7.282 km von zu Hause entfernt

Schlagwort: Songea

Noah 1

Irgendwo zwischen Mafinga und Moshi, keine Ahnung welche Region, TZA // 12:00 Ortszeit

Da ich auf der Straße unterwegs bin, und das Internet hier quasi nicht vorhanden ist, reiche ich die Bilder zu diesem Eintrag wieder nach. Ich hoffe, er wird dennoch gut, ich habe schon Tränen gelacht, und das nur beim Machen von Notizen was alles so passiert ist. Viel Spaß beim Lesen!

Start

Ursprünglich war geplant, dass wir um 4:30 am Gate des Krankenhauses starten. Also stelle ich mir einen Wecker auf halb 4, ich will ja noch duschen und auf jeden Fall pünktlich am Gate sein. Dafür reicht eine Stunde auf jeden Fall. Zeitgleich mit dem Klingeln meines Weckers, wurde aus einer Stunde auch zwei. Richard schrieb mir, dass wir erst um halb 6 starten. Also habe ich richtig viel Zeit, lege mich aber lieber nicht nochmal hin, wer weiß ob alles gut geht.

Richtige Entscheidung! Als erstes wollte ich natürlich unter die Dusche. Wer weiß, wann ich das nächste mal eine Dusche zu sehen bekomme. Ins Bad, Türen zu, ausziehen, unter die Dusche, Ventil auf. Kein Wasser. Mist. Aber alles nicht so schlimm, wir hatten gestern Abend schon kein Wasser, normalerweise sagt man dann einfach Monika Bescheid, wenige Minuten später geht dann wieder alles. Naja, gestern Abend war es schon neun, also ist Monika nicht mehr da. Aber Monika verschwindet immer hinter dem Haus. Als hatte ich mir die Taschenlampe geschnappt und bin zum Wassertank. Einfache Lösung: Einfach das Ventil zum Nachfüllen wieder aufdrehen, am nächsten Morgen zudrehen und alles ist gut. Ich wies auch Yigit an, es an diesem Morgen wieder zu schließen. Aber zurück zu einem nackten Niklas, der unter der Dusche ohne Wasser steht. Wieder was überziehen, Taschenlampe aus dem gepackten Rucksack rausziehen, vor die Tür und ab zum Tank. Das Ventil zum Nachfüllen war noch offen, allerdings fehlte der charakteristisch gurgelnde Ton. Dieser wird bei vollem Tank durch das sichtbare Überlaufen ebendiesen abgelöst. Nichts war da, Handrad ganz nach links, mal wieder ganz nach rechts und dann wieder ganz nach links. Aber nichts. Shit. Das wäre mir an jedem anderen Tag erstmal egal gewesen, aber an diesem wars schon besonders doof. Wer aufmerksam den Artikel zum Doctor‘s House gelesen hat, der weiß, dass es in der Küche immer Wasser gibt. Hat ja alles keinen Wert, so zwei drei Körperstellen sollte man mindestens reinigen, die gute alte Katzenwäsche. Seife geholt, mit Waschlappen bewaffnet an dieses Spülbecken, im dunkeln fast das böse Gitter berührt, aber egal. Das Wasser tröpfelte dieses mal wirklich nur, und so durfte ich mich mit maximal 50 mL Wasser pro Minute waschen. 

Nach meinem fehlgeschlagenen Reparaturversuch und Kunststück an Monikas Spülbecken war es schon fast halb fünf, Gott sei Dank hat Richard die Abfahrt verlegt. Jetzt aber wirklich alles zusammenschmeissen, Schlafsack und diverse andere sehr wichtige Dinge einpackt und drei mal kontrolliert und dann war ich im Endeffekt auch um fünf abfahrtbereit. Yigit war kurz auf um zur wasserlosen Toilette zu gehen, Nemire folgte kurz später. Sie steht im Ramadan eine Stunde vor Sonnenaufgang auf, um zu essen und zu trinken. Beide verabschiedeten mich nochmals, ich kontrollierte erneut, ob ich auch wirklich alles hab und stiefelte dann zum Gate. 

15 Minuten nach meiner Ankunft dort, und um genau halb sechs, rollte Noah vor. Also um genauer zu sein, ein Toyota Noah, silbern, Richard am Steuer, Liber auf der Rückbank, die Mama der Jungs auf der mittleren Bank, auf die ich auch verfrachtet wurde. Der fehlende Bruder, dessen Namen ich mir nicht merken kann, und ihn aus Gründen in diesem Blog einfach mal „Uli“ nennen möchte, den holten wir auch noch ab. Liber schaffte meine zwei Rucksäcke neben sich auf die Rückbank und schon ging die wilde Fahrt los, Uli stieg übrigens nur Minuten später ein.

Die ersten 45 Minuten

Waren Problemlos. Ich hatte die ganze Zeit Richards WharsApp Nachricht im Kopf „Hopefully there will be no rain!“. Blieb auch so. Wir zockelten mit gemütlichen 30 Sachen in Richtung Mbamba Bay, wurden von Motorrädern überholte, wichen Schlaglöchern der Größe einer Dreifachturnhalle aus, Noah setzte ab und an mal auf, aber brachte uns langsam aber sicher immer weiter weg von Liuli. Allerdings ist Noah etwas untermotorisiert. An jeder einfachen Steigung, geschätzt noch nicht mal zehn Prozent, musste Richard Noahs Gaspedal bis in die Ölwanne prügeln, Noahs Wandlerautomatik beschwerte sich auch regelmäßig, aber Richard machte unserem Noah Mut. „Come on baby!!“ hallte es mehr als einmal durch den Innenraum. Aber alles gut gemeistert.

