7.282 km von zu Hause entfernt

Schlagwort: Sturmgewehr

Tarangire

Hotel Rose Home, Moshi, TZA // 23:00 Ortszeit

Der Tag davor

Um 9 bin ich aufgestanden. Ich hab wirklich gut geschlafen, kann man nicht anders sagen. Auch wenn‘s nicht sonderbar lange war. Das Hotel ist schon etwas schäbig, aber kein Vergleich zu der Bude in Songea. Im Endeffekt gibts doch alles was ich brauche, ein Bett mit Mosquitonetz, ein Bad mit europäischer Toilette und Dusche, und ne Steckdose. Also alles da. Auf Sauberkeit schaut man nach einigen Wochen in der Peripherie dieses Landes sowieso nicht mehr, aber es ist echt okay.

Im Bad wollte ich dann natürlich erst mal duschen. Die Fahrerei und das eher sporadische Duschen vorher hing mir immer noch nach, also ins Bad. Hier musste ich erst mal kurz überlegen, wie das Wasser denn warm werden könnte. Die Mischerarmatur lies auf heißes Wasser hoffen, aufgrund der Erfahrungen in Mafinga probierte ich allerdings erst mal ein wenig rum. Und was war? Nix. Wasser blieb kalt, beide Zuläufe der Armatur eiskalt. Also doch nix mit warm duschen, aber gewohnt bin ich‘s ohnehin. Das Kabel am Duschkopf machte mich dann doch etwas stutzig. Wasser und Strom? Eigentlich keine gute Idee, aber es muss wohl um Wärme gehen. Die entsprechenden Schalter am Duschkopf bestätigten meinen Verdacht. Aber ich konnte drücken und drehen, Wasser kalt. Also muss es wohl einen anderen Schalter irgendwo geben, außerhalb des Badezimmers sind mir noch zwei weitere Schalter aufgefallen, offensichtlich ohne Funktion. Also wieder raus, Türriegel aufgekeilt, Schalter drücken, Türe zu, Türriegel reingefriemelt und unter die Dusche. Wasser? Kalt. Also nochmal raus, umsehen. Irgendwo muss es was geben. Und ich wollte wirklich mal warm duschen. Also wieder raus, Sinne schärfen, Brille aufziehen könnte vielleicht auch helfen, in die Mitte stellen und umsehen. Und was hab ich gefunden? Einen Schalter, direkt über der Tür bzw. neben dem Duschkopf. Sah zwar leicht ramponiert aus, aber mal vorsichtig gedrückt und gewartet. Und tatsächlich: Zum gefühlt hundertsten mal und die Dusche, Wasser an, Wasser wird warm. Sehr warm. Viel zu warm. Langsam schmerzt es. Instinktiv an die Mischerarmatur gefasst, hat natürlich gar nix gebracht. Also Wasser wieder aus, raus, Brille auf, auf den Duschkopf schauen. Laut Einstellung kälteste Stufe, aber egal, mal die andere probieren, hier darf man eigentlich nichts trauen. Also umgestellt, Brille aus, wieder drunter, Wasser an, und sofort schmerzhaft. Also kennt dieser Duschkopf „extrem heiß“ und „kochend heiß“. Hab dann alles abgeschaltet und letztendlich kalt geduscht. Hab ich schon erwähnt, dass von den Düsen sowieso nur drei Prozent funktionierten? Duschköpfe in Würzburg sind wundervoll funktionierende, kaum verkalkte und perfekt strahlbildende Geräte. Und jede:r, der/die mal in Würzburg war, weiß von was ich rede. (Nein, München ist nicht annähernd so schlimm.)

Zum Frühstück setzt man sich in den Eingangsbereich des Hotels und wartet einfach, bis jemand kommt. Nach einigen Minuten tauchte auch die Dame, die mich am Vorabend schon eingelassen hatte, auf, und fragte, was ich Essen bzw. Trinken möchte. Einfach Toast, dazu etwas Kaffee, mehr brauche ich nicht. Ich hoffte wirklich, dass alles recht flott geht, immerhin sollte ich zu diesem Zeitpunkt in 20 Minuten abgeholt werden. Und keine Ahnung, ob die Menschen hier pünktlicher sind als in Liuli. Immerhin ist es recht einfach rauszufinden, ob jemand wartet, es wird einfach so lange gehupt bis man draußen ist. Also aufs Hupen und Frühstück gewartet. Eine Viertelstunde später hatte ich einen Teller mit Toast, Omelette und eine Frenchpress mit Kaffee vor mir stehen. In letzterer schwammen meiner Meinung nach zu viele Bröckchen, aber nach wenig Schlaf und der Duschtortur konnte Kaffee nicht schaden. Stempel runter, einen Schluck genommen und direkt wie Sid aus Ice Age gefühlt, als er einen großen Schluck Salzwasser genommen hatte. Richtig eklig. Aber als Rotkreuz- und Feuerwehrler ist man ja durchaus mal schlechten Kaffee gewohnt, meine Frage nach Milch wurde leider verneint. Alles in kürzester Zeit runtergewürgt und um kurz nach zehn draußen gewesen. Und gewartet.

Und gewartet. Ne halbe Stunde lang. Fazit: Afrikanische Pünktlichkeit. Tatsächlich kommt nicht Jimmy, der Chef von „Gazelle Adventures“, sondern Liber. Mit einer kurzen Stadtrunde ging es zu Jimmys Büro, dort lies ich mich mal beraten. Von meinem ursprünglichen Plan, die Nationalparks Serengeti und Ngorongoro Crater zu besuchen, wurde mir abgeraten. Das Problem: Serengeti ist so weit weg, dass ich sicher mindestens einen halben Tag, eher noch mehr, im Auto verbringen würde. Dafür ist das Geld zu schade. Machbar wäre es mit vier Tagen Safari, aber dafür reicht mein studentischer Geldbeutel bei Weitem nicht aus. Jimmy schlug vor, in drei Tagen drei Parks zu besuchen. Darunter Tarangire, Ngorongoro Crater und Lake Manyara. Klingt gut, er wird schon wissen was er macht, wirkte auch alles sehr vertrauenswürdig. Also gebucht. Auf dem Heimweg direkt zum Geldautomaten, da konnte ich allerdings nur eine Million Schilling abheben, die restlichen 428.000 kommen morgen. Insgesamt kostete mich der Spaß also 1.428.000 Tanzanische Schilling, was in etwa 611 US-Dollar oder 560 Euro entspricht. Echt ne Stange Geld, aber hoffentlich lohnenswert. 

Im Hotel suchte ich die Dame vom Frühstück wieder, ich wollte das WiFi-Kennwort haben. Mein Backup-Freak freute sich unendlich auf das Hochladen der Haufen Bilder, die ich in den letzten Wochen gemacht hatte, außerdem hätte ich hier einiges an Bildern reingeworfen. Da ich nicht richtig interpretieren konnte, ob sie meine Frage wirklich verstand, zog ich noch schnell Liber zu Rate. Der übersetzte und kam zu dem ernüchternden Ergebnis, dass das WLAN aktuell nicht gehen würde. Mist. Also doch keine Backups. Im Zimmer fiel mir noch auf, dass hier wirklich alles auf Deutsch ist. Sicherheitshinweise, zwei eigentümliche Briefkästen. Wirklich alles. Aber ausschließlich auf Deutsch. Ich versuchte direkt, die Dame vom Vortag in meiner Muttersprache zu begrüßen, wurde allerdings nur schief angeschaut und man versuchte mir zu erklären, dass wirklich niemand meine Sprache spricht. Wieso dann alles in deutscher Comic-Sans-MS-Sprache abgedruckt ist? Es ist und bleibt ein Rätsel.

Nach einem kurzen Nickerchen mal schnell in die Stadt gelaufen, laut einem bekannten Kartendienst ist das berühmte „Café Union“ nur 20 Minuten entfernt. Also los, etwas Bewegung schadet meinem müden Körper auch nicht. Spannenderweise wurde ich auf dem gesamten Weg nicht einmal angesprochen und man versuchte mir nix zu verkaufen. Vielleicht bewege ich mich mittlerweile so „un-touri-haft“ in afrikanischen Städten, dass niemand mehr eine Hoffnung hat. Auch gut. Das Café ist echt schön gemacht, ich hab mir direkt mal nen schwarzen, wirklich verdammt leckeren, Kaffee reingezogen und gefüllte Wraps gegessen. Auch wenn‘s alles etwas teurer war, aber ich kann’s auch nicht mit Liuli vergleichen, wo alles günstig ist. Außerdem gab es ne Stunde WiFi obendrauf, die Hoffnung auf Backups und Bilder im Blog ist wieder aufgeflammt. WiFi ging auch, nur die Bambusleitung, die das Café scheinbar versorgt, schaffte es gerade mal, dass sich fünf von weit über eintausend Bildern durch die Leitung quetschen konnten. Auch das, durchaus schmerzhafte, Abschalten von VPN, Proxy und co. brachte keinerlei Verbesserung. Alles wieder an, Handy auf Seite und Kaffee getrunken. Für einen kleinen Anruf nach Hause reichte es später jedoch grad so aus. Ich weiß nicht, ob ich was falsches gesagt hab, allerdings stand plötzlich ein Mann vom Sicherheitsdienst neben mir. Mit abgesägter Schrotflinte. Klassischer Sicherheitsdienst in nem Café. Nach einiger Zeit ging er wortlos wieder, also alles gut. 

