll weggeräumt und Decken eingesammelt. Dass das alles während des laufenden Betriebs geschieht wundert mich zwar ein wenig, aber was soll’s. Ich sitze ja warm und trocken.

Kurz drauf kommen auch die anderen Reisenden, der Flieger ist wieder brechend voll, wir rollen los und kurz drauf heben wir ab in Richtung Dar Es Salaam.

Wenige Minuten später taucht die Stadt schon unter uns auf. Im Vergleich zu europäischen Städten fallen zwei Dinge sofort auf: Viel mehr LED und viel weniger Struktur zu erkennen.

Landung? Problemlos, aber der Runway ist wohl was schlechter. Auf zur Parkposition, die Anschnallsymbole erloschen, Gurt auf, Rucksack holen, raus, Auch wenn der Flieger direkt mit dem Gebäude verbunden ist drückt die Hitze direkt. Ich denke mir direkt, dass es wohl recht unangenehm für mich wird, der den deutschen Sommer bei 22° schon fast zu warm findet, Wieso bin ich eigentlich nochmal hier?

Passkontrolle und Visum waren in 5 Minuten erledigt, Gepäck abholen ebenso. Im Terminal werde ich von Weston erwartet, ein sehr freundlicher Mann. Zuerst gehen wir zum Geldautomaten, dort zieh ich 400.000,00 Tanzania-Schilling, der Automat wirft mir 40 Scheine mittelmäßiger Qualität über und ich bin 162,49€ ärmer. Kurz drauf noch fix ne SIM-Karte besorgt (24,1GB für 60.000,00 TZS oder knapp 25€) und dann ab zum Auto.

An dieser Stelle möchte ich kurz erwähnen, dass ich unter meiner alten Handynummer weiterhin über WhatsApp, Signal, FaceTime, Telegram und co. erreichbar bleibe,

Am Parkplatz wollte ich dann natürlich auch erst mal auf der falschen Seite einsteigen, aber ich bin ja auch müde und von Hitze gequält, also verzeih ich mir meinen Fehler. Weston fährt wirklich langsam und bedacht, mir wird auch schnell klar wieso. An dieser Stelle möchte ich einmal das Auswärtige Amt zitieren:

Es herrscht Linksverkehr. Der Zustand der Straßen ist meist recht gut, in abgelegenen Gegenden weniger und dort gibt es schwere Schlaglöcher. Das Fahren auf Schnellstraßen stellt aufgrund ungewohnter und sehr unterschiedlicher Fahrstile eine Herausforderung dar.

Es gibt häufig schwere Verkehrsunfälle. In der letzten Zeit häufen sich auch schwere Busunglücke auf den Schnellstraßen in Tansania.

https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/tansaniasicherheit/208662#content_3

Wenn man jetzt noch „Schnellstraßen“ durch „überall“ ersetzt dann müsste ein Schuh draus werden. Auf 10 Minuten Fahrt habe ich einen Busunfall gesehen, unzählige riskante Überholmanöver mit allenmöglichen fahrbaren Untersätzen, strandende Hunde und so schweren Schlaglöcher wie sie es noch nicht mal im Kreis Birkenfeld gibt. Und das alles nur 10 Minuten vom Flughafen entfernt

Ich sitze jetzt in meinem Hotel für die nächsten 3 Nächte. 150.000,00 TZS (oder 60,95€) kostet mich der Spaß, morgen holt mich Weston ab und wir gehen in die Innenstadt. Ich leg mich jetzt mal schlafen, naja egal. Ich liege ja (sehr) warm und (nicht mehr ganz so) trocken.

Gute Nacht.

Amsterdam und Flug

Schiphol, Amsterdam, NL // 09:00 Uhr

Der Flug war ruhig, viel mitbekommen habe ich nicht. Abgehoben, eingeschlafen, gelandet. Alles in allem unspektakulär, gesehen hätte man ohnehin sowieso nichts.


Man glaubt es kaum, aber hier gibt es auch Geldautomaten an denen man US-Dollar bekommt. Verrückt, was?

Kurz einen Kaffee besorgt und ab zum Gate, jetzt sitze ich hier und langweile mich ein wenig bis das Boarding beginnt. Abflug soll dann um 10:15 Uhr sein, mit Zwischenhalt auf Zanzibar sollte ich dann gegen 23:00 in Dar Es Salaam ankommen. Mal schauen wie‘s wird.

Frankfurt

Wecker um 1, Abfahrt halb 2, um 4 in Frankfurt. Erst den großen Rucksack abgegeben – problemlos. Dann beginnt die Odyssee. Aufgabe: US-Dollar besorgen. Man sollte meinen, sowas wäre am größten deutschen Flughafen Problem möglich, wer auch der Annahme ist täuscht sich leider gewaltig. Keine Reisebank hat geöffnet vor 6, alle Geldautomaten mit Fremdwährungen haben „diese Währung aktuell leider nicht vorrätig“ und das weder in Terminal 1 noch 2. Egal.

Der Security Check-In ruft. Wenn man jetzt als absoluter „Vielflieger“ diverse Dinge beachten würde, dann würde man sicher auch nicht nochmal gefilzt werden. Wenn.

Es ist 20 vor 7, das Boarding ist vorbei und wir sollten anfangen zu rollen. In Amsterdam müsste ich dann wirklich auch Dollar besorgen, ob‘s funktioniert? Keime Ahnung, aber wir werden sehen.

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