Regen

Der ein, oder die Andere, wird es schon vermutet haben, dass es nicht bei Trockenheit bleiben wird. Immerhin ist Regenzeit. Der digitale Regen kam auch sogleich, und dann ist er einfach da. Im Vergleich zu dem Ventil im Doctor‘s House, kommt beim Öffnen des Regenventils sofort Wasser, in ordentlichen Mengen. Zehn weitere Minuten konnten wir noch fahren, dann wurden wir von zweierlei Dingen zum Halten gezwungen: Einerseits wurde die Sicht echt schlecht, Noahs Scheibenwischer packten es kaum, das Wasser von seiner Windschutzscheibe zu wuchten. Andererseits lag vor uns eine Furt, also ein Bereich, in dem wir einen kleinen Bach durchfahren müssten. Alles kein Problem, allerdings wurde die Mama der Jungs etwas nervös, als wir durchfahren wollten. Es wurde sich darauf geeinigt, erst mal anzuhalten, zu warten bis der Regen etwas weniger wird und vielleicht sogar einen alternativen Weg zu finden. So saßen wir einige Zeit dort, und taten nichts, bis der Regen nachgelassen hatte.

Arche Noah

Der Regen hat zwar nachgelassen, einen alternativen Weg gab es aber nicht. Also mussten wir wohl oder übel durch diese Furt durch, der Regen vorher, hat natürlich aus dem kleinen Bach einen eher reißenden kleinen Fluss gemacht. Uli zog Schuhe aus, krumpelte sich die Hose hoch und ging voraus, um zu sehen, wo der beste Weg zum Fahren ist. Richard lenkte Noah in die Fluten, nur raus ging es nicht mehr. Mein mulmiges Gefühl wurde von gurgelnden Geräuschen begleitet, allerdings lief Noahs Motor noch. Liber sprang von der Rückbank an mir vorbei, auch keine Schuhe an und kurze Hose, ich fragte dann mal fix, ob ich auch draußen gebraucht werde. Ein höfliches „Wenn es gar nix ausmacht“, mit dem Inhalt „JA! Schau dass du raus kommst!“, lies mich meine Schuhe ausziehen, Hose hochkrempeln, Handy im Auto gelassen, und ab raus. Die Mama der Jungs erinnerte mich übrigens an eine Situation mit meiner Oma auf der Rheinfähre nach Rüdesheim. Festgeklammert, Blick nach vorne, quasi nicht am Atmen. Oma, für dich wäre das die Horrortour gewesen. Aber egal. Ich stieg also aus, erwartete, dass ich ein wenig nass werde, aber nicht, dass mir das Wasser direkt so weit oben stand, dass bei einer winzigen Welle meine Unterhose nassgeworden wäre. Und es hab größere Wellen. Nichts desto trotz ging ich zu Noahs Heck, schaute mir die ganze Situation an, und wunderte mich nochmals, wie Noahs Motor immer noch nicht abgesoffen sein kann, und wie der Innenraum noch keinen Tropfen Wasser hat. Die Arche schwimmt scheinbar. In mitten der Sintflut, arme Geschöpfe draußen, versuchen dagegen anzukommen, Richard in unserer Arche, rettet sich und eine andere Generation seiner Familie. Gaspedal durchgetreten, an Noahs achternem Teil mal kurz angeschoben, und schon waren wir  aus unserer Furt draußen. Zwar nass, aber Noah lief noch. Es mussten ein paar Stopfen gezogen werden, es floss literweise braunes Flusswasser ab und gurgelte dennoch fröhlich weiter. Die Arche Noah hat die Sintflut überwunden!

Schlamm

„Adventuuuuuuuuuuuuure!“. So kündigte Richard die Weiterfahrt an. Die weitere Strecke war natürlich deutlich schlammiger, oh Wunder. Auch machten die Steigungen Noah mehr zu schaffen. Seit seinem Badegang macht die Wandlerautomatik noch komischere Sachen, vor allem das Oszillieren der Umdrehungsanzeige an Steigungen machte mir große Sorgen. Die größten, hier immerhin nur sprichwörtlichen, Bauchschmerzen, machte mir jedoch die kleine Brücke in Kombination mit folgenden schlammigen Steigung, an der unser Bus auf der Hinfahrt fast kapitulieren musste. Scheinbar hat sich in den letzten Wochen an der Brücke etwas getan, das passieren war problemlos, und auch die folgende Steigung wurde durch Noah wühlenderweise gut gemeistert. Jetzt kann eigentlich nix mehr schief gehen, in wenigen Kilometern sollten wir in Mbamba Bay sein, ab dort ist die Straße asphaltiert.