Richard meldete sich: Heute Abend wäre er in der Mzungu Bar, aktuell allerdings noch mit Noah beim Car-Wash und könnte mich gerne abholen. Mzungu in der Mzungu-Bar? Da sag ich mal nicht nein. „Mzungu“ heißt übrigens so viel wie „weißer Mann“, oder „Europäer“, das ist das Gleiche, was uns die Kinder in Liuli immer nachgerufen hatten. Als ich auf Richard wartete, wurde ich natürlich auf der Straße angesprochen. Man versuchte mir allerhand zu verkaufen, mit etwas Swahili wurden dann die meisten aber gut abgewimmelt. Eine der häufigsten Fragen ist natürlich, wo man den herkäme. Bei zwei Männern bekam ich sogar die Antwort, dass sie eine Frau aus Stuttgart hätten. Das ist ja ein Zufall! Zwei mal Stuttgart, dafür, dass es nur ne Mansche wäre, konnten sie einigermaßen gut deutsch sprechen. Zur Verteidigung sei allerdings gesagt, dass es für einen Swahili-Muttersprachler unglaublich schwer ist deutsch zu lernen. Diese Sprache ist wirklich komplett anders aufgebaut als Swahili, sehr sehr schwierig. Irgendwann erlöste mich Richard, er rollte mit dem frisch rausgeputzten Noah vor. Wirklich blitzblank, innen sicher sogar nass gesaugt, alles geschrubbt und aufpoliert. Keine Spur mehr von 4 Kürbissen, einem Sack Mangos, unzähligen Erdnüssen samt Schalen, Popcorn und Straßendreck. Ich hab mich kaum getraut einzusteigen.

Die Mzungu-Bar ist tatsächlich nur 50 Meter neben meinem Hotel – wie praktisch! Dort wurden wir von Jimmy und Liber erwartet, setzten uns, erst mal ein kalten Kilimanjaro. Kaltes Bier war in Liuli so dermaßen selten, dass ich mich hier wirklich drauf freute, allerdings beim ersten kräftigen Zug direkt Schluckauf bekam. Da war mein Zwerchfell wohl etwas überfordert mit der Situation. Hier sind allerhand Leute. Man merkt schon, dass die Menschen, die in dieser Bar sind tendenziell Geld haben. Recht einfach an der Kleidung, und vor allem den Schuhen, abzulesen, außerdem wird recht viel geraucht. Alles ein Zeichen für Wohlstand. Ein junger Mann fiel mir, aufgrund seiner extravaganten Frisur, auf. Rastas gibts genug, dieser hatte jedoch alles Dreadlocks nach oben zusammengebunden, Assipalme in Extrem sozusagen, stand ihm jedoch ganz gut. Lustig war nur, dass er eine Art „Rohr“, von den Maßen ungefähr dem Pappteil im Inneren einer Rolle Klopapier gleich, eingebaut hatte. So entstand eine echte Palme, mitsamt Stamm. Witzigerweise kam der junge Mann auf mich zu, stellte sich als -tut mir leid, hab den Namen vergessen- aus Kenia vor. Liber meinte direkt, dass er in Deutschland arbeiten würde. Meine Nachfrage wo, wurde beantwortet mit: „Kennst du sicher nicht, ist eine Sauerkrautfirma very remote“. Und ja, auf deutsch. Wo genau? „In Pirmasens, kennst du sicher nicht.“ Kurz gelacht, kenn ich doch. Lange auf deutsch gequatscht, ein interessanter junger Mann. Aber verrückt, wen man alles trifft. 

Nachdem ich ein Clubbesuch ausgeschlagen hatte, ging ich um viertel nach elf heim. Morgen gehts schon los auf Safari.

Safari – Tarangire Nationalpark

Aufstehen und Anfahrt

Und mal wieder heißt es: Früh raus. Wieder kann ein Wecker von einem sehr frühen Frühdienst recycelt werden. Auch wenn ich das erste Mal nicht so gut raus kam, stand ich dann doch irgendwann unter der (kalten, schlecht funktionierenden) Dusche und packte danach noch den restlichen Kram zusammen. Da es recht früh war, und der deutsche Zettel an der Tür Frühstück erst ab sieben verspricht, musste dieses heute ausfallen. Immerhin war die Abfahrt für sechs geplant. Ich lies mir allerdings ein wenig mehr Zeit, die afrikanische Pünktlichkeit schläft langsam durch. Gelohnt hat sich’s, auch wenn ich um kurz vor halb sieben draußen war, musste ich noch fast ne halbe Stunde warten. 60.000 Schillings, also etwas unter zwölf Euro pro Nacht hatte ich am Vortag schon gezahlt. Leider traf ich auf den, etwas unfreundlichen, Herren des Hotels. Handeln war hier leider nicht drin, auch die Argumentation mit dem nicht funktionierenden WLAN und der Dusche hat nicht gezogen. Schade. Vielleicht nächstes mal. 

Abgeholt wurde ich von Liber und Jimmy. Schnell einpacken, einsteigen, auf die Straße Richtung Arusha. Aufgrund dessen, dass ich sehr kurzfristig gebucht hatte, hat Jimmy was mit einer kooperierenden Firma geklärt. So konnte ich schon heute starten, aber eben mit der Anderen und von Arusha aus. Ist ja nichts dabei. Seit gestern frage ich mich schon, ob die Tankuhr an dem Auto kaputt ist. Gestern zeigte es schon Null Kilometer an, heute dann auch. Die Tanknadel bewegte sich beim Starten keinen Millimeter, also musste es ja wohl kaputt sein. Wer käme denn so auf die Idee, bis nach Arusha zu fahren. Nunja. Eine halbe Stunde später fuhren wir dann doch mal eine Tankstelle an, getankt wurde die absolut minimal notwendige Menge an Super, natürlich war auch hier wieder Diesel und Kerosin im Angebot. Wie ein Wunder: Die Tanknadel bewegte sich minimal nach dem Tanken. Wieder so eine Frage: Wieso tankt hier jeder nur das absolut Nötigste? Angst vor Treibstoffdiebstahl? Wenn die Karre brennt, dann ist wenigstens nicht vollgetankt? Warten auf bessere Preise? Ich weiß es echt nicht. Aber es hier wirklich überall so. Bajajis und Motorräder tanken teilweise unter einem Liter. Da mag es vielleicht an der Kohle liegen, das kann man allerdings von Jimmy nicht sagen. 

Arusha

Viertel nach acht. Arusha. Moshi ist schon groß und wirkt sehr modern, allerdings ist das nichts gegen Arusha. Arusha ist kaum vergleichbar mit Dar Es Salaam, mit Songea erst recht nicht. Es wirkt alles recht modern und aufgeräumt, teilweise europäisch. Äußerst spannend. Muss wohl an den Einnahmen durch den Tourismus liegen, im Endeffekt startet in Arusha so gut wie jede Safari in einen der großen und berühmten Nationalparks, darunter auch Ngorongoro Crater und Serengeti. Das Hauptgebäude der Verwaltung des Erstgenannten lässt auf jeden Fall richtig Kohle vermuten. Ein Hochhaus, modern, ein Blick ins Innere verrät feinste Ausstattung und natürlich einen ordentlichen Sicherheitsdienst. Zehn Männer und Frauen konnte ich mindestens ausmachen, Frauen mit Schlagstock und Metalldetektor, Männer mit altbekanntem Sturmgewehr ausgerüstet. 

Am Quartier von Jimmys Partnerfirma ausgestiegen, zwei drei Kleinigkeiten geklärt und noch fix mit Liber zum nächsten Geldautomaten gelaufen. Immerhin fehlten noch knapp 43 rosane Scheine. Wider Erwarten fühlt sich Geld abheben in diesem Land immer recht sicher an. Das liegt unter anderem daran, dass die ATM in einem eigenen kleinen Raum sind, dieser auch immer überwacht ist und die Geldautomaten wirklich modern wirken. Die Menüführung ist zwar etwas ungewohnt, auch muss man hier die PIN vor dem Auswählen des Betrages eingeben, aber daran gewöhnt man sich. Andererseits steht auch immer mindestens ein Sicherheitsmann vor der Tür zum ATM-Raum, immer bewaffnet, größtenteils auch mit Sturmgewehr der Gattung AK-47. Für deutsche Verhältnisse tendenziell unüblich, hier durchaus gut und sinnvoll. 