Mbamba Bay

In alten Einträgen habe ich ab und an von „Mbomba Bay“ geschrieben, das ist natürlich falsch. Der Ort heißt „Mbamba Bay“. Da Noah, unter Zuhilfenahme der entsprechenden Warnleuchte im Tacho, schon einige Zeit nach Kraftstoff verlangt, wurde hier dieses Gelüste befriedigt. 154.000 TSH (≈ 60 €) kostet eine Tankfüllung, allerdings weiß ich nicht mehr, wie viel Sprit reinging. Die Preise liegen bei etwas über 3.000 TSH pro Liter Super, das würde ungefähr 1,18 € entsprechen. Um viertel vor 8 waren wir wieder startklar und konnten aufbrechen nach Songea. So wurde Noah zunächst, ohne besondere Vorkommnisse, bis nach Mbinga gelenkt.

Mbinga

Um viertel nach neun kam wir in Mbinga an. Auf meinem Hinweg hatten wir dort auch angehalten und ich aß dieses unglaublich gute Frühstück, natürlich hatte ich auch hier die Hoffnung, dass wir dort wieder anhalten würde. Das dieses Frühstück ausfallen, aber durch ein deutlich Besseres ersetzt werden sollte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht ahnen. Richard lenkte Noah auf einen Platz am Straßenrand. Irgendwie ein Mischung aus Schrottplatz und Werkstatt, ich hatte schon Angst, dass ich mich von Noah verabschieden muss. Man erklärte mir dann, dass Noah auf dem Hinweg neue Bremsen bekam, jetzt soll einfach nochmal fix kontrolliert werden, ob alles passt. Ne gute Sache, der Rest konnte derweil mal pinkeln gehen und ich ein wenig telefonieren. Übrigens wurde auch das Problem des Getriebes angesprochen. Darauf hin wurde mal die Motorhaube geöffnet, ein junger Kerl in Blaumann schaute ins offene Schott zum Maschinenraum. Getriebe noch da. Klappe zu. Scheint an Diagnostik auszureichen. Irgendwann ging, mit kurzem Zwischenstopp auf dem Markt, dann weiter. Hier konnte ich auch noch fix in eine Apotheke gehen, für 3.000 TSH, also knapp über nem Euro, wanderten eine große Tube Cortisonsalbe für meinen Spinnenbiss und 20 Tabletten Ciprofloxazin, aus Angst vor Thypus, über die Theke. „Rezeptfrei“. Ein Rezept ist sowieso nur ein zerfledderter Zettel, da steht nur das Mittel drauf, kein Name, kein Stempel, keine Unterschrift. Ob das so richtig ist? Keine Ahnung, zumindest bei BTM wird wohl ein Unterschied gemacht. Hoffentlich. Außerdem wurde hier noch etwas Gemüse und dergleichen in den Fußraum geladen. 

Frühstück bei der Verwandtschaft

Wie mehrfach angekündigt, sollte noch die Verwandschaft besucht werden, um genau zu sein, Richards „große Mama“. Nein, nicht Großmutter. Hier ist mit „großer Mama“ die große Schwester der Mutter gemeint, im Deutschen wäre es einfach „Tante“. Tanten sind hier aber nur die Schwestern der Väter. Brüder der Väter wären übrigens auch „kleine“ bzw. „große Väter“. Bei Cousin/Cousin verhält es sich genauso, dann wird aber von Bruder und Schwester gesprochen. Alles etwas verwirrend. Zumindest wurden wir von Richards Cousin (oder Bruder??) abgeholt, der fuhr mit dem Motorrad über eine Off-Road-Piste voraus und hielt um 20 vor 11 vor einer Gruppe wartender Menschen, von der eine Dame eine solche Ähnlichkeit mit der Mutter der Jungs hat, dass es sich um die Schwester handeln muss! Und so war es auch. Wir wurden alle hereingebeten, auf die Couch verfrachtet und es wurde der Tisch gedeckt. Kaltes Essen ist ungewöhnlich, deshalb gab es Hühnersuppe, Reis und Ugali. Ich aß etwas Reis mit Soße, und es war der beste Reis-mit-Soßen-Mix meiner gesamten Reise. Sehr lecker. 

Eine kurze Anekdote zu den Jungs und Hühnersuppe: Jedes mal, wenn ich mit ihnen abends unterwegs war, wurde irgendwann Hühnersuppe bestellt. An einem Abend, ich glaube es war der vergangene Samstag, war in der Bar gerade kein Huhn da, es wurde angeboten, eins zu schlachten. Macht man hier halt so, dann ist es immerhin frisch, auch wenn mir das aufgrund meines Ernährungsstils nichts bringt. Nachdem ein ganzes Huhn abgelehnt wurde, wurde angeboten, ein halbes Huhn zu schlachten. Und ja, es wurde wirklich so gesagt. Ein halbes Huhn schlachten, mal kurz sacken lassen. Wie macht man sowas? Längs? Quer? Nur die Flügel? Beide Beine? Ich kann’s mir nicht vorstellen, ohne eine nicht mit dem Leben vereinbare Verletzung beim gesamten Huhn zu verursachen. 

Aber zurück zum Besuch. Nach dem Hauptgericht wurden noch frische, sehr leckere, Mangos gereicht. Eine verdrückte ich recht schnell, sie war einfach zu lecker. Was nicht schnell war, war das Entfernen der ca. 18310238 Fasern zwischen den Zähnen, an denen hatte ich länger Spaß, aber so war ich immerhin beschäftigt. Ich schaute mich noch, Mangofasern zwischen den Zähnen entfernenderweise, etwas um, wurde vorgestellt, es wurde für mich übersetzt und so lernte ich mal wieder extrem gastfreundliche Menschen kennen. Nach einer längeren Prozedur an Verabschiedungen wurden noch Geschenke eingeladen, darunter auch ein, bestimmt halber Zentner schwerer, Sack Mangos. Alles wird auf Noahs Rückbank verfrachtet, wieder Material für Liber, der die ganze Fahrt über den Schmutt spielt, Mangos, Erdnüsse und Popcorn im Auto verteilt. Spannenderweise schaffen beide Fahrer, mit einer Hand die Erdnüsse zu schälen, die Haut abzuziehen und zu Essen, danach die Schalen aus dem Fenster zu werfen, und das alles bei voller Fahrt und ohne zu krümeln. Das schaffe ich nicht im Stehen mit zwei Händen. Hat aber sowieso keine Relevanz für mich, ich wurde zu oft vor „massiv diarrhea after eating non boiled or roasted peanuts“ gewarnt. Diese sind naturbelassen, also Finger weg.

Auf dem Weg nach Songea wurde Noah plötzlich am Straßenrand zum stehen gebracht. Erst dachte ich, etwas stimmt nicht. Kaum standen wir, ließ die Mutti der Jungs die komplett getönte Scheibe runter, schaute sonnenbebrillt nach draußen und rief den Jungen Mann zu sich her. Jeder Mafiosi in nem ordentlichen Gangsterfilm wäre schlechter gewesen. Zumindest trabte der herbeizitierte junge Mann an, hörte brav zu und kam sogleich mit vier, gar nicht mal so kleinen, Kürbissen wieder. Auch diese wurden natürlich in Noahs Fußraum verfrachtet und stören seitdem ordentlich meine Beinfreiheit bzw. schlagen mir bei jedem heftigeren Bremsmanöver gegen die Knöchel. Ob das diese Fußreflexzonenmassage ist, von der immer erzählt wird? Die Kürbisse wurden bezahlt und Noah wieder auf den Weg nach Songea gebracht.

Songea

Nachdem wir über einige belaubte Zweige auf der Straße gefetzt sind – diese kündigen hier einen Straßenverkauf an – und diese Stellen mindestens das Alarmierungsstichwort „Straße reinigen“ oder sogar „Baum auf Straße“ verdient hätten, kamen wir in Songea an. Noah meistere alles ohne neue Blessuren. 

Die Straßengräben sind hier echt tief. Die Unmengen an Regen müssen ja irgendwo hin. In Städten sind sie nicht so tief, eher Trapezförmig, aber dennoch nicht zu unterschätzen. Und in genau so einem Graben wurde Noah, kurz nach Ankunft in Songea, zum Halten gebracht. Wie es funktioniert, dass man sich hier trifft? Keine Ahnung. Zumindest wurde von Rückbank ein Gaskocher, mitsamt 10 kg-Gasflache hergereicht. Dabei muss wohl irgendeine Tasche aufgegangen sein, auf jeden Fall roch es plötzlich im gesamten Fahrgastraum extrem nach Fisch. Die Gasflasche wurde durchs Fenster gewuchtet, einem jungen Mann in die Hand gedrückt und mir wurde erklärt, dass der Gaskocher jetzt mit dem Bus zu anderer Verwandtschaft fährt. Alleine. Wie das geplant und organisiert wird? Kein Plan, in Deutschland bräuchte es mindestens ein Dutzend Formulare, ein Bund-ID-Konto, 26 Barcodes und die Träne einer Meerjungfrau, damit das alles so funktioniert. Hier? Geht schon irgendwie, und dennoch kommt alles an. 

Weiter gehts…

Mal wieder sind es gute 45 Minuten, in denen es nicht regnete. Es fängt natürlich mal wieder unvermittelt an, an eine gefahrlose Weiterfahrt ist erst mal nicht zu denken. Also rechts, ne quatsch, links ran und warten. Diese Pause wird genutzt um die Fahrer zu wechseln. Richard kommt zu mir, jetzt fährt Uli. Nachdem es etwas nachgelassen hatte, wurde Noah wieder in Bewegung gesetzt. Uli geht nicht so zart mit ihm um, wie es Richard tut. Hier gibt es überall Bodenwellen, auch richtig hohe oder es sind einfach Betonstreifen quer auf die Fahrbahn gelegt. Vor allem vor einer der unzähligen Bushaltestellen, bei Orten oder auch manchmal ohne erkennbaren Grund. Manchmal sind sie sogar markiert, oft muss man diese auf gut Glück erkennen. Zumindest prügelte Uli Noah so hart über eine Bodenwelle, und ich Angst hatte, dass Noahs Beinchen, nach einer kurzen Flugphase und folgendem Einschlag auf der Piste, nachgeben würden. Aber Noah hats gut verkraftet und es wurde auch von allen, außer mir, ohne mit der Wimper zu Zucken, hingenommen. 