Abfahrt

Ich bin um viertel vor neun der erste, und vorerst einzige im Auto. Bei den Safari-Autos handelt es sich quasi immer um umgebaute Toyota LandCruiser 4×4. Im Aufbau gibt es 6 Sitze in Fahrtrichtung, jeweils alle am Fenster. In der Mitte einen kleinen Gang, am Ende einen kleinen Kühlschrank. Oftmals gibt es sogar Steckdosen, sofern sie denn funktionieren, was sie in diesem Auto leider nicht taten. Das Dach kann aufgestellt werden, so kann man während der Safari stehend aus dem Auto raussehen, Tiere beobachten, Fotos machen. Das Dach über den Frontsitzen ist auch aufklappbar, dann allerdings ohne Überdachung. Für Fahrer und Beifahrer nicht sonderlich gut, es sei denn sie wollen sich von der afrikanischen Mittagssonne das Hirn braten lassen. Dann gut, allerdings ist aus medizinischer Sicht von dieser Maßnahme abzuraten. 

Unsere erste Fahrt führt uns nicht weit, eigentlich nur zum nächsten Supermarkt. Dort hole ich mir einen, tatsächlich sehr gut schmeckenden, Espresso. Unser Fahrer sagt, dass wir erst mal auf die Anderen warten müssten. Hat auch nicht lange gedauert, da kommen die ersten zwei schon an. Jackson und Coral, ein junges Paar aus den Vereinigten Staaten. Also zumindest er, sie stammt aus Peru. Sein Stil war mir auch direkt sympathisch, ein kurz darauf folgendes „Oh I love metal music, and yeah, one of my favorite bands is also Lorna Shore“ klärte alles. Wir verstehen uns. Sehr cool. Natürlich geht das Gespräch weiter dreht sich auch irgendwann darum, wo man so herkommt. Naja, ich bin aus Deutschland, mit der Antwort hab ich beim besten Willen nicht gerechnet. „Oh, I‘m also living in Germany right now, it‘s a small fucked up city called Idar-Oberstein.“ Ist nicht war. Ich hab zumindest erst mal gelacht, und zückte meinen Führerschein, der sich immer noch in meiner Handyhülle befindet und streckte ihn den verdutzten Gesichtern entgegen. Viel gibts ja darauf nicht zu lesen, also war wenigen Sekunden später klar, wieso ich so lachen musste. Ja, ich kenne die Stadt, nein, ich wohne nicht da, ja, ich ging da zur Schule, und ja, natürlich kenne ich auch Enzweiler. Auf jeden Fall ist er aktuell auf der Base in Baumholder. Einer der Guides gesellte sich zu uns und meinte direkt, dass dieser Parkplatz, und vor allem die Safaris, schon häufig die wildesten Bekanntschaften hervorgebracht habe. Sehr witzig. 

Weiterfahrt. Gerade mal hundert Meter. Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich mal sicher gelaufen, aber was soll’s. Fahrer kauft Unmengen an Trinkwasser und läuft sie in unser Gefährt, außerdem stoßen noch 3 weitere Amis hinzu. Eine Familie, Vater mit seinen zwei Kindern. Tatsächlich erfüllten sie schon ein wenig das Klischee. Alle etwas kräftiger, Papa schleppt auch eine große Tasche mit, aus dieser quellen schon Unmengen an Chips und ähnlichen raus, dazu noch ein paar riesige Flaschen Cola. Die Tochter ist wirklich sehr anstrengend, ich schätze sie mal auf 14 Jahre. Ja es mag sein, dass du alles weißt und wirklich toll bist, aber wie du es erzählst, so kann ich kaum drei Tage zuhören. Sehr anstrengend. Außerdem bin ich ja zu diesem Zeitpunkt noch von Camping ausgegangen, wie diese Familie Camping, ohne Strom oder ähnliches überstehen soll? Ich hab echt keine Ahnung, könnte aber zur Erheiterung meines Gemüts beitragen. Nachdem sie sich dann alle mal häuslich eingerichtet hatten, wurden sie auch direkt wieder aus unserem Wagen verbannt. Dadurch, dass sie fünf Tage machen, würde es einen eigenen Wagen geben. Also alles an Süßkram, Technik und co. wieder eingesackt, aus der Karre gequält und ohne Verabschiedung abgehauen. Naja, wird wohl besser sein. Kurz vor weiterfahrt steigt noch Jay zu. Cooler Kerl, auch aus den Staaten. Hat in seinen 37 Lebensjahren schon 38 Länder bereist. Wie er das alles finanziert? Wäre angeblich mit Kellnern kein Problem. Also wenn ich mir das so überlege….. Egal. Coole Truppe, alle sehr interessant. Positiver Nebeneffekt: Ich hab echt den Eindruck, dass mein Englisch hier deutlich besser wurde. Reden hilft einfach.

Noch schnell zum Flughafen, dort holen wir noch zwei Mitfahrer:innen ab. Ein Paar, er aus Spanien, sie aus Frankreich, leben allerdings seit acht Jahren gemeinsam in Dakar. Auch ne wilde Kombi, aber passt auf jeden Fall zum Rest. Um zehn ist alles gepackt, das Gepäck etwas lieblos in den Kofferraum gestopft, vorne ein guter Kubikmeter Frischwasser und in Jays Hand das erste Bier. Prost.

Ne viertel Stunde vor Ankunft am Tarangire-Nationalpark Main Gate hielt Eliyah, unser Fahrer und Guide, an einem Shop. Klassisch auf Touristen ausgelegt, Unmengen an Schnitzereien und Gemälden, allerdings alles sündhaft teuer, selbst für Tanzania. Am Gate konnten wir uns nochmal für 20 Minuten die Beine vertreten, Eliyah erledigte derweil den ganzen Papierkram. Auf dem Platz: Allerhand! Wir steuerten zuerst die Kaffeetränke an, aber so viel Geld war ich nicht bereit auszugeben. Für eine kleine Packung Kekse fast 10.000 Schilling zu verlangen, das steht in keinem Verhältnis. Sorry! Auch hier gibts genug grüne Meerkatzen, also auf das Auto und vor allem Essbares aufpassen, klappte gut, war ja eigentlich nix zu holen. Eine Sache zog wirklich die Aufmerksamkeit auf mich: Ein riesiger Termitenhügel, darum einige Knochen gestapelt. Einen Oberschenkelknochen eines Elefanten konnte ich ausmachen, wirklich immens! Andere Sehenswürdigkeit: Ein durch und durch deutscher Tourist. Jedes Klischee, welches ich von deutschen Touris habe, wurde um Welten übertroffen. Alles in Sandfarben. Fangen wir oben an: Hut, mit schmalem Rand, tief ins Gesicht gezogen. Brille, natürlich mit Band und runterklappbaren Scheiben gegen die Sonne. Um den Hals ein riesiges Fernglas, zudem eine Kompaktkamera. Über dem weißen T-Shirt eine Weste, wie sie beim Angeln getragen wird, natürlich sandfarben. Ein wenig Bauch. Eine multifunktionale 3/4-, oder eher 7/8-Hose, natürlich mehrfach abzippbar. Und die Krönung, wie könnte es anders sein: Weiße Socken, hochgezogen bis fast unters Knie, selbstverständlich in sandfarbenen Trekkingsandalen. Eliyah ruft, aufsitzen, Dach auf, los gehts.

Nationalpark

Natürlich hatte ich Bedenken, dass die Tour nicht so toll wird wie versprochen. Wieso sollte ich denn plötzlich Unmengen an Tiere sehen, wo ich doch die Wochen vorher keinerlei große Tiere gesehen habe. Und wieso sollten sie sich dann ausgerechnet hier aufhalten, in einem Bereich, der nicht abgegrenzt ist? Ich wurde exakt 30 Sekunden nach der Tordurchfahrt eines Besseren belehrt. In 50 Metern entfernen laufen tatsächlich die ersten Giraffen vorbei. Bei diesem Tier, was übrigens das Nationaltier von Tanzania ist, und in Swahili auf den Namen „Twiga“ hört, stell ich mir immer folgende Frage: Was ist wahrscheinlicher? Ein Einhorn, also ein stumpfes Pferd mit den doofen Horn in der Mitte auf der Stirn, oder ein sechs Meter Leoparden Kamel, dessen Nachwuchs immer erst mal einen Sturz aus mehreren Metern Höhe überleben muss? Ich bin ganz klar für Nummer eins, allerdings ist die Evolution da anderer Meinung. Verrückte Natur. Eines der Tiere, welches ich unbedingt sehen wollte, war also abgehakt, auch wenn etwas näher schon cool wäre. Die Big Five wären natürlich auch cool. Elefant, Büffel, Nashorn, Löwe und Leopard fehlen also noch. Nummer zwei auf meiner Liste lies auch nicht lange auf sich warten, allerdings auch in einiger Entfernen. So fuhren wir durch den Nationalpark, schauten uns die wundervolle Landschaft an, entdeckten noch einige Antilopen und vor allem viele Termitenhügel. Wobei es „Termitenberg“ wohl viel besser treffen würde. Berge von teilweise über fünf Metern Höhe waren überall zu bestaunen. Wirklich krass, was diese kleinen Tieren überall bauen, wie sie es schaffen, diese Gebilde zu errichten, die ungleich größer als ihre kleinen Körper sind, und das alles ohne Werkzeug oder sonstige Hilde. Wirklich verrückt.