Gefühlt gibt es auf den Straßen nur eine Handvoll LKW Modelle. Vor allem Dreiachser Scania Sattelzugmaschinen mitsamt Anhänger, hier auch wieder drei Achsen, allerdings immer mit Zwillingsbereifung, sind scheinbar sehr beliebt. Allerdings weiß ich nicht, ob man auf Käfermotor umgebaut, massiv überladen oder sonst etwas an den Maschinen gemacht hat. Ich kann mir nicht erklären, wieso alle, also wirklich ausnahmslos alle, egal wie viel Leistung laut Typenschild, mit maximal 20 Stundenkilometer den Berg hochkriechen. Es sind sogar teilweise reicht neue Zugmaschinen dabei, aber alle sind langsam. Und die Scania gehören noch zu den Besten, die chinesischen Zugmaschinen kommen kaum über Schrittgeschwindigkeit. Und nein, ich denke nich, dass das mit Absicht gemacht wird, dann würde man nicht, Kilometer im Voraus, das Heulen der Kupplung riechen können. 

Njombe

Es ist 17 Uhr 30, Blase voll, Tank leer. Tanke angefahren, Tank gefüllt, Blase geleert, und alles wieder tiptop. Damas sagte mir schon, dass es hier sehr kalt wäre. Ich glaubte ihm nicht, aber ich musste mir tatsächlich wieder meinen Pulli aus dem Rucksack kramen. Auch wenn es doch 18 Grad hatte, mein Körper ist noch auf 30 Grad und 227% Luftfeuchte eingestellt, da warn die 18 Grad echt wenig. Aber ich hab ja gelernt, halbwegs schlau zu packen, und kam recht schnell an den Pulli ran. Und wieder: ne Dreiviertelstunde alles gut, dann Regen. Regen bedeutet Fahrerwechsel, Richard fährt wieder. Der restliche Weg war recht unspektakulär, ich legte mal wieder ein kurzes Nickerchen ein, in gut zweieinhalb Stunden müssten wir unser Etappenziel Mafinga erreichen.

Mafinga

Einen Ticken länger haben wir dann doch gebraucht, viertel nach 8 wars, als wir das Schild „Karibu Mafinga“ passierten. Wir wollten uns hier mit Richards ehemaligem Klassenkameraden Hussein treffen. Nur war das Finden des Freundes nicht so einfach. Nachdem Richard ein paar Mal mit Hussein telefonierte, die Hauptstraße drei Mal hoch, und drei Mal runter gefahren wurde, reichte es ihm scheinbar, Noah wurde am Straßenrand zum stehen gebracht, das Fenster runtergelassen und mal laut „BODA!“ gerufen. Boda-Boda ist das gleiche wie Picky-Picky, also ein Motorradtaxi. Diese Jungs sind aber echt fit, nix nur Taxi- und Frachtdienste, auch Lotsenfahrten sind drin. Wenn man in einer Stadt in Tanzania irgendwas sucht, fragt nen Boda-Boda Fahrer, die Londoner Taxiprüfung wäre für diese Jungs mit einem halben Tag Lernzeit zu bestehen. Die sind echt verrückt gut. Zumindest lotste uns ein Boda-Boda schnell und effizient zu Richards Freund. Der stieg auch gleich in sein Auto und fuhr die Strecke mit uns zurück. Wieso das nicht vorher ging? Kein Plan. Zumindest steuerten wir eine Kombüse an, dort bestellt ich mir meine geliebten Chipsy-Mayai, ein, endlich kaltes, Kilimanjaro-Bier. 5.000 TSH kostete der ganze Spaß, für 2 € bekomme ich das sicher nicht in Deutschland.

Danach fuhren wir zusammen zum Hotel, ich war froh, endlich angekommen zu sein und schmiss mein Gepäck auf das Bett. Mal noch kurz raus, frische Luft schnappen und dann ab in die Koje, ist ja auch schon zehn. Draußen stand schon Liber, ursprünglich dachte ich, er hatte das Gleiche im Sinn wie ich. Kurz drauf folgen auch Uli, Richard und Hussein. Irgendwas ist faul im Busch. Richard meinte, wir würden noch schnell ein Bierchen zischen, ob ich alles hätte. Natürlich nicht, noch schnell Geld und Tasche holen, Zimmer abschließen und wieder raus. Allesamt in Husseins Klein(st)wagen, und los geht die wilde Fahrt. Ohne die formschlüssige Ladung in dem Wagen wäre es sicher zu schweren Verletzungen gekommen. Der Acker, über den es ging, der hatte es echt in sich. Hier nennt man das einfach „Straße“. Es warf und von links nach rechts und wieder zurück, die Karre verwand sich böse, ein Unimog wäre echt angebrachter gewesen, es gab Schläge in den Rücken, der Kopf nur Millimeter von der Epiduralblutung entfernt. 

Bar

Bar ist vielleicht der falsche Begriff, wobei Club trifft es auch nicht wirklich, es ist irgendwas barig-diskoartiges dazwischen. Mir bluteten echt die Ohren. Jeder Prüfer für Schalldruckgrenzwerte hätte vermutlich Selbstmord begangen, so laut war es. Aber es gibt ja auch unterschiede zwischen laut und laut. Eine Band, nennen wir sie mal Arch Enemy, auf einem Konzert oder Festival, spielt live Musik. Lautsprecher der Firma D&B Audiotechnik ballern einem mit 100 Kilowatt Sinusleistung Metal ins Gesicht. Das zieht dir zwar fast die Haut vom Knochen, aber es ist nicht zu laut. Lokale Musik im mp3-Format, aufgenommen in einem Tonstudio, welches sich wohl in einem fahrenden Güterzug befinden muss, abgespielt auf sehr großen, aber umso schlechter klingenden Lautsprechern, das ist zu laut. Jetzt wünschte ich mir doch mal das lokale Bier, von dem Dr. Evans immer gewarnt hatte – er probierte mehrere und hörte jedes Mal für gut ne Woche sehr schlecht. Egal, dann halt kaltes Kilimanjaro. Das System, mit dem hier Menschen abgefüllt werden, ist recht ausgeklügelt. Du bestellst ein Bier, und bekommst zwei. Das zweite bleibt so lange zu, bis das erste fast leer ist. Dann kommt eine Servicekraft und öffnet es fix, im gleichen Zug kommt das nächste Bier herbei. Also wachsam sein, sonst wird es nie leer. Allerdings auch gut, denn so sitzt man nie auf dem Trockenen. Uli und Liber umschifften dieses System ganz elegant, indem sie zu zweit mal schnell ne Flasche Gin platt machten. Eigentlich wollte ich ja nix trinken. Nachdem die Bieruhr Nummer 3, und die Zeituhr die gleiche Zahl zeigte, traten wir, in diesem Fall Liber und ich, den Heimweg an. Richard folgte zugleich, nur Uli blieb noch etwas.

Im Hotel nix gemacht außer ausgezogen, in den dünnen Schlafsack, aufgrund der Kälte ne Decke drüber und direkt weggeknackt. Wecker steht auf halb 7, zwischen 7 und 8 soll die Fahrt weitergehen. Immerhin kann ich morgen früh duschen! Zu meiner Freude gabs auch ein europäisches Klo.

Also, lala salama Mafinga!

Sorry für den ganzen Text. Ich glaube nicht, dass ich schon mal nen so langen Eintrag geschrieben habe. Zu vielen Erlebnissen gibt es auch keine Bilder, das tut mir Leid. Sobald das Internet es zulässt, werde ich einiges an Bilder nachreichen! „Noah 2“ kommt dann auch die Tage.

Bis dann.

Ankunft

Doctor‘s House, Liuli, Tanzania // 12:00 Ortszeit

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Nacht, trotz der direkt daneben liegenden Disko, deutlich besser war als erwartet. Auch wenn sich sicher nicht an irgendwelche Lautstärkegrenzwerte – vorausgesetzt sowas gibt es hier – gehalten wurde, und es wirklich meinen Raum durchschüttelte bis in den frühen Morgen, war die Nacht sehr angenehm. Ich wurde von keinem Krabbeltier gebissen, auch musste ich erfreulicherweise die Toilette nicht nutzen.

Mein Treffen mit Gift, dem hospital secretary, war geplant um 6:20. Also vorher aufstehen, versuchen zu duschen. Leider passierte überhaupt nichts als ich den Hahn in diesem Bad umdrehte. Also musste doch der Kübel mitsamt Schöpfkelle, eigentlich gedacht um die Toilette zu spülen, herhalten. Aus Wassermangel wurden die Haare ausgelassen, wenige Minuten später war ich dann halbwegs frisch gewaschen fertig und konnte meine letzten Sachen zusammenpacken. Beim Zusammenlegen meiner Jacke, welche ich unter mein Kopfkissen legen musste (scheinbar ist die Hausstaubmilbenbelastung in diesem Bett so hoch, dass meine seit Jahren stille Allergie zurück kam), klopfte es fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit an meiner Tür. Sehr pünktlich dieser Mann. Schnell mein Zeug zusammengepackt, aufgesperrt, Sachen ans Taxi getragen, nochmal alles kontrolliert, eingestiegen und schon düste der Fahrer los zum Busbahnhof. 15.000 TSH (ca. 6€) ärmer, aber sehr schnell am Ziel, wurden wir abgeladen. Ich bewachte das Gepäck während Gift im Getümmel verschwand. Ungefähr eine halbe Stunde später rollte unser Bus auf den Platz. Immerhin, kein uralter Zossen. Wirkt sogar recht modern, drei Achsen, recht hoch, Reisebus. Wird sicher gut. Gift holte mich ab, die drei Kisten für‘s Krankenhaus und mein großer Reiserucksack wanderten recht lieblos in den Gepäckraum und wir bezogen unsere Plätze. Zweite Reihe, ich am Fenster, guter Blick nach vorne. Ledersitze, ziemlich im Eimer, Beinfreiheit (selbst für meine 173 cm) gleich null, aber mit Schiebefenster. Die Fahrt kann starten. Meine Frage, ob wir dann in vier Stunden, wie geplant, ankämen, wurde mit einem kleinen Lacher verneint. Mit dem Auto vier Stunden. Mit dem Bus mindestens das doppelte. Darauf hin noch schnell antikoaguliert, sicher ist sicher und schon setzte sich unser Gefährt mit dem unablässigen Betätigen der ziemlich lauten Drucklufthupe in Bewegung.