Mittagessen

Bis hierhin wusste echt niemand von uns, was uns erwartet. Warm? Kalt? Niemand wusste es. Eliyah lenkte unseren Toyota auf einen Parkplatz, dahinter einige Sitzplätze und eine wundervolle Aussicht auf den Nationalpark. Jeder bekam eine Pappschachtel in die Hand gedrückt, nicht beschriftet. Also ist vermutlich überall das Gleiche drin, was doof für mich wäre, denn hier gibts ja immer und zu allem Fleisch. Wir setzten uns an eine Sitzgruppe, wurden nochmals gewarnt, dass wir bitte auf die Affen (grüne Meerkatzen) aufpassen sollten. Natürlich fühlt ich mich sicher, hatte ich doch wochenlang mit diesen Tieren in der Nachbarschaft gewohnt. Box auf, reingeschaut, irgendjemand sagte etwas von „Monkey“ und ehe ich mich versah, kam auch schon ein kleines graues Etwas an meinem Gesicht vorbeigeflogen, und verschwand ebenso schnell wieder. Mitsamt meiner Banane. Was ich nicht bedachte: In Liuli konnten die Affen nur von vorne kommen. Hier natürlich von überall, meinen Rücken hatte ich also nicht im Blick. Mist. Eine Banane weniger, dafür strahlte mich mein in Frischhaltefolie verpacktes Hühnchen an. Coral beschwerte sich kurz drauf, dass sie kein Fleisch hätte, sondern etwas Anderes. Aha! Also doch eine extra Lunchbox für mich, sehr gut! Anstatt des Hühnchens bekam ich sehr leckere gesalzene Cashews, durchaus kein klassisches Mittagessen, aber lecker. 

Weiter gehts…

Um 2 ging’s weiter. Gestärkt, Bilder in der Tasche und eine gespendete Banane im Bauch. Die ganze weitere Fahrt war geprägt von Elefanten. Swahili „Tembo“ übrigens. Wir haben viele dieser wunderbaren Tiere gesehen. Große, kleine, alte, junge und ganze Familien. Teilweise auch super nah! Aber ich hau einfach ein paar Bilder rein, die erklären eigentlich alles. Zum krönenden Abschluss hat unserer Guide, der tatsächlich mehr Fahrer war, erklärt hat er nämlich nix, noch Elefantenkacke gesammelt, angeblich der beste Feueranzünder überhaupt. Ob‘s im Nationalpark erlaubt ist? Ich glaube nicht, aber was soll’s. Ah doch, eine Sache hat er erklärt. Irgendjemand fragte etwas über die Antilope am Wegesrand. Laut Eliyah werden sie maximal zwölf Jahre alt, einfach abzulesen an den Windungen des Geweihs. Und jetzt muss man sich mal folgendes vorstellen. Alles schauen dieses Tier an, es sind offensichtlich mehr als zwölf Windungen. Entweder Eliyah lügt, oder das Tier ist ein Zombie. Ersteres ist wohl wahrscheinlicher. Sechs mal gingen die Gedanken „Nie im Leben!“ durchs Auto. Einmal auf deutsch, dreimal auf englisch, einmal auf französisch und nochmal auf spanisch. Gleicher Gedanke, 4 Sprachen, zum gleichen Zeitpunkt. Die Vorstellung ist Schon irgendwie witzig.

Masai

Auf dem Rückweg kamen wir quasi zufällig an einem Masai-Dorf vorbei. Wobei ich dieses „zufällig“ direkt mal in Frage stellen möchte. Wie wahrscheinlich ist es, dass ein Dorf direkt am Ausgang des Nationalparks errichtet wird? Keine Ahnung. Zumindest fuhren wir dort hin, Eliyah lud uns ab und machte sich dann kurz aus dem Staub – angeblich müsste er was umpacken. Also war er erstmal mitsamt unseres Autos und des gesamten Gepäcks verschwunden. Irgendwie komisch. Ein junger Masai begrüßte uns vor dem Dorf. Erstmal wurde jeder aufgefordert, 15.000 Tanzanische Schilling zu spenden, es müsste Wasser für die Gemeinschaft gekauft werden. Ehrlicherweise fanden wir diese Aufforderung ziemlich komisch. Ja, wir geben gern was, allerdings wurden wir ja an diesem Dorf abgeladen, mussten es dementsprechend besuchen. Ist das jetzt Teil der Tour? Dann sollte es eigentlich im Gesamtpreis von fast eineinhalb Million mit drin sein. Hat es Eliyah nur gemacht, um kurz Ruhe zu haben? Oder gibt es einen Deal mit dem Dorf? Komisch. Aber die Aufforderung: „Ihr müsst jetzt alle je 15.000 spenden“, die kam uns komisch vor. Es wurde etwas verhandelt, und so gaben wir alle was, aber eben nicht das, was verlangt wurde. Im Augenwinkel hatte ich immer Eliyah, ich hatte ein mulmiges Gefühl was mein Gepäck anging. Keine Ahnung, was er da macht solange wir hier abgelenkt sind. Die Masai boten uns an, sich wie sie zu kleiden. Entsprechende Stoffe hielten sie bereit. Ich lehnte dankend ab. Auch wenn es eine touristische Attraktion sein soll, so möchte und werde ich mir ihre Kultur nicht aneignen. Es ist ihr Stil sich zu kleiden, nicht meiner. Es ist ihre Kultur, bestimmten Schmuck zu tragen, nicht meine. Deshalb schaue ich‘s mir von mir aus an, aber werde es sicher nicht selbst tragen. Egal. Es wurde eine Art ritueller Tanz zur Begrüßung aufgeführt, es wurde gesprungen und gesungen. Alles recht spannend, allerdings fühlte ich mich ein wenig wie im Zoo. Die Menschen sollen was machen, ich soll zusehen, mich danach freuen und am besten noch was spenden. Ein echt mulmiges Gefühl, auch kein Gefühl von Museum, viel mehr von Eindringen in deren Leben. Wenn man sich in diesem Dorf weiter umschaut, dann fällt einiges auf. Von komplett fertigen Häusern, bis zu abgesteckten Flächen für den Hausbau war alles da. Ich konnte so quasi jede Stufe des Hausbaus ansehen. Die Tiergehege waren alle leer, um Fragen, wieso weshalb warum, und woher die vielen Kunststoffteile in dem Schmuck, den sie verkaufen herkommen, um diese Fragen wurde immer rumgeschifft. Im Endeffekt muss ich sagen: Entweder, die Menschen haben echt Spaß an dem, was sie machen. Wir wurden viel angelacht, sie schienen fröhlich bei ihren Aufführungen und Tänzen. Aber sie haben irgendwas zu verbergen. Oder die ganze Nummer ist fake und geschauspielert. Natürlich kaum zu beurteilen, aber ein komisches Gefühl bleibt.

Rückfahrt

Am wichtigsten war mir erstmal zu klären, wo ich überhaupt hinkäme. Die sechs Gäste im Auto hatten vier unterschiedliche Touren gebucht, unsere Amis sogar die selbe, aber bei unterschiedlichen Anbietern. Also eigentlich noch drei unterschiedliche Angebote. Ich hatte ehrlicherweise keine Ahnung, wo ich schlafen würde, bzw. welchen Park ich am nächsten Tag sehen sollte. Eigentlich wars mir auch egal, ich hatte auch Jimmys Telefonnummer und konnte bei Bedarf einfach anrufen. Hab ich dann auch wenige Minuten später gemacht, nachdem ich Eliyah fragte, wie es weitergehen würde und ich nicht wirklich den Eindruck hatte, der hätte verstanden um was es geht. Also lieber Jimmy anrufen, zwar erfolglos, aber irgendwie werde ich ja wohl irgendwo unterkommen. Außerdem erklärte unserer Fahrer, dass er uns abgeben müsste, es gäbe einen familiären Notfall zu Hause. Aber alles wäre geklärt. Nunja, was soll’s. Etwas bitter aufgestoßen ist uns dann, dass er meinte, wir müssten uns mal unsere Gedanken machen, wie viel wir ihm als Trinkgeld geben würden. Eigentlich wollten wir nix geben, erklärt hat er ohnehin nichts und besonders gesprächig war er auch nicht. Nicht unbedingt das, was man sich von einem guten Tourguide wünscht. Allerdings war sich auch niemand sicher, ob es sein einziger Lohn ist. Also haben wir wieder etwas Kohle zusammengeworfen und ihm eine Kleinigkeit gegeben. Was soll’s. Aber vor allem den drei Amis hat‘s nicht so recht gepasst. Immerhin war alles an Gepäck noch da. 

Um viertel vor sechs erreichen wir unserem Umstiegspunkt. Eine Tanke, an einer großen Hauptstraße. Über das Kerosin wundere ich mich gar nicht mehr, auch nicht mehr über die immer liegenden Tanknadeln. Unser neuer Fahrer ist ein junger Kerl, wirkt lustig, aber auch etwas verrückt. Matrixsonnenbrille. Grünes Hemd. Grinst die ganze Zeit. Aber freundlich, und redet in den ersten Minuten schon mehr als Eliyah den ganzen Tag. Sehr sympathisch. Allerdings ist in dieser Mühle etwas weniger Platz, die Sitze sind auch deutlich härter. Aber: Die Steckdosen funktionieren! Das ist schon mal mega gut, so kann ich mein Handy direkt da laden. Etwas bedenklich sind die fehlenden Sicherheitsgurte, aber die werden in diesem Fahrzeugen sowieso nicht benutzt. Mit würde ich mich zumindest etwas besser fühlen. Laut unserem Fahrer müssten wir in ner Stunde da sein. Wenn jemand anderes fahren würde. Er wirkt eher so, als könnte er es in 45 Minuten machen. 

Mto wa Mbu

Halbe Stunde später. Da. Kein Camping, doch Lodges. Was soll‘s, auch gut. Die Dame, die uns empfing hatte drei Zimmerschlüssel dabei. Ein Paar aus Dakar, ein Paar aus Alabama/Peru/Idar-Oberstein sowie Jay und ich. Ich erinnerte mich an die Erzählungen von Jonas und Luca. Die Jungs wollten sich mehrfach ein Zimmer teilen, allerdings würde es ihnen immer verwehrt. Wohl illegal in Tanzania, hängt bestimmt mit den strikten (sinnlosen) Gesetzen bzgl. Homosexualität zusammen. Also lehnten wir erst mal ab. Die Dame blieb aber hartnäckig. Vielleicht bekommen sie von den Safari-Unternehmen nur einen bestimmten Betrag und sehen, dass sie damit möglich Ressourcen schonend über die Runden kommen, oder sie hatten nicht mehr Zimmer, oder sie wollte einfach keinen vierten Schlüssel holen gehen. So teilte ich mir dann doch mit Jay, einem unbekannten Ami Mitte dreißig ein Zimmer, in einem Land in dem dies ziemlich illegal ist. Immerhin gab es getrennte Betten. 

Das Abendessen war richtig gut. Kürbissuppe mit warmem Brot, gemischtes kaltes Gemüse mit Avocado, Kartoffeln und gemischtes heißes Gemüse in sehr leckerer Soße. Alles wirklich sehr sehr lecker. Danach gab es noch eine kleine Aufführung. Eine lokale Gruppe stellte ein wenig traditionelle Musik auf traditionellen Instrumenten, danach Tanz und Akrobatik vor. Musikalisch wirklich cool, allerdings wurde ich auch hier mein komisches Gefühl nicht los. Irgendwie mag ich diese Form von Tourismus nicht. Da ist mir ein kleines Dorf, in Mitten des Nirgendwo deutlich lieber. Aber alle touristischen Attraktionen, im Sinne von Aufführungen haben wir nicht gefallen. Nicht, weil es musikalisch oder so schlecht war, ganz im Gegenteil. Viel mehr fand ich die äußeren Umstände wirklich strange. Also ansehen und schnelle Flucht zum Blog schreiben. 

Wirklich was hab ich nicht geschrieben bekommen. Mich traf die Müdigkeit wie ein Schlag, irgendwie konnte ich die Unmengen an Eindrücken auch nicht so ganz verarbeiten. Leider müsst ihr deshalb was länger auf die Einträge warten, aber so ist das eben. Tut mir leid.

In meinem, bzw. eher unserem Zimmer fand ich schon einen tief schlafenden, und wie ein Walross schnarchenden Jay vor. Das Schnarchen fand ich echt verwunderlich, immerhin ist Jay nicht besonders kräftig. Allerdings hat er tagsüber auch gesoffen wie‘n Loch, bis zu diesem Zeitpunkt hab ich nix davon mitbekommen. Ob er sich mit Bier auskennt? Wage ich tatsächlich zu bezweifeln: Während des Abendessens musste ich ihm mal kurz erklären, dass der Unterschied, zwischen einem Weißbier und einem Hefe-Weizen nicht darin besteht, dass im Hefe-Weizen immer Banane zugesetzt ist. Tatsächlich kannte er das Reinheitsgebot, hat auch angeblich mal was in der Richtung gelernt oder studiert, aber in Deutschland ist sicher in keinem echten Hefe-Weizen Banane drin. Ist wirklich so, auch wenn er‘s zunächst nicht glauben mochte. In den USA? Mir doch egal, was ihr in eure Plörre reinpanscht, aber bei uns ist nur Wasser, Malz und Hopfen drin. Wahlweise aus Gerste, oder wie hier eben aus Weizen. Und natürlich Brauhefe – nicht zu vergessen. Übrigens meldete sich Jackson, der US-Soldat aus Alabama zu Wort und verkündete ganz stolz, dass Kirner Bier das wohl beste Bier überhaupt wäre. Das ist mal ein Wort. Von nem US-Army Soldaten aus Alabama. In ner Lodge bei Mto wa Mbu, Tanzania. Verrückt.

Ich legte mich dann auch bald hin und schlief echt schnell ein. Morgen gehts für mich leider mit einer anderen Gruppe weiter, die anderen fünf fahren direkt in den Krater, und dürfen sogar am Rand campen. Das hätte ich wirklich sehr gerne gemacht. Für mich wurde eine andere Gruppe anvisiert, morgen dann in den Lake Manyara National Park. Berühmt für auf Bäume kletternde Löwen. Ich bin gespannt.

Bis morgen!

P.S.: Kurz nochmal Werbung für den Newsletter: Vermutlich werde ich, nachdem ich wieder zu Hause angekommen bin, noch Einiges updaten, Bilder hinzufügen usw. Wer also nichts, also auch keine süßen Tierbilder, verpassen möchte, der darf gerne hier klicken.

Noah 2

Hotel Rose Home, Moshi, TZA // 23:30 Ortszeit

Aufstehen und Abfahrt

Da ich dachte, wir würden zwischen 7 und 8 weiterfahren, wollte ich um halb 7 aufstehen. Schnell duschen und Zähne putzen, zu packen hatte ich ohnehin quasi nichts. Ich bin auch früh genug aufgestanden und freute mich auf eine schöne warme Dusche. Wirklich warm war‘s nicht in Mafinga. Ich hab sogar ne Decke gebraucht nachts. Hab ich in Tanzania auch nicht erwartet. Aber was soll’s, war ja alles da. Unter der Dusche dann aber die Enttäuschung: nur kalt, aber immerhin Wasser. Schon mal ein Fortschritt zum Vortag. Also stehe ich im kalten Mafinga unter einer kalten Dusche. Dummerweise ist mir mein Block Haarshampoo noch in Stücke gebrochen, auch Mist, aber immerhin hab ich genug dabei. Also erst mal mit kaltem Wasser die Krümel in den Haaren verteilen, schön einmassieren und danach wieder mit ebenso kaltem Wasser rauswaschen. Der Körper folgte sogleich, und ich sag‘s wies ist: In den letzten 5 Sekunden meiner Dusche fing das Wasser dann an minimal wärmer zu werden. Wenn es allerdings in gleichbleibenden Geschwindigkeit wärmer geworden wäre, dann wäre es jetzt bei 17 Grad. Vielleicht. 25 Minuten nach meinem Aufstehen war ich komplett angezogen, geduscht, und alles gepackt. Mal sehen wann die Anderen fertig sind.

Also bin ich mal kurz raus, niemand da. Wieder kurz zurück ins Bett, kurz hingelegt, und kurz die Augen zugemacht. Zack. Viertel nach acht, es klopft an der Tür. Ich natürlich sofort hellwach, springe auf, gehe zur Tür. Erwartung: Alle sind fertig, sitzen im Auto, sichtlich angepisst, und ich bin der letzte. Wirklichkeit: Liber klopft, er ist grad aufgestanden, sonst ist noch niemand wach, er fängt an, sich fertig zu machen und wollte mich nur freundlicherweise wecken. Die afrikanische Pünktlichkeit eben. 

Um viertel vor neun sind dann auch endlich alle fertig und abfahrbereit. Sogar Hussein ist wieder da, auch kommt Uli aus dem Hotel geschleppt. Dummerweise ohne Handy, aber das ist erstmal egal, Hussein hat zum Frühstück eingeladen.