Unser erstes Zwischenziel sollte Mbinga sein. Zwei Stunden waren geplant dort hin. Im Endeffekt haben wir nur etwas länger gebraucht. Unserer erster Fahrer, ein recht schmächtiger Mann mit Kaputzenpulli fährt. Oder besser gesagt: Er überholt. Er überholte wirklich alles und jeden, keine Sicht über die nächste Kuppe, keine Sicht um die nächste Kurve, keine Sicht am Lastwagen vor uns vorbei. Aber egal, drauf auf die Hupe, runterschalten und mit Vollgas vorbei. Spannenderweise überlebten wir allesamt. Die Sache mit den Kaputzenpullis ist recht spannend: Oftmals wurden Fenster geschlossen, weil es doch noch viel zu kalt wäre. Kann ja heiter, werden dachte sich mein jetzt schon schwitzendes Ich. Spätestens alle zwei Minuten stoppte der Bus am Wegesrand, es stiegen entweder Menschen ein, alternativ wurden Säcke oder Eimer oder Post eingeladen. Nach ca. zwei Stunden rasanter Fahrt erreichten wir Mbinga.

In Mbinga scheint wohl eine Art Umsteigeplatz zu sein. Der Hof, auf welchen wir draufrollten, war prall gefüllt mit mehr oder minder schrottreifen Bussen. In einige wenige würde ich auch einstiegen, allerdings würde sicher keiner mehr irgendeine europäische Sicherheitskontrolle bestehen. Aber glücklicherweise sind wir ja in Afrika, Tanzania, Mbinga, irgendwo in der Rumuva-Region, unendlich weit von zu Hause entfernt, gelandet. Gift sagt mir, hier würden wir eine Frühstückspause einlegen. Also Rucksack aufgesetzt, raus aus dem Bus und Gift nach. Dieser holte sich direkt zwei Suppen, eine scheinbar mit Fleisch, Knochen und Innereien, die andere mit Bohnen, Bohnen, Bohnen und etwas Speck. Beides, unter anderem in Hinblick auf die bevorstehenden Stunden, eher ungeeignet. Dem Jungen neben mir wurde ein köstlich aussehendes pfannkuchenartiges Gepäck gebracht, ich verlangte direkt zwei davon: Tatsächlich Pfannkuchen, sogar unglaublich leckere! Dazu bekam ich noch eine Tasse äußerst schmackhaften Tee und löhnte wahnwitzige 700 TSH (ca. 28 cent). Nach 90 Minuten inclusive Toilettenbesuch kündigte die Hupe baldiges Abfahren an. Einsteigen, weiter geht‘s.

Jetzt fährt ein anderer Mann. Zwar überholt er weniger, dafür fährt er aber signifikant schneller. Das wenige Überholen ist aber auch eher dem abnehmenden Verkehr geschuldet. Verkehrsberuhigunge Bauwerke, wie wirklich wirklich böse Schwellen in der Straße, werden ebenso ignoriert und mit Karacho überfahren wie Fußgängerüberwege oder dergleichen. Auch wenn alle Überwege auf einem kleinen Plateau liegen, und wir dementsprechend immer aus dem Sitz gehoben wurden, wurde sicher nicht vom Gas runter gegangen. Sollten Fußgänger dort stehen, dann wurde – oh Wunder – einfach gehupt und vorbeigefahren. Standen Fußgänger allerdings an der (oftmals nicht markierten) richtigen Stelle, so wurde natürlich ebenfalls gehupt, angehalten um sie einsteigen zu lassen. Natürlich wurden auch hier ab und an nur Säcke oder einfach rohe unverpackte Fische mitgenommen. Alles normal. Bei der Abfahrt, wurde natürlich auch wieder die Hupe genutzt. Ohne diese geht hier nix. Interessant war das Entertainment im Bus. Bei Abfahrt lief noch etwas zu laute lokale Musik samt Musikvideos. Trotz 90% Lautstärke meiner Black-Metal-spielenden Kopfhörer, war die Musik noch deutlich zu hören. Der neue Fahrer entschied sich scheinbar für einen Film. Für den Rest der Fahrt wurden also Low-Budget Kurzfilme gezeigt, allesamt aus türkischer Produktion aber in Swahili „synchronisiert“. Die Synchro funktioniert scheinbar so, dass ein paar Jungs den Film nehmen und sobald jemand redet (egal ob männlich oder weiblich), die Tonspur komplett abschalten und das Gesprochene in ihr Mirkophon sprechen. Das Mikrophon ist scheinbar aus einer Dose, einem Gummi und einem Stück alter Telegraphenleitung selbst gebaut, andernfalls ist die Tonqualität nicht zu erklären. Das Ausblenden des Tons führt teilweise zu lustigen Tonschnipseln: So dröhnte ab und zu ein Hubschrauber, ein abstürzender Düsenjäger, eine Disko oder gar eine Schießerei durch unseren Bus, ununterbrochen von der „Synchronisation“ und natürlich der gequälten Hupe unseres Busses. Die weiter Fahrt wurde nur kurz durch ein Schild unterbrochen, welches befahl, nicht mit mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht durchzufahren. Der kommende Streckenabschnitt wäre keinesfalls dafür ausgelegt. Wenige hundert Meter nach dem Schild erschien rechts ein Gebäude, vor dem Gebäude eine Achslastwaage. Dies zeigt für die Vorderachse knapp acht Tonnen, für die zweite Achse samt Schleppachse ungefähr zwölf Tonnen. Ein Offizieller schaute sich die Zahlen an, nickte freundlich und schon ging es, mit nur 16,5 Tonnen zu viel, auf die, für uns eigentlich gesperrte, Straße. Bis Mbomba-Bay verlief die Fahrt meinerseits hauptsächlich schlafenderweise, in Mbomba-Bay wurde der nächste Stopp eingelegt.