Frühstück

Fünf Minuten später wird Noah auf Husseins Hof zum Halten gebracht. Ein freundliches „Karibu nyumbani“ mit folgendem „Karibu chakula“ lädt zunächst ins Haus, dann zum Essen ein. Mal wieder werden wir alle auf eine Couch verfrachtet, im Hintergrund läuft ein Film im Fernsehen, in der Küche wird schwer gewerkelt. Ich erwarte mal wieder etwas Kleines, aber eigentlich müsste ich es mittlerweile besser wissen: Suppe, natürlich mit Huhn, und Chapati werden gereicht. Die Suppe ohne Huhn ist sehr lecker, auch sind die Chapati wirklich phänomenal. Also wieder erstmal richtig den Bauch vollgeschlagen, wer weiß, wann es wieder etwas gibt. Dummerweise gingen meine Essensaktionen zu lange zu gut. Bauch meldet sich, ich frage freundlich, ob ich nicht mal die Toilette benutzen dürfte, und werde sogleich dorthin geführt. Jetzt ist es als Mensch, der das europäische Modell gewohnt ist, gar nicht so einfach. Der Mangel an entsprechendem Papier ist mir noch früh genug aufgefallen, und so ging ich nochmal fix zum Auto. Zurück im Schapp vollführte ich irgendwie mein Kunststück, war danach aber deutlich erleichtert, und meine Bauchschmerzen waren wie weggeblasen. Also alles gut. 

Handy

Wie schon ganz am Anfang berichtet, braucht man in Tanzania zum kaufen einer SIM-Karte einen Personalausweis, eben weil die Karte auf den Ausweis registriert wird. Doof ist nur, wenn die Karte verloren geht, dann braucht man erst mal nen Wisch von der Polizei, dass der Verlust gemeldet und die Karte gesperrt ist. Wieso das alles recht schnell passieren sollte, erklärt folgender doofer Umstand: Es gibt hier das M-Pesa System. Es erlaubt einem, Geld auf das Handy bzw. die SIM-Karte zu senden, und damit dann entweder zu bezahlen oder sich das Geld auszahlen zu lassen. Am Vortag benötigte Richard Bargeld, da es aber weit und breit keinen Geldautomaten gab, der seine australische Karte akzeptieren wollte, wurden kurzerhand 300 AU$, was ungefähr 470.000 TSH entspricht. Also ner Menge. Mit dem Verlust des Handys war auch erst mal das Geld weg. Sehr doof. Also erst zur Polizei, dann zum Vodacom-Shop. Was dort genau gemacht wurde, keine Ahnung, wir hielten auch mehrmals bei unterschiedlichen Shops an. Im Endeffekt konzentrierte ich mich nur noch auf das schwappende Geräusch. Scheinbar hat sich Noah doch etwas mehr Wasser gefangen, als gedacht. Irgendwo, in irgend einer Verkleidung, da muss noch ne ganze Menge rumschwappen. Über eine Stunde später ging es dann aber auch echt los. Anstatt der geplanten Abfahrtzeit, zwischen 7 und 8, konnte Richard Noah erst um viertel vor elf auf die Straße in Richtung Moshi bringen. Ob wir heute noch ankommen? Ich glaube nicht daran. Immerhin sind es 850 km, für die man in Tanzania mal mindestens 14 Stunden braucht.

Iringa

Die erste Etappe, von gut 80 km meisterte Noah in eineinhalb Stunden. Die Landschaft ist wirklich wahnsinnig schön, lange sind wir durch ein Tal gefahren, nur nach Iringa mussten wir eine Straße mit Steigung hoch. Links aus dem Fester: Wundervolle Landschaft, Berge, die ich einem Mittelgebirge zuordnen müsste, aber unendlich viele Findlinge darin. Überall diese riesigen Felsen, macht alles schon sehr monumental. Leider auf Bilder nur schlecht einzufangen. Gerade aus: Ein Sattelzug, Zugmaschine der Firma Scania, man hört und riecht das Heulen des Aggregats deutlich, nur mit Müh und Not kommt die Kiste auf 20 Stundenkilometer. Also Blinker rechts, überholen. In diesem Moment musste ich fest an Noah glauben. Der Gute ist ja etwas untermotorisiert, sein Gepäck, bestehend aus fünf Menschen mit entsprechend viel Gepäck, vier Kürbissen, einem Sack Erdnüssen, nem halben Zentner Mangos und Fisch, sowie der immer noch malträtierten Wandlerautomatik sind eigentlich keine gute Kombination, um an einem unübersichtlichen Berg zu überholen, vor allem dann nicht, wenn einem nicht wenige acht- oder noch-mehr-achsige Lastwagen entgegenkommen. Ich schätze mal, dass Noah sehr durstig war, immerhin machte er uns schon einige Zeit mit dem Aufleuchten seiner Tanklampe auf sein Bedürfnis aufmerksam, auf jeden Fall meisterte er mehrere Überholmanöver mit Bravour. Gut gemacht!

Auf dem etwas höher gelegenen Iringa wurde zunächst eine Tränke für Noah angefahren. Ich bin auch noch fix in die Tanke geflitzt um ne Cola zu kaufen und danach zu pinkeln, wer weiß wann wir wieder anhalten würden. Also schnell zurück ins Auto, Türen zu. Nächster Stop: Zehn Meter weiter. Wirklich? Haben wir was vergessen? Haben wir nicht. Drei Brüder raus, ich erstmal etwas ratlos im Auto, die Mutter der Jungs weiterhin auf der Beifahrerseite, wartenderweise. Nachdem der Minutenzeiger schon eine halbe Runde gedreht hatte, ging ich dann auch mal raus, und fragte was los sei. Fragen musste ich nicht, die drei Jungs standen an einem Laden, großes Schild „VodaCom“ darüber. Scheint noch zu dauern, also bin ich mal die Straße hoch, die Straße runter, Thromboseprophylaxe und so. Normales Straßenbild: unzählige Motorräder, Bajajis, einige wenige Autos und LKW der allzeit beliebten skandinavischen Marke. Wer sich übrigens grad fragt, wie es mit Feinstaub und so hier ausschaut: Die Regel „was nicht rußt, hat keine Leistung“ stimmt nicht. Ein Lastwagen, dieses mal ein asiatisches Fabrikat, über Beladung und Grenzwerte wollen wir mal nicht reden, versuchte im Berg anzufahren. Das Getriebe bedankte sich knirschend für das zarte einhämmern des Gangs, beim Lösen der Feststellbremse zischte es für meinen Geschmack zu viel und zu lange, die Karre rollte einige Meter nach hinten, Kupplung millimeterweise kommen lassen und die Dampf- pardon, Rußlok ändert langsam ihre Bewegungsrichtung. Der große Aufdruck „FIGHTER“, quer über die Windschutzscheibe, der passt hier echt gut. Fighter against gravity, das hätte es noch besser getroffen. Beim Vorbeifahren lese ich noch in riesigen Lettern „IN GOD I TRUST“ auf der Heckschürze. Also am Berg vertraue ich lieber genug Leistung und einer funktionierenden Bremse. Scheinbar hier nicht so wichtig. Zum krönenden Abschluss kam dann noch, wirklich Bondfilm-reif, ein schwarzes Bajaji aus der schwarzen Rußwolke, die kaum mehr Sicht auf die Straße talwärts bog, geschossen. Special effect – african style. Sowohl Noah, als auch der, sich immer noch resigniert in seinem Inneren befindliche, Fahrgast waren davon gänzlich unbeeindruckt und wollten glaube ich einfach nur weiter. Nachdem der Zeiger auf dem Ziffernblatt noch ne ganze Runde gedreht hatte, ging es auch weiter.

Kontrolle

Die weitere Fahrt verbrachte ich erst mal schlafend, auch wenn mir die Kürbisse etwas Beinfreiheit nahmen, kann man in Noah dennoch gut schlafen. Seine Rückbank lässt sich schön nach hinten lehnen. Man muss nur etwas gegen einen Sack Mangos, Erdnüsse…. Ihr wisst Bescheid… ankämpfen. Aber dann ist alles schick.

Ich wurde nur Minuten vor einer Kontrolle wach. Wir fuhren auf eine Schrank zu, diese wurde geöffnet und Noah direkt danach von einem offiziell ausschauenden Mann zum Halten gebracht. Richard stieg aus und kam auch kurz drauf wieder, weiter ging die Fahrt. Richard erklärt auch sogleich, dass wir nun in einem Sperrgebiet sind. Keine Fotos erlaubt. Es wird kontrolliert, wie viele Personen in das Gebiet einfahren. Bei diesem Gebiet handelt es sich um den „Mtera Dam“, einem Wasserkraftwerk mit entsprechendem Stausee. Wieso das Gebiet so genau kontrolliert wird? Keine Ahnung, vermutlich aus Angst vor Sabotage oder Terrorismus. Aber das sind echt Schüsse ins Blaue.

Bei der Ausfahrt gab‘s natürlich nochmal ne Kontrolle. Dieses Mal auch etwas genauer. Es wurde ins Auto gelukt, darin: Vier Menschen, die offensichtlich von hier sind, und ich. Also Niklas einmal raus, Pass auspacken, dem Offiziellen unter die Nase halten. Es wurden mehrmals die gleichen Fragen gestellt. Ja, ich bin das erste mal hier, nein ich war noch nie vorher hier, ja ich bin so und so alt, ja ich komme aus Deutschland, ja wir kommen aus dem Süden des Landes. Irgendwie schaute er etwas skeptisch, Richard stand mir auch zur Seite. Irgendwann hatte ich jedoch ein mulmiges Gefühl, ich weiß nicht, ob es an der eingehenden Kontrolle mit den immergleichen Fragen lag, an der plötzlichen Hitze, oder doch an den Sturmgewehren um mich rum. Vermutlich eine Kombination aus allem. Ein freundliches „Welcome to Tanzania!“, in Kombination mit einem herzlichen Lächeln, ließen alle Sorgen verschwinden. Hakuna matata!

Knappe 20 Minuten später: Wieder ein Offizieller, in diesem Falle ein Polizist. Steht winkend auf der Straße, meint wohl uns. Richard bremst Noah und musst auch direkt aussteigen. Ich ahnte schon, wo das Problem lag. Zumindest fuchtelte ein anderer Polizist unter einem Baum mit einer Radarpistole rum. Wie sie das gesehen haben sollen, dass wir etwas zu schnell waren? Kein Plan, meiner Meinung nach fast unmöglich. Aber was soll’s, ist jetzt so. Richard erzählte den Männern scheinbar auch das passende, aber nichts half. Er kam zurück, mit Ticket. Wie viel er zu schnell war, nicht ersichtlich. Es steht nur drauf „zu schnell“, kostet dann 37.500 TSH, gute 15 €, bzw. für ihn wohl eher 24 AU$. Also recht günstig. In Deutschland hätten wir uns wohl noch das nächste Knöllchen abgeholt: Nach der Kontrolle, alle, bis auf die Beifahrerin, wieder raus aus dem Auto, am Straßenrand einmal piseln, der Polizist hält fünf Meter hinter uns die nächsten Autos an. Aber juckt ihn kein Stück. Also alle um etwas Urin, und RIchard noch um etwas Geld, erleichtert wieder in Noahs Innere.

Die weitere Strecke führte uns durch ewige Leere, und das vermutlich größte Funkloch Afrikas. Wenn dir hier was passiert, dann muss erst mal jemand ne Dreiviertelstunde fahren, bevor er überhaupt jemanden anrufen kann. Zumindest hatte ich gut über ne Stunde Null von Vieren, maximal mal ein Residuum eines Bälkchens Empfang.

Dodoma

Wenn ich Dodoma mit einem Wort beschreiben müsste, dann würde dieses Wort „Baustelle“ lauten. Von viertel nach fünf an fuhren wir fast 20 Minuten durch eine riesige Baustelle, hierbei muss hier direkt über den Unterbau gefahren werden, also nicht über asphaltierte Straßen. Alles sehr holprig, Überholmanöver erscheinen dadurch auch nicht zwingend sicherer. Außer, dass Noahs Dach am Ende fast von einer Baggerschaufel aufgeschlitzt wurde, war alles in bester Ordnung. Wenige Minuten später erreichten wir Dodoma.

Dodoma ist die Hauptstadt, auch wenn sie weniger als ein Zehntel der Einwohner von Dar Es Salaam hat, und auch keinen internationalen Flughafen. Wieso es so ist? Weiß ich leider nicht. Allerdings passiert in dieser Stadt mächtig was. Überall Baustellen, teilweise auch sehr moderne Baustellen. Die Stadt wirkt im Großen und Ganzen sauber und aufgeräumt – sofern man das von einer Stadt in Ostafrika behaupten kann. Breite Straßen, große – mal wieder scheinbar regellose – Kreisverkehre, Verwaltungsgebäude. Und unzählige Baustellen.

Kurz nach Ankunft wurde Noah auch schon auf den Parkplatz eines barähnlichen Baus. Darin: Eine große Küche, bzw. eher die hier typische Feuerstelle, dazu noch ein paar Arbeitsplatten auf denen fleißig geschnippelt wurden. Das alles in einer großen Halle, oder eher einem überdachten Hof. Außerdem: Billardtische, tatsächliche eine Bar und unzählige, simpel aber saubere, Sitzgelegenheiten. Ich bestellte ein Gericht, mit dem ich erfahrungsgemäß gut klarkommen würde, Chipsy-Mayai und ein Kilimanjaro logo baridi. Wieder 5.000 TSH, also knapp 2 € günstig. Alles in allem, simpel, einigermaßen lecker, und bauch-safe. Also alles gut.

Um 7 gehts weiter. Uli fährt. Ich nutze die Gelegenheit, um mal zu fragen, bis wohin wir heute fahren. Antwort: „Heading right up to Moshi!“. Oha. Also doch noch so weit. Aber es sind ja nur noch acht Stunden. Mindestens. Aber was soll’s, haben ja zwei Fahrer, ich sitzt gut und trocken, die Kürbisse immer noch zu meinen Füßen, was soll schief gehen.

Eine Sache, die ich noch zu Dodoma erwähnen wollte: Hier sind mir die unzähligen Ambulanzen, also quasi Krankenwagen (Rettungswagen trau ich mich nicht zu sagen), aufgefallen. In keiner anderen Stadt, vor allem Dar Es Salaam oder Songea, aber auch nicht in Mafinga oder Njombe, hab ich so viele gesehen. Die quantitative Versorgung ist hier also deutlich besser. Über die qualitative Versorgung möchte ich kein Urteil fällen, wenn sich allerdings genauso gut und die Patient:innen, wie um die Fahrzeuge gekümmert wird, dann schraubt man am besten die (Rot- und) Blaulichter ab und pinselt die ganze Karre schwarz. Noch ein paar schicke Vorhänge rein, und schon gehts ab zur letzten Tour.

Und weiter gehts, quer durchs Nirgendwo

Uli fährt, heißt im Umkehrschluss: der arme Noah muss etwas mehr leiden. Seine Heckschürze ist mittlerweile ganz lose, wenn Noah ab und an besonders hart über eine Bodenwelle geprügelt wird, dann schlägt das Heck so dermaßen in der Straße ein, dass das Plastik den Boden berührt, an Stellen, an denen es den Boden nicht berühren sollte, und die Plastikklipse, die Noahs Heckschürze an seinem Hinterteil halten sollten, ja die versagen natürlich auch irgendwann ihren Dienst. Also hängt Noahs Gesäß etwas auf halb acht, aber das hält unseren Kämpfer nicht davon ab, uns Minute um Minute weiter gen Norden zu transportieren. 

Es war mittlerweile richtig dunkel, ich habe wohl auch einige Zeit geschlafen. Es ging eine breite, gut ausgebaute Serpentinenstraße nach oben. Ich stelle mir immer noch die Frage, ob es hier sowas wie nen „TÜV“ oder ähnliches gibt. Vorstellen kann ich‘s mir kaum, wenn ich all die uralten und teilweise schrottreifen Lastwägen denke. Einer fuhr sogar im „Hundegang“ vor uns her, so krumm und schief war wirklich alles an dem alten Bock. Andererseits wird mir aber auch wieder klar, wie wichtig die Abfahrtkontrolle ist. Sollte ich jemals in Afrika einen Lastwagen bewegen (dürfen), dann werde ich die, in der Fahrschule oftmals propagierte, und bis zum Erbrechen wiederholte, Abfahrtkontrolle wirklich gewissenhaft machen. Denn wenn dir hier was passiert, dann kann man lange auf Hilfe warten, wenn denn welche kommt. Auf Rettung braucht man nicht zu warten. Hast du nen Unfall und bist eingeklemmt? Dann stirbst du glaube ich mit höchster Wahrscheinlichkeit. Bei einer einfachen Einklemmung der unteren Extremität kannst du dir vielleicht saw-like das Bein selbst amputieren. Mehr aber auch nicht. Naja egal, zurück zu dem, was ich eigentlich erzählen wollte: Scheinbar versagte bei dem ein oder anderen die Bremsanlage beim Bergabfahren. Obwohl der gesamte Lastzug recht modern aussah, das heißt eine dreiachsige Sattelzugmaschine der unbekannten chinesischen Firme, sowie ein dreiachsiger Muldenanhänger, und ich eigentlich davon ausgehen muss, dass die Kiste zumindest drei Betriebsbremskreise sowie eine Dauerbremsanlage hat, hat scheinbar nichts geholfen. Oder der Fahrer, bzw. die Fahrerin hat den Berg falsch eingeschätzt. Zumindest war bei dem Zug auf der anderen Straßenseite der linke Außenspiegel nicht mehr zu gebrauchen, ich schätze nicht, dass der Lastwagen nur Müde war, er wurde einfach nach allen Regeln der Kunst auf die Seite geworfen. Zur „Absicherung“ hat man hier einfach ein einzelnes Warndreieck hingestellt und die Kiste liegen gelassen. Keine Beleuchtung, keine Bergung, nix. Spannenderweise stand das Warndreieck ausschließlich im Gegenverkehr. Eine Warnung, des nachfolgenden Verkehrs, der nach der Kurve direkt in den hingelegten Vierzigtonner reinrauschen würde, hielt man scheinbar nicht für nötig. Ich hab genau geschaut, zwischen Unfallstelle und einem Kilometer weiter, war kein Zeichen der Warnung zu erkennen. Oder es war wieder was sehr spezielles afrikanisches, drei Grashalme im 74,8 Grad Winkel auf der Straße oder so. 