In Mbomba-Bay verschwand Gift mit einem Umschlag samt Geld. Dieser Umschlag war wichtig für meine Arbeitserlaubnis. Nachdem dieser abgegeben wurde holte ich mir noch etwas zu trinken, Gift eine Portion Pommes, ich mir die köstlichste Banane des Universums (für 100 TSH, also vier Cent), und es wurde wieder fleißig umgestiegen, umgepackt, ein- und ausgeladen. Gift sagte mir bereits, dass der nächste Abschnitt „a little bit ruffer“ werden würde. Mit „a little bit“ habe ich ja seit gestern meine Erfahrungen, ich stellte mich also auf Wildes ein.

Jetzt fährt wieder ein anderer. Nennen wir ihn mal Walter Röhrl. Er muss sicher Rallyefahrer sein, andernfalls kann ich mir die wahnwitzige Geschwindigkeit, sowie das skrupellose Steuern unseres 20-Tonners in Menschenmengen wirklich nicht erklären. Auch jedes Schlagloch wurde scheppernd mitgenommen, der Bus rutschte, lief am Hang quer und wurde wieder in die Spur gezogen. Jetzt erklärt sich mir auch, wieso die Spur des Busses so dermaßen verstellt ist. Wenn dieses arme Gefährt jeden Tag diese Tortur mitmachen muss, dann wird einiges klar, umso weniger möchte ich die Radaufhängung von unten sehen. Nach wenigen Minuten wurde unsere Fahrt von einem sehr schlammigen steilen Berg gestoppt. Der Bus hielt, Feststellbremse rein, Tür auf, alles aussteigen und zu Fuß den Berg hoch. Der Bus sollte direkt folgen. Dies tat er auch, zumindest die Hälfte der Strecke, dann ging nix mehr. Weder vor, noch zurück. Im Schlamm eingegraben, da konnte unser Walter machen was er wollte. Ratlos stand ich da, und wusste nicht ob wir helfen gehen sollte zu schaufeln oder zu schieben. Aber was will ich bei 20 Tonnen am Berg machen, außer später tot darunter zu liegen? Im Sinnieren überholte mich ein sandgelbes großes Etwas. Einen Moment brauchte ich schon, um den Grader der Firma CAT zu begreifen. Ich hab hier wirklich mit allem gerechnet, aber nicht hiermit. Eine viertel Stunde später standen Bus und Grader vor meiner Nase, gerade so im Ebenen, dass der Bus wieder anfahren konnte. Also allesamt einsteigen, sich‘s gemütlich machen und weiterfahren. Weit gefehlt. Ca. 300 m später hielt der Bus wieder. Feststellbremse. Tür auf. Alle raus. Vor uns ein Hand, unten am Hang eine deutlich zu schmale Brücke, darunter arbeitende Männer welche ein Rohr installieren sollten. Zu Fuß war die Brücke kaum gefahrlos zu überqueren, so rutschig war es und so tief sanken wir ein. Schnell kamen ein paar Männer mit Schaufeln, es wirde eifrig versucht de Brück notdürftig zu verbreitern und die Schlammlöcher etwas ebener zu bekommen. Half alles nichts, wir mussten warten. Kein Empfang, einen Fahrer aus Liuli rufen war also auch nicht drin. Nach einer Ewigkeit kroch der Bus langsam den Berg hinab. Vor der Brück erneutes stehenbleiben, schauen, erster Gang und mit Gas über die Brücke. Das selbst Walter die Schweißperlen auf der Stirn standen deutete eindeutig auf den Ernst der Lage hin. Oder ob es der seit einiger Zeit zusehende Polizist war, welcher ihm die Schweißperlen auf die Stirn trieben? Keine Ahnung. 20 Meter weiter durften wir dann wieder alle in unseren noch vollständigen Bus einsteigen. Weiter lief der wilde Ritt. Die nächsten zwei Stunden waren geprägt von weniger gehupe (außer natürlich alle zwei Minuten an einer „Haltestelle“ aka. Baum), etwas gerutsche, viel viel Vollgas und viel Kurbelei am Lenkrad seitens Walter. Auch wenn ich mein Leben mehrfach an mir vorbeiziehen sah, kamen wir dann endlich gegen 16:30 Uhr in Liuli an.

Die vierte Haltestelle in Liuli gehörte uns. Aussteigen, nach längerer Sucherei wurde dann auch mein Rucksack unter drei großen, zentnerschweren Säcken (wohl mit Kartoffeln gefüllt) gefunden. Für 1.000 TSH wurde mein Rucksack auch zum Doctor‘s mittels Mopped gebracht. Die drei anderen Famulant:innen erwarteten mich schon freudig. Der Weg zum Doctor‘s House verlief durch den Ort, 10 Minuten Fußweg. Zuerst brachten wir die Kisten mit der Medizin in die Krankenhausapotheke, dann mich ins Doctor‘s House.

Alles weitere zur Ankunft, zum Doctor‘s House und dem Krankehaushaus wird etwas später kommen, jetzt muss ich leider mit den drei anderen ein Bier trinken gehen. Also dann, bis später!

Edit: Die Nacht war sehr entspannt, endlich angekommen. Allerdings ist die Versorgung mit Internet etwas schwieriger, deshalb kann ich mich wohl nicht mehr jeden Tag melden. Über das Krankenhaus schreibe ich die Tage!

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