Kurz drauf lag der nächste Zossen auf der Seite, wenn ich mir allerdings die Kiste wieder in den Sinn rufe, dann hätte ich ihn auch vorher schon mit „Vertrauenswürdig: 0/10“ eingestuft. Also kein Wunder. Die Stelle war auch so unübersichtlich, dass man sicherheitshalber gänzlich auf ein Zeichen der Warnung, oder gar Beleuchtung verzichtete.

In der nächsten Stunde passierte, außer der gefühlt 27. Passkontrolle, nix. Wir kamen gut durch, die Straßen waren einigermaßen frei, und bis auf die normalen Bodenwellen und Schwelle frei von größeren, meist mehrachsigen, Hindernissen. 

Durst

Mittlerweile war es schon fast Mitternacht. Noah rollte und rollte immer weiter und weiter, alles schlief, nur ich noch nicht so wirklich. Ich bastelte noch immer am letzten Blogeintrag rum, oder versuchte mit den Menschen zu Hause Kontakt zu halten. Manchmal aufgrund der Empfangssituation aber durchaus schwierig. 

Was mir dementsprechend auch Sorge bereitete, war, dass uns Noah seit etlichen Kilometern auf sein zunehmendes Durstgefühl aufmerksam machte. Die entsprechende Warnlampe wurde gefühlt immer heller und blendender. Jetzt stellt euch mal vor, ihr sitzt in einem Auto, weit weit weg von zu Hause. In einem Land, was ihr zwar seit einigen Wochen kennt, allerdings ne komplett andere Region. Irgendwo auf einer Straße, euch kam schon was länger kein Auto mehr entgegen. Die Tanklampe wird gefühlt immer heller. Und ihr habt keinen Empfang. Wenn ich keinen Empfang habe, hat auch sonst niemand welchen. Sehr schön am immer zeitgleichen Vermelden von neuen Nachrichten nach einem Funkloch. Von allen Telefonen in einer wundervollen Kakophonie. Nach ewigen weiteren Kilometern taucht dann endlich eine 24h-Tankstelle auf. Nur hat der Tag hier scheinbar mindestens 25 Stunden, zumindest hatte die Bude zu. Lichter aus, kein Personal mehr auf der Fläche. Nix. Also weiter. Meiner Meinung nach sind wir in die andere Richtung wieder auf die Straße aufgefahren, allerdings sieht hier manchmal echt alles gleich aus. Meiner Angst vor der liegenbleiben wurde dadurch auch nicht unbedingt besänftigt. Das Einzige, was mich beruhigte, war, dass wir mit unseren Vorräten im Auto mindestens eine Woche überleben könnten.

Die zweite 24h-Tanke taucht auf. Auf den Platz, gleiches Spiel. Alles dunkel, Bordsteine hochgeklappt, kein Sprit zu bekommen. Oder Diesel. Oder Kerosin. Für was hier viele Tankstellen Kerosin verkaufen ist mir immer noch ein Rätsel. Außer Lastwägen, welche meistens mit Diesel, und Autos, Motorrädern und Bajajis, die größtenteils Super brauchen, sind hier nur Eselskarren unterwegs. Ich bin mir nicht sicher, aber mir ist keine Eselrasse bekannt, die Kerosin bräuchten. Flugzeugtriebwerke sind hier etwa so häufig wie Einhörner, also keine Ahnung.

Tanke Nummer drei hat dann auch endlich geöffnet. Noah bekommt seinen Sprit, er ist sicher die letzten Kilometer nur mit Luft und Liebe, in Kombination mit gutem Willen noch gefahren. Alle anderen einmal raus, kurz langmachen, Thromboseprophylaxe, fix zum WC und wieder ab auf die Straße. Uli wurde abgelöst, Richard fährt den Rest.

Moshi

Ich wurde durch Richards „Mosh-Mosh! Welcome home!“ Rufe wach. Ein müder Blick auf die Uhr verrät, dass es fast halb vier ist. Also habe ich mal mindestens drei Stunden echt gut gepennt.

Habe ich erwähnt, dass ich fast vergessen habe, ein Hotel zu buchen? Wobei was heißt „fast“. Eigentlich hatte ich es bis vor fünfeinhalb Stunden gar nicht auf dem Schirm, es wurde mir dann aber brühwarm klar, als ich feststelle, dass die Jungs mitsamt Mama ja in Moshi wohnen. Ich nicht. Heißt: Ich brauch noch was. Mist. Liber meinte dann aber, dass er Jimmy schreibt, der melde sich dann gleich bei mir. Jimmy ist der Tour-Operator und Inhaber der Firma „Gazelle Safari“ in Moshi, mit der ich auf Safari bin, und obendrein noch Libers Chef. Also habe ich glücklicherweise einen kurzen Draht zu Jimmy. Dieser antworte auch bald und bot mir ein Hotel für 30.000 TSH an. Knapp 13 € für ne Nacht, da kann man eigentlich nicht viel gegen sagen. Die Antwort lies etwas auf sich warten, nachdem allerdings nach einer guten Stunde alles in trockenen Tüchern war, fiel auch meine Angst der akuten transienten Obdochlosigkeit von mir ab. Endlich konnte ich schlafen.

Richard lenkte Noah direkt in eine Seitenstraße, die eher an Liulier Straßenverhältnisse erinnerte. Staub, Dreck und Geröll. Mehr hatte ich von Moshi noch nicht gesehen, und ahnte nicht, dass es sich um eine do so moderne Stadt handeln sollte. 

Auf dem Tor zum Hof des Hotels war ein großes Schild zu sehen. Vor allem die unterste Zeile las sich richtig gut. „WiFi free“. Das erste mal WLAN nach Wochen. Der Eine oder die Andere mag jetzt denken „Was ist das fürn Suchti??“, aber ich will euch beruhigen. Im Endeffekt ging es mir dabei nur um meine Bilder. Meine Fotomediathek auf dem Handy vermeldete, dass knapp über eintausend Bilder auf den Upload in die iCloud, und somit auf den Schutz vor Verlust warten. Normalerweise werde ich schon nervös, wenn ich nicht zweimal am Tag ein Backup von allem machen kann. Hier sind’s jetzt schon mehr als vier Wochen. Die Mediathek am iPad möchte übrigens weit über zweitausend Bilder loswerden. Außerdem: Je mehr WLAN, umso mehr Bilder wird es hier geben. Macht euch schon mal auf einen riesigen Schwall an Bilder parat, sobald ich wieder zu Hause bin.

Scheinbar hat Liber seinen Chef angerufen, der kommt nämlich nach wenigen Minuten auf den Hof gefahren. Eine Sache noch: Wie bekomme ich ein Tor auf, an dem keine sichtbare Klingel ist? Das Hotel sieht nicht so aus, als ob dort dauerhaft jemand wach wäre. Ganz einfach. Einfach auf die Hupe hauen und so lange Hupen, bis sich das Tor öffnet. Schon bisschen verrückt alles.

Leider ist es an der Zeit, mich von Noah zu verabschieden! Danke Kumpel, dass du uns so gut von Liuli bis nach Moshi gefahren hast. Hast Schlamm und Schlaglöcher mitgebracht, musstest durstig sein, hast uns aber dennoch überall hin gebracht! Wurdest manchmal etwas hart rangenommen, aber auch das hast du professionell weggesteckt. Mach‘s gut…

Mein Kram wird ins Zimmer getragen, am nächsten Morgen will mich Jimmy um zehn abholen. Dann machen wir alles wegen meiner Safari klar. Viel umgeschaut hab ich mich nicht mehr, ich bin wirklich einfach direkt ins Bett. Schlafsack raus, Mosquitonetz runter, Zähne putzen, pullern und ab ins Bett. 

Lala Salama Moshi, morgen sehen wir uns wieder!

Mittlerweile bin ich nicht mehr in Moshi sondern schon auf Safari. Um genau zu sein an meinem Schlafplatz in Mto wa Mbu. Ich hab echt viel gesehen und erlebt, bin aber leider echt viel und lange unterwegs, deshalb kommen die nächsten Eintrage alle mit etwas Verzögerung. Tut mir leid!